Beitragspflicht zur Sozialversicherung
Gesellschafter-Geschäftsführer
Grundsatzrüge
Aufgabe der sogenannten Kopf-und-Seele-Rechtsprechung
Gründe:
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten über den sozialversicherungsrechtlichen
Status des Klägers in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1.
Die Beigeladene zu 1. hat die Rechtsform einer GmbH. Der Kläger war in dem im Beschwerdeverfahren nur noch streitigen Zeitraum
30.1.2001 bis 31.3.2012 für sie als einer von zwei Gesellschafter-Geschäftsführern tätig. Er hielt einen Anteil von 12 250
Euro (49 %) des Stammkapitals, der weitere Gesellschafter-Geschäftsführer einen Anteil von 12 750 Euro (51 %). Auf seinen
Antrag hin führte die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund ein Statusfeststellungsverfahren durch und stellte die Versicherungspflicht
des Klägers wegen seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV),
der sozialen Pflegeversicherung (sPV), der gesetzlichen Rentenversicherung (RV) und nach dem Recht der Arbeitsförderung fest
(Bescheid vom 12.4.2011). Dem Widerspruch des Klägers half die Beklagte teilweise ab und stellte die Versicherungsfreiheit
des Klägers in der GKV und sPV wegen Überschreitens der Jahresentgeltgrenze fest (Bescheid vom 4.1.2012). Im Übrigen wies
sie den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 25.4.2012).
Auf die Klage gegen die Zurückweisung des Widerspruchs hat das SG die Bescheide der Beklagten geändert und - soweit noch relevant - festgestellt, dass wegen der Geschäftsführertätigkeit des
Klägers auch keine Versicherungspflicht in der RV und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe (Urteil vom 13.5.2015).
Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG BadenW ürttemberg das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Beigeladene zu 1. gegen die Nichtzulassung der
Revision im Urteil des LSG vom 8.7.2016.
II
Die Beschwerde der Beigeladenen zu 1. ist in entsprechender Anwendung von §
169 S 2 und 3
SGG als unzulässig zu verwerfen. Die Beigeladene zu 1. hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen §
160a Abs
2 S 3
SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
Das BSG darf gemäß §
160 Abs
2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl
BSG Beschluss vom 26.6.1975 - 12 BJ 12/75 - SozR 1500 § 160a Nr 7).
1. Die Beigeladene zu 1. beruft sich in ihrer Beschwerdebegründung vom 17.10.2016 ausschließlich auf den Zulassungsgrund der
grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG). Die Beschwerdebegründung genügt jedoch nicht den Anforderungen an die Darlegung dieses Zulassungsgrundes.
a) Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden
Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit)
und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG Beschluss vom 16.11.1987 - 5b BJ 118/87 - SozR 1500 § 160a Nr 60; BSG Beschluss vom 22.7.1988 - 7 BAr 104/87 - SozR 1500 § 160a Nr 65; BSG Beschluss vom 16.12.1993 - 7 BAr 126/93 - SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN - stRspr; vgl auch BVerwG Beschluss vom 11.12.1997 - 1 B 60/97 - NJW 1999, 304 und BVerfG Kammerbeschluss vom 18.12.1991 - 1 BvR 1411/91 - SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von
Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur
Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (BSG Beschluss vom 25.10.1978 - 8/3 RK 28/77 - SozR 1500 § 160a Nr 31).
b) Die Beigeladene zu 1. hält zunächst für klärungsbedürftig, ob
"insbesondere in Konstellationen wie der vorliegenden von einem solchen Ausnahmefall [von der 'Rechtsmacht-Rechtsprechung']
auszugehen ist bzw. welche Kriterien einen solchen Ausnahmefall begründen können".
Hierzu erläutert sie, diese Frage sei klärungsbedürftig, weil die "Rechtsmacht-Rechtsprechung" betone, sie stelle nur den
Regelfall dar und in Ausnahmefällen könne auch bei fehlender Rechtsmacht von einer selbstständigen Tätigkeit ausgegangen werden.
Die Rechtsprechung habe aber bislang offengelassen, wann ein solcher Ausnahmefall vorliege. Zwar seien auch nach der überarbeiteten
Anlage 3 zum Rundschreiben der Beklagten zur "Statusfeststellung von Erwerbstätigen" Ausnahmen aufgrund anderer Kriterien
zulässig, wenn "in Fällen, in denen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis aufgrund der Kapitalbeteiligung oder besonderer
Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag nicht von vornherein ausgeschlossen" sei. Faktisch stelle die Praxis der Verwaltung
und des LSG Baden-Württemberg aber nur noch auf die Rechtsmacht ab, während alle anderen Kriterien im Rahmen von "Einzelbewertungen
zerpflückt" würden.
Ferner stellt die Beigeladene zu 1. sinngemäß die Frage,
ob es ggf auch auf Grund von beanstandungsfreien Betriebsprüfungen einen Vertrauensschutz in die Verwaltungspraxis der Beklagten
vor den Senatsurteilen des Jahres 2012 gibt, sodass der sozialversicherungsrechtliche Status von Gesellschafter-Geschäftsführern
nach den in Anlage 3 zum Rundschreiben der Beklagten zu "Statusfeststellung von Erwerbstätigen" mit Stand 2010 niedergelegten
Kriterien zu beurteilen ist.
Hierzu führt sie aus, wenn im vorliegenden Fall bei früheren Betriebsprüfungen die vermeintliche Selbstständigkeit des Klägers
nicht beanstandet worden sei, habe dies nicht an stichprobenartigen Prüfungen gelegen, sondern an der bis zur Anpassung der
Anlage 3 des Rundschreibens "Statusfeststellung von Erwerbstätigen" an die "Rechtsmacht-Rechtsprechung" im April 2014 von
der Beklagten geübten Verwaltungspraxis. Danach seien Personen unter den hier konkret vorliegenden Umständen von der Beklagten
als selbstständig eingestuft worden. Hieran sei für Sachverhalte jedenfalls vor 2012 festzuhalten. Da ein Anfrageverfahren
nach §
7a SGB IV in diesen Fällen nicht vorgeschrieben gewesen sei, dürfe sie auch nicht hierauf verwiesen werden.
c) Es kann unerörtert bleiben, ob die Beigeladene zu 1. damit hinreichend konkrete Rechtsfragen zur Auslegung, zum Anwendungsbereich
oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl §
162 SGG) mit höherrangigem Recht aufgeworfen und in den folgenden Ausführungen den vom Revisionsgericht jeweils erwarteten klärenden
Schritt ausreichend konkret dargelegt hat. Jedenfalls hat sie - die Qualität als Rechtsfragen unterstellt - die Klärungsbedürftigkeit
und Klärungsfähigkeit dieser Fragen nicht den nach §
160a Abs
2 S 3
SGG diesbezüglich geltenden Anforderungen genügend dargelegt.
aa) Die Klärungsbedürftigkeit der ersten Frage - ihre Qualität als Rechtsfrage unterstellt - hat die Beigeladene zu 1. nicht
den nach §
160a Abs
2 S 3
SGG diesbezüglich geltenden Anforderungen genügend dargelegt. Hierzu hätte sie konkret auf die bereits vom LSG zitierte jüngere
Rechtsprechung des 12. Senats des BSG zur Frage des sozialversicherungsrechtlichen Status von Gesellschafter-Geschäftsführern (BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17 [Schönwetter-Selbstständigkeit]; BSG Urteil vom 29.7.2015 - B 12 KR 23/13 R - BSGE 119, 216 = SozR 4-2400 § 7 Nr 24 [Aufgabe "Kopf und Seele"-Rechtsprechung]; BSG Urteile vom 11.11.2015 - B 12 KR 13/14 R - BSGE 120, 59 = SozR 4-2400 § 7 Nr 26 und B 12 KR 10/14 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 28 [jeweils zu Stimmbindungsverträgen]) eingehen und darlegen müssen, dass die - eine gedanklich notwendige
Voraussetzung der formulierten Frage bildende - Behauptung der Beigeladenen zu 1., wonach die "Rechtsmacht-Rechtsprechung"
betone, sie stelle nur den Regelfall dar und in Ausnahmefällen könne auch bei fehlender Rechtsmacht von einer selbstständigen
Tätigkeit ausgegangen werden, überhaupt zutrifft. Darüber hinaus wäre darzulegen gewesen, dass - die Möglichkeit solcher Ausnahmen
unterstellt - sich die formulierte Frage nicht bereits auf Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung des BSG beantworten lässt.
Der Senat hat nämlich in seinem Urteil vom 29.8.2012 (B 12 KR 25/10 R - aaO, RdNr 31 ff) im Ergebnis zwar noch offengelassen, ob ein Geschäftsführer einer Familiengesellschaft ohne Unternehmensanteile
mindestens im Umfang einer Sperrminorität aufgrund anderer Umstände möglicherweise doch als Selbstständiger angesehen werden
könnte. Dies war in der älteren Rechtsprechung - überwiegend zu Leistungsansprüchen des Arbeitsförderungs- und Unfallversicherungsrechts
- insbesondere angenommen worden, wenn das Tätigwerden eines Minderheits-Gesellschafter-Geschäftsführers innerhalb einer Gesellschaft
durch eine besondere Rücksichtnahme aufgrund familiärer Bindungen geprägt war (BSG Urteil vom 29.8.2012, aaO, RdNr 31 mwN). Jedoch hat der Senat im Urteil vom 29.7.2015 (B 12 KR 23/13 R, aaO, RdNr 28 ff) geklärt, dass die sog "Kopf und Seele"-Rechtsprechung für die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen
Status nach §
7 Abs
1 SGB IV nicht (mehr) heranzuziehen ist. Soweit der Senat in der Vergangenheit selbst hierauf zurückgegriffen hat, hat er diese Rechtsprechung
ausdrücklich aufgegeben. Hierfür hat er sich insbesondere darauf gestützt, dass eine Abhängigkeit der Statuszuordnung vom
rein faktischen, nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit änderbaren Verhalten der Beteiligten mit dem Erfordernis der
Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht in Einklang zu bringen ist. Weitere wichtige
Aussagen zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung von Gesellschafter-Geschäftsführern bzw Gesellschaftern in der Position
leitender Angestellter enthalten die Urteile des Senats vom 11.11.2015 (B 12 KR 13/14 R - BSGE 120, 59 = SozR 4-2400 § 7 Nr 26 und B 12 R 2/14 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 27). Vor diesem Hintergrund hätte die Beigeladene zu 1. anhand einer nachvollziehbaren Analyse der
in diesen Urteilen und insbesondere im dritten BSG-Urteil vom 11.11.2015 (B 12 KR 10/14 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 28 [Gesellschafter-Geschäftsführer mit 30 % des Stammkapitals]) enthaltenen verallgemeinerungsfähigen
Aussagen (Rechtssätze) zur Bedeutung der gesellschaftsrechtlichen Stellung für die Statusfrage auch von Geschäftsführern darlegen
müssen, dass diese BSG-Urteile noch Raum für die von ihr postulierten Ausnahmen lassen und keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Beantwortung
der von ihr formulierten Frage enthalten. Denn auch wenn das BSG eine Frage - worauf sich die Beigeladene zu 1. vorliegend beruft - noch nicht ausdrücklich entschieden hat, so ist eine Rechtsfrage
doch auch dann als höchstrichterlich geklärt anzusehen, wenn schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen
sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage
geben (vgl BSG Beschluss vom 21.1.1993 - 13 BJ 207/92 - SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17 sowie BSG Beschluss vom 31.3.1993 - 13 BJ 215/92 - SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6).
Vor dem Hintergrund dieser einschlägigen Rechtsprechung genügt die nicht auf ein einziges konkret benanntes Urteil gestützte
Behauptung der Beigeladenen zu 1., nach der Rechtsprechung des Senats könne in Ausnahmefällen auch bei fehlender Rechtsmacht
von einer selbstständigen Tätigkeit ausgegangen werden, nicht um die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage den aus §
160a Abs
2 S 3
SGG abzuleitenden Anforderungen genügend darzulegen. Ebenso wenig wird hierdurch dargelegt, dass die sich daran anschließende
pauschale Frage nach Beispielen für solche Ausnahmefälle trotz der genannten Senatsrechtsprechung noch nicht geklärt sein
könnte.
Auch die Klärungsfähigkeit der von ihr formulierten Frage hat die Beigeladene zu 1. nicht den oben benannten Anforderungen
entsprechend dargelegt. Um darzulegen, dass in dem angestrebten Revisionsverfahren eine Klärung dieser Frage zu erwarten ist,
hätte die Beigeladene zu 1. im Einzelnen erläutern müssen, dass aufgrund der vom LSG festgestellten Tatsachen alle Voraussetzungen
einer der von ihr ins Auge gefassten Ausnahmen ausgefüllt werden. Hierfür ist aber die zwanzigseitige, fast vollständige wörtliche
Wiedergabe des LSG-Urteils nicht ausreichend. Die Beigeladene zu 1. kann nicht erwarten, dass sich der Senat die passenden
Tatsachen selbst heraussucht (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl 2014, §
160a RdNr 13e mwN).
bb) Auch bezüglich der zweiten Fragestellung entspricht die Beschwerdebegründung nicht den og Anforderungen an die Darlegung
von Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit.
Zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit hätte die Beigeladene zu 1. die bereits vorliegende Rechtsprechung zu den rechtlichen
Folgen beanstandungsfreier Betriebsprüfungen und zu den Voraussetzungen und der Reichweite eines Vertrauensschutzes bei Änderungen
der höchstrichterlichen Rechtsprechung und/oder Verwaltungspraxis wiederum darauf untersuchen müssen, ob sich die von ihr
sinngemäß aufgeworfene Frage nicht bereits auf deren Grundlage beantworten lässt.
Deshalb hätte sich die Beigeladene zu 1. insbesondere mit der umfangreichen jüngeren Rechtsprechung des BSG zur fehlenden Entlastungswirkung von Betriebsprüfungen (vgl zB BSG Urteile vom 14.7.2004 - B 12 KR 1/04 R - BSGE 93, 119 = SozR 4-2400 § 22 Nr 2, RdNr 35 ff und B 12 KR 7/04 R - SozR 4-2400 § 22 Nr 1 RdNr 37 ff; eingehend zu den "Rechtsfolgen" von Betriebsprüfungen auch in Kleinbetrieben BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 12 AL 2/11 R - BSGE 115, 1 = SozR 4-2400 § 27 Nr 5 RdNr 24 ff) auseinandersetzen und darlegen müssen, dass sich die von ihr aufgeworfene Frage nicht
bereits auf Grundlage der darin entwickelten Rechtssätze beantworten lässt. Der Senat hat sich nämlich bereits wiederholt
- vor allem im Zusammenhang mit sog Beitragsnachforderungsfällen (vgl BSG Urteil vom 30.11.1978 - 12 RK 6/76 - BSGE 47, 194 = SozR 2200 § 1399 Nr 11; BSG Urteile vom 14.7.2004 - B 12 KR 10/02 R - BSGE 93, 109 = SozR 4-5375 § 2 Nr 1, B 12 KR 1/04 R - BSGE 93, 119 = SozR 4-2400 § 22 Nr 2 und B 12 KR 7/04 R - SozR 4-2400 § 22 Nr 1) und sog Beitragserstattungsfällen (vgl BSG Urteil vom 29.7.2003 - B 12 AL 1/02 R - SozR 4-2400 § 27 Nr 1; BSG Urteil vom 29.7.2003 - B 12 AL 3/03 R - AuB 2003, 341) - mit den "Rechtsfolgen" von Betriebsprüfungen befasst, bei denen es zunächst keine Beanstandungen gab,
sich später jedoch herausstellte, dass die Versicherungs- und/oder Beitragspflicht von Mitarbeitern vom geprüften Arbeitgeber
schon im Prüfzeitraum unzutreffend beurteilt wurden, dieses im Rahmen der Betriebsprüfung aber nicht aufgefallen war. Aus
dieser Rechtsprechung ergibt sich als grundlegende Erkenntnis, dass Arbeitgeber (und Arbeitnehmer) aus solchen Betriebsprüfungen
keine weitergehenden Rechte herleiten können, weil Betriebsprüfungen unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und
mittelbar im Interesse der Versicherten nur den Zweck haben, die Beitragsentrichtung zu einzelnen Zweigen der Sozialversicherung
zu sichern (vgl stellvertretend BSG Urteil vom 14.7.2004 - B 12 KR 1/04 R - BSGE 93, 119 = SozR 4-2400 § 22 Nr 2, RdNr 36 mwN [Nachforderungsfall]; BSG Urteil vom 29.7.2003 - B 12 AL 1/02 R - SozR 4-2400 § 27 Nr 1 RdNr 20 [Erstattungsfall]). Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen
nicht zu und kann ihnen schon deshalb nicht zukommen, weil die Betriebsprüfung nicht umfassend oder erschöpfend zu sein braucht
und sich auf bestimmte Einzelfälle oder Stichproben beschränken darf (vgl BSG Urteil vom 29.7.2003 - B 12 AL 1/02 R - aaO, RdNr 19 mwN). Betriebsprüfungen - ebenso wie das Ergebnis der Prüfung festhaltende Prüfberichte der Versicherungsträger
- bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm etwa - mit Außenwirkung - "Entlastung"
zu erteilen (vgl BSG Urteil vom 30.11.1978 - 12 RK 6/76 - BSGE 47, 194, 198 = SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 17 f). Eine materielle Bindungswirkung kann sich lediglich dann und insoweit ergeben, als
Versicherungs- und/oder Beitragspflicht (und Beitragshöhe) im Rahmen der Prüfung personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch
gesonderten Verwaltungsakt festgestellt wurden (vgl BSG Urteil vom 29.7.2003 - B 12 AL 1/02 R - SozR 4-2400 § 27 Nr 1 RdNr 20; BSG Urteil vom 29.7.2003 - B 12 AL 3/03 R - AuB 2003, 341) vorliegend etwa, wenn aus Anlass einer früheren Betriebsprüfung die Beklagte einen Verwaltungsakt erlassen
hätte, worin ausdrücklich das Fehlen einer Versicherungspflicht des Klägers aufgrund seiner Tätigkeit als Geschäftsführer
der Beigeladenen zu 1. in der der RV und nach dem Recht der Arbeitsförderung festgestellt worden wäre. Dass ein solcher Verwaltungsakt
vorliegt, hat die Beigeladene zu 1. weder dargelegt noch bestehen - im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ohnehin unbeachtlich
- Anhaltspunkte hierfür.
Von den soeben dargestellten Grundsätzen ausgehend hat der Senat bei unterbliebenen Beanstandungen in Beitragsnachforderungsfällen
das Bestehen einer Vertrauensgrundlage für den Arbeitgeber (und den Arbeitnehmer) bzw eines vertrauensbegründenden (Verwirkungs-)Verhaltens
des prüfenden Versicherungsträgers (vgl Urteil vom 30.11.1978 - 12 RK 6/76 - BSGE 47, 194, 196 ff = SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 11 ff) und in Beitragserstattungsfällen das Vorliegen eines eigenen oder zuzurechnenden
fehlerhaften Verwaltungshandelns der Prüfbehörde (vgl BSG Urteil vom 29.7.2003 - B 12 AL 1/02 R - SozR 4-2400 § 27 Nr 1 RdNr 21) verneint. Diese Grundsätze hat der Senat in ständiger Rechtsprechung auch bei Betriebsprüfungen
in "kleineren" Betrieben angewendet (vgl - im Zusammenhang mit Nachforderungsfällen - BSG Urteile vom 14.7.2004 - B 12 KR 10/02 R - BSGE 93, 109 = SozR 4-5375 § 2 Nr 1, RdNr 33 bzw 34 und B 12 KR 1/04 R - BSGE 93, 119 = SozR 4-2400 § 22 Nr 2, RdNr 36; BSG Urteil vom 14.7.2004 - B 12 KR 7/04 R - SozR 4-2400 § 22 Nr 1 RdNr 38 und - im Zusammenhang mit Erstattungsfällen - BSG Urteil vom 29.7.2003 - B 12 AL 1/02 R - SozR 4-2400 § 27 Nr 1 RdNr 21; BSG Urteil vom 29.7.2003 - B 12 AL 3/03 R - AuB 2003, 341). Selbst für Betriebsprüfungen in sog Kleinstbetrieben mit nur einem (einzigen) "Aushilfsarbeiter" hat er
eine Verpflichtung der Prüfbehörden verneint, die versicherungsrechtlichen Verhältnisse der (aller) Mitarbeiter vollständig
zu beurteilen (vgl BSG Urteil vom 14.7.2004 - B 12 KR 1/04 R - BSGE 93, 119 = SozR 42400 § 22 Nr 2, RdNr 1, 36) und diese Rechtsprechung insgesamt mit Urteil vom 30.10.2013 (B 12 AL 2/11 R - BSGE 115, 1 = SozR 4-2400 § 27 Nr 5, RdNr 24 ff) in Auseinandersetzung mit abweichenden Meinungen in Rechtsprechung und Literatur bestätigt.
Denn ist die Beurteilung der sozialversicherungsrechtlichen Verhältnisse eines Mitarbeiters für den Arbeitgeber (oder Arbeitnehmer)
zweifelhaft, so stehen ihm mehrere Möglichkeiten offen, Rechtsklarheit zu erlangen. Er kann gemäß §
28h Abs
2 S 1
SGB IV rechtzeitig eine Entscheidung der Beitragseinzugsstelle über die Versicherungs- und/oder Beitragspflicht des Mitarbeiters
durch Verwaltungsakt herbeiführen (vgl BSG Urteil vom 29.7.2003 - B 12 AL 1/02 R - SozR 4-2400 § 27 Nr 1 RdNr 20; BSG Urteil vom 7.11.1995 - 12 RK 19/94 - SozR 3-2400 § 26 Nr 7 S 35). An diese Entscheidung sind die Versicherungsträger nach Maßgabe der §§ 44 ff SGB X gebunden (§
77 SGG). Mit dem gleichen Ziel kann seit 1999 auch der Weg des Anfrageverfahrens nach §
7a SGB IV beschritten werden. Außerhalb der wenigen Fälle eines vorgeschriebenen Anfrageverfahrens ist es den an der fraglichen Tätigkeit
Beteiligten freigestellt, sich Rechtssicherheit bzgl des sozialversicherungsrechtlichen Status zu verschaffen. Zugleich haben
sie das Risiko einer eigenen Fehleinschätzung des Status des Mitarbeiters zu tragen, wenn sie - wie vorliegend - von den ihnen
offenstehenden Möglichkeiten nicht bereits bei Aufnahme der Tätigkeit Gebrauch machen.
Gleichzeitig hätte die Beigeladene zu 1. auch im Hinblick auf den geltend gemachten Vertrauensschutz aufzeigen müssen, dass
sich die von ihr aufgeworfene Frage nicht bereits auf Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des BSG und BVerfG beantworten lässt. So hat das BSG bereits mit Urteil vom 18.11.1980 (12 RK 59/79 - BSGE 51, 31, 36 ff und Leitsatz = SozR 2200 § 1399 Nr 13 S 26 ff) entschieden, dass aus Gründen des Vertrauensschutzes die zum Nachteil
eines Arbeitgebers geänderte höchstrichterliche Rechtsprechung grundsätzlich nicht rückwirkend zu dessen Lasten anzuwenden
ist, wenn dieser aufgrund der "neuen" Rechtsprechung nunmehr Beiträge auf bestimmte Arbeitnehmerbezüge abzuführen hat, die
noch nach der zuvor maßgebend gewesenen Rechtsprechung beitragsfrei waren. Allerdings ende der Vertrauensschutz des Arbeitgebers,
wenn er von der Einzugsstelle über die geänderte Rechtsprechung unterrichtet werde. Bereits vorher ende der Vertrauensschutz,
wenn er die geänderte Rechtsprechung und ihre Folgen für seine Beitragspflicht schon vor der Unterrichtung kannte oder wenn
er nach den Umständen des Falles Anlass hatte, insoweit bestehende Zweifel von sich aus zu klären (BSG Urteil vom 18.11.1980, aaO, Leitsatz 2). Darüber hinaus hat sich der Senat auch jüngst ausführlich zu den Voraussetzungen
des durch Art
20 Abs
3 GG vermittelten Schutzes eines auf einer nachfolgend geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung beruhenden Vertrauens geäußert
(BSG Urteil vom 16.12.2015 - B 12 R 11/14 R - BSGE 120, 209 = SozR 4-2400 § 28p Nr 6, RdNr 30 ff mit umfänglichen Nachweisen zur Rspr von BAG, BSG und BVerfG).
Die Beigeladene zu 1. geht in ihrer Beschwerdebegründung weder auf die Rechtsprechung zu den rechtlichen Folgen beanstandungsfreier
Betriebsprüfungen noch zu den Voraussetzungen und der Reichweite eines Vertrauensschutzes bei Änderungen der höchstrichterlichen
Rechtsprechung ein. Auch hier erwähnt sie nicht ein einziges Urteil zu diesen Fragen. Schon deshalb können ihre knappen Ausführungen
in diesem Zusammenhang angesichts der umfänglich vorliegenden einschlägigen BSG-Rechtsprechung nicht zur Darlegung eines (fort-)bestehenden oder erneut entstandenen Klärungsbedarfs genügen.
Darüber hinaus hat die Beigeladene zu 1. auch die Klärungsfähigkeit der zweiten von ihr aufgeworfenen Frage nicht den Anforderungen
aus §
160 Abs
2 S 3
SGG genügend dargelegt. Hierfür wäre es mindestens erforderlich gewesen, zunächst die Voraussetzungen des geltend gemachten Vertrauensschutzes
im Einzelnen zu benennen. Sodann hätte die Beigeladene zu 1. darlegen müssen, dass sie auf Grundlage der vom LSG im angegriffenen
Urteil festgestellten Tatsachen alle Voraussetzungen erfüllt, um diesen Vertrauensschutz für sich in Anspruch zu nehmen. Insbesondere
hätte sie darlegen müssen, dass der Kläger auf Grund dieser Tatsachen nach der älteren Rechtsprechung des hierfür allein zuständigen
12. Senats zur Auslegung des Beschäftigungsbegriffs iS des §
7 Abs
1 SGB IV in seiner Geschäftsführertätigkeit als Selbstständiger zu qualifizieren gewesen wäre. Denn nur in diesem Fall kann erwartet
werden, dass der Senat im angestrebten Revisionsverfahren auch tatsächlich über die aufgeworfene Fragen entscheiden wird.
Auch hierzu fehlen in der Beschwerdebegründung jegliche Ausführungen, obwohl hieran aufgrund nicht erkennbarer familiärer
Beziehungen zwischen den Gesellschaftern (vgl zu dieser Voraussetzung BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17 RdNr 31 mwN) erhebliche Zweifel bestehen. Die erforderlichen Darlegungen zu den tatsächlichen Grundlagen
des Berufungsurteils können - wie bereits oben ausgeführt - auch nicht durch die wörtliche Wiedergabe des LSG-Urteils ersetzt
werden.
2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 S 1 Teils 3
SGG iVm §
154 Abs
2, §
162 Abs
3 VwGO.
4. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren hat ihre Grundlage in §
197a Abs
1 S 1 Teils 1
SGG iVm §
63 Abs
2 S 1, § 52 Abs 1 und 2, § 47 Abs 1 und 3 GKG. Es war der Auffangstreitwert festzusetzen (vgl zB BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 R 11/07 R - BSGE 103, 17 = SozR 4-2400 § 7a Nr 2, Juris RdNr 30; BSG Urteil vom 4.6.2009 - B 12 R 6/08 R - USK 2009-72; BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R - Die Beiträge Beilage 2014, 387, 400), weil Gegenstand des der Nichtzulassungsbeschwerde zu Grunde liegenden Rechtsstreits
nicht (auch) eine Beitrags(nach)forderung war.