Tatbestand
Der Rechtsstreit betrifft das Begehren des Klägers, höheres Elterngeld zu erhalten.
Der inzwischen 37-jährige Kläger ist deutscher Staatsangehöriger und Vater des am 28.03.2014 geborenen Kindes L. A ... Im
streitgegenständlichen Zeitraum lebte er mit L. und seiner Lebensgefährtin, die L.s Mutter ist, in einem gemeinsamen Haushalt
in A-Stadt und betreute und erzog das Kind selbst. Vor der Geburt seiner Tochter - sowie vor Beginn des Bezugszeitraums -
war der Kläger in Vollzeit bei der Stadt B. zunächst als tarifangestellter Berufsschullehrer und ab dem 11.09.2013 als verbeamtete
Lehrkraft erwerbstätig.
Mit Bescheid vom 23.04.2014 bewilligte der Beklagte der Lebensgefährtin des Klägers antragsgemäß Elterngeld für den ersten
bis neunten Lebensmonat von L ...
Der Kläger seinerseits hatte Elterngeld am 15.04.2014 beantragt und dabei angegeben, er werde im Bezugszeitraum keiner Erwerbstätigkeit
nachgehen. Folgende monatliche Bruttoeinnahmen aus seiner Lehrertätigkeit fielen an: - März bis Juli 2013: 3.619,11 EUR (Grundgehalt
+ Strukturzulage) - August 2013: 3.669,78 EUR (Grundgehalt + Strukturzulage) - September 2013: 3.723,44 EUR (Grundgehalt +
Strukturzulage) - Oktober bis Dezember 2013: 3.750,27 EUR (Grundgehalt + Strukturzulage) - Im Dezember 2013 zusätzlich Sonderzahlung
744,85 EUR - Januar und Februar 2014: 3.860,91 EUR (Grundgehalt + Strukturzulage).
Mit Bescheid vom 28.04.2014 bewilligte der Beklagte dem Kläger Elterngeld für den siebten bis elften Lebensmonat L.s (28.09.2014
bis 27.02.2015) unter dem Vorbehalt des Widerrufs. Ohne Anrechnung von Einkommen im Bezugszeitraum errechnete er einen Anspruch
in Höhe von 1.355,67 Euro monatlich. Als Bemessungszeitraum zog er die Phase März 2013 bis Februar 2014 heran. Seiner Berechnung
legte der Beklagte ein monatliches "Elterngeld-Brutto" von 3.621,79 EUR zugrunde. Den monatlichen Abzugsbetrag für Steuern
errechnete er mit 758,07 EUR, den für Sozialabgaben mit 778,07 EUR. Den Betrag an monatlichen Sozialabgaben ermittelte er
dergestalt, dass er aus den laufenden Gesamteinnahmen aus der nichtselbständigen Erwerbstätigkeit einen monatlichen Durchschnitt
bildete (3.705,12 EUR) und auf dieser Basis die Sozialversicherungsabgaben berechnete (9% Kranken- und Pflegeversicherung,
10% Rentenversicherung, 2% Arbeitsförderung). Das "Elterngeld-Netto" bezifferte der Beklagte demzufolge auf 2.085,65 EUR.
Als Leistungssatz zog er 65,0% heran.
Gegen den Bewilligungsbescheid vom 28.04.2014 legte der Kläger mit Schreiben vom 15.05.2014 Widerspruch ein und machte geltend,
dass bei der Berechnung des Elterngeld-Netto im Bemessungszeitraum von der Gesamtsumme seines Einkommens fehlerhaft Steuern
und Sozialabgaben für zwölf Monate abgezogen worden seien, obwohl er seit dem 11.09.2013 verbeamtet sei und daher in den Monaten
September 2013 bis Februar 2014 keine Beiträge zur Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung gezahlt habe. Er bitte um
Korrektur.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28.05.2014 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er
aus, Grundlage für die Ermittlung der nach den §§ 2e und 2f des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) erforderlichen Abzugsmerkmale für Steuern und Sozialabgaben seien die Angaben in der Lohn- und Gehaltsbescheinigung, die
für den letzten Monat im Bemessungszeitraum mit Einnahmen nach § 2c Abs. 1 BEEG erstellt worden sei (§ 2c Abs. 3 Satz 1 BEEG). Soweit sich in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Bemessungszeitraums eine Angabe zu einem Abzugsmerkmal geändert
habe, sei die von der Angabe nach § 2c Abs. 3 Satz 1 BEEG abweichende Angabe maßgeblich, wenn sie in der überwiegenden Zahl der Monate des Bemessungszeitraums gegolten habe (§ 2c Abs. 3 Satz 2 BEEG). Der Kläger habe im Bemessungszeitraum März 2013 bis Februar 2014 sowohl Einkünfte als Angestellter als auch als Beamter
erzielt und zwar von März 2013 bis zum 10. September 2013 sozialversicherungspflichtige Einkünfte als Angestellter (6 Monate
und 10 Tage) und von 11. September 2013 bis Februar 2014 (5 Monate und 20 Tage) sozialversicherungsfreie Einkünfte als Beamter.
Die Bezügemitteilung für Februar 2014, die für den letzten Monat mit zu berücksichtigenden Einnahmen aus nichtselbständiger
Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes erstellt worden sei (§ 2c Abs. 3 Satz 1 BEEG), weise zwar keinen Abzug von Sozialabgaben aus. Nach § 2c Abs. 3 Satz 2 BEEG seien jedoch Abzüge für Sozialabgaben im gesamten Bemessungszeitraum vorzunehmen, da in den Monaten März bis August und vom
1. bis 10. September 2013 - also in der überwiegenden Anzahl der Monate im Bemessungszeitraum - Pflichtbeiträge zur Kranken-,
Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung entrichtet worden seien. Die Abzugsmerkmale seien immer für die gesamten zwölf
Monate des Bemessungszeitraums einheitlich festzulegen.
Dagegen hat der Kläger am 27.06.2014 beim Sozialgericht München Klage erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, von seinen
monatlichen Bruttobezügen dürften keine pauschalierten Sozialabgaben in Höhe von 21% in Abzug gebracht werden. Der Ausnahmetatbestand
des § 2c Abs. 3 Satz 2 BEEG sei hier nicht erfüllt. Im Bemessungszeitraum sei der Kläger nur in sechs vollen Monaten sozialversicherungspflichtig gewesen;
das sei aber nicht die überwiegende Zahl der im Bemessungszeitraum liegenden Monate. Überwiegend bedeute mehr als die Hälfte,
also mindestens sieben Monate; daran fehle es. Eine taggenaue Berechnung, wie sie der Beklagte vorgenommen habe, entspreche
nicht dem Gesetzeswortlaut. Bei Unterbleiben des Abzugs von Sozialabgaben erhöhe sich die monatliche Bemessungsgrundlage um
778,07 EUR auf 2.863,63 EUR. Daraus resultiere letztlich ein Elterngeldanspruch von 1.800 EUR monatlich.
Das Sozialgericht hat der Klage mit Urteil vom 18.05.2015 stattgegeben und den Beklagten verurteilt, höheres Elterngeld zu
gewähren, wobei für den gesamten Bemessungszeitraum kein Abzug für Sozialabgaben gemacht werden dürfe. Es hat dies damit begründet,
der vom Beklagten vorgenommene Abzug für Sozialabgaben verstoße gegen § 2c Abs. 3 BEEG. Der Bundestagsdrucksache (BTDrs) 17/9841, S. 22, sei zu entnehmen, dass für die Fälle, in denen eine Änderung der Abzugsmerkmale
im Bemessungszeitraum erfolgt sei, stets die Monate des Bemessungszeitraums einander gegenüberzustellen seien, in denen einerseits
die ursprünglichen und andererseits die geänderten Angaben gegolten hätten. Ein tageweiser Vergleich der Zeiträume mit unterschiedlichen
Abzugsmerkmalen widerspräche bereits dem eindeutigen Gesetzeswortlaut. Ausgehend von einem stets zwölf Monate umfassenden
Bemessungszeitraum sei der Ausnahmetatbestand des § 2c Abs. 3 Satz 2 BEEG damit bei durchgehender Erzielung lohnsteuerpflichtigen Einkommens nur dann erfüllt, wenn eine vom letzten Monat des Bemessungszeitraums
abweichende Angabe in mindestens sieben von zwölf Monaten gegolten habe. Für Monate, in denen die abweichende Angabe nur teilweise
gegolten habe, habe der Gesetzgeber eine ausdrückliche Regelung zwar nicht getroffen. Jedoch könnten Monate des Bemessungszeitraums
nur dann insgesamt als "abweichend" gewertet werden, wenn die abweichende Angabe in diesem Monat überwiegend vorgelegen hätte.
Die vom Beklagten vorgenommene vergleichsweise Gegenüberstellung aller Kalendermonate, in denen jeweils auch nur anteilig
Sozialversicherungspflicht bestanden habe, würde den Vergleichszeitraum von zwölf auf (hier) dreizehn Monate erweitern (sechs
Monate Sozialversicherungsfreiheit, sieben Monate Sozialversicherungspflicht). Diese Vorgehensweise entspreche nicht dem Gesetzeswortlaut
("in der überwiegenden Anzahl der Monate des Bemessungszeitraums"). Hätte der Gesetzgeber sie gewollt, hätte er dies im Wortlaut
der Vorschrift ohne ein ausdrückliches Abstellen auf die Monatsanzahl zum Ausdruck gebracht bzw. bringen müssen (so z.B. mit
dem Wortlaut: " ... wenn sie während des Bemessungszeitraums überwiegend gegolten hat.").
Am 11.06.2015 hat der Beklagte Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er vorgetragen, maßgebend für das Überwiegen im Sinn
von § 2c Abs. 3 Satz 2 BEEG sei, ob in der größten Zahl der Monate des Bemessungszeitraums Sozialversicherungsbeiträge entrichtet worden seien. Sozialversicherungsbeiträge
seien in sieben Kalendermonaten entrichtet worden, in sechs Kalendermonaten seien keine solchen Abzüge erfolgt. Damit sei
der Kläger in der überwiegenden Anzahl der Kalendermonate sozialversicherungspflichtig gewesen. Eine Gewichtung nach Tagen
in dem Kalendermonat, im Lauf dessen sich der Wechsel vollzogen habe, finde im Gesetz keine Stütze.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 18. Mai 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger vertritt die Meinung, die Wortlautauslegung sei eindeutig. "Überwiegen" bedeute, dass mindestens sieben Monate
lang im Bemessungszeitraum das andere Abzugsmerkmal gegolten habe. Überwiegend bedeute mehr als die Hälfte. Vorliegend sei
der Kläger in sechs Monaten sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen und nicht in sieben. Für eine taggenaue Abgrenzung
bestehe kein Raum. Denn dann hätte der Gesetzgeber formulieren müssen "überwiegende Zeit". Er habe jedoch das Monatsprinzip
gewählt, weswegen nur volle Monate gezählt werden könnten. Da im September 2013 mehr Tage sozialversicherungsfrei gewesen
seien, sei dieser Monat als sozialversicherungsfreier Monat zu werten. Der Monat September 2013 müsse eindeutig zugeordnet
werden. Dies sei zweckmäßiger Weise nach der überwiegenden Anzahl der Tage vorzunehmen. Da es sich bei der Heranziehung des
anderen Merkmals um eine Ausnahme handle, müsse der entsprechende gesetzliche Tatbestand eng ausgelegt werden.
Der Beklagte hat repliziert und unterstrichen, er plädiere gerade nicht für eine tageweise Betrachtung. Sozialversicherungsbeiträge
seien in sieben Kalendermonaten entrichtet worden, Sozialversicherungsfreiheit habe nur in sechs Monaten bestanden. Allein
das sei maßgebend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten sowie die Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.
Die Akten haben vorgelegen, sind als Streitstoff in das Verfahren eingeführt worden und Gegenstand der Entscheidungsfindung
gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat den Beklagten zu Recht verurteilt, dem Kläger höheres Elterngeld ohne Abzug von Sozialabgaben bei der
Bildung des Elterngeld-Netto zu gewähren.
Gegenstand der Anfechtungsklage - insgesamt handelt es sich um eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage - ist allein
der Bewilligungsbescheid vom 28.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.05.2014. Da die Bewilligung endgültig
und nicht nur vorläufig ausgesprochen worden war, kam es nicht zum Erlass eines Zweitbescheids. Von dem Vorbehalt des Widerrufs
hat der Beklagte keinen Gebrauch gemacht. Bei dem hier vorliegenden Höhenstreit ist der Streitgegenstand grundsätzlich nicht
auf ein einzelnes Berechnungselement beschränkt. Vielmehr prüft der Senat innerhalb der Grenzen des klägerischen Antrags unter
allen tatsächlichen und rechtlichen Facetten, ob dem Kläger höhere Leistungen zustehen. Andererseits berücksichtigt der Senat
auch solche Aspekte, die das vom Kläger begehrte Optimum auf anderem Wege wieder reduzieren.
Die Voraussetzungen für die Entstehung eines Anspruchs dem Grunde nach liegen unzweifelhaft vor. Dies folgt aus § 1 Abs. 1 BEEG in der bis 31.12.2014 geltenden Fassung (aF). Die Maßgeblichkeit dieser Gesetzesfassung ergibt sich aus § 27 Abs. 1 Satz 1 BEEG. Nach § 1 Abs. 1 BEEG aF hat Anspruch auf Elterngeld, wer 1. einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, 2. mit seinem
Kind in einem Haushalt lebt, 3. dieses Kind selbst betreut und erzieht und 4. keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.
Alle diese Voraussetzungen erfüllte der Kläger. Er hatte während des gesamten Bezugszeitraums seinen Wohnsitz und gewöhnlichen
Aufenthalt in Deutschland, lebte mit L. in einem Haushalt, betreute und erzog sie selbst und übte entsprechend seiner Ankündigung
im Elterngeldantrag während des Bezugszeitraums keine Erwerbstätigkeit aus. Ein ordnungsgemäßer Antrag auf Elterngeld liegt
vor.
Die Höhe des Elterngelds hat der Beklagte zu niedrig festgelegt. In der Tat hätte er bei der Bildung des Elterngeld-Netto
von einem Abzug von Sozialabgaben absehen müssen.
Für die Bestimmung der Höhe des Elterngelds ist ebenfalls das bis zum 31.12.2014 geltende Recht (im Folgenden: aF) heranzuziehen.
Dies folgt aus § 27 Abs. 1 Satz 2 BEEG. § 2 Abs. 1 und 2 BEEG aF lautet, soweit für den vorliegenden Fall von Bedeutung, wie folgt: (1) 1Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des Einkommens
aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. 2Es wird bis zu einem Höchstbetrag von 1 800 Euro monatlich für volle
Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat. 3Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit
errechnet sich nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven
Einkünfte aus 1. nichtselbständiger Arbeit nach §
2 Absatz
1 Satz 1 Nummer
4 des
Einkommensteuergesetzes sowie 2 ..., die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum
nach § 2b ... hat. (2) ... 2In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1 200 Euro
war, sinkt der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1 200
Euro überschreitet, auf bis zu 65 Prozent.
Eine zeitliche Spezifizierung des Normteils "vor der Geburt des Kindes" erfolgt in § 2b Abs. 1 Satz 1 BEEG aF. Danach sind für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit vor der Geburt die zwölf Kalendermonate
vor dem Monat der Geburt des Kindes maßgeblich. Im Fall des Klägers, der nur Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit
bezog, sind das die zwölf Kalendermonate vor März 2014, hier also März 2013 bis einschließlich Februar 2014. Diesen Zeitraum
hat der Beklagte korrekt herangezogen.
Als richtig erweist sich auch die weitere Vorgehensweise des Beklagten, wie sie aus der Anlage zum Bewilligungsbescheid vom
28.04.2014 hervorgeht: * Für alle zwölf Monate des Bemessungszeitraums hat der Beklagte das jeweils erzielte individuelle
Einkommen zugrunde gelegt, dabei jedoch zutreffend die im Dezember 2013 zugeflossene Sonderzahlung außer Betracht gelassen.
* Sodann hat er von jedem dieser zwölf Beträge den Arbeitnehmer-Pauschbetrag in Höhe von 83,33 EUR abgezogen. * Dann hat er
den monatlichen Durchschnitt, das Elterngeld-Brutto (3.621,79 EUR), gebildet. * Zur Berechnung der Abzüge für Steuern und
Sozialabgaben im Rahmen des Elterngeld-Netto hat er ebenfalls ein monatliches Durchschnittseinkommen ermittelt, das allerdings
nicht um den Arbeitnehmer-Pauschbetrag bereinigt war (vgl. dazu Urteil des Bundessozialgerichts vom 29.06.2017 - B 10 EG 4/16 R, Rn. 18 des [...]Dokuments). Anhand des elterngeldrechtlichen Steuerbemessungsprogramms hat der Beklagte monatliche Steuern
in Höhe von 758,07 EUR angesetzt.
Zu Unrecht hat der Beklagte allerdings monatlich 778,07 EUR für Sozialabgaben vom Elterngeld-Brutto abgezogen, was letztlich
zu einem Elterngeld-Netto von lediglich 2.085,65 EUR geführt hat.
Nach § 2c Abs. 1 Satz 1 BEEG aF ergibt der monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende Überschuss der Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit in Geld
oder Geldeswert über ein Zwölftel des Arbeitnehmer-Pauschbetrags, vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach
den §§ 2e und 2f, das Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit. Gemäß § 2c Abs. 2 BEEG aF sind Grundlage der Ermittlung der Einnahmen die Angaben in den für die maßgeblichen Monate erstellten Lohn- und Gehaltsbescheinigungen
des Arbeitgebers. Anhand welcher Quelle das Abzugsmerkmal Sozialversicherungspflicht abgelesen wird, regelt § 2c Abs. 3 BEEG aF: 1Grundlage für die Ermittlung der nach §§ 2e und 2f erforderlichen Abzugsmerkmale für Steuern und Sozialabgaben sind
die Angaben in der Lohn- und Gehaltsbescheinigung, die für den letzten Monat im Bemessungszeitraum mit Einnahmen nach Absatz
1 erstellt wurde. 2Soweit sich in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Bemessungszeitraums eine Angabe zu einem Abzugsmerkmal
geändert hat, ist die von der Angabe nach Satz 1 abweichende Angabe maßgeblich, wenn sie in der überwiegenden Zahl der Monate
des Bemessungszeitraums gegolten hat.
Damit legt § 2c Abs. 3 Satz 1 BEEG aF im Gegensatz zum vor dem 18.09.2012 geltenden System der monatsindividuellen Vorgehensweise fest, dass grundsätzlich die
Angaben im letzten Entgeltnachweis des Bemessungszeitraums maßgebend sind. Hat während des Bemessungszeitraums ein Wechsel
der Abzugsmerkmale stattgefunden, ist nach § 2c Abs. 3 Satz 2 BEEG aF die Angabe im letzten Entgeltnachweis gleichwohl maßgebend, wenn die abweichende Angabe nicht in der überwiegenden Zahl
der Kalendermonate erschienen ist.
Gemessen daran erweist sich die Vorgehensweise des Beklagten im Hinblick auf die elterngeldrechtlichen Abzüge für Steuern
als korrekt. Für den letzten Monat im Bezugszeitraum war dem Kläger Steuerklasse I zugeordnet (vgl. § 2c Abs. 3 Satz 1 BEEG aF); ein Wechsel der Steuerklasse hat während des Bemessungszeitraums nicht stattgefunden (vgl. § 2c Abs. 3 Satz 1 BEEG aF).
Das ist hinsichtlich der Abzüge für Sozialabgaben anders. Im letzten Monat des Bezugszeitraums war der Kläger nicht sozialversicherungspflichtig,
weil verbeamtet. Diesbezüglich ist aber im September 2013 ein Wechsel (Verbeamtung) eingetreten, so dass § 2c Abs. 3 Satz 2 BEEG aF im Fokus steht.
Insoweit ist der Senat zum Ergebnis gelangt, dass die Sozialversicherungspflicht als Abzugsmerkmal nicht "in der überwiegenden
Zahl der Monate des Bemessungszeitraums gegolten hat." Zwar erscheint die Rechtsauffassung des Beklagten nicht unvertretbar,
allerdings spricht eine umfassende Auslegung der Gesetzespassage "in der überwiegenden Zahl der Monate des Bemessungszeitraums
gegolten" für die Richtigkeit des angefochtenen Urteils.
Folgende Auslegungsvarianten erscheinen denkbar: * Variante 1: Die Sozialversicherungspflicht hat in der überwiegenden Zahl
der Monate gegolten, nämlich von März bis August 2013, aber auch im September 2013 (wenn auch dort nur zum Teil). Das sind
insgesamt sieben Monate. Sozialversicherungsfreiheit hat dagegen nur von September 2013 bis Februar 2014, also lediglich in
sechs Monaten vorgelegen. Diesen Ansatz verfolgt der Beklagte. * Variante 2: Entgegen Variante 1 (dort sind es dreizehn) darf
die Gesamtzahl der in den Vergleich eingehenden Monate nur zwölf betragen. Jeder der zwölf Monate im Bemessungszeitraum muss
eindeutig entweder dem einen oder dem anderen Abzugsmerkmal zugeordnet werden. Bei "gemischten" Monaten wie dem Monat September
2013 kommt es darauf an, ob innerhalb dieses Monats überwiegend die Abweichung gegolten hat. Diese Interpretation von § 2c Abs. 3 Satz 2 BEEG aF hat sich das Sozialgericht zu eigen gemacht. * Variante 3: Mit Variante 2 besteht insoweit Übereinstimmung, als die Summe
der herangezogenen Monate zwölf betragen muss. Der Gesetzgeber hat nicht auf die "überwiegende Zeit" abgestellt, sondern ein
Monatsprinzip installiert. Als für das frühere Abzugsmerkmal sprechend darf ein Monat aber nur dann gewertet werden, wenn
er von Anfang bis Ende das frühere Abzugsmerkmal aufweist - es müssen also mindestens sieben ganze Monate vorliegen. * Variante
4: Unabhängig von den Kalendermonaten kommt es nur auf die "überwiegende Zeit" an. * Variante 5: Das Erfordernis, das alte
Abzugsmerkmal müsse in der überwiegenden Zahl der Monate im Bemessungszeitraum gegolten haben, ist schon dann erfüllt, wenn
mehr als die Hälfte der Kalendermonate mit dem alten Abzugsmerkmal lediglich "belegt" sind. Der "gemischte Monat" wäre nach
dieser Lesart stets zu Gunsten des alten Abzugsmerkmals zu werten, nicht auch zu Gunsten des neuen. Belegt mit dem alten Abzugsmerkmal
wären sieben, nicht belegt wären lediglich fünf Monate.
Die Gesetzesauslegung durch den Senat führt zu dem Resultat, dass entweder Variante 2 oder Variante 3 die richtige ist. Beiden
Varianten erzeugen das gleiche Ergebnis, welches dem entspricht, das das Sozialgericht gefunden hat.
a) Bei der wörtlichen Auslegung fällt auf, dass die Norm den Ausnahmefall nicht über das neue Abzugsmerkmal, sondern über
das alte definiert: Dem Wortlaut nach muss das alte Abzugsmerkmal überwiegen, und zwar in einer monatsbezogenen Betrachtung.
Daraus folgt auf jeden Fall, dass nicht auf die "überwiegende Zeit" abgestellt werden darf; vielmehr müssen ganze Monate gezählt
werden. Damit scheidet eine tageweise Berechnung (Variante 4) bereits auf der Ebene der wörtlichen Auslegung aus; darüber
besteht zwischen den Beteiligten kein Dissens.
Variante 1 wird dem Wortlaut von § 2c Abs. 3 Satz 2 BEEG aF voll gerecht, weil eine "Geltung" im landläufigen Sinn tatsächlich auch für den Monat September 2013 gegeben war. Das
alte Abzugsmerkmal tauchte unbestreitbar in sieben Kalendermonaten auf, das neue nur in sechs. Der Wortlaut von § 2c Abs. 3 Satz 2 BEEG aF verlangt auch nicht, dass die Summe der in den Vergleich eingehenden Monate ausnahmslos zwölf betragen muss; er postuliert
wie gesagt nur, dass der Vergleich nur mit ganzen Kalendermonaten angestellt wird.
Variante 2 und 3 entfernen sich nur geringfügig vom Wortlaut, stehen zu ihm aber keinesfalls in Widerspruch. Jedoch sind sie
nicht in gleichem Maß wie Variante 1 wortlautgetreu, weil sie jeweils etwas hinzuinterpretieren: Variante 3 unterstellt, dass
"Geltung des alten Abzugsmerkmals" die Geltung im vollen Kalendermonat erfordert, Variante 2, dass eine "Geltung" nur dann
vorliegt, wenn sie innerhalb eines Monats überwiegt.
Auch Variante 5 lässt sich mit dem Wortlaut von § 2c Abs. 3 Satz 2 BEEG aF vereinbaren, wobei wiederum etwas hinzuinterpretiert würde: Dort, wo das alte Abzugsmerkmal auftaucht, also "gilt", kann
nicht zugleich auch das neue gelten - dem alten Abzugsmerkmal kommt insoweit eine Ausschlusswirkung zu.
Zusammenfassend lässt sich zum Wortlaut der Regelung feststellen, dass dieser am ehesten für die Lösung des Beklagten (Variante
1) spricht, jedoch weit davon entfernt ist, diese Vorgehensweise alternativlos erscheinen zu lassen. Der Wortlaut erlaubt
vielmehr ohne weiteres auch die Varianten 2, 3 und 5.
b) Die historische Auslegung bewirkt gegenüber der Auslegung nach dem Wortlaut keine weitere Verengung des Auslegungsspektrums.
Sie zeigt keine Tendenz zu Gunsten oder zu Ungunsten irgendeiner der vier noch verbliebenen Auslegungsvarianten auf. Vor der
Schaffung von § 2c Abs. 3 BEEG aF mussten die elterngeldrechtlichen Abzüge für Steuern und Sozialabgaben Monat für Monat ermittelt werden. Der Beklagte
hatte den tatsächlichen Steuer- beziehungsweise Beitragsabzug zu übernehmen. Seit der Gesetzesänderung gibt es dagegen nur
noch einen Abzugsposten in einer einheitlichen Höhe für alle Kalendermonate des Bemessungszeitraums. Eine bestimmte Handhabung
in Bezug auf die hier vorliegende Problematik bietet sich aber aus der Gesetzeshistorie heraus nicht an, geschweige denn drängt
sich auf. Die Historie determiniert nicht, wie das Tatbestandsmerkmal "gelten" auszulegen sein könnte. Auch die Begründung
zum Gesetzentwurf in BTDrs 17/9841, die unten wiedergegeben ist, legt keine historischen Fakten offen, die signifikant sein
könnten.
c) Die Gesetzessystematik spricht in erster Linie, wenn auch nicht zwingend, für Auslegungsvariante 3.
Den entscheidenden Aspekt im Rahmen der Auslegung sieht der Senat darin, dass der Rückgriff auf das aktuelle Abzugsmerkmal
die Regel, der auf das alte Abzugsmerkmal die Ausnahme darstellen soll. Grundsätzlich gibt der letzte Monat des Bemessungszeitraums
den Ausschlag, das Abstellen auf das Überwiegen während des Bemessungszeitraums soll dagegen die Ausnahme sein. Ausnahmeregelungen
im Allgemeinen, so auch im Sozialrecht und so auch die hier vorliegende, dürfen grundsätzlich nicht extensiv ausgelegt werden.
Die Auslegung sollte - im Rahmen des Wortlauts der Vorschrift - nur so weit reichen, wie dies für den Zweck der Ausnahmeregelung
wirklich erforderlich ist.
Für die hier vorliegende Konstellation, die sich durch einen offenen Wortlaut der Norm auszeichnet, bedeutet dies, dass wenn
möglich eine Auslegung zu wählen ist, welche die Zahl der Ausnahmesachverhalte eher eindämmt. Dabei handelt es sich allerdings
zugegebenermaßen nur um eine generelle Richtschnur, nicht aber um ein unbedingtes Muss für jeden Einzelfall.
Angesichts des Ausnahmecharakters von § 2c Abs. 3 Satz 2 BEEG aF verwirft der Senat den Rechtsfindungsmodus des Beklagten (Variante 1), der relativ leicht zum Eintritt des Ausnahmefalls
führt. Eigentlich konsequent vom Wortlaut der Norm ausgehend, der auf die Zahl der Monate mit dem alten Abzugsmerkmal abstellt,
zählt der Beklagte die Monate mit Sozialversicherungspflicht. In lebensnaher Auslegung des Wortes "gelten" lässt er es genügen,
wenn nur ein Teil des Kalendermonats mit dem Abzugsmerkmal belegt ist; denn dann, so seine Erwägungen, habe das alte Abzugsmerkmal
ja irgendwann in dem Monat einmal "gegolten".
Vorzugswürdig erscheint jedoch, vor dem Hintergrund des beschriebenen Regel-/Ausnahme-Verhältnisses mit den Überlegungen an
den Monaten mit dem neuen Abzugsmerkmal anzusetzen: Die Abweichung ist gesetzessystematisch dann gerechtfertigt, wenn das
neue Merkmal in mindestens der Hälfte der Kalendermonate nicht mehr auftaucht. Die überwiegende Zahl der Monate muss für das
alte Abzugsmerkmal sprechen, damit dieses relevant werden kann. Für das alte Abzugsmerkmal spricht ein Monat - wie September
2013 - aber nicht, wenn in ihm sowohl das alte als auch das neue greift; aus Absatz 3 Satz 1 ergibt sich, dass das neue Abzugsmerkmal
Priorität hat.
Abgestellt werden sollte im vorliegenden Fall also darauf, dass ab September 2013 - also für sechs Monate - gerade das neue
Abzugsmerkmal erschienen ist. Auch wenn der Monat September 2013 auch das alte Abzugsmerkmal aufweist, so fehlt es doch -
immerhin ist der Monat mit dem neuen Abzugsmerkmal belegt - an der inneren Rechtfertigung, diesen Monat zu Gunsten der Ausnahmehandhabung
zu instrumentalisieren.
Dass Variante 1 keine adäquate Lösung bietet, wird durch einen gedanklichen Transfer plastisch verdeutlicht: Bei der hier
gegebenen Konstellation, wo nur ein einziger Wechsel eines Abzugsmerkmals innerhalb des Bemessungszeitraums erfolgt ist, mögen
die Defizite von Variante 1 noch nicht mit den Händen greifbar auffallen. Stellt man sich aber die Konstellation vor, dass
häufigere Wechsel der Abzugsmerkmale erfolgen, ändert sich dies. Dann nämlich wird deutlich, dass die Relevanz des letzten
Monats als stabilisierendes Element keineswegs vorschnell aufgegeben werden darf. Der Senat verkennt nicht, dass bei einem
Sachverhalt wie dem vorliegenden ein mehrfacher Wechsel der Sozialversicherungspflicht nahezu unmöglich ist - denn der Kläger
hätte dann zwischen Angestellten- und Beamtenverhältnis quasi hin- und herwechseln müssen. Dennoch dürfen solche virtuell
anmutenden Überlegungen bei der Justierung der grundsätzlichen Herangehensweise Berücksichtigung finden.
Gesetzessystematisch fällt weiter auf, dass im Rahmen der Ermittlung des Bemessungsentgelts ein im Ansatz vergleichbares Institut
existiert. So werden aus dem Bemessungszeitraum Kalendermonate ausgeklammert, in denen auch nur einen Tag lang Mutterschaftsleistungen
bezogen werden. Dies mag dem besonderen Umstand geschuldet sein, dass bereits ein Tag "mathematisch" ausreicht, um den Kalendermonat
als nicht mehr repräsentativ für die aktuelle Einkommenssituation anzusehen. Trotz dieser Unterschiede im Beweggrund für die
Regelungen lässt sich aber feststellen, dass das Gesetz im Bemessungsrecht die Anknüpfung an die vollen Kalendermonate auch
andernorts kennt. Auch wenn diese Folgerung nicht zwingend ist, so scheint es doch so, als ob jeder Kalendermonat im Bemessungszeitraum
einen "einheitlichen Status" haben soll. Das spricht gegen die Vorgehensweise des Beklagten, den Monat September 2013 im Rahmen
des Vergleichs sowohl auf der einen als auch auf der anderen Seite zu zählen. Vielmehr wird die Summe der in den Vergleich
eingestellten Kalendermonate tatsächlich nur zwölf betragen müssen. Jeder Monat für sich muss die Abweichung nahelegen. Und
nur wenn diese für die Abweichung sprechenden Monate überwiegen, darf die Ausnahmehandhabung greifen.
d) Das Ergebnis der systematischen Auslegung wird durch die teleologische Auslegung bestätigt. Allerdings vermittelt die Begründung
zum Gesetzentwurf kaum Erhellendes. Im Rahmen der Schaffung von § 2c BEEG wurde Absatz 3 auszugsweise wie folgt erläutert (BTDrs 17/9841, S. 22): Zu Absatz 3 Absatz 3 regelt den Nachweis der Abzugsmerkmale, die
neben den Daten nach Absatz 2 den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen zu entnehmen sind ... Grundlage der Ermittlung der nach
den §§ 2e und 2f erforderlichen Abzugsmerkmale für Steuern und Sozialabgaben sind die Angaben in der Lohn- und Gehaltsbescheinigung,
die als letzte für einen Monat im Bemessungszeitraum erstellt wurde. Wie nach Absatz 2 ergibt sich auch aus dieser Regelung
für die Angaben aus den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen eine Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung. Zu Satz 1 ... Zu
Satz 2 Satz 2 regelt Fälle, in denen sich eine Angabe nach Satz 1 innerhalb des Bemessungszeitraumes geändert hat. In diesen
Fällen ist die abweichende Angabe maßgeblich, wenn sie in der überwiegenden Zahl der Monate des Bemessungszeitraumes gegolten
hat. Wenn die abweichende Angabe und die Angabe in der letzten Lohn- und Gehaltsbescheinigung in gleichem Umfang gegolten
haben, gilt die Angabe in der letzten Lohn- und Gehaltsbescheinigung. Monate ohne lohnsteuerpflichtige Einnahmen sind nicht
zu berücksichtigen. In Fällen, in denen der erste und der letzte Bemessungsmonat mit Einnahmen nach § 2c jeweils die gleichen
Angaben enthalten, kann im Verwaltungsvollzug grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die jeweilige Angabe unverändert
geblieben ist.
Auch wenn die Begründung relativ wenig Aussagekraft hat, so lässt der Inhalt von § 2c Abs. 3 BEEG aF doch erahnen, dass folgende Motive den Ausschlag gegeben haben: * Im Wesentlichen ging es um Verwaltungsvereinfachung.
Der Gesetzgeber hielt es für nicht opportun, dass die elterngeldrechtlichen Abzüge bis dato für jeden Kalendermonat gesondert
berechnet werden mussten. Mit dem Regel-Anknüpfungspunkt des letzten Monats im Bemessungszeitraum (Satz 1) fand er eine Lösung,
die grundsätzlich den Blick in nur eine Entgeltmitteilung, nämlich die letzte, erfordert, gleichzeitig aber eine hinreichende
Gewähr bietet, dass der Einkommensausfall nach der Geburt einigermaßen aktuell und authentisch abgebildet wird. Denn nach
der Lebenserfahrung hätten sich die Abzugsmerkmale im letzten Kalendermonat des Bemessungszeitraums ohne "Dazwischenkommen"
der Geburt mit einiger Wahrscheinlichkeit fortgesetzt. * Gleichzeitig wollte der Gesetzgeber durch die Implementierung von
Satz 2 Härten für die Betroffenen abfedern. Die Kompensation von Unzuträglichkeiten sollte aber nicht dadurch erfolgen, dass
doch wieder zur monatsindividuellen Berechnung zurückgekehrt würde. Vielmehr strebte der Gesetzgeber an, auf jeden Fall einen
einzigen Status für alle Monate des Bemessungszeitraums zu erreichen; auf die Verwaltungsvereinfachung wollte er unter keinen
Umständen verzichten.
Bei der Auslegung fällt entscheidend ins Gewicht, dass es sich bei Satz 2 um eine Härteregelung handelt. Damit soll Unbilligkeiten
abgeholfen werden, die sich daraus ergeben, dass lediglich ein einziger von insgesamt zwölf Monaten die elterngeldrechtlichen
Abzüge determiniert. Die in Satz 2 vorgesehene Abweichung soll bis zu einem gewissen Grad materieller Gerechtigkeit Geltung
verschaffen - sie dient damit einem rechtsstaatlichen Anliegen.
Bei den hier maßgebenden Verhältnissen (etwa jeweils hälftig neues und altes Abzugsmerkmal) erscheint jedoch eine Härte, wie
sie der Gesetzgeber vor Augen hatte, kaum realistisch. Die Härtefälle dürften vielmehr erst weit jenseits der "Halbe-/Halbe-Konstellation"
vorzufinden sein. Der Beweggrund des Gesetzgebers für die Schaffung der Härteregelung findet damit im vorliegenden Fall keine
Projektion. Existieren aber bei einem solchen Befund vom Wortlaut her mehrere zulässige Auslegungsmöglichkeiten, bietet sich
diejenige an, welche dem Umstand, dass gerade noch keine Härte vorliegt, am ehesten Rechnung trägt - das ist die Auslegung,
die es möglichst bei der Regelhandhabung belässt.
Unter dem Aspekt der Verwaltungsvereinfachung wären Varianten 2 und 3 Variante 1 vorzuziehen. Würde nämlich gemäß Variante
2 oder 3 vorgegangen, müsste sich die Behörde grundsätzlich nur die letzten sechs Entgeltbescheinigungen anschauen. Würde
bei allen diesen sechs Entgeltbescheinigungen das neue Abzugsmerkmal erscheinen, stünde die Lösung bereits fest. Bei Variante
1 müsste sie dagegen sieben Entgeltbescheinigungen überprüfen, wegen der Möglichkeit eines häufigeren Lohnsteuerklassenwechsels
oder des häufigeren Wechsels der Kinderfreibeträge etc. sogar noch mehr.
Die Realisierung der aktuellen Abzugsmerkmale erscheint, wie bereits angesprochen, auch vor dem Hintergrund erstrebenswert,
dass der letzte Kalendermonat im Bemessungszeitraum besser die prognostischen Verhältnisse in der Zukunft abbildet, die sich
ohne die Geburt ergeben hätten. Der, wenn man so will, "wahre Einkommensverlust" durch Betreuung eines Kindes wird authentischer
erfasst.
Nach alldem erscheint Variante 3 vorzugswürdig, Variante 2 aber nahezu gleichwertig. Abzulehnen sind Varianten 1 und 5, die
sich jeweils zu Ungunsten des Klägers auswirken würden.
Der Senat hat die Revision zugelassen, weil er der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beimisst.