Gründe:
I
Das LSG Niedersachsen-Bremen hat mit Urteil vom 7.10.2015 einen von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Neuberechnung
ihrer Altersrente unter Berücksichtigung des Zeitraums von Januar 1957 bis Dezember 1991 als Ersatzzeit verneint.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat am 9.9.2015 die Mitteilung des LSG über den Termin zur mündlichen Verhandlung
am 7.10.2015, 10.30 Uhr, erhalten.
Mit Schriftsatz vom 6.10.2015, der beim Berufungsgericht am selben Tag eingegangen ist, hat der Prozessbevollmächtigte ua
beantragt, den Termin aufzuheben. Anschließend könne dann, wozu ausdrücklich Zustimmung erteilt werde, ohne mündliche Verhandlung
entschieden werden.
Der Vorsitzende hat dem Prozessbevollmächtigten daraufhin noch am selben Tag mitgeteilt, dass mangels substantiierter Darlegung
dringender Gründe kein Anlass zu einer Terminsaufhebung ersichtlich sei.
Mit Schriftsatz vom 7.10.2015, Eingang per Telefax am selben Tag um 9.34 Uhr, hat der Prozessbevollmächtigte erklärt, dass
wegen Verschlimmerung einer Erkrankung die Reise nicht habe angetreten werden können. Der Antrag auf Terminsaufhebung im Schriftsatz
vom 6.10.2015 bleibe aufrechterhalten. Um 10.03 Uhr hat das LSG ein Attest eines HNO-Arztes vom 6.10.2015 erreicht, wonach
der Prozessbevollmächtigte an einer Sinusitis erkrankt und seit dem 6.10.2015 arbeitsunfähig sei.
Die Schriftsätze des Prozessbevollmächtigten sind nebst dem ärztlichen Attest zu Beginn der mündlichen Verhandlung, in der
für die Klägerseite niemand erschienen ist, verlesen worden.
In seinem Urteil hat das LSG ausgeführt, dass der Senat dem weiteren Aufhebungsantrag nicht habe Folge leisten müssen. Der
Prozessbevollmächtigte habe ohnehin seine Zustimmung zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt. Die vorliegende
Entscheidung sei auf der gleichen Erkenntnisgrundlage ergangen, wie sie auch einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung
zugrunde zu legen gewesen wäre; insbesondere habe sich auch die Beklagte in der mündlichen Verhandlung lediglich auf ihren
bereits bekannten schriftsätzlichen Vortrag bezogen.
Im Übrigen sei der am Terminstag eingegangene Aufhebungsantrag nicht ausreichend begründet worden. Entgegen der Angabe im
Attest habe sich der Prozessbevollmächtigte offenbar selbst nicht für arbeitsunfähig gehalten, da er am 6.10.2015 noch mit
dem Gericht korrespondiert und einen Verlegungsantrag gestellt habe, ohne seine Erkrankung zu erwähnen.
Darüber hinaus sei auch der Kausalzusammenhang zwischen der (unsubstantiiert geltend gemachten) Verschlechterung seiner Erkrankung
und der Nichtwahrnehmung des Termins nicht dargetan und zweifelhaft.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat gegen das am 28.10.2015 zugestellte Urteil am 17.11.2015 unter Vorlage einer Prozessvollmacht
der Klägerin vom 23.2.2015 Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt und Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt.
Er rügt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, weil das Berufungsgericht trotz seines Antrags auf Vertagung mündlich verhandelt
habe. Er habe bereits mit Schriftsatz vom 6.10.2015 mitgeteilt, dass er erkrankt sei und der Termin verlegt werden müsse;
wegen der Verschlimmerung habe er ein ärztliches Attest vorgelegt. Das LSG sei verpflichtet gewesen, die Sache zu vertagen
und ohne mündliche Verhandlung in der Besetzung ohne ehrenamtliche Richter zu entscheiden. Daher sei auch der Anspruch der
Klägerin auf den gesetzlichen Richter verletzt worden.
II
1. Der PKH-Antrag der Klägerin ist unbegründet. Nach §
73a Abs
1 S 1
SGG iVm §
114 Abs
1 S 1
ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht
mutwillig erscheint. Daran fehlt es hier (2).
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zwar zulässig, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund eines Verfahrensfehlers (Art
103 GG, §
124 Abs 1
SGG), auf dem die Entscheidung beruhen kann (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG), in der für die Beurteilung der Zulässigkeit maßgeblichen Beschwerdeschrift ausreichend dargestellt worden ist. Hätte der
Prozessbevollmächtigte tatsächlich - wie vorgetragen - bereits am 6.10.2015, also am Vortag der Sitzung, auf eine Erkrankung
hingewiesen und am nächsten Tag ein Attest über die Verschlimmerung vorgelegt, so hätte ein erheblicher Grund für eine Terminsänderung
nach §
202 S 1
SGG iVm dem entsprechend anwendbaren §
227 Abs
1 S 1
ZPO vorgelegen (vgl zur Erkrankung des Prozessbevolmächtigten als erheblicher Grund iS des §
227 Abs
1 S 1
ZPO: BSG Urteil vom 19.7.1963 - 1 RA 357/62 - Juris RdNr 8; BSG Urteil vom 6.12.1983 - 11 RA 30/83 - SozR 1750 § 227 Nr 2 S 6; BSG Beschluss vom 15.6.1992 - 7 BAr 90/91 - Juris RdNr 4). Mit der Entscheidung in der Sache hätte das LSG dann das Recht der Klägerin, in der mündlichen Verhandlung
als dem "Kernstück des gerichtlichen Verfahrens" (BSGE 44, 292, 293 mwN = SozR 1500 § 124 Nr 2) vertreten zu sein (Art
103 Abs
1 GG, §§
62,
124 Abs 1
SGG), verletzt. In einem solchen Fall wären nähere Darlegungen dazu, inwiefern das Urteil auf der Verletzung des rechtlichen
Gehörs beruhen könne, entbehrlich (vgl Senatsbeschluss vom 11.2.2015 - B 13 R 329/13 B - Juris RdNr 10).
Die Beschwerde ist aber unbegründet. Denn der Prozessbevollmächtigte hat den Sachverhalt nicht so wiedergegeben, wie er sich
den Akten entsprechend darstellt. Vielmehr hat er eine Erkrankung erstmals am Sitzungstag geltend gemacht und zur Behauptung
der Verschlimmerung ein Attest vom Vortag vorgelegt. Im Weiteren hat er am 7.10.2015 auf den Schriftsatz vom Vortag verwiesen,
mit dem er eine Terminsaufhebung ua deshalb beantragt hatte, weil eine mündliche Verhandlung aufgrund seiner Zustimmung zur
Entscheidung nach §
124 Abs
2 SGG nicht mehr anfallen werde. Seine Erkrankung hatte er darin nicht erwähnt.
Aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls liegt hier kein hinreichend substantiierter und glaubhaft gemachter Aufhebungsantrag
iS des §
227 Abs
1,
2 ZPO iVm §
202 S 1
SGG vor, der das Berufungsgericht zwingend zu einer Vertagung hätte veranlassen müssen.
Dabei rechtfertigt das Einverständnis des Prozessbevollmächtigten zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§
124 Abs
2 SGG) - entgegen der Auffassung des LSG - noch nicht, von einer Vertagung abzusehen. Ein Einverständnis nach §
124 Abs
2 SGG entbindet das Gericht nicht davon, das rechtliche Gehör ausreichend zu gewähren, wenn es von dem Einverständnis - wie hier
- keinen Gebrauch macht. Wird aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden, muss den Beteiligten unabhängig davon, ob sie die
Möglichkeit zur schriftlichen Vorbereitung des Verfahrens genutzt haben, grundsätzlich Gelegenheit gegeben werden, ihren Standpunkt
in einer mündlichen Verhandlung darzulegen (vgl BSG Beschluss vom 28.8.1991 - 7 BAr 50/91 - SozR 3-1500 § 160a Nr 4 S 5).
Dies ändert jedoch nichts daran, dass es dem Prozessbevollmächtigten obliegt, einen Verlegungs- bzw Vertagungsantrag klar
zu begründen und glaubhaft zu machen. Denn nur ein iS des §
227 Abs
1 S 1
ZPO ordnungsgemäß gestellter Antrag mit einem hinreichend substantiiert geltend und ggf glaubhaft gemachten erheblichen Grund
begründet die grundsätzliche Pflicht des Gerichts zur Terminsverlegung (BSG Senatsbeschluss vom 13.11.2008 - B 13 R 277/08 B - Juris RdNr 15).
Der Prozessbevollmächtigte hat mit seinem Schriftsatz vom 7.10.2015 schon keinen Verlegungsgrund ausreichend benannt. Seine
Formulierung, dass die Reise nicht habe angetreten werden können und der Antrag auf "Terminsaufhebung" mit den Auslagen (gemeint
wohl Aussagen) im Schriftsatz vom 6.10.2015 aufrechterhalten bleibe, bringt lediglich zum Ausdruck, dass er weder an der Durchführung
einer mündlichen Verhandlung noch an deren Teilnahme interessiert sei. Wie sich selbst noch aus der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde
ergibt, hatte der Prozessbevollmächtigte offenbar die Vorstellung, dass ein Gericht an den Wunsch eines Beteiligten nach Entscheidung
ohne mündliche Verhandlung (§
124 Abs
2 SGG) gebunden sei und ihn sein Antrag auf Entscheidung ohne mündliche Verhandlung von einem Erscheinen entbinde. Um einen zwingenden
Verlegungsgrund handelt es sich hierbei nicht. Es genügt nicht, dass ein Beteiligter außer Stande ist, zur mündlichen Verhandlung
zu erscheinen, und er dies vorher mitteilt, wenn er nicht zugleich zum Ausdruck bringt, an der Verhandlung teilnehmen zu wollen
(Senatsbeschluss vom 24.9.2002 - B 13 RJ 55/02 B - Juris RdNr 9; Senatsbeschluss vom 29.3.2006 - B 13 RJ 199/05 B - Juris RdNr 5 f; Senatsbeschluss vom 13.11.2008 - B 13 R 277/08 B - Juris RdNr 14 f). Letzteres geschieht aber gerade nicht durch den Verweis auf einen Antrag auf Entscheidung ohne mündliche
Verhandlung, über den das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden hat. Ein Hinweis auf die Erkrankung war in dem
unter Bezug genommenen Schriftsatz vom 6.10.2015, der zur Begründung des Antrags angeführt worden war, nicht enthalten. Aus
diesem Grunde musste das LSG auch nicht davon ausgehen, dass die Verlegung wegen der Erkrankung erfolgen sollte.
Selbst wenn der Schriftsatz jedoch so verstanden würde, dass der Prozessbevollmächtigte wegen seiner Erkrankung eine Terminsaufhebung
beantrage, so durfte das LSG hier angesichts der inkonsistenten Vorgehensweise an der Glaubhaftigkeit der krankheitsbedingten
Verhinderung zweifeln. Denn das Verfassen des Schriftsatzes mit einer anderslautenden Begründung seines Verlegungsantrags
vom 6.10.2015 stellt die in der ärztlichen Bescheinigung nicht weiter substantiierte Schwere der am selben Tag attestierten
Erkrankung - eine akute Kieferhöhlenentzündung (sinusitis maxillaris) - wieder in Frage. Zwar mag eine einem Rechtsanwalt
ärztlich attestierte Arbeitsunfähigkeit regelmäßig auch die Unfähigkeit zur Wahrnehmung von Gerichtsterminen beinhalten. Vorliegend
hat das LSG jedoch nachvollziehbar Zweifel an der Schwere der Erkrankung und ihrer ausreichenden Glaubhaftmachung (vgl dazu
jüngst BSG Beschluss vom 16.4.2018 - B 9 V 66/17 B - Juris RdNr 6). Abgesehen davon, dass der Prozessbevollmächtigte hier trotz der attestierten Erkrankung offensichtlich seiner
Arbeit nachgegangen ist, hat er die gesundheitliche Beeinträchtigung am 6.10.2015 nicht erwähnt. Wenn er sich nun einen Tag
später auf diese und deren Verschlimmerung als Grund für die Unfähigkeit, an der Sitzung teilnehmen zu können, beruft, hätte
es deswegen hierzu weiterer Darlegungen bedurft.
Vorliegend ergeben sich gesteigerte Anforderungen an eine substantiierte Begründung und die Glaubhaftmachung zusätzlich deswegen,
weil der Verhinderungsgrund erstmals am Sitzungstag sozusagen "in letzter Minute" geltend gemacht worden ist (vgl BSG Beschluss vom 13.10.2010 - B 6 KA 2/10 B - SozR 4-1500 § 110 Nr 1 RdNr 12; BSG Beschluss vom 27.5.2014 - B 4 AS 459/13 B - Juris RdNr 5; BFH Beschluss vom 14.5.1996 - VII B 237/95 - Juris RdNr 11; BFH Beschluss vom 23.2.2012 - VI B 114/11 - Juris RdNr 3). Hinzu kommt, dass der geltend gemachte Grund schon vorher - jedenfalls laut Attest - bestand, aber nicht
benannt worden war. Wird insbesondere eine kurzfristige Erkrankung geltend gemacht, so muss dieser Verhinderungsgrund jedoch
nach Art, Schwere und Dauer so dargelegt und untermauert werden, dass das Gericht ohne weitere Nachforschungen selbst beurteilen
kann, ob von dem Bevollmächtigten die Wahrnehmung des Termins nicht erwartet werden kann (vgl BSG Beschluss vom 24.10.2016 - B 5 R 252/16 B - BeckRS 2016, 74155 RdNr 12; Senatsbeschluss vom 7.11.2017 - B 13 R 153/17 B - Juris RdNr 9; BFH Beschluss vom 9.11.2009 - VIII B 94/09 - Juris RdNr 2 f). Im Falle eines - wie hier - erst eine Stunde vor dem Termin gestellten Aufhebungs- bzw Verlegungsantrags
war das LSG nicht mehr verpflichtet, dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin einen entsprechenden vorherigen Hinweis zu geben,
ihn zur Ergänzung seines Vortrags aufzufordern oder selbst weitere Nachforschungen anzustellen (vgl BSG Beschluss vom 13.10.2010 - B 6 KA 2/10 B - SozR 4-1500 § 110 Nr 1 RdNr 12 f; BSG Beschluss vom 3.7.2013 - B 12 R 38/12 B - Juris RdNr 12; Senatsbeschluss vom 7.11.2017 - B 13 R 153/17 B - Juris RdNr 9).
3. Soweit die Klägerin den Anspruch auf den gesetzlichen Richter nach Art
101 Abs
1 S 2
GG mit der Begründung rügt, das LSG sei verpflichtet gewesen, die Sache zu vertagen und ohne mündliche Verhandlung in der Besetzung
ohne ehrenamtliche Richter zu entscheiden, ist der Verfahrensmangel nicht hinreichend bezeichnet worden (§
160a Abs
2 S 3
SGG). Sie legt schon nicht dar, warum das LSG ein Verfahren ohne mündliche Verhandlung hätte durchführen müssen; insoweit wäre
eine Auseinandersetzung mit den gesetzlichen Voraussetzungen (beiderseitiges Einverständnis der Beteiligten) sowie mit dem
vom Gesetz eingeräumten Ermessen in §
124 Abs
2 SGG ("kann") geboten gewesen. Sie legt außerdem nicht schlüssig dar, warum das LSG im schriftlichen Verfahren in der Besetzung
ohne ehrenamtliche Richter hätte entscheiden müssen. Denn grundsätzlich entscheidet ein Gericht bei Urteilen mit und ohne
mündliche Verhandlung in voller Besetzung (BSG Beschluss vom 3.6.2009 - B 5 R 306/07 B - Juris RdNr 8). Nur unter den vom Gesetz bestimmten Voraussetzungen des §
155 Abs
3 und
4 SGG kann in der Berufungsinstanz statt des Senats der Vorsitzende oder Berichterstatter alleine entscheiden.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.