Sozialversicherungsbeitragspflicht einer Pflegekraft
Schönwetter-Selbstständigkeit
Eingliederung in die betriebliche Arbeitsorganisation
Tatbestand:
Im Streit steht der Sache nach der sozialversicherungsrechtliche Status der Beschäftigung des Klägers als Pflegekraft bei
verschiedenen Kliniken, den Beigeladenen zu 1) bis 4) sowie einem Pflegedienst, dem Beigeladenen zu 7) im zweiten Halbjahr
2010.
Der 1986 geborene Kläger ist ausgebildeter Gesundheits- und Krankenpfleger. Er war zunächst als Pflegekraft auf der Intensivstation
für Viszeral- und Transplantationschirurgie an der C B tätig. Er zeigte mit Schreiben vom 25. Mai 2010 dem zuständigen Landesamt
für Gesundheit und Soziales Berlin gemäß § 14 des Gesetzes über den Öffentlichen Gesundheitsdienst an, ab dem 1. Juli 2010
eine selbständige Tätigkeit als Gesundheits- und Krankenpfleger aufzunehmen. Ab dem 19. Juli 2010 war er für die Beigeladene
zu 1) bis 4) und den Beigeladenen zu 7) als Gesundheits- und Krankenpfleger tätig. Bei den Beigeladenen zu 1) bis 4) übte
er seine Tätigkeit im Krankenhaus auf Stationen aus, bei dem Beigeladenen zu 7) war er im ambulanten Krankenpflegedienst tätig.
Den Tätigkeiten lagen jeweils ein Honorarvertrag und Dienstleistungsvereinbarungen zugrunde, in denen der Kläger als "freiberufliche
medizinische Fachkraft" oder "freiberufliche Pflegekraft" bezeichnet wurde.
Ab dem 1. Oktober 2010 stellte der Kläger eine Bürokraft für monatlich 410,- € an, die zum Beispiel die Reisen organisierte
und Rechnungen bearbeitete.
Der Kläger beantragte am 5. November 2010 die Feststellung seines Status für die Zeit ab dem 1. August 2010. Er gab als Auftraggeber
die Beigeladenen zu 1) bis 4) und 7) an und nannte "beispielhafte Einsatzzeiten" bei den einzelnen Auftragnehmern zwischen
dem 19. Juli 2010 und dem 30. Dezember 2010. Seine Tätigkeit beschrieb er als "eigenständige und eigenverantwortliche Planung,
Durchführung, Dokumentation und Überprüfung von häuslicher und/oder stationärer Krankenpflege und/oder Altenpflege der zu
pflegenden Personen". Weisungen würden ihm nicht erteilt. Er habe als Auftragnehmer lediglich nach Verordnung für häusliche
Krankenpflege sowie der behandelnden Ärzte oder Patienten/Personen zu handeln.
Dem Antrag war eine "Dienstleistungsvereinbarung" zwischen dem Beigeladenen zu 7) - Sozialstation R vom 19. Juli 2010 beigefügt
sowie eine "Dienstleistungsvereinbarung" zwischen der Beigeladenen zu 1) und dem Kläger vom 28. September 2010 für den Einsatzzeitraum
"2. November 2010 bis einschließlich 14. November 2010 an mindestens 12 Tagen" sowie vom "24. Dezember 2010 bis einschließlich
30. Dezember 2010 an mindestens 6 Tagen". Die letztgenannte Vereinbarung beruht ausweislich der eingereichten Kopie auf einem
vom Kläger vorgegebenen Muster.
Ein entsprechender Vertrag nach dem Formular des Klägers wurde auch mit der Beigeladenen zu 4) am 2. September 2010 abgeschlossen.
Die Tätigkeit für die Beigeladene zu 2) fußte auf einem "Honorar zwischen Einrichtung und freiberuflicher Pflegekraft" vom
23. August 2010 auf einem Formular einer Vermittlungsagentur für freiberufliches medizinisches Personal.
Der Kläger führte ergänzend aus: Seine Arbeitsmittel seien Blutzuckermessgerät inklusive Zubehör, Blutdruckmessgerät, Desinfektionsmittel,
Handschuhe. Er trage eigene Dienstkleidung mit einem Namensschild, auf dem eindeutig für den Kunden/Patienten ersichtlich
sei, dass er im Auftrag seines Auftraggebers tätig sei. Er hafte im Falle unerwarteter Verhinderung für die zusätzlichen Kosten,
die dem Auftraggeber entstünden, um die frei gewordenen Kapazitäten zu decken. Es sei ihm freigestellt, den Auftrag durch
eine andere Pflegekraft ausführen zu lassen. Organisation und Finanzierung fielen dabei in seine Pflicht. Er selbst hafte
für entstehende Schäden sowohl bei der Durchführung der Maßnahmen als auch am Eigentum der Patienten und bestimme seine Arbeit
selbst nach den betrieblichen Erfordernissen, unabhängig von einem Direktionsrecht bzgl. Zeit, Ort und Art der Tätigkeit.
Er sei an die Dienstpläne seiner Auftraggeber nicht gebunden und bestimme den zeitlichen Umfang seiner Dienstleistung selbst.
So habe er beispielsweise bei der Beigeladenen zu 1) am 26. Dezember 2010 über einen ununterbrochenen Zeitraum von 17 Stunden
Dienstleistungen erbracht. Dies entspreche in keiner Weise den Dienstplangegebenheiten seiner Auftraggeberin. Arbeitnehmer
hätten im Gegensatz zu ihm vorgegebene Dienstzeiten, Arbeitsschutzrichtlinien sowie Ruhe- bzw. Pausenzeiten zwingend einzuhalten.
Ferner nehme er nachweislich nicht an Dienst- bzw. Teambesprechungen, Betriebsausflügen und Veranstaltungen der Auftraggeber
teil. Ganz allgemein führten medizinische Fachkräfte und Pflegefachkräfte als Glieder zwischen Ärzten, Therapeuten und Angehörigen
und Patienten im Rahmen der Behandlungspflege ärztliche Anordnungen selbständig aus, bereiteten die Patienten auf therapeutische
und diagnostische Maßnahmen vor und führten angeordnete erforderliche medizinische Behandlungen durch. Im Rahmen der Patientenbeobachtung
ermittelten und dokumentierten Krankenpfleger die für die Therapie erforderlichen Daten wie Blutdruck, Puls und Temperatur
und beurteilten Atmung und Verhalten der Patienten. Soweit er Tätigkeiten ausgeführt habe, sei er zu den vereinbarten Einsatzzeiten
auf der vertraglich vereinbarten Pflegestation erschienen, habe am Empfang der Station die Akte des Patienten sowie die Information
von der Schichtleitung erhalten, wo sich der zu pflegende Patient aufhalte. Er habe dann anschließend eigenverantwortlich
die Kontrolle ausgeübt. Es sei während seiner Einsatzzeit zu keiner Kontrolle durch die diensthabende Stationsschwester gekommen.
Nach Beendigung des Dienstes übergebe er den Patienten selbständig an den nachfolgenden Dienst. Eine Abnahme durch die diensthabende
Stationsschwester sei zu keinem Zeitpunkt erfolgt.
Sofern er gemäß der Verordnungen oder Anordnungen der behandelnden Ärzte tätig sei bzw. werde, schließe dies eine selbständige
Tätigkeit nicht aus. Hierfür spreche bereits der Wortlaut des §
2 Abs.
1 Nr.
2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (
SGB VI).
Der Kläger reichte Beschreibungen des Auftragsverhältnisses durch die Beigeladenen zu 1) bis 4) und 7) ein sowie Kopie der
Rechnungen.
Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 21. November 2011 fest, dass die Tätigkeit des Klägers als Gesundheits- und Krankenpfleger
bei der Beigeladenen zu 2) seit dem 23. August 2010 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde
und Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe.
Die Versicherungspflicht beginne am 23. August 2010.
Maßgeblich für die Beurteilung als abhängige Beschäftigung sei, dass die Tätigkeit als Gesundheits- und Krankenpfleger in
der intensivmedizinischen Pflege an die Gegebenheit der entsprechenden Einrichtung gebunden sei. Eine Bindung eines Krankenpflegers
in der stationären Pflege an die Weisungen von Ärzten und Stationsleitung zu negieren erscheine lebensfremd.
Weitere entsprechende Bescheide ergingen unter diesem Datum gegenüber dem Kläger und der Beigeladenen zu 3), der Beigeladenen
zu 1) und der Beigeladenen zu 7).
Der Kläger erhob hiergegen am 14. Dezember 2011 jeweils Widerspruch.
Am 22. Dezember 2011 erhob auch die Beigeladene zu 3) Widerspruch.
Mit weiterem Bescheid vom 2. Januar 2012 stellte die Beklagte fest, dass auch die Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 4)
abhängig gewesen sei und entsprechend Versicherungspflicht bei den einzelnen Sozialversicherungen bestehe.
Am 30. Januar 2012 legte der Kläger auch hiergegen Widerspruch ein.
Zur Begründung trug er ergänzend vor, er entscheide unter anderem selbständig und eigenverantwortlich über die Darreichungsform
der Medikamente. Auch obliege ihm die Entscheidung, wann und wo und in welcher Dosierung Spritzen verabreicht würden, ebenso
wie die über die Aufziehung von Infusionslösungen. Auch der behandelnde Arzt habe sich beispielsweise an die Anordnungen der
Wundschwester zur Versorgung einer Wunde zu halten. Die Anordnungen und Verordnungen des behandelnden Arztes dienten lediglich
als Basis der Dienstleistung des Klägers. Ferner trage der Kläger ein Unternehmerrisiko dahingehend, dass er auch bei Forderungsausfällen
weiterhin seine monatlichen Belastungen alleine zu tragen habe.
Die Beigeladene zu 3) hat unter anderem ausgeführt, die Zusammenarbeit des Klägers mit den angestellten Pflegedienstmitarbeitern
und Ärzten habe sich auf ein absolutes Minimum beschränkt. Er sei nicht in den Krankenhausbetrieb eingegliedert gewesen. Es
habe weder ein Weisungsrecht bestanden, noch habe der Kläger einen Vorgesetzten gehabt.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 31. Oktober 2012 wies die Beklagte die Widersprüche zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 28. November 2012 Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben.
Er hat im Klagebegründungsschriftsatz im Einzelnen aufgelistet, an welchen Tagen er für die Tätigkeit bei welchen Beigeladenen
jeweils Umsätze erzielt hat.
Zur Klagebegründung hat er zusätzlich ausgeführt, die zu betreuten Personen würden ihm gerade nicht zugeordnet, sondern von
ihm entsprechend seiner Qualifikation ausgewählt. So lehne er die Betreuung von zu pflegenden Personen mit bestimmten Krankheitsbildern
ab. Ferner begrenze er selbst die Anzahl der zu betreuten Personen. Die Auswahl treffe er auch nach ganz praktischen Erwägungen,
zum Beispiel ob die Zimmer nahe beieinander lägen. Er sei fachlich alleine zuständig. Er übernehme auch nicht im Falle eines
Personalausfalles der Auftraggeber die Verpflichtungen des abwesenden/verhinderten Beschäftigten der Beigeladenen. Er habe
ein Schild getragen, das ihn als externen Mitarbeiter ausgewiesen habe. So habe er immer schnell auf andere Mitarbeiter verweisen
können, wenn er nicht zuständig gewesen sei.
Er führe regelmäßig kleinere Eingriffe an den zu betreuten und zu pflegenden Personen durch, beurteile Akutsituationen selbständig
und eigenverantwortlich und handele entsprechend.
Er sei nicht in die Organisationsstruktur der Beigeladenen eingegliedert und besitze keine Zugangsrechte zu den EDV-Systemen.
Soweit die Pflegedokumentation IT-basiert gewesen sei, habe er fest angestellte Mitarbeiter bitten müssen, sich unter ihrem
Namen einzuloggen, damit er die Pflege im System - dann manuell unter seinem Namen - habe dokumentieren können.
Die Beigeladene zu 3) hat vorgebracht, die einzigen Vorgaben, die dem Kläger von ihr gemacht seien, seien Verordnungen der
Ärzte. Die Verwendung der Vertragstexte durch den Kläger, bei welchen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen auszugehen sei,
spreche regelmäßig für die Selbständigkeit des Verwenders.
Das SG hat mit Urteil vom 3. August 2015 (Zustellung: 31. August 2015) die Bescheide der Beklagten vom 21. November 2012 und vom
2. Januar 2012 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 31. Oktober 2012 aufgehoben. Es hat festgestellt, dass der Kläger
im Rahmen seiner Tätigkeit als Gesundheits- und Krankenpfleger für den Beigeladenen zu 7) ab dem 19. Juli 2010, die Beigeladene
zu 3) ab dem 5. August 2010, die Beigeladene zu 2) ab dem 23. August 2010, die Beigeladene zu 4) ab dem 9. September 2010
und die Beigeladene zu 1) ab dem 2. November 2010 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und
Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen habe.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit sprechenden Umstände überwögen.
Entscheidend sei für das SG insbesondere, dass der Kläger die Arbeit nach Übergabe der Patienten eigenständig durchgeführt und nur in Sondersituationen
mit fest angestellten Mitarbeitern zusammengewirkt habe. Hinsichtlich der Pflegeleistungen für den Beigeladenen zu 7) überwögen
die für Selbständigkeit sprechenden Umstände noch stärker.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten vom 28. September 2015.
Zu deren Begründung führt sie aus, das SG argumentiere in sich widersprüchlich. Maßgeblich für die betriebliche Eingliederung sei es, dass sich die Tätigkeit nach
Annahme eines Auftrages inhaltlich nicht in nennenswerter Weise von den Tätigkeiten der (normal) beschäftigten Krankenpfleger
unterschieden habe. Maßgeblich seien alleine die Verhältnisse nach Auftragsannahme. Der Kläger sei im Schichtdienst eingesetzt
worden wie die Angestellten der Beigeladenen auch. Auch hinsichtlich der Art seiner Tätigkeit sei er strikt in die arbeitsteiligen
Abläufe der Pflegestation eingebunden gewesen. Seine eigene Tätigkeitsbeschreibung treffe auch auf jeden fest angestellten
Krankenpfleger zu.
Auch hinsichtlich der ambulanten Pflegetätigkeit für den Beigeladenen zu 7) seien keine relevanten Unterschiede gegenüber
den Angestellten in gleicher Tätigkeit ersichtlich.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 3. September 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Er hat sein Vorbringen wiederholt und ergänzend ausgeführt,
die Eingliederung in Dienstpläne könne nicht relevant sein, sondern folge bereits aus den besonderen Anforderungen der Pflege.
Soweit sich die Beklagte auf ein Urteil des Sozialgerichts Niedersachsen-Bremen berufe, sei darauf hinzuweisen, dass dort
über die Tätigkeit einer OP-Fachkraft entschieden worden sei. Diese sei bereits nach den vertraglichen Vereinbarungen weisungsabhängig
gewesen. Die Tätigkeiten seien nicht gleichsetzbar.
Die Beigeladene zu 3) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze samt Anlagen sowie den Verwaltungsvorgang der Beklagten wird ergänzend
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat Erfolg. Zu Recht hat die Beklagte festgestellt, dass der Kläger in seiner Tätigkeit als Pfleger für die Beigeladenen
zu 1) bis 4) und dem Beigeladenen zu 7) in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung
versicherungspflichtig war.
Die Klage ist abzuweisen, da die streitgegenständlichen Bescheide vom 21. November 2011 und vom 2. Januar 2012 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 31. Oktober 2012 rechtmäßig sind und den Kläger nicht in seien Rechten verletzen.
Der Eintritt von Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung
wegen Aufnahme einer abhängigen Tätigkeit bestimmt sich nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch, § 5 Abs. 1
Nr.
1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, §
1 Nr.
1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (
SGB VI) und §
20 Abs.
1 Nr.
1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch.
Die für den Eintritt von Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung sowie der Kranken-, Renten- und sozialen Pflegeversicherung
danach erforderliche Beschäftigung wird in §
7 Abs.
1 SGB IV näher definiert. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für
eine Beschäftigung sind nach §
7 Abs.
1 Satz 2
SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Abzugrenzen ist die eine
Versicherungspflicht begründende abhängige Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt Beschäftigung vor, wenn die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Dieses Merkmal ist bei einer Beschäftigung
in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und mit seiner Tätigkeit einem Zeit,
Dauer, Ort und Art der Ausführung erfassenden Weisungsrecht unterliegt. Dabei kann sich die Weisungsgebundenheit insbesondere
bei Diensten höherer Art zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern. Dagegen ist eine selbständige
Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über
die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob eine abhängige
Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit vorliegt, richtet sich danach, welche der genannten Merkmale bei Betrachtung des
Gesamtbildes der Verhältnisse überwiegen (vgl. zum Ganzen BSG Urt. v. 28. November 2011 -B 12 R 17/09 R juris-Rdnr. 16 und vom 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R - juris-Rdnr. 16).
Ausgangspunkt der Prüfung, ob der Kläger bei den beigeladenen Krankenhäusern bzw. der Beigeladenen zu 7) im Rahmen einer Beschäftigung
oder als Selbständige tätig wurde, sind die für seine Tätigkeit maßgeblichen vertraglichen Vereinbarungen. Hier ist zwar mit
dem SG davon auszugehen, dass die Klägerin und die Beigeladene eine Beschäftigung auf freier Basis vereinbaren wollten. Allerdings
ist bereits nach den Verträgen der Status der Tätigkeit etwas unklar. So ist in dem vom Kläger selbst vorgegebenen Vertrag
jeweils in § 3 Weisungsfreiheit vereinbart. Allerdings verpflichtetet er sich nach dem jeweiligen § 2 zur Krankenpflege "ggf.
in Kooperation mit den angestellten Pflegedienstmitarbeitern/-innen" und gemäß der Verordnungen der behandelnden Ärzte.
Indessen ergibt sich das Entstehen von Versicherungspflicht ohnehin aus dem Gesetz. Entsprechend kann sie nicht Gegenstand
einzelvertraglicher Vereinbarungen sein. Entscheidend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist deswegen die tatsächliche
Ausgestaltung der Verhältnisse, welchen gegebenenfalls sogar stärkeres Gewicht als abweichenden vertraglichen Regelungen zukommen
kann (BSG Urt. v. 28. Mai 2008 - B 12 KR 13/07 R - juris-Rdnr. 17; Urt. v. 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R - juris-Rdnr. 17).
Dass der Gesetzgeber in §
2 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGB VI selbst anerkennt, dass Pflegepersonen selbständig sein können, führt nicht dazu, die normalen Grundsätze für die Abgrenzung
für diesen Berufskreis nicht anzuwenden. Die Regelung soll lediglich klarstellen, dass eine Selbständigkeit von Kranken-,
Wochen-, Säuglings- und Kinderpflegern, möglich ist, obgleich sie regelmäßig nur auf ärztliche Anordnung bzw. Verordnung tätig
werden und insoweit von Weisungsabhängigkeit vom verordnenden Arzt ausgegangen werden könnte (LSG Hamburg, Urteil vom 10.
Dezember 2012 - L 2 R 13/09 - juris Rdnr. 35 mit Bezugnahme auf Gürtner in: Kassler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, §
2 SGB VI Rdnr. 12).
Der Kläger beruft sich fruchtlos auf das Urteil des BSG vom 18. September 2011 - B 12 R 17/09 -. Im Gegensatz zu der dortigen Pflegekraft, die beim Patienten zu Hause dem klassischen Berufsbild entsprechend, das auch
§
2 SGB VI zugrunde liegt, tätig war, steht hier die Eingliederung des Klägers in den Krankenhaus- bzw. Pflegebetrieb bei den Beigeladenen
zu 1) bis 4) und 7) entgegen.
Erbringt eine Person - wie Krankenpfleger in einem Krankenhaus - keine abgrenzbare und im Vorfeld definierbare Leistung, sondern
ist Mitglied eines Teams, das eine Gesamtleistung erbringt, ist von einer Eingliederung in einer von fremder Seite vorgegebene
Arbeitsorganisation (des Krankenhauses) auszugehen. Der Kläger ist in den Stationsbetrieb der Beigeladenen zu 1) bis 4) eingebunden
gewesen. Ihm sind keine nennenswerten Gestaltungsspielräume in der Art der Ausführung seiner Tätigkeit verblieben. Seine Tätigkeit
hat im Wesentlichen mit der der normal beschäftigten Pflegeperson übereingestimmt, auch wenn er -als kurzfristig eingesetzter
Springer bzw. Urlaubsvertretung- sich die zu betreuenden Patienten selbst ausgesucht haben mag.
Soweit das Bayerische Landessozialgericht im Urteil vom 22. März 2011 (L 5 R 627/09), auf welches sich der Kläger bezogen hat, keine entscheidende Einbindung der dortigen Klägerin als Krankenschwester in die
Betriebsorganisation des beigeladenen Krankenhauses erkennen konnte, folgt dem der Senat nicht.
Von tragender Relevanz ist nicht, ob die Pflegekraft an Dienstbesprechungen teilzunehmen hat und/oder sich mit anderen Pflegekräften
abstimmen muss oder nicht.
Entscheidend ist vielmehr, dass eine Eingliederung in den Arbeitsprozess erfolgt. Dass ein Betrieb reibungslos funktioniert,
weil jeder Beschäftigte seine Tätigkeit eigenständig und verantwortungsvoll wahrnimmt, und nur deshalb kein Bedarf für Dienstbesprechungen
und Abstimmungen besteht, führt nicht dazu, nicht (mehr) von einer geordneten Betriebsorganisation auszugehen.
Der Kläger selbst hat in der mündlichen Verhandlung vor dem SG erklärt, dass es Ausnahmesituationen wie Reanimationen gebe, bei denen mehrere Kräfte zusammenarbeiten müssten.
Vorliegend ist zudem entscheidend, dass sich im Zweifel - zum Beispiel bei unerwarteten Not- oder Ausnahmesituationen - der
Pfleger den Weisungen der Stationsleitung oder des Arztes nicht verweigern dürfte.
Für die Frage einer Beschäftigung im Sinne des §
7 Abs.
1 SGB IV kommt es nur auf die rechtliche Möglichkeit im (gedachten) Konfliktfall an. Eine "Schönwetter-Selbstständigkeit" ist nämlich
mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände schwerlich hinnehmbar
und nicht anzuerkennen (BSG, Urteil vom 19. August 2015 - B 12 KR 9/14 R -, Rdnr. 35 mit Bezugnahme u. a. auf BSGE 111, 257).
Zudem ist auch für den normalen Arbeitsalltag von einer Eingliederung des Klägers in die Unternehmen der Beigeladenen auszugehen.
Auf die Nachfrage des Vorsitzenden, ob er Dienste von ausfallenden Pflegekräften übernehme, hat er sinngemäß geantwortet,
dass er -trotz an sich fehlender Verpflichtung-, Dienste übernommen habe, soweit ihm kommuniziert worden sei, dass Bedarf
bestehe. Er müsse seinen Lebensunterhalt verdienen.
Es haben normale Übergaben stattgefunden. Die Pflegedienste sind dokumentiert worden.
Ganz allgemein ist bei der Tätigkeit eines Krankenpflegers im Krankenhaus bereits strukturell eine für ein Arbeitsverhältnis
typische Eingliederung in die betriebliche Arbeitsorganisation verbunden. Die Krankenhausbehandlung umfasst gemäß §
39 Abs.
1 Satz 3
SGB V im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit
für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung. Diese erfolgt
in der Regel durch angestellte oder beamtete Ärzte des Krankenhauses. Der angestellte Arzt in Krankenhäusern (bzw. Kliniken)
ist ein in Rechtstradition und allgemeiner gesellschaftlicher Anschauung durch eine hierarchische Struktur geprägter, typischer
ärztlicher Beruf. Die hierarchische Struktur ist nicht nur traditionell gewachsen, sondern ist auch im Interesse der Volksgesundheit
bedeutsam, wobei ein hohes Maß ärztlicher Eigenverantwortung auf Grund der Leitung durch einen ärztlichen Direktor, der fachlich
vom Betreiber unabhängig ist, gewährleistet wird (Hessisches LSG, Urteil vom 07. Juli 2016 - L 8 KR 297/15 -, juris-Rdnr. 41). Dieser ärztliche Leitungsvorbehalt (§
107 Abs.
1 Nr.
2 SGB V) ist maßgeblich für die Organisation und Weisungsstruktur des Krankenhauses. Die Organisation der gesamten Betriebsabläufe
in fachlich-medizinischer Hinsicht sowie die im Krankenhaus erbrachten Leistungen müssen ärztlich gesteuert werden (Hessisches
LSG, a. a. O. mit Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 22. April 2009 - B 3 P 14/07 R -, BSGE 103, 78-91). Dies schließt die ständige ärztliche Verantwortung eines im Krankenhaus tätigen Arztes für jede einzelne Behandlung
ein, die nach einem ärztlichen Behandlungsplan durchgeführt werden muss.
Für die Tätigkeit bei einem ambulanten Pflegedienst fehlt es zwar regelmäßig an der Kontrolle durch einen Arzt des Pflegedienstes.
Auch hier gilt jedoch, dass sich die Tätigkeit kaum von der der Festangestellten unterscheidet und eine Einbindung in den
Betrieb durch die Erfordernisse der Organisation und der Leistungsdokumentation ergibt.
Dass der Tätigkeit des Klägers für einen Großteil der Beigeladenen eine Vereinbarung zugrunde lag, welche der Kläger formularmäßig
verwendet hat, ist aus Sicht des Senats kein entscheidendes Kriterium für die Einordnung die Tätigkeit als selbständig oder
nicht. Auch ein nur tageweise tätiger Arbeitnehmer kann dem Arbeitgeber seine Vertragsbedingungen vorgeben. Je dringlicher
der Arbeitgeber auf einen bestimmten Arbeitnehmer angewiesen ist, desto eher ist auch in einem Arbeitsverhältnis als von einem
Verhältnis "auf Augenhöhe" auszugehen, bei welchem im Prinzip beide Seiten ihre AGB durchsetzen können.
Dem Umstand, dass dem Kläger in einem Teil der Dienstleistungsvereinbarungen die Möglichkeit eingeräumt wurde, die Aufträge
durch Dritte auf Ermittlung einer bestimmten Agentur ausführen zu lassen, ist kein relevantes Indiz, da der Kläger hiervon
rein praktisch kaum Gebrauch hätte machen können (ähnlich: SG Berlin, Urteil vom 26. April 2016 - S 208 KR 2366/14), da der
Kläger nicht über eigenes Pflegepersonal verfügt hat. Im Falle der kurzfristigen eigenen Verhinderung - etwa wegen Krankheit
- erscheint es nicht realistisch, dass bei Einschaltung der Vermittlungsagentur die vermittelte Fachkraft "nur" als Subunternehmer
des Klägers aufgetreten wäre.
Nicht von Relevanz ist nach Auffassung des Senats die Frage, ob der Kläger den Patienten gegenüber als (angestellter) Mitarbeiter
der Krankenhäuser bzw. des Pflegedienstes aufgetreten ist. Auch Leiharbeitnehmer und Mitarbeiter ausgelagerter ("outgesourceter")
Tätigkeitsbereiche (in Krankenhäusern insbesondere Reinigungs- und Küchenpersonal) stellen sich aus Sicht des Patienten nicht
als unmittelbare Mitarbeiter des Krankenhauses dar, jedoch - ebenso wie der Kläger - als Personal, welches auf Veranlassung
des Krankenhauses dort tätig ist.
Die angefochtenen Bescheide sind auch nicht rechtswidrig, weil die Versicherungspflicht zeitlich unbestimmt festgestellt wurde.
Eine ausdrückliche Beschränkung auf die einzelnen Beschäftigungstage im Jahr 2010 änderte nichts am Regelungsinhalt, sondern
würde sich lediglich als - wünschenswerte - Klarstellung darstellen. Anders wäre dies nur, wenn der Kläger zu anderen Zeiträumen
und/oder aktuell für eine der Beigeladen tätig wäre. Dies ist aber unstreitig nicht der Fall.
Ob sogenannte unständige Beschäftigung im Sinne des §
163 SGB VI vorgelegen hat, ist für die von der Beklagten als Clearingstelle zu treffende Entscheidung nach §
7a SGB IV nicht von Relevanz (vgl. hierzu für ein Rechtsstreit gegen die Einzugsstelle, welche auch konkrete Beiträge zur Rentenversicherung
einzuziehen hat: BSG, Beschluss vom 27. April 2016 -B 12 KR 16/14 R Rdnr. 36ff und Urteil vom 12. April 2017 -B 12 KR 16/14 R- [ausweislich Pressebericht]).
Erweisen sich die streitgegenständlichen Bescheide danach als rechtmäßig, scheidet die begehrte Feststellung der fehlenden
Versicherungspflicht per se aus.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Sache.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor.