Veranlagung von Unternehmen zu Gefahrtarifen in der gesetzlichen Unfallversicherung; Zuordnung eines Rechtsanwalts
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Veranlagung des Klägers zu dem ab 01.01.2007 geltenden Gefahrtarif der Beklagten.
Der Kläger betreibt eine Rechtsanwaltskanzlei als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts und wurde mit seinen beiden Mitgesellschaftern
in das Unternehmensverzeichnis der Beklagten aufgenommen. Mit Bescheid vom 27.06.2001 veranlagte die Beklagte die Gesellschafter
nach dem ab 01.01.2001 geltenden Gefahrtarif zur Unternehmensart "Rechtsanwalt, Notar, Rechtsbeistand, Rentenberater" mit
der Gefahrklasse 0,57.
Unter Hinweis auf ihren ab 01.01.2007 geltenden Gefahrtarif und mit weiteren Erläuterungen versehen nahm die Beklagte mit
Bescheid vom 27.06.2007 eine Veranlagung des Klägers zur Gefahrtarifstelle 08 der Unternehmensart "Rechts- und Wirtschaftsberatende
Unternehmen, Organ der Rechtspflege" mit der Gefahrklasse 0,44 vor. Hiergegen richtete sich der Widerspruch des Klägers. Der
Gefahrtarif sei wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz rechtswidrig. Durch den Gefahrtarif werde eine nicht nachzuvollziehende
Differenzierung vorgenommen, da insbesondere nicht zu erkennen sei, wieso er als Organ der Rechtspflege einer höheren Gefahrklasse
zugeordnet werde als Finanzdienstleister oder Unternehmen für Kommunikationsdienstleistungen oder Leasingunternehmen. Für
die Bildung eines Gefahrtarifs sei nicht auf die Art und den Gegenstand eines Unternehmens abzustellen. Vielmehr seien die
Gefährdungsrisiken maßgebend. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.11.2007 zurück.
Ihr Gefahrtarif sei als Gewerbezweigtarif ausgestaltet und fasse die Risiken bei allen Arbeitstätigkeiten innerhalb der einzelnen
Gewerbezweige zu Gefahrgemeinschaften zusammen. Dabei sei nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) die
Gefahrklasse nicht nach einer abstrakten Gefahr zu bilden, sondern aufgrund der tatsächlichen Unfalllast des jeweiligen Gewerbezweigs.
Ein Unternehmen "Rechtsanwaltskanzlei" sei der Unternehmensart "Rechts- und Wirtschaftsberatendes Unternehmen, Organ der Rechtspflege"
zuzuordnen.
Der Kläger hat sein Begehren mit der am 18.12.2007 zum Sozialgericht Dresden (SG) erhobenen Klage weiter verfolgt. Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 10.06.2008 abgewiesen. Die von der Beklagten vorgenommene Zuordnung des Klägers zur
Gefahrtarifstelle 08 mit der Gefahrklasse 0,44 sei rechtmäßig. In dieser Unternehmensart würden Notare, Patentanwälte, Buchführungen,
Buchprüfungen, Gerichtsvollzieher u. ä. Unternehmen veranlagt. Auch wenn es hierbei unterschiedliche Gefährdungslagen geben
sollte, sei es als Folge der bei der Tarifbildung notwendigen Typisierung hinzunehmen, dass möglicherweise einzelne von ihnen
stärker mit Beiträgen belastet würden, als es ihrem tatsächlichen Gefährdungsrisiko entspreche. Zudem sei der Solidarausgleich
innerhalb des gesamten Systems der gewerblichen Berufsgenossenschaften auf den verschiedenen Ebenen zu beachten, der vom Ausgleich
innerhalb der Gefahrtarifstellen bis zum Ausgleich zwischen den Berufsgenossenschaften reiche. Die Veranlagung des Klägers
in die Gefahrtarifstelle 08 mit der Gefahrklasse 0,44 sei im Übrigen niedriger als die Gefahrklassen, zu denen der Kläger
bis zum 31.12.2006 veranlagt worden sei. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Artikels 3 Abs. 1
Grundgesetz liege nicht vor.
Gegen den dem Kläger am 28.07.2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat er am 26.08.2008 beim Sächsischen Landessozialgericht
Berufung eingelegt. Der Gefahrtarif der Beklagten entspreche nicht den gesetzlichen Vorgaben. Der Betrieb einer inhabergeführten
Rechtsanwaltskanzlei sei nicht schadensträchtiger als der Betrieb eines Leasingunternehmens, eines Unternehmens für Informations-
und Kommunikationsdienstleistungen oder Finanzdienstleistungsinstituten. Zudem sei der Betrieb einer inhabergeführten Rechtsanwaltskanzlei
nicht vergleichbar mit weltweit organisierten Rechtsanwaltsgesellschaften oder Insolvenzverwaltungs- und/oder Wirtschaftsprüfungsunternehmen.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 10.06.2008 und den Bescheid der Beklagten vom 27.06.2007
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2007 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet den erstinstanzlichen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Dem Senat liegen die Verfahrensakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakte der Beklagten vor. Ihr Inhalt war Gegenstand
der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 10.06.2008 die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 27.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 19.11.2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten.
1. Die Beklagte hat die Veranlagung des Klägers rechtmäßig vorgenommen. Gemäß §
157 Abs.
1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VII) in der zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Bescheide geltenden Fassung setzt der Unfallversicherungsträger als autonomes
Recht einen Gefahrtarif fest. In dem Gefahrtarif sind zur Abstufung der Beiträge Gefahrklassen festzustellen. Gemäß §
157 Abs.
2 SGB VII in der maßgeblichen Fassung wird der Gefahrtarif nach Tarifstellen gegliedert, in denen Gefahrgemeinschaften nach Gefährdungsrisiken
unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs gebildet werden. Nach §
159 Abs.
1 Satz 1
SGB VII in der genannten Fassung veranlagt der Unfallversicherungsträger die Unternehmen für die Tarifzeit nach dem Gefahrtarif zu
den Gefahrklassen.
a) Die von den Unternehmern aufzubringenden Beiträge berechnen sich gem. §§
153 Abs.
1,
157 Abs.
1 Satz 2
SGB VII in der maßgeblichen Fassung nach dem Finanzbedarf der Berufsgenossenschaft, den Arbeitsentgelten der Versicherten und dem
in der Gefahrklasse zum Ausdruck kommenden Grad der Unfallgefahr in den Unternehmen. Um eine Abstufung der Beiträge nach dem
Grad der Unfallgefahr zu ermöglichen, muss jede Berufsgenossenschaft einen Gefahrtarif aufstellen und diesen nach Tarifstellen
gliedern, denen jeweils eine aus dem Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten errechnete Gefahrklasse zugeordnet
ist. In den Tarifstellen sind gem. §
157 Abs.
1 bis
3 SGB VII unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs Gruppen von Unternehmen oder Tätigkeitsbereiche mit gleichen
oder ähnlichen Gefährdungsrisiken zu Gefahrengemeinschaften zusammenzufassen (BSG, Urteil vom 05.07.2005 - B 2 U 32/03 R -, zitiert nach JURIS; BSG, Urteil vom 21.03.2006 - B 2 U 2/05 R -, zitiert nach JURIS).
Die Beklagte hat diese gesetzlichen Vorgaben in ihrem am 01.01.2007 in Kraft getretenen Gefahrtarif in der Weise umgesetzt,
dass sie als Anknüpfungspunkt für die Bildung von Gefahrtarifstellen die Unternehmensarten gewählt hat. Ein solcher Tarif
basiert auf der Erkenntnis, dass technologisch artverwandte Unternehmen gleiche oder ähnliche Unfallrisiken aufweisen und
die Unternehmensart deshalb eine geeignete Grundlage für die Bildung möglichst homogener Gefahrgemeinschaften darstellt. Die
Risikobewertung nach diesem Prinzip ist damit im Grundsatz mit den Zielvorstellungen und Wertentscheidungen des Gesetzes und
der Verfassung vereinbar (BSG, Urteil vom 05.07.2005, aaO., Rdnr. 25; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.03.2010 - L 2 U 33/09 -, zitiert nach Juris, Rdnrn. 9 ff, 26 ff). Das setzt allerdings eine sachgerechte Abgrenzung der Unternehmensarten und ihre
konkrete Zuordnung zu den Gefahrtarifstellen voraus.
Die Abstufung der Beiträge nach dem Grad der Unfallgefahr ist Ausdruck des Versicherungsprinzips, das im Beitragsrecht der
gesetzlichen Unfallversicherung konsequenter als in anderen Zweigen der Sozialversicherung verwirklicht ist. Die Veranlagung
nach Gefahrklassen soll eine möglichst gerechte Verteilung der Unfalllast auf die Beitragspflichtigen gewährleisten (Bundesverfassungsgericht
- BVerfG -, Beschluss vom 04.03.1982 - 1 BvR 34/82 -, SozR 2200 § 734 Nr. 2). Sie muss sich deshalb an den Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art.
3 Abs.
1 Grundgesetz messen lassen. Für einen an dem Begriff der Unternehmensart orientierten Tarif bedeutet das, dass nicht nur die zu einer
Tarifstelle gehörenden Unternehmensarten, sondern grundsätzlich auch die die Unternehmensart bildenden Unternehmen untereinander
hinsichtlich der Unfallgefahren vergleichbar sein müssen. Die Unternehmensarten müssen im Rahmen des Möglichen zugeschnitten
und voneinander abgegrenzt werden, dass diesem Gebot Rechnung getragen wird.
Anknüpfungspunkt für die Definition und den Zuschnitt von Unternehmensarten sind Art und Gegenstand der zu veranlagenden Unternehmen.
Da ein unternehmensartorientierter Gefahrtarif seine Rechtfertigung aus der Gleichartigkeit der Unfallrisiken und Präventionserfordernisse
bei technologisch verwandten Betrieben bezieht, kommt es für die Bildung der Unternehmensarten und die Zuordnung zu ihnen
entscheidend auf die in der jeweiligen Unternehmensart anzutreffenden Arbeitsbedingungen an, die ihrerseits durch die hergestellten
Erzeugnisse, die Produktionsweise, die verwendeten Werkstoffe, die eingesetzten Maschinen und sonstigen Betriebseinrichtungen
sowie die gesamte Arbeitsumgebung geprägt werden. Dabei darf sich die Betrachtung nicht auf einzelne für oder gegen eine Vergleichbarkeit
sprechende Gesichtspunkte beschränken, sondern muss alle das Gefährdungsrisiko beeinflussenden Faktoren einbeziehen (BSG,
Urteil vom 05.07.2005, aaO., Rdnrn. 26 ff.).
Das BSG hat im Urteil vom 24.06.2003 (BSGE 91, 128) zur Veranlagung von Unternehmen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung darauf hingewiesen, dass die Gliederung der Unternehmensarten
nach dem klassischen Technologieprinzip, also in Anknüpfung an die Art der erzeugten Güter und die Art und Weise ihrer Herstellung
oder Bearbeitung, in der modernen Dienstleistungsgesellschaft zunehmend an Bedeutung verliert und dass deshalb für eine sachgerechte
Abgrenzung auch andere Merkmale wie einschlägige berufsrechtliche Regelungen oder bestehende verbandsorganisatorische Strukturen
herangezogen werden können. Dennoch bleiben auch unter den veränderten Bedingungen der heutigen Berufs- und Arbeitswelt für
den Zuschnitt der Unternehmensarten in erster Linie Art und Gegenstand des Unternehmens maßgebend, da sie den zuverlässigsten
Aufschluss über die Unfallgefahren in den Unternehmen geben. Namentlich bei heterogen zusammengesetzten Unternehmensarten
muss aber geprüft werden, ob die nach technologischen Gesichtspunkten vorgenommene Zuordnung und die daran anknüpfende Vermutung
einer gemeinsamen unternehmensarttypischen Unfallgefahr die tatsächliche Risikosituation in den betroffenen Unternehmen zutreffend
widerspiegelt. Ergibt sich, dass bei einer bestimmten Art von Unternehmen ein vom Durchschnitt der Unternehmensart erheblich
abweichendes Gefährdungsrisiko besteht, kann daraus ein Anspruch auf Verselbstständigung als eigene Unternehmensart oder auf
Zuteilung zu einer anderen "passenderen" Unternehmensart folgen (BSG, Urteil vom 05.07.2009, aaO., Rdnr. 28).
Indessen sind den Bestrebungen nach Differenzierung und Berücksichtigung des individuellen Gefährdungsrisikos bei der Bildung
von Unternehmensarten Grenzen gesetzt, die sich aus der Funktion und der Systematik eines Gefahrtarifs ergeben (BVerfG, Beschluss
vom 04.03.1982 - 1 BvR 34/82 -, SozR 2200 § 734 Nr. 2). Eine Unternehmensart kann nur dann eigenständig geführt werden, wenn die zugehörigen Betriebe
und Einrichtungen zusammengenommen eine Größenordnung erreichen, bei der sich eine gewerbetypische Unfalllast nach versicherungsmathematischen
Grundsätzen (vgl. §
157 Abs.
2 Satz 1
SGB VII) berechnen lässt. Ist das nicht der Fall, müssen die in Rede stehenden Unternehmen einer der im Gefahrtarif der Berufsgenossenschaft
ausgewiesenen Unternehmensart zugeordnet werden. Nach der einem an der Unternehmensart orientierten Tarif innewohnenden Logik
kommen dafür aber nur solche Unternehmensarten in Betracht, die technologisch verwandte Unternehmensarten beherbergen. Eine
Zuordnung zu einer Unternehmensart ohne Berücksichtigung technologischer Zusammenhänge allein nach der Größe des Unfallrisikos
scheidet dagegen aus, weil damit das Unternehmensartprinzip aufgegeben und die Systementscheidung für einen Unternehmensarttarif
konterkariert würde.
Die Forderung eines Unternehmens, wegen eines erheblich abweichenden Grades der Unfallgefahr einer anderen Unternehmensart
zugeteilt zu werden, kann danach überhaupt nur mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden, wenn der Gefahrtarif der Berufsgenossenschaft
mehrere für das betreffende Unternehmen in Betracht kommende Unternehmensarten ausweist und unklar ist, welchem von ihnen
sie nach Art und Gegenstand zuzurechnen ist. Steht dagegen die nach technologischen Kriterien richtige Zuordnung fest, kann
die Zugehörigkeit zu einer Unternehmensart nicht mit dem Hinweis auf eine unterschiedliche Belastungssituation infrage gestellt
werden. Die Bildung von Gefahrklassen nach dem an der Unternehmensart orientierten Prinzip hat zur zwangsläufigen Folge, dass
es innerhalb der Unternehmensarten nicht nur unternehmensarttypische, sondern auch vom Durchschnitt der Gruppe mehr oder weniger
deutlich abweichende Unternehmen gibt. Dass alle der jeweiligen Unternehmensart zugehörigen Betriebe und Einrichtungen trotz
unterschiedlicher Gefährdungslagen zur selben Gefahrklasse veranlagt und deshalb einzelne von ihnen stärker mit Beiträgen
belastet werden als es ihrem tatsächlichen Gefährdungsrisiko entsprechen würde, ist als Folge der bei der Tarifbildung notwendigen
Typisierung hinzunehmen (BVerfG, aaO.; BSG, Urteil vom 05.07.2005, aaO., Rdnrn. 29 ff. m. w. N.).
b) Ausgehend von den dargestellten Grundsätzen ist die Zuordnung des Klägers zur Unternehmensart "Rechts- und Wirtschaftsberatende
Unternehmen, Organ der Rechtspflege" und darauf aufbauend die Veranlagung zur Tarifstelle 08 rechtlich nicht zu beanstanden
(LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.03.2010 - L 2 U 33/09 -, zitiert nach JURIS, Rdnr. 26; BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 34/05 R -, zitiert nach JURIS, Rdnrn. 32 ff.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.09.2005 - L 6 U 4639/03 -, zitiert nach JURIS, Rdnrn. 18 ff.; SG Dresden, Urteil vom 04.09.2003 - S 5 U 295/00 -, zitiert nach JURIS, Rdnr. 18). In der Tarifstelle 08 sind die Unternehmensarten "Rechts- und wirtschaftsberatende Unternehmen"
und "Organe der Rechtspflege" zusammengefasst worden. Es bestehen keine Zweifel, dass der Kläger dieser Unternehmensart zuzuordnen
ist. Sein Unternehmen stellt weder ein solches der Finanzdienstleistung noch eines der Informations- und Kommunikationsdienstleistungen
oder ein Leasingunternehmen dar.
Darauf, wie die Tätigkeit ausgeübt wird, z.B. regional oder weltweit, kommt es nicht an, weil dies bloß tätigkeitsbezogene
Merkmale sind, die Veranlagung nach dem Gefahrtarif 2007 der Beklagten aber unternehmensartbezogen zu erfolgen hat, die wiederum
maßgeblich vom Ziel und Zweck der unternehmerischen Tätigkeit bestimmt wird, welche vorliegend die Rechts- und Wirtschaftsberatung
bzw. die Tätigkeit als Organ der Rechtspflege sind. Ob die Zusammenfassung der verschiedenen rechts- und wirtschaftsberatenden
Unternehmen und Organe der Rechtspflege zu den jeweiligen Gefahrtarifstellen im Einzelfall immer sinnvoll ist und sachgerecht
erscheint, kann und darf wegen des weiten Regelungs- und Gestaltungsspielraums der Beklagten nicht Gegenstand der gerichtlichen
Überprüfung sein. Dafür, dass mit der Bildung der Gefahrtarifstelle 08 derart inhomogene Gefährdungsrisiken in einer Gefahrtarifstelle
zusammengefasst worden wären, dass dies unter Berücksichtigung des Gebots, vergleichbare Gefährdungsrisiken zusammenzufassen,
für die einzelne Unternehmensart nicht mehr hinnehmbar wäre, bestehen vorliegend keine hinreichenden Anhaltspunkte.
Das Begehren des Klägers kann auch nicht sinnvoll dahingehend ausgelegt werden, dass er eine Veranlagung in der gesonderten
Unternehmensart "Rechtsanwälte, Notare, Rechtsbeistände, Rentenberater" begehrt, weil eine solche - wie von der Vertreterin
der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angesichts der durch die Zusammenfassung der genannten Unternehmensart
mit den Unternehmensarten "Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung, Buchprüfung, Buchführung", "Gerichtsvollzieher" und "Insolvenzverwalter,
Zwangsverwalter" deutlich gesenkten Gefahrklasse von 0,57 auf 0,44 im Vergleich zum Gefahrtarif 2001 schlüssig ausgeführt
- eine höhere Gefahrklasse nach sich ziehen würde.
Das LSG Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 24.03.2010 - L 2 U 33/09 - (zitiert nach Juris -, Rdnrn. 27 ff.) entschieden:
Tenor:
"Soweit die Kläger die Bildung der Gefahrklasse 0,44 deshalb für rechtswidrig halten, weil das Zahlenmaterial, das zu ihrer
Berechnung geführt habe, nicht nachvollziehbar sei, kann der Senat dem nicht folgen. Nach §
157 Abs.
3 SGB VII werden die Gefahrklassen aus dem Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten berechnet. Nach der ständigen
Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, die bereits vom Sozialgericht zutreffend zitiert wurde, ist die Bildung der Gefahrklassen
kein bloßer Rechenakt, vielmehr spielen wertende Faktoren gerade bei der Bildung der in der Gefahrtarifstelle zusammengefassten
Unternehmensarten eine entscheidende Rolle, die wiederum Einfluss auf die zu berücksichtigenden Rechenfaktoren Leistungen
und Arbeitsentgelt haben Wenn die Kläger weiter bemängeln, dass hinsichtlich der gewährten Leistungen und der berücksichtigten
Arbeitsentgelte keine Unterlagen durch die Beklagte vorgelegt worden seien, die die Richtigkeit dieser beiden Zahlen belegten,
so ist auf die rechtliche und tatsächliche Unmöglichkeit des klägerischen Begehrens hinzuweisen. Bei den berücksichtigten
Arbeitsentgelten handelt es sich um alle Entgelte, die alle in einer Unternehmensart zusammengefassten Betriebe im Beobachtungszeitraum
von drei Jahren an sämtliche Mitarbeiter im gesamten Gebiet der Bundesrepublik gezahlt haben. Es liegt auf der Hand, dass
die Beklagte die von den Unternehmen gemeldeten Entgelte weder insgesamt prüfen noch sonst die Gewähr dafür übernehmen kann,
dass diese fehlerfrei gemeldet wurden. Unrichtigkeiten der Meldungen dürften vielfältige Ursachen haben, von einfachen Anwendungsfehlern
der Unternehmen bis zu betrügerischer Absicht hin. Um Missbrauch entgegenzuwirken, hat die Beklagte deshalb einen effektiven
Prüfdienst zu organisieren, der die Richtigkeit der gemeldeten Daten stichprobenartig auf Plausibilität kontrolliert und ggf.
Betriebsprüfungen durchführt. Deshalb gilt, dass nicht jeder Fehler bei der Aufteilung der Lohnsummen oder Unfalllasten Beachtung
finden kann, andererseits das Zahlenmaterial gesichert sein muss (vgl. so Urteil des erkennenden Senats vom 19. März 2008,
Az.: L 31 U 475/08 mit Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts). Vorliegend ist nicht im Ansatz ersichtlich oder
vorgetragen, dass die Beklagte ihre so verstandene Pflicht zur Vorlage nachvollziehbarer Daten verletzt hat. Mit In-Kraft-Treten
des Gefahrtarifs 2007 hat sich die Gefahrklasse für Rechtsanwaltskanzleien von 0,57 auf 0,44 verringert, die Kläger sind zur
drittniedrigsten Gefahrklasse dieses Gefahrtarifs veranlagt worden. Warum dies ermessensfehlerhaft, unverhältnismäßig und
unbillig sein soll, ist nicht ersichtlich. Warum die Kläger dieser Auffassung sind, haben sie nicht dargelegt. Es ist bei
der bloßen Rechtsbehauptung geblieben, die der Senat nicht zu teilen vermag. An keiner Stelle ihres Vortrags haben die Kläger
deutlich gemacht, warum eine Beitragslast von etwa 0,3 Prozent des Bruttoarbeitsentgeltes unbillig und unverhältnismäßig sein
soll (Beitragslast im Jahre 2006: 1.069,91 Euro bei einem Entgelt von 392.540 Euro; Beitragslast im Jahre 2007 1.106,36 Euro
bei einem Arbeitsentgelt von 515.954 Euro; Beitragslast im Jahre 2008 1.064,41 Euro bei einem Entgelt von 501.819 Euro)."
Diesen Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an.
2. Die Bestimmungen des
SGB VII über die Versicherungs- und Beitragspflicht in der gesetzlichen Unfallversicherung sowie die konkrete Beitragspflicht des
Klägers stehen im Einklang mit dem
Grundgesetz und dem Europäischen Recht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 34/05 R -, zitiert nach JURIS, Rdnrn. 24 ff.; LSG Berlin-Brandenburg, aaO.).
3. Der Streitwert war auf 15.000,00 EUR festzusetzen. In sozialgerichtlichen Verfahren, in denen in einem Rechtszug weder
der Kläger noch der Beklagte zu den in §
183 SGG genannten Personen gehören, werden nach §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) erhoben, wenn die Klage nach dem 01.01.2002 rechtshängig geworden ist (BSG SozR 3-2500 §
116 Nr. 24). Da keiner der Beteiligten hier die Voraussetzung des §
183 SGG erfüllt, sind die Kosten nach den Vorschriften des GKG zu erheben.
Nach § 52 Abs. 1 GKG in der ab 01.07.2004 geltenden Fassung des Art. 1 des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 05.05.2004 (BGBl. I S. 718), die hier gemäß § 72 Nr. 1 GKG anzuwenden ist, weil die Berufung nach dem 01.07.2004 eingelegt worden ist, ist in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit
der Streitwert, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung
der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Betrifft der Antrag eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt,
ist - bis zur Obergrenze von 2.500.000,00 EUR (§ 52 Abs. 4 GKG) - deren Höhe maßgeblich (§ 52 Abs. 3 GKG). Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist gemäß § 52 Abs. 2 GKG ein Streitwert von 5.000,00 EUR ("Auffangstreitwert") anzunehmen.
Bei dem Streit über die richtige Veranlagung eines Unternehmens zu den im Gefahrtarif der Berufsgenossenschaft ausgewiesenen
Gefahrklassen geht es um ein Berechnungselement für den während der Tarifzeit von maximal sechs Jahren zu entrichtenden Unfallversicherungsbeitrag,
ohne dass sich das damit verbundene wirtschaftliche Interesse des beitragspflichtigen Unternehmers beitragsmäßig beziffern
ließe. Der Senat orientiert sich der Rechtsprechung des BSG folgend bei derartigen Grundlagenentscheidungen, die für das Versicherungsverhältnis
zwischen den Beteiligten längerfristige Bedeutung haben, an dem zu erwartenden Jahresbeitrag und der zu erwartenden Beitragsdifferenz
und legt je nach Streitgegenstand diesen Betrag oder ein Mehrfaches davon zu Grunde. Wegen des erheblichen Gewichts solcher
Entscheidungen darf dabei ein Mindestbetrag nicht unterschritten werden, dessen Höhe wiederum abhängig vom Streitgegenstand
zu bestimmen ist. Für die Zuständigkeitsstreitigkeiten, in denen es um die Mitgliedschaft bei einem bestimmten Unfallversicherungsträger
geht, hat das BSG den Streitwert in Anwendung der genannten Grundsätze auf das Dreifache des bei dem bisherigen Unfallversicherungsträger
angefallenen Jahresbeitrags, mindestens jedoch den vierfachen Auffangstreitwert aus § 52 Abs. 2 GKG (20.000,00 EUR) beziffert (BSG, Beschluss vom 28.02.2006 - B 2 U 31/02 R). Der hier zu beurteilende Veranlagungsstreit hat für das betroffene Unternehmen zwar nicht dieselbe umfassende Bedeutung,
ist wirtschaftlich gesehen aber ebenfalls von erheblichem Gewicht. Das BSG hält deshalb für derartige Fälle einen Streitwert
in Höhe des Doppelten der streitigen Beitragsdifferenz, mindestens jedoch in Höhe des dreifachen Auffangstreitwertes (15.000,00
EUR) für angemessen (BSG, Beschluss vom 30.11.2006 - B 2 U 410/05 B -). Daher war der Streitwert vorliegend auf 15.000,00 EUR festzusetzen.
Nach alledem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
4. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §
193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor.