Gründe:
I. Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine Leistungsabsenkung nach § 31 des Zweiten
Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 1. August 2008 bis zum 31. Oktober 2008.
Der Antragsgegner bewilligte dem in Bedarfsgemeinschaft lebenden 19 geborenen Antragsteller mit Bescheid vom 26. Mai 2008
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 1. Juli 2008 bis zum 31. Dezember 2008, und zwar Regelleistungen
unter Anrechnung von Kindergeld (124 €) in Höhe von monatlich 157 € und anteilige Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe
von monatlich 124,50 €.
Der Antragsteller verpflichtete sich in einer Eingliederungsvereinbarung vom 18. März 2008, gültig bis zum 18. September 2008,
u. a. zur Teilnahme an einer geförderten Beschäftigung als Küchenhilfe bei dem Träger S e.V. ab sofort. Ab dem 1. April 2008
übte der Antragsteller eine Beschäftigung als Küchenhilfe bei der S GmbH gegen Mehraufwandsentschädigung aus. Nachdem der
Antragsteller vom 10. bis zum 17. Juni 2008 unentschuldigt gefehlt hatte, kündigte die S GmbH dem Antragsteller.
Mit Bescheid vom 11. Juli 2008 beschränkte der Antragsgegner daraufhin die Leistungen für den Antragsteller nach § 31 SGB
II auf die angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung und hob insoweit gleichzeitig den Bewilligungsbescheid vom 26. Mai
2008 auf. Der Antragsteller habe die in der Eingliederungsvereinbarung vom 18. März 2008 festgelegten Pflichten nicht umfassend
erfüllt, da er in der Zeit vom 10. bis zum 17. Juni 2008 bei der GmbH unentschuldigt gefehlt und daher eine Kündigung fahrlässig
hervorgerufen habe.
Mit Änderungsbescheid ebenfalls vom 11. Juli 2008 senkte der Antragsgegner die Leistungen für den Antragsteller für den Zeitraum
vom 1. August 2008 bis zum 31. Oktober 2008 um monatlich 281 € ab. Den Widerspruch hiergegen wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid
vom 26. August 2008 zurück.
Bereits am 4. August 2008 hat der Antragsteller bei dem Sozialgericht Berlin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes beantragt,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Absenkungsbescheid des Antragsgegners vom 11. Juli 2008 anzuordnen. Der
Bescheid sei rechtswidrig, weil dem Antragsteller die Tätigkeit auf Grund bestehender Allergien unzumutbar gewesen sei.
Am 6. September 2008 hat der Antragsteller bei dem Sozialgericht Berlin die unter dem Az. S 108 AS 24168/08 registrierte Klage gegen den Absenkungsbescheid vom 11. Juli 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. August 2008
erhoben.
Das Sozialgericht Berlin hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs nach Klagerhebung gemäß
§
123 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 6. September 2008 ausgelegt; mit Beschluss vom 4. Februar
2009 hat das Sozialgericht den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgewiesen und zugleich dem Antragsteller
Prozesskostenhilfe bewilligt. Der Antrag nach §
86b Abs.
1 S. 1 Nr.
2 SGG könne schon deshalb keinen Erfolg haben, weil die Angelegenheit nicht eilbedürftig sei. Im Streit sei eine Leistungsabsenkung
für die Vergangenheit (Zeitraum 1. August 2008 bis zum 31. Oktober 2008); die Nachteile aus dem Sanktionsbescheid seien damit
bereits eingetreten und könnten gegenwärtig oder in der Zukunft nicht mehr abgewendet werden. Dem Antragsteller sei daher
ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache zumutbar.
Gegen den dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers am 9. Februar 2009 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am
23. Februar 2009 Beschwerde bei dem Sozialgericht Berlin eingelegt und gleichzeitig Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren
beantragt. Zur Wahrung des Grundsatzes des effektiven Rechtsschutzes sei bei der Feststellung der Eilbedürftigkeit auf den
Zeitpunkt der Antragstellung beim Gericht, mithin den 4. August 2008 abzustellen. Zum damaligen Zeitpunkt habe eine existenzielle
Notlage und damit ein Anordnungsgrund bestanden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte
und der beigezogenen Verwaltungsakte des Antragsgegners (...) Bezug genommen.
II. Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet.
Das Sozialgericht Berlin hat den Antrag des Antragstellers auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zu Recht abgelehnt.
Nach §
86b Abs.
1 S. 1 Nr.
2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung
haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon
vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen (§
86b Abs.
1 Satz 2
SGG).
Es kann dahinstehen, ob die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach §
86b Abs.
1 S. 1 Nr.
2 SGG erfüllt wären. Denn es fehlt jedenfalls an der Eilbedürftigkeit für eine vorläufige Rückabwicklung des angegriffenen Bescheides
nach §
86b Abs.
1 S. 2
SGG.
Zwar erfasst §
86b Abs.
1 Satz 2
SGG als unselbständiger Folgenbeseitigungsanspruch die Rückgängigmachung bereits erfolgter Vollziehungshandlungen, hier die Nichtauszahlung
der bewilligten Leistungen für die Zeit vom 1. August 2008 bis zum 31. Oktober 2008. Bei der Entscheidung, ob eine bereits
erfolgte Vollziehung aufzuheben ist und Leistungen für die Vergangenheit auszuzahlen sind, ist jedoch das öffentliche Interesse
an dem Fortbestand des Vollzuges gegen das Interesse des Antragstellers an der Aufhebung der Vollziehung abzuwägen. Auch hierbei
ist die Grundentscheidung des Gesetzgebers nach § 39 SGB II, die aufschiebende Wirkung einer Klage gerade auszuschließen,
ausreichend zu beachten (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. Dezember 2008, L 9 B 192/08 KR, m. w. N.). Ist die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs anzuordnen, kann zwar auch die Aussetzung der Vollziehung
angezeigt sein. Ein Automatismus besteht jedoch nicht. Im Hinblick auf die Anordnung nach §
86b Abs.
1 Satz 1
SGG hat eine gesonderte Abwägung zu erfolgen. Nur in Ausnahmefällen, wenn es zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes erforderlich
ist, kann im Wege der Aufhebung der Vollziehung eine Maßnahme angeordnet werden, die nur schwer rückgängig zu machen ist bzw.
die Hauptsache vorwegnimmt (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. März 2009, L 20 AS 47/09 B ER, m. w. N. - zitiert nach Juris).
Vorliegend ist nicht erkennbar, dass das Gebot des effektiven Rechtsschutzes verletzt würde, wenn der Antragsteller zur Durchsetzung
seiner Interessen auf das Hauptsacheverfahren verwiesen wird.
Das Bundesverfassungsgericht hat zum Gebot des effektiven Rechtsschutz im Beschluss vom 24. März 2009 (2 BvR 2347/08, zit. nach Juris) folgendes ausgeführt:
"Art.
19 Abs.
4 GG gewährleistet nicht nur das formelle Recht und die theoretische Möglichkeit, die Gerichte anzurufen, sondern gibt dem Bürger
einen Anspruch auf tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle. Aus dieser grundgesetzlichen Garantie folgt das Verfassungsgebot,
soweit wie möglich zu verhindern, dass durch die sofortige Vollziehung einer hoheitlichen Maßnahme Tatsachen geschaffen werden,
die auch dann, wenn sich die Maßnahme bei richterlicher Prüfung als rechtswidrig erweist, nicht mehr rückgängig gemacht werden
können (vgl. BVerfGE 37, 150 [153]; 65, 1 [70]). Zwar gewährleistet Art.
19 Abs.
4 GG die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen nicht schlechthin (vgl. BVerfGE 65, 1 [70]). Es ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber im Bereich des Strafvollzugs die sofortige
Vollziehung als Regel und die Aussetzung des Vollzugs als Ausnahme vorsieht, weil er grundsätzlich den sofortigen Vollzug
der angeordneten Maßnahmen aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses für geboten hält. Dabei muss jedoch gewährleistet
sein, dass der Betroffene umgehend eine gerichtliche Entscheidung darüber herbeiführen kann, ob im konkreten Einzelfall das
öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung oder aber das Interesse des Einzelnen an der Aussetzung der Vollstreckung
bis zur Nachprüfung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme überwiegt. Bei dieser Abwägung fällt der Rechtsschutzanspruch des Bürgers
umso stärker ins Gewicht, je schwerer die ihm auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahme Unabänderliches bewirkt (BVerfGE
35, 382 [402]; 37, 150 [153])."
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann die nach §
86b Abs.
1 S. 2
SGG gebotenen Ermessensentscheidung nicht zu Gunsten des Antragstellers ausfallen.
Selbst wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 11. Juli 2008 bestünden, so führen diese nicht unmittelbar zu
der Notwendigkeit einer vorläufigen Rückabwicklung nach §
86b Abs.
1 S. 2
SGG, weil hierfür Gründe nicht glaubhaft gemacht worden sind. Es ist nicht erkennbar, dass durch die sofortige Vollziehung Tatsachen
geschaffen worden sind, die auch dann, wenn sich die Maßnahme bei richterlicher Prüfung als rechtswidrig erweist, nicht mehr
rückgängig gemacht werden können. Eine solche Situation ist beispielsweise bei der Bedrohung der (wirtschaftlichen) Existenz
durch die angegriffene Entscheidung denkbar. Anhaltspunkte hierfür sind jedoch nicht gegeben. Vielmehr trägt der Antragsteller
selbst vor, es habe (zwar) zu dem Zeitpunkt der Leistungsabsenkung eine existenzielle Notlage und damit ein Anordnungsgrund
bestanden. Es wurde jedoch nicht einmal vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich, dass hieraus gegenwärtig noch wesentliche
Nachteile resultieren. Hier ist zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner bis einschließlich Juli 2008 und - soweit aus den
vorliegenden Akten ersichtlich - auch im November und Dezember 2008 für den Antragsteller die mit Bescheid vom 26. Mai 2008
zuerkannten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erbracht hat.
Sollte sich im Hauptsacheverfahren eine Rechtswidrigkeit des Sanktionsbescheides herausstellen, so könnte zudem unproblematisch
eine Nachzahlung der einbehaltenen Leistungen (insgesamt 843 €) erfolgen. Demgegenüber ist aufgrund der wirtschaftlichen Situation
des Antragstellers jedenfalls aus heutiger Sicht zweifelhaft, ob der Antragsteller im Falle einer vorläufigen Zahlung dieser
843 € zur Rückzahlung in der Lage wäre, wenn sich die Rechtmäßigkeit des Sanktionsbescheides im Hauptsacheverfahren ergibt.
Zu einer anderen Einschätzung führt auch nicht, dass das erledigende Ereignis (der Ablauf des Sanktionszeitraumes) erst während
des anhängigen Gerichtsverfahrens eingetreten ist. Denn gleichwohl ist entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht auf den
Zeitpunkt des Antragseingangs beim Gericht abzustellen. Schon nach dem Wortlaut der Regelung des §
86b Abs.
1 S. 2
SGG ist auf den "Zeitpunkt der Entscheidung" des Gerichts und nicht auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen. Sowohl
zum Zeitpunkt der Entscheidung des Sozialgerichts (4. Februar 2009) als auch zum heutigen Zeitpunkt war der Verwaltungsakt
jedoch längst vollzogen.
Bei der Abwägung kann sich schließlich nicht entscheidend zu Gunsten des Antragstellers auswirken, dass die Entscheidung des
Gerichts aus vom Antragsteller nicht zu vertretenden Gründen erst nach Ablauf des Sanktionszeitraumes erfolgt ist. Diesem
Umstand hat das Gericht zwar bei der Entscheidung über die Prozesskostenhilfe Rechnung tragen und deshalb auch im nachhinein
Prozesskostenhilfe bewilligen können. Bei der Entscheidung nach §
86b Abs.1 S. 2
SGG kann dieser Umstand jedoch keine Berücksichtigung finden, weil er für die Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an
dem Bestand des Sanktions-/Absenkungsbescheides und dem Interesse des Antragstellers an der Rückabwicklung der Vollziehung
des Bescheides grundsätzlich ohne Belang ist.
Mangels Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung war auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren
abzulehnen (§
73a SGG i.V.m. §
114 ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§
177 SGG).