Streit über die Erledigung eines Rechtsstreits über eine Erhöhung des Individualbudgets
Wirkungen der einseitigen Erledigungserklärung im sozialgerichtlichen Verfahren
Prüfung der nachträglichen Erledigung eines Feststellungsbegehrens gerichtet auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ablehnung
des Antrags einer Berufsausübungsgemeinschaft auf Erhöhung des Individualbudgets
Einseitige Erledigungserklärung durch die Klägerin nach Hinweis des SG auf die Rechtswidrigkeit der auf Grundlage von § 7 Abs. 8 HVV getroffenen Ermessensentscheidung
Fehlen des Fortsetzungsfeststellungsinteresses bei lediglich abstrakter Möglichkeit der Anstrengung eines Amtshaftungsprozesses
Tatbestand
Die Beteiligten streiten, ob der Rechtsstreit über eine Erhöhung des Individualbudgets erledigt ist.
Die Klägerin ist eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) von zwei Fachärzten für Kinder- und Jugendmedizin - Kinderkardiologie
-, die in L zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sind.
Unter dem 27.03.2007 beantragte das spätere Mitglied der BAG Dr. H die Umwandlung der ihm als Leiter der Kinderkardiologischen
Abteilung der Kliniken der Stadt L - Kinderkrankenhaus - erteilten Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung
in eine Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit. Diese erteilte ihm der Zulassungsausschuss (ZA) mit Beschluss vom 05.12.2007
im Rahmen des Sonderbedarfes für den Bereich Kinderkardiologie mit Wirkung vom 01.01.2008. Am 13.02.2008 genehmigte der ZA
der Klägerin mit Wirkung vom 14.02.2008 die gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit.
Unter dem 03.01.2008 beantragte die Klägerin die Erhöhung des Dr. H zugewiesenen Individualbudgets. Sie verwies auf den Umfang
des Individualbudgets im Rahmen der Ermächtigung, der 2.000.000 Punkte betragen habe, und bat um dessen weitere Anerkennung.
Mit Bescheid vom 28.01.2009 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Den hiergegen am 10.02.2009 eingelegten Widerspruch wies die
Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.10.2010 zurück. Die Voraussetzungen für eine Erhöhung des maximal abrechenbaren individuellen
Punktzahlvolumens (Individualbudget) nach § 7 Abs. 8 des zum 01.07.2007 in Kraft getretenen Honorarverteilungsvertrages zwischen
der Beklagten, den nordrheinischen Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen (HVV; Rheinisches
Ärzteblatt 7/2007, Seite 58 ff.) in der Fassung vom 13.03.2008 (Rheinisches Ärzteblatt 4/2008, Seite 58 f.) lägen nicht vor.
Sofern die Klägerin darauf hinweise, dass die Feststellung von Individualbudgets nach dem 01.04.2005 rechtswidrig sei und
das Individualbudget von daher nach oben offen gestaltet werden könne, liege kein bestandskräftiger Beschluss vor. Der bisherige
Stand der Entscheidungen der Sozialgerichtsbarkeit rechtfertige keine Anpassung des Individualbudgets an sich.
Am 26.11.2010 hat die Klägerin eine Anfechtungsklage zum Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben und im Hinblick darauf, dass das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen mit gefestigter Rechtsprechung
die Regelung des Individualbudgets als rechtswidrig bewertet habe, hilfsweise die Feststellung beantragt, dass die durch die
Festlegung des Individualbudgets vorgenommenen Beschränkungen "nach oben offen" seien in dem Sinn, dass das der Klägerin im
Sinne eines Individualbudgets zustehende Abrechnungsvolumen jedenfalls höher als 2.000.000 Punkte liege.
Nach den Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) vom 14.12.2011 - B 6 KA 3/ 11 R, B 6 KA 4/11 R, B 6 KA 5/11 R und B 6 KA 6/11 R - über die Rechtswidrigkeit des mit Wirkung ab dem 01.04.2005 vereinbarten HVV hat die Klägerin entgegen der Anregung der
Beklagten den Rechtsstreit nicht für erledigt erklärt sondern auf ihren Feststellungsantrag verwiesen. Anlässlich eines Termins
zur mündlichen Verhandlung am 29.08.2012 hat sie den Klageantrag auf die Feststellung geändert, dass der Bescheid der Beklagten
vom 28.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2010 rechtswidrig war. Im Anschluss hat das SG darauf hingewiesen, dass es die auf Grundlage von § 7 Abs. 8 HVV getroffene Ermessensentscheidung für ermessensfehlerhaft und daher rechtswidrig halte. Daraufhin hat die Klägerin
eine Erledigungserklärung abgegeben, der die Beklagte widersprochen hat.
Die Klägerin hat ausgeführt, sie habe angenommen, dass auch der Beklagten an einer Erledigung des Rechtsstreits gelegen gewesen
sei. Jedenfalls habe diese die Kosten des Verfahrens zu tragen. Dies ergebe sich aus dem rechtlichen Hinweis der Kammer und
daraus, dass die Klage bis zur Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 14.12.2011 begründet gewesen sei. Die Beklagte habe
jedenfalls durch ihr rechtswidrig bestimmtes Individualbudget ihre Klage veranlasst. Ihre Erledigungserklärung habe sie nur
im Vertrauen auf eine beiderseits beabsichtigte Erledigungserklärung abgegeben. Anderenfalls müsse dem Verfahren Fortgang
gegeben werden. Die Umstände der Zuweisung des Individualbudgets für Dr. H belegten die Berechtigung des streitgegenständlichen
Anspruchs. Die Geltendmachung eines Anspruchs nach §
839 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) bleibe vorbehalten.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist,
hilfsweise, festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 28.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2010
rechtswidrig war.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, das Fortsetzungsfeststellungsbegehren der Klägerin habe sich nicht durch ein nachträgliches
Ereignis erledigt. Eine Fortsetzungsfeststellungsklage sei mangels Fortsetzungsfeststellungsinteresses im Übrigen unzulässig,
jedenfalls aber unbegründet.
Das SG hat die Klage hinsichtlich des Haupt- und des Hilfsantrags durch Urteil vom 28.08.2013 abgewiesen: Es sei keine Erledigung
eingetreten. Die Erledigung einer Fortsetzungsfeststellungsklage, in deren Rahmen über die Rechtmäßigkeit von Verwaltungsakten
entschieden werden solle, komme grundsätzlich nicht in Betracht. Auch hier könne über die Frage der Rechtmäßigkeit der Ablehnung
des Antrags der Klägerin auf Erhöhung des Individualbudgets weiterhin entschieden werden. Der Hilfsantrag der Klägerin sei
ebenfalls unbegründet. Denn der Bescheid vom 28.01.2009, mit dem die Beklagte ihren Antrag auf Erhöhung des Individualbudgets
abgelehnt habe, und der Widerspruchsbescheid vom 28.10.2010 seien nach revidierter Auffassung des SG als rechtmäßig anzusehen.
Gegen das ihr am 24.10.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 25.11.2013 Berufung eingelegt. Zur Begründung führt sie
aus, streitig sei, ob die Beklagte mit Bescheid vom 28.01.2009 den Antrag auf Erhöhung des Individualbudgets zu Recht abgelehnt
habe und der Widerspruchsbescheid vom 28.10.2010 als rechtswidrig anzusehen sei. Schon angesichts des Umstands, dass Dr. H
seit 2005 ein Individualbudget von 2.000.000 Punkten zugestanden habe, vermöge die Begründung des SG nicht zu überzeugen, dass ein erlaubter Zuwachs personenbezogen auf Dr. H mit 692.470 Punkten dem Sicherstellungsinteresse
Rechnung trage. Die der Gemeinschaftspraxis verbleibende Quote beweise das Gegenteil. Daher hätte aus Sicherstellungsgründen
der Antrag auf Erhöhung des Individualbudgets Erfolg haben müssen. Außerdem seien die angefochtenen Bescheide schon deshalb
rechtswidrig, weil es nach der Leitentscheidung des BSG überhaupt keine Individualbudgets mehr hätte geben dürfen. Die angefochtenen Bescheide wären daher nur dann "richtig" und
rechtmäßig gewesen, wenn seitens der Beklagten die Feststellung getroffen worden wäre, dass mangels Individualbudgets und
fehlender rechtlicher Grundlagen keine Veranlassung zur Entscheidung über den Antrag auf Erhöhung des Individualbudgets gegeben
gewesen sei. Über die Widersprüche gegen die Abrechnungsbescheide für die Quartale I - IV/2008 sei bis heute noch nicht entschieden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.08.2013 abzuändern und festzustellen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache
erledigt ist,
hilfsweise festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 28.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2010
rechtswidrig war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie trägt vor, die Klägerin habe kein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung. Vor allem sei die Fallgestaltung
der Präjudizialität zur Durchsetzung von Folge-, insbesondere Schadensersatzansprüchen nicht gegeben. Ein Sachverhalt, der
einen Amtshaftungsanspruch begründen könnte, sei weder substantiiert vorgetragen noch ersichtlich. Im Übrigen seien die streitgegenständlichen
Bescheide nicht rechtswidrig. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erhöhung des Individualbudgets gehabt. Insoweit werde
auf den bisherigen Vortrag Bezug genommen. Auch daraus, dass Dr. H eine Sonderbedarfszulassung erhalten habe, folge nichts
anderes. Die Sonderbedarfszulassung habe ihm nur einen Anspruch darauf verliehen, überhaupt ein Individualbudget zugeteilt
zu bekommen. Der Anspruch auf darüber hinausgehende Abrechnung müsse gesondert belegt und aus Sicherstellungsgründen begründet
sein. Diesen Nachweis habe die Klägerin nicht geführt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge
der Beklagten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige, insbesondere gemäß §§
143,
144,
151 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) frist- und formgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen, denn es ist keine Erledigung eingetreten (dazu I.). Die hilfsweise erhobene
Fortsetzungsfeststellungsklage ist unzulässig (dazu II.).
I.
Mit ihrem Hauptantrag hatte die Klägerin beantragt, festzustellen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist. Da
sich die Beklagte der Erledigungserklärung nicht angeschlossen hat, handelt es sich um eine einseitige Erledigungserklärung.
Durch diese ist der Rechtsstreit nicht beendet worden. Eine Erledigungserklärung, der die Gegenseite widerspricht, kann -
in kostenpflichtigen Verfahren - nicht mit einer Klagerücknahme gleichgesetzt werden. Vielmehr wird der Rechtsstreit durch
nur einseitige Erledigungserklärung in einen sog. Erledigungsrechtsstreit umgewandelt (BSG, Beschluss vom 15.08.2012 - B 6 KA 97/11 B -).
Die Wirkungen der einseitigen Erledigungserklärung sind unterschiedlich. Im Unterschied zum Zivil- und Verwaltungsprozess
führt im kostenprivilegierten sozialgerichtlichen Verfahren bereits die einseitige Erledigungserklärung des Klägers zur Beendigung
des Rechtsstreits in der Hauptsache, denn diese hat hier im Gegensatz zur Rechtslage nach §91a
Zivilprozessordnung (
ZPO) und §
161 Abs.
2 Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO) keine eigenständige, insbesondere kostenrechtliche Bedeutung; sie stellt sich je nach prozessualer Konstellation entweder
als Klagerücknahme oder als Annahme eines von der Beklagten abgegebenen Anerkenntnisses dar und führt wegen §§
101 Abs.
2,
102 Satz 2
SGG zur Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (BSG, Urteile vom 20.12.1995 - 6 RKa 18/95 - und 09.06.1994 - 6/14a RKa 3/93 -; Beschluss vom 18.01.1957 - 6 RKa 7/56 -; hierzu auch Senat, Beschlüsse vom 31.01.2011 - L 11 KA 61/11 B ER - und 21.05.2010 - L 11 B 15/09 KA ER -). Für dem Kostensystem des §
197a SGG i.V.m. §§
154 ff.
VwGO unterliegende Verfahren ist diese Rechtslage zu hinterfragen (Senat, Beschlüsse vom 31.01.2011 - L 11 KA 61/11 B ER - und 21.05.2010 - L 11 B 15/09 KA ER -), da die einseitige Erledigungserklärung dann als Klage- oder Berufungsrücknahme immer zur Kostenfolge des §
155 Abs.
2 SGG führen würde. Deswegen geht der Senat in ständiger Rechtsprechung davon aus (z.B. Beschlüsse vom 31.01.2011 - L 11 KA 61/11 B ER - und 21.05.2010 - L 11 B 15/09 KA ER -), dass eine einseitige, nicht widersprochene Erledigungserklärung eine Kostenentscheidung nach billigem Ermessen
eröffnet (§
161 Abs.
2 SGG). Bei einer einseitigen Erledigungserklärung, der widersprochen wurde, ist diese Möglichkeit nicht gegeben, denn sie erledigt
den Rechtsstreit nicht in der Hauptsache (zutreffend BSG, Beschluss vom 15.08.2012 - B 6 KA 97/11 B -).
Aufgrund der Erledigungserklärung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 29.08.2012 ist Gegenstand des anhängigen
Streitverfahrens nur noch die Frage, ob sich die Hauptsache erledigt hat. Das ist dann der Fall, wenn ein nach der Klageerhebung
eingetretenes außerprozessuales Ereignis dem Klagebegehren die Grundlage entzogen hat und die Klage deshalb für den Kläger
gegenstandslos geworden ist. Widerspricht der Beklagte der Erledigungserklärung, so wird der Rechtsstreit fortgesetzt. Indessen
hat das Gericht grundsätzlich nur noch die Frage zu prüfen, ob sich das ursprüngliche Klagebegehren durch ein nach Klageerhebung
eingetretenes Ereignis außerhalb des Prozesses erledigt hat. Erweist sich das Vorbringen des Klägers über ein nachträgliches
Ereignis, das seiner Klage die Grundlage entzogen habe, als richtig, so ist dem veränderten Klageantrag stattzugeben; anderenfalls
ist die Klage abzuweisen (Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 31.10.1990 - 4 C 7/88 -; vgl. auch Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 27.02.1992 - I ZR 35/90 -). Abzustellen ist auf den vor der Erledigungserklärung zuletzt verfolgten Klageantrag (BGH, Urteil vom 27.02.1992 - I ZR 35/90 -). Dies war hier der Antrag, festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 28.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 28.10.2010 rechtswidrig war. Dieses Feststellungsbegehren hat sich nicht nachträglich erledigt. Nach Antragsstellung hat
das SG lediglich darauf hingewiesen, dass es die angegriffene Entscheidung wegen Ermessensfehlern für rechtswidrig hält. Danach
ist die Erledigungserklärung abgegeben worden. Der Hinweis des SG hat den Klageantrag aber weder unzulässig noch unbegründet werden lassen.
II.
Der Hilfsantrag ist unzulässig. Er stellt eine Fortsetzungsfeststellungsklage i.S.v. §
131 Abs.
1 Satz 3
SGG dar, der auf andere als Anfechtungsklagen analog anzuwenden ist, bei denen es um die Rechtmäßigkeit der Verfahrensweise des
Beklagten im Zusammenhang mit einem Verwaltungsakt bei Erledigung des primären Rechtsschutzbegehrens geht, so - wie hier -
einer Verpflichtungsklage (BSG, Urteil vom 28.09.05 - B 6 KA 73/04 R -).
Es mangelt an einem erledigenden Ereignis. Der Fortsetzungsfeststellungsantrag ist nach Erledigung einer Anfechtungs- oder
Verpflichtungsklage nur zulässig, wenn sich der angegriffene Verwaltungsakt erledigt hat und der Kläger ein berechtigtes Interesse
an der Feststellung hat. Die bloße Behauptung, der Verwaltungsakt habe sich erledigt, genügt für die Zulässigkeit nicht (Keller
in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Auflage, 2014, §
131 Rdn. 9; Humpert in Jansen,
SGG, 4. Auflage, 2012, § 131 Rdn. 17; Kopp/Schenke,
VwGO, 20. Auflage, 2014, § 113 Rdn. 99; vgl. auch BSG, Urteil vom 10.12.2014 - B 6 KA 49/13 R -). Sowohl die Verpflichtungsklage als auch die hilfsweise Feststellungsklage waren von Anfang an unbegründet, denn der Klägerin
stand mangels Rechtsgrundlage kein Individualbudget - in welcher Höhe auch immer - zu. Es liegt kein nachträgliches Ereignis
vor, das zur Unzulässigkeit oder Unbegründetheit der ursprünglichen Klage geführt hätte. Insbesondere ist durch die Urteile
des BSG vom 14.12.2011 - B 6 KA 3/ 11 R, B 6 KA 4/11 R; B 6 KA 5/11 R und B 6 KA 6/11 R - keine Erledigung eingetreten. In diesen Urteilen hat das BSG festgestellt, dass der ab 01.04.2005 geltende HVV den Vorgaben des §
85 Abs.
4 Satz 7 und 8
SGB V nicht genüge. Der HVV war rechtswidrig. Die Rechtswidrigkeit ist aber nicht erst mit der Entscheidung des BSG eingetreten. Sie bestand von Anfang an. Das BSG hat die Rechtslage erhellt, aber keine neue geschaffen.
Im Übrigen ist das gemäß §
131 Abs
1 Satz 3
SGG erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse (vgl dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., §
131 RdNr 10 ff.) der Klägerin an der hilfsweise begehrten Feststellung nicht erkennbar. Die Klägerin hat sich lediglich pauschal
vorbehalten, nach Entscheidung des Gerichts von den Möglichkeiten des §
839 BGB Gebrauch zu machen. Allein die abstrakte Möglichkeit, dass ein Amtshaftungsprozess angestrengt werden könnte, genügt nicht
(BSG, Urteil vom 21.10.1958 - 6 RKa 22/55 -; hierzu auch Senat, Urteil vom 27.08.2008 - L 11 KA 18/08 -). Unklar bleibt, welcher Schaden der Klägerin entstanden sein soll. Ein Anspruch auf ein Individualbudget - und damit auch
dessen Erhöhung - bestand nicht. Dass der Klägerin durch die sich auf den rechtswidrigen HVV stützende und daher falsche Begründung
ein Schaden entstanden sein könnte, ist nicht ersichtlich. Dies gilt umso mehr, als über die Abrechnungsbescheide für 2008
noch nicht abschließend entschieden wurde. Welches Regelleistungsvolumen (RLV) der Klägerin 2008 zustand, ist im Rahmen der Abrechnung zu prüfen und nicht in einem Schadensersatzprozess.
Das Kosteninteresse ist kein Grund für die Fortführung des Rechtsstreits (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O.,
§ 131 RdNr 10a). Aufgabe der Kostenentscheidung kann es nicht sein, einen Rechtsstreit ungeachtet seiner Erledigung zur Hauptsache
hinsichtlich aller rechtlichen Zweifelsfragen auszuschöpfen, nur um eine besser begründete Kostenentscheidung zu ermöglichen.
Eine solche Auffassung würde den Willen des Gesetzes verkennen, das Gericht zu entlasten und seine Zeit und Arbeitskraft anderen,
wichtigeren und vordringlicher erscheinenden Streitigkeiten zuzuwenden. Dieser Gesichtspunkt schließt es aus, dass das Rechtsschutzinteresse
an der Sachentscheidung aus dem Kosteninteresse hergeleitet werden kann (BSG, Urteil vom 21.10.1958 - 6 RKa 22/55 -).
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§
160 Abs.
2 SGG).