Anspruch auf Prozesskostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren; Zeitpunkt der Beurteilung der Erfolgsaussichten und Eintritt
der Entscheidungsreife; Zeitpunkt der Übermittlung von Klagen zum Sozialgericht
Gründe:
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft. Der Kläger begehrt vom Beklagten höhere Leistungen nach dem SGB II für die Monate November 2011 bis April 2012. Er erachtet die ab 2011 festgelegten Regelbedarfe als verfassungswidrig zu niedrig
und beziffert diese auf monatlich mindestens 594 Euro. Damit liegt die Beschwer der Kläger über 750 Euro.
Die Beschwerde ist unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussichten
der Rechtverfolgung abgelehnt.
Nach §
73a Abs.
1 S. 1
SGG in Verbindung mit §
114 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht,
nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder
Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. An die hinreichenden Erfolgsaussichten
dürfen im Hinblick auf das aus Art.
3 Abs.
1 des
Grundgesetzes (
GG) in Verbindung mit dem Rechtsstaatsgrundsatz aus Art.
20 Abs.
3 GG und dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes nach Art.
19 Abs.
4 GG abzuleitende verfassungsrechtliche Gebot einer weitgehenden Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei
der Verwirklichung des Rechtsschutzes keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Es reicht für die Prüfung der Erfolgsaussicht
aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat. Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist gegeben, wenn das
Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen nach summarischer
Prüfung für zutreffend oder zumindest vertretbar hält oder in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit des Nachweises überzeugt
ist.
Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die hinreichenden Erfolgsaussichten ist der der Entscheidungsreife (Senatsbeschluss
vom 13. November 2013 - L 4 AS 1862/12 B; Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 30. Juni 2009 - L 2 R 878/06; s. auch BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2006 - 2 BvR 626/06, 2 BvR 656/06, juris). Entscheidungsreife ist gegeben, wenn der Antrag entsprechend den Vorgaben in §
73a Abs.
1 S. 1
SGG in Verbindung mit §
117 ZPO - also auch unter Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse - bei Gericht eingegangen
ist, der Antragsteller sein Begehren schlüssig begründet hat und den anderen Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme (§§
73a
SGG, 118 Abs. 1 S. 1 HS 1
ZPO) innerhalb angemessener Frist gegeben wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 7. März 2012 - XII ZB 391/10, juris; Senatsbeschluss vom 13. August 2012 - L 4 AS 1193/10 B).
Entscheidungsreife lag hier mit Ablauf des 14. Juli 2012 vor. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist vollständig
mit der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse am 30. März 2012 beim Sozialgericht eingegangen.
Das Sozialgericht hat die Klage und den Pkh-Antrag am 11. April 2012 dem Beklagten zur Stellungnahme unter Fristsetzung von
drei Monaten zugeleitet. Besondere Gründe im Sinne des §
118 Abs.
1 S. 1 HS 2
ZPO, die dies unzweckmäßig erscheinen ließen, sind nicht ersichtlich. Nachdem für Klagen zum Sozialgericht eine Zustellung an
den Beklagten nicht vorgeschrieben und auch nicht veranlasst worden ist, sondern diese den übrigen Beteiligten lediglich zu
übermitteln ist (§
104 Abs.
1 S. 1
SGG), ist der Pkh-Antrag analog § 37 Abs. 2 S. 1 SGB X als am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als übermittelt anzusehen, hier also am 14. April 2012. Die durch den Kammervorsitzenden
dem Beklagten gesetzte Stellungnahmefrist von drei Monaten ist noch angemessen und nicht zu beanstanden. §
104 SGG sieht für die Klageerwiderung eine Frist vor, die nicht kürzer als einen Monat sein soll und die entsprechend auch für Stellungnahmen
zum Pkh-Antrag anzuwenden ist. Diese Sollfrist darf freilich nicht dazu führen, dass die Entscheidungsreife zu Lasten des
Klägers von Fristsetzungen des Vorsitzenden oder des Beklagten, die er beide nicht beeinflussen kann, abhängt. Entsprechend
dem Rechtsgedanken des §
88 Abs.
2 SGG ist daher von einer noch angemessenen Höchstfrist von drei Monaten auszugehen. Darüberhinausgehende Fristsetzungen oder Stellungnahmen,
die außerhalb dieser Frist eingehen, haben auf die Entscheidungsreife des Pkh-Antrags keinen Einfluss mehr. Dieser wird spätestens
mit Ablauf von drei Monaten nach Bekanntgabe an die übrigen Beteiligten entscheidungsreif. Geht bis zum Ablauf der gesetzten
angemessenen Stellungnahmefrist eine Stellungnahme der übrigen Beteiligten bei Gericht ein, tritt Entscheidungsreife bereits
mit Eingang ein. Nachdem hier binnen der gesetzten Frist eine Stellungnahme des Beklagten nicht einging, war der zwar nur
aus Textbausteinen bestehende aber gleichwohl noch schlüssige Pkh-Antrag mit Ablauf von drei Monaten nach Bekanntgabe entscheidungsreif,
hier also mit Ablauf des 14. Juli 2012.
Zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife bot die Rechtsverfolgung, die ausschließlich auf die Verfassungswidrigkeit der Regelbedarfe
ab 2011 gestützt wurde, bei summarischer Prüfung des klägerischen Vorbringens keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Das
Bundessozialgericht hatte in der Entscheidung vom 12. Juli 2012 (B 14 AS 153/11 R) u.a. festgestellt, dass die ab 1. Januar 2011 festgelegte Höhe der Regelbedarfe für Alleinstehende verfassungsgemäß und
eine Vorlage nach Art.
100 GG an das BVerfG nicht angezeigt ist.
Die Befassung des BVerfG mit der Verfassungsmäßigkeit der Regelbedarfe ab 2011 (1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12 und 1 BvR 1691/13) hat der Rechtsverfolgung keine hinreichende Erfolgsaussicht verliehen. Ein Rechtsschutzbegehren hat in aller Regel dann
hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen, bislang
ungeklärten Rechtsfrage abhängt (BVerfG, Beschluss vom 13. März 1990 - 2 BvR 94/88, juris). Eine solche Auslegung wird dem Gebot der in Art.
3 Abs.
1 in Verbindung mit Art
20 Abs.
3 GG verbürgten Rechtsschutzgleichheit gerecht; sie überspannt insbesondere nicht die Anforderungen an die Erfolgsaussicht in
einer den Unbemittelten benachteiligenden Weise. Daher braucht Pkh nicht schon dann gewährt zu werden, wenn die entscheidungserhebliche
Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche
Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als
"schwierig" erscheint (BVerfG, aaO.). Mit dem Urteil des BSG vom 12. Juli 2012 (B 14 AS 153/11 R) liegt hier eine (sogar) höchstrichterliche Entscheidung vor, die die Beantwortung der Rechtsfrage nicht mehr als schwierig
erscheinen lässt.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§
177 SGG).