Anspruch auf Arbeitslosengeld II; Kostenübernahme für die Erstausstattung einer Wohnung
Gründe:
I
Der Kläger begehrt von dem beklagten Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übernahme von Kosten für die von ihm
selbst beschafften Gegenstände der Erstausstattung seiner Wohnung.
Der 1963 geborene Kläger hatte zuletzt in G gelebt und wollte zurück nach L ziehen, wo auch seine Eltern wohnen. Er mietete
mit Mietvertrag vom 20.9.2005 ab dem 19.9.2005 eine Wohnung in L an. Am 26.9.2005 stellte er, vertreten durch seine Mutter,
einen formlosen Antrag auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Am 27.10.2005 sprach der Kläger selbst
bei dem Beklagten vor und reichte die ausgefüllten Antragsformulare sowie diverse Anlagen ein. Außerdem beantragte er am selben
Tag mündlich eine Erstausstattung für seine Wohnung. Ihm wurde ein Antragsformular "ohne Förderzusage" ausgegeben. Den ausgefüllten
Antrag auf Leistungen für die Erstausstattung seiner Wohnung reichte der Kläger am 1.11.2005 bei dem Beklagten ein. Zur Begründung
führte er im Antragsformular aus, er sei aus gesundheitlichen Gründen von G nach L zurückgekehrt. In G habe er in einem möblierten
Zimmer in einer Pension gewohnt. Dem Antrag fügte der Kläger eine vom 30.10.2005 datierende Bestätigung seines Vermieters
in G bei, die besagte, dass der Kläger keine Möbel mitgebracht oder mitgenommen habe und die dortigen Fremdenzimmer möbliert
seien.
Auf Grund seines Leistungsantrags vom 27.10.2005 bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 8.11.2005 Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.11.2005 bis 30.4.2006. Am 30.11.2005 führte ein
Mitarbeiter des Beklagten einen Hausbesuch bei dem Kläger durch und stellte fest, dass eine komplette Wohnungseinrichtung
vorhanden war und keine zusätzlichen Ausstattungsgegenstände erforderlich seien. Daraufhin lehnte der Beklagte mit Bescheid
vom 13.12.2005 den Antrag auf Erstausstattung ab, weil eine Grundausstattung an Möbeln und Haushaltsgeräten bereits vorhanden
gewesen sei.
Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und trug vor, er habe aus gesundheitlichen Gründen nicht in einer leeren Wohnung
wohnen und auf dem Fußboden schlafen können, weshalb seine Eltern ihm das Geld für die Beschaffung des notwendigen Mobiliars
und der Haushaltsgeräte geliehen hätten. Mit Widerspruchsbescheid vom 8.5.2006 wies der Beklagte den Widerspruch zurück und
führte zur Begründung aus, der Kläger sei nicht hilfebedürftig, weil die Eltern nicht nur die Erstausstattung, sondern eine
komplett eingerichtete Wohnung finanziert hätten. Es werde aber angeboten, dem Kläger zur Tilgung der Schulden bei seinen
Eltern ein Darlehen zu gewähren, das durch Einbehaltung eines Betrags in Höhe von 10 Prozent der Regelleistung zurückgezahlt
werden solle. Ein Anspruch auf Beihilfe zur Erstausstattung bestehe bei dem vorliegenden Sachverhalt nicht.
Am 2.6.2006 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht (SG) erhoben und zur Begründung vorgetragen, es bestehe ein Anspruch auf Kostenübernahme für die Erstausstattung der Wohnung
ungeachtet der Tatsache, dass er unter Zuhilfenahme eines Darlehens seiner Eltern in Höhe von 1455 Euro die Einrichtungsgegenstände
selbst beschafft habe, weil erstmalig ein völlig neuer Haushalt gegründet worden sei. Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 25.6.2007 abgewiesen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass die Einrichtung
der Wohnung bereits am 27.10.2005 komplett gewesen und damit das Erfordernis der vorherigen Antragstellung gemäß § 37 Abs
2 Satz 1 SGB II nicht gewahrt gewesen sei.
Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 17.4.2008 den Gerichtsbescheid des SG geändert und den Beklagten unter Änderung seiner Bescheide verurteilt, über den Antrag des Klägers auf Bewilligung einer
Beihilfe zur Erstausstattung seiner Wohnung insoweit erneut zu entscheiden, als nach dem 27.10.2005 Aufwendungen für einen
Spiegelschrank, einen Rollwagen, einen Schuhschrank und einen Tisch entstanden sind. Zur Begründung wurde darauf abgestellt,
der Beklagte sei wegen des Antragserfordernisses nach § 37 Abs 1 und 2 SGB II nicht zur Erbringung der begehrten Leistungen
verpflichtet, soweit die entsprechenden Gegenstände vor dem 27.10.2005 angeschafft worden seien. Es sei vorliegend nicht auf
den formlos gestellten Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 26.9.2005 abzustellen, sondern maßgeblich
für die Antragstellung sei der 27.10.2005. Der Antrag vom 26.9.2005 könne nach dem Empfängerhorizont nicht dahingehend ausgelegt
werden, dass auch Leistungen zur Wohnungserstausstattung mitbeantragt werden sollten. Solche Leistungen seien bei einem Antrag
auf laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erkennbar nicht mit inbegriffen. Der Antrag vom 27.10.2005 wirke
ex nunc, sodass eine rückwirkende Leistungserbringung nicht erfolgen könne. Eine frühere Antragstellung sei dem Kläger unter
Berücksichtigung der konkreten Umstände auch möglich gewesen. Die in Bezug auf zahlreiche Ausstattungsgegenstände verspätete
Antragstellung sei auch nicht auf eine Fehlberatung durch den Beklagten zurückzuführen, weshalb für einen sozialrechtlichen
Herstellungsanspruch kein Raum verbleibe. Die erst nach Antragstellung noch angeschafften Gegenstände seien dagegen vom Beklagten
zu berücksichtigen, denn der Begriff der Erstausstattung sei weit auszulegen. Auch wirke sich die zwischenzeitlich erfolgte
Bedarfsdeckung nach Antragstellung nicht anspruchsvernichtend aus, zumindest nicht in Fällen wie dem vorliegenden. Dem Kläger
sei ein längeres Zuwarten auf die Entscheidung über die Erstausstattung aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar gewesen
und der Leistungsträger habe bereits darauf hingewiesen, dass die Entscheidung wohl negativ ausfallen werde. Im Übrigen sei
nach den Angaben der Mutter des Klägers davon auszugehen, dass dieser die Aufwendungen im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten
in Teilbeträgen an die Eltern zurückzahlen müsse, was nach den finanziellen und sozialen Verhältnissen der Eltern auch glaubhaft
sei.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Senat zugelassenen Revision. Er rügt eine Verletzung des § 37 SGB II. Der
Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II erfasse sowohl die Regelleistung als auch die Erbringung
von abweichenden Leistungen. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut und der Systematik des Gesetzes. Er habe daher mit seinem Antrag
vom 26.9.2005 einen umfassenden Antrag auf Sozialleistungen gestellt, mithin auch auf solche, die nicht ausdrücklich im Antragsformular
genannt seien. Daher sei auch ein Antrag auf Wohnungserstausstattung mitumfasst gewesen.
Der Kläger beantragt,
1. das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 17. April 2008 zu ändern und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts
Dresden vom 25. Juni 2007 sowie den Bescheid des Beklagten vom 13. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 8. Mai 2006 aufzuheben, und 2. den Beklagten zu verurteilen, ihm die Kosten für den Erwerb der Erstausstattung seiner
Wohnung - abzüglich der bereits vom Landessozialgericht zugesprochenen Gegenstände - zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Er hält die angegriffenen Urteile für zutreffend.
II
Die zulässige Revision des Klägers ist im Sinne einer Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung des Rechtsstreits an
das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§
170 Abs
2 Satz 2
Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
1. Streitgegenstand ist hier allein die begehrte Übernahme von Kosten für die vom Kläger selbst angeschafften Gegenstände
zur Erstausstattung seiner Wohnung. Bei den Ansprüchen auf Erstausstattung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II handelt es sich
um eigenständige, abtrennbare Streitgegenstände, über die isoliert und unabhängig von den übrigen Grundsicherungsleistungen
entschieden werden kann (vgl BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, jeweils RdNr 12 und BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 4 RdNr 9). Aus diesem Grund bedurfte es vorliegend keiner
Überprüfung, ob die im Übrigen gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts der Höhe nach richtig bemessen waren,
denn dies steht nicht im Streit. Der Bewilligungsbescheid des Beklagten vom 8.11.2005 ist vielmehr bestandskräftig geworden.
Die richtige Klageart für das somit zulässigerweise auf die Erstattung von Kosten für bereits angeschaffte Einrichtungsgegenstände
beschränkte Begehren des Klägers ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§
54 Abs
4 SGG). Zwar ist bei Streitigkeiten um eine Erstausstattung einer Wohnung im Regelfall - bei noch nicht erfolgter Selbstbeschaffung
der Einrichtung durch den Leistungsempfänger - die sog Verpflichtungsbescheidungsklage (§
54 Abs
1 Satz 1
SGG) die statthafte Klageart (vgl Urteil des Senats vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 18, der Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts [BSG] folgend, vgl Urteil vom
1.7.2009 - B 4 AS 77/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 4 RdNr 10). Dies folgt daraus, dass nach der gesetzlichen Systematik der Hilfebedürftige zunächst
gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II einen unbedingten Rechtsanspruch auf die Erstausstattung - das "Ob" der Leistung - hat,
während anschließend das "Wie" der Leistungserbringung nach § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II im pflichtgemäßen Auswahlermessen des
Grundsicherungsträgers steht (vgl BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 19). Beschafft sich - wie im vorliegenden Fall - der Hilfebedürftige
die Gegenstände für seine Wohnungseinrichtung dagegen selbst, bevor der Grundsicherungsträger über die Art und Weise der Leistungsgewährung
entschieden hat, so schneidet er dessen Auswahlermessen ab. Dieser kann im Rahmen des § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II den Leistungsempfänger
schon rein tatsächlich nicht mehr etwa auf ein eigenes Möbellager oder die Ausgabe von Gutscheinen für bestimmte Möbelhäuser
verweisen. Das Begehren des Hilfebedürftigen kann sich wegen der erfolgten eigenmächtigen Beschaffung der Erstausstattung
in der Sache nunmehr ausschließlich auf eine Geldleistung richten, die allein im Wege der Anfechtungs- und Leistungsklage
zu verfolgen ist. Für eine gerichtliche Klärung eines Sachleistungsanspruchs iS des § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II besteht kein
Rechtsschutzinteresse mehr.
2. Grundlage auch für den geltend gemachten Zahlungsanspruch des Klägers ist § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II, wonach Leistungen
für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten nicht von der Regelleistung umfasst sind. Sie werden
nur bei Vorliegen eines Antrags auf Leistungen nach dem SGB II (dazu unter a), gemäß § 23 Abs 3 Satz 2 SGB II aber gesondert
erbracht. Nur wenn die Voraussetzungen des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II vorliegen, ist ein Anspruch überhaupt denkbar (dazu
unter b). Der nur noch auf eine Geldleistung gerichtete Zahlungsanspruch des Klägers kann aber nur dann Erfolg haben, wenn
das Auswahlermessen des Beklagten im Anwendungsbereich des § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II auf Null geschrumpft ist, mithin bei der
Entscheidung über das "Wie" der Erstausstattung nur eine Entscheidung, nämlich die Gewährung von Geldleistungen in Betracht
kommt (dazu unter c).
a) Der Anspruch des Klägers auf Übernahme der Kosten für die selbst angeschaffte Erstausstattung der Wohnung scheitert jedenfalls
nicht bereits an einer fehlenden Antragstellung. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Kläger bereits mit seinem am 26.9.2005
geäußerten Begehren, Leistungen nach dem SGB II erhalten zu wollen, auch einen Antrag auf Erstausstattung gestellt hat.
Gemäß § 37 Abs 1 SGB II werden Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende auf Antrag erbracht. Nach § 37 Abs 2 Satz
1 SGB II ist eine Leistungserbringung für Zeiten vor der Antragstellung ausgeschlossen. Diese Vorschrift gilt uneingeschränkt
für alle Leistungen der Grundsicherung (vgl Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 37 RdNr 2). Sie statuiert ein
konstitutives Antragserfordernis mit der Folge, dass Leistungen immer erst ab Antragstellung zustehen (vgl BT-Drucks 15/1516
S 62; Urteile des Senats vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 17 RdNr 23 und vom 7.5.2009 - B 14 AS 13/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 22). Der Antrag nach dem SGB II ist eine einseitige, empfangsbedürftige öffentlich-rechtliche Willenserklärung,
auf die - soweit sich nicht aus sozialrechtlichen Bestimmungen etwas anderes ergibt - die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches
Anwendung finden (BSG Urteil vom 28.10.2009 - B 14 AS 56/08 R - SozR 4-4200 § 37 Nr 1 RdNr 14).
Danach ist durch Auslegung das Begehren eines Antragstellers zu ermitteln. Bringt dieser zum Ausdruck, dass er Leistungen
vom Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende begehrt, so ist der Antrag so auszulegen, dass das Begehren des Antragstellers
möglichst weitgehend zum Tragen kommt. Wie der Senat bereits entschieden hat, sind als beantragt alle Leistungen anzusehen,
die nach Lage des Falls ernsthaft in Betracht kommen (Grundsatz der Meistbegünstigung, vgl Urteil des Senats vom 23.3.2010
- B 14 AS 6/09 R - sowie Link in Eicher/Spellbrink, aaO, § 37 RdNr 2; Striebinger in Gagel, SGB II/SGB III, Stand Juli 2010, § 37 SGB II
RdNr 34). Wird mit einem Antrag ein Hilfebedarf nach dem SGB II geltend gemacht, so sind damit alle Leistungen umfasst, die
der Sicherung des Lebensunterhalts in Form des Arbeitslosengeldes II dienen, also regelmäßig alle im 1. und 2. Unterabschnitt
des 2. Abschnitts des 3. Kapitels SGB II genannten Leistungen. Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei den in § 23 Abs
3 SGB II genannten Leistungen um einmalige Sonderbedarfe handelt (vgl dazu Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 23 RdNr 44,
Stand Mai 2010). So wird einerseits gewährleistet, dass ein Hilfebedürftiger alle ihm zustehenden Leistungen auch tatsächlich
erhält, ohne dass er von vornherein alle denkbaren Möglichkeiten eingeplant haben muss, andererseits ergeben sich aber auch
Vereinfachungseffekte bei dem Träger, der bei Prüfung der Leistungen auf einen einheitlichen Zeitpunkt abstellen kann und
bei zeitlichen Verzögerungen der Streit ausgespart bleibt, ob ggf eine notwendige Beratung nicht oder nicht in dem notwendigen
Umfang stattgefunden hat. Der Antrag ist auch bei dem zuständigen Träger gemäß § 36 SGB II gestellt worden.
b) Es kann vom Senat allerdings nicht abschließend beurteilt werden, ob dem Kläger zum Zeitpunkt der Beschaffung der Einrichtungsgegenstände
überhaupt ein Rechtsanspruch auf eine Erstausstattung gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II zustand. Ohne einen solchen Rechtsanspruch
dem Grunde nach bestünde ohnehin kein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die selbst angeschafften Gegenstände.
Der Senat hat bereits entschieden, dass der Anspruch nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II wie alle Leistungen des SGB II bedarfsbezogen
zu verstehen ist (BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, jeweils RdNr 19; BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 14). Entscheidend für die Auslegung des Begriffs
der Erstausstattung ist, ob ein Bedarf für die Ausstattung einer Wohnung besteht, der nicht bereits durch vorhandene Möbel
oder andere Einrichtungsgegenstände gedeckt ist. Leistungen nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II sind für die Ausstattung mit
wohnraumbezogenen Gegenständen zu erbringen, die eine geordnete Haushaltsführung und ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten
orientiertes Wohnen ermöglichen (BSG aaO mwN). Das LSG wird daher zunächst zu klären haben, ob bei dem Kläger überhaupt ein
Bedarf für eine Erstausstattung bestand und wann dieser entstanden ist. Weiterhin wird festzustellen sein, welche konkreten
Einrichtungsgegenstände vom Kläger beschafft wurden und ob es sich bei den erworbenen Möbelstücken und wohnraumbezogenen Gegenständen
um solche der Erstausstattung iS von § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II gehandelt hat. Da der Kläger vor dem Umzug nach L in einem
möblierten Pensionszimmer gewohnt hat, spricht hier viel dafür, dass grundsätzlich ein Anspruch auf Erstausstattung bestand.
Auf Grund der Feststellungen des LSG ist auch davon auszugehen, dass die Hilfebedürftigkeit des Klägers nicht dadurch entfallen
ist, dass er Geld von seinen Eltern für die Beschaffung der Wohnungseinrichtung erhalten hat. Das LSG hat insofern unangegriffen
festgestellt (§
163 SGG), dass der Kläger die Einrichtungsgegenstände mit einem durch die Eltern gegebenen Darlehen finanziert hat. Der Senat hat
bereits entschieden, dass Darlehen unter Verwandten nicht als zu berücksichtigendes Einkommen iS des § 11 SGB II anzusehen
sind, wenn es sich (zivil-)rechtlich um Darlehen handelt und der Darlehensnehmer einer ernsthaften Rückforderungsverpflichtung
ausgesetzt ist (Urteil vom 16.7.2010 - B 14 AS 46/09 R -). Diese ernsthafte Rückforderungsverpflichtung ist vom LSG festgestellt worden (§
163 SGG).
c) Liegt der Bedarf für eine Erstausstattung vor und ist dessen Umfang festgestellt, so ist nach der Gesetzessystematik des
§ 23 Abs 3 Satz 5 SGB II das Auswahlermessen des Beklagten dahingehend zu betätigen, ob die Leistung als Geld- oder Sachleistung
erbracht werden soll. Dies ist - wie bereits betont - durch die faktische Beschaffung der Einrichtungsgegenstände nicht mehr
möglich. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf eine Geldleistung scheitert mithin dann, wenn keine Gesichtspunkte vorliegen,
die das Ermessen des Beklagten im Sinne einer "Ermessensreduktion auf Null" einschränken, denn nur dann, wenn der Beklagte
im Rahmen des § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II ohnehin nur Geldleistungen erbringt, spielt es keine Rolle, dass ihm durch die Beschaffung
der Einrichtungsgegenstände die Möglichkeit einer Ermessensentscheidung genommen wurde. Das LSG wird also zu prüfen haben,
ob zum Zeitpunkt der Entstehung des Bedarfs (irgendwann im Oktober?) dieser Bedarf des Klägers auf Erstausstattung vom Beklagten
auch anders als durch Geldleistungen hätte abgedeckt werden können bzw ob der Beklagte Leistungen der Erstausstattung überhaupt
anders als in Form von Geldleistungen erbringt. Wird festgestellt, dass der Beklagte generell nur durch Geldleistungen (ggf
in pauschalierter Höhe) seinen Leistungsverpflichtungen nachkommt, wäre folglich auch gegenüber einem Leistungsberechtigten,
der sich die Leistung selbst beschafft hat, nur eine Auswahlentscheidung richtig, nämlich die Gewährung der Erstausstattung
als Geldleistung. Hierzu wird das LSG Feststellungen über vorliegende Verwaltungsrichtlinien oder eine ständige Übung des
Beklagten zu treffen haben. Bestehen solche verwaltungsinterne Regelungen, mit denen sich der Beklagte in Richtung auf die
Gewährung von "Geld" bindet, könnte er nicht ohne Ermessensfehlgebrauch, insbesondere nicht ohne Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz
(Art
3 Abs
1 Grundgesetz), zu einer Ablehnung der Leistung als Geldleistung gelangen (vgl für eine ähnliche Konstellation BSGE 85, 75, 83 = SozR 3-3610 § 27 Nr 2). Sollte in diesem Zusammenhang festgestellt werden, dass im Leistungsbereich des Beklagten für
die Erstausstattungen stets Geldleistungen in Form von Pauschalen erbracht werden, so wäre in einem nächsten Schritt zu prüfen,
ob diese Pauschalen den in § 23 Abs 3 Satz 5 iVm Satz 6 SGB II genannten Anforderungen genügen. Insbesondere wäre dann zu
untersuchen, ob die Pauschalen auf nachvollziehbaren Erfahrungswerten beruhen, denn auch die Festsetzung der Höhe der Pauschalen
unterliegt der richterlichen Kontrolle (vgl bereits BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 20 f). Es muss dem Hilfebedürftigen möglich
sein, mit dem gewährten Betrag seinen Bedarf auf Erstausstattung (allerdings in einem unteren Segment des Einrichtungsniveaus)
in vollem Umfang zu befriedigen. Die Gewährung von Pauschalbeträgen führt nicht zu einer Verkürzung des Leistungsanspruchs
gegenüber der Gewährung durch Sachleistung oder der individuell bestimmten Geldleistung.
3. Besteht im Ergebnis ein Leistungsanspruch auf Geld unmittelbar aus § 23 Abs 3 SGB II nicht, wird das LSG im Hinblick auf
die vom Kläger selbst beschafften Leistungen (hilfsweise) einen Kostenerstattungsanspruch zu prüfen haben. Wie der Senat bereits
entschieden hat, ist die Erstattung von Kosten bei Selbstbeschaffung unaufschiebbarer Sozialleistungen (also in Eil- und Notfällen)
sowie im Falle rechtswidriger Leistungsablehnung Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens im Sozialrecht (vgl bereits BSGE
89, 50, 56 f = SozR 3-3300 § 12 Nr 1 S 8 = Juris RdNr 36; Grube, Sozialrecht aktuell 2010, 11, 12). Liegen die Voraussetzungen vor,
wandelt sich auch im Anwendungsbereich des SGB II ein Sachleistungsanspruch in einen auf Geld gerichteten Kostenerstattungsanspruch
um (vgl BSG Urteil vom 17.6.2010 - B 14 AS 58/09 R; vgl auch Urteil vom 19.8.2010 - B 14 AS 36/09 R). Ein solcher setzt allerdings in den Fällen des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II im Grundsatz voraus, dass der Träger der
Grundsicherung vor Inanspruchnahme einer vom Hilfebedürftigen selbst beschafften Leistung bei Entstehen des konkreten Bedarfs
mit dem Leistungsbegehren in der Sache befasst wurde. Nur dann ist es dem Träger möglich, sein Auswahlermessen pflichtgemäß
auszuüben. Eine Kostenerstattung kommt damit grundsätzlich erst bei Selbstbeschaffung einer Leistung nach einer rechtswidrigen
Leistungsablehnung in Betracht. Im vorliegenden Fall könnte allerdings nach den bisherigen Feststellungen des LSG davon auszugehen
sein, dass der Kläger sich in einer Notsituation befand und möglicherweise einen ablehnenden Leistungsbescheid hinsichtlich
seines Antrags auf Kostenübernahme für die Erstausstattung seiner Wohnung nicht abzuwarten brauchte. Auch hierzu wird das
LSG ggf noch weitere Feststellungen zu treffen haben.
Schließlich wird das LSG auch über die Kosten des Verfahrens einschließlich des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.