Anspruch auf Arbeitslosengeld II; Ersatz der Kosten für eine bereits beschaffte Erstausstattung der Wohnung
Gründe:
I
Der Kläger begehrt von dem beklagten Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende 1329 Euro als Kosten für die Erstausstattung
seiner Wohnung.
Der 1950 geborene Kläger lebte in W. und bezog zuletzt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch
Zweites Buch (SGB II) von dem örtlich zuständigen Träger der Grundsicherung. Er löste seine dortige Wohnung im Januar 2005
auf und vernichtete dabei das bis dahin genutzte Mobiliar, weil es nach seinen Angaben wegen Schimmelbefalls und altersbedingt
nicht mehr zu gebrauchen gewesen sei. Vom 26.1.2005 bis zum 30.9.2005 befand er sich wegen einer Alkoholerkrankung in einer
Rehabilitationsmaßnahme. Während dieser Zeit meldete er sich bei der Beklagten als wohnhaft in der Wohnung seiner Mutter in
O. (rund 230 km von W. entfernt). Unter anderem für die Zeit vom 1.8.2005 bis zum 31.1.2006 gewährte die Beklagte ihm Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (Bescheid vom 18.7.2005 und Änderungsbescheide vom 30.8.2005 und vom 28.9.2005
für die Zeit ab 1.10.2005).
Am 23.8.2005 teilte der Kläger bei der Beklagten mit, er habe am 16.8.2005 eine eigene Wohnung in O. angemietet, die er zum
1.10.2005 beziehen werde. Er besitze kein eigenes Wohnungsinventar und beantrage daher die Gewährung einer Erstausstattung.
Er kaufte am 25.8.2005 und am 30.8.2005 Möbel im Wert von insgesamt 1329 Euro, nachdem ihm seine Mutter hierfür ein entsprechendes
Darlehen gewährt hatte. Der Antrag auf Gewährung einer Erstausstattung blieb ohne Erfolg (Bescheid vom 24.10.2005; Widerspruchsbescheid
vom 21.4.2006).
Das hiergegen angerufene Sozialgericht (SG) Leipzig hat Beweis erhoben durch die Vernehmung des Zeugen W. und die Beklagte sodann mit Urteil vom 26.7.2007 antragsgemäß
zur Zahlung von Leistungen für die Erstausstattung der Wohnung in Höhe von 1329 Euro verurteilt.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung seines Urteils vom 13.10.2008 hat es ausgeführt, die Voraussetzungen
des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II lägen nicht vor, denn es habe sich lediglich um eine Ersatzanschaffung von Wohnungseinrichtungsgegenständen
gehandelt. Eine Ersatzbeschaffung liege in Abgrenzung zur Erstausstattung vor, wenn der Bedarf allein auf eine übliche Abnutzung
oder andere Umstände, die vom Berechtigten beeinflussbar seien, zurückzuführen sei. Die Möbel in der früheren Wohnung, die
vom Kläger entsorgt worden seien, seien nach seinem eigenen Vortrag wegen Abnutzung sowie Schimmelbefalls nicht mehr zu nutzen
gewesen. Dass der Schimmelbefall einen nicht vom Kläger zu beeinflussenden Umstand dargestellt habe, sei nicht nachgewiesen
und auch nicht mehr nachweisbar, weil er die Gegenstände vernichtet habe und aus der Wohnung ausgezogen sei. Auch liege eher
die Annahme nahe, dass ein Umstand, den der Kläger beeinflussen habe können (das Bewohnen der vom Schimmel befallenen Wohnung),
zu dem (Ersatz-)Bedarf geführt habe. Er habe ferner nach seinen Angaben wegen der Wertlosigkeit der Möbel von der Geltendmachung
von Schadensersatzansprüchen gegen seinen ehemaligen Vermieter abgesehen, die ihm die Beklagte angesonnen habe, was ebenfalls
lediglich für einen Ersatz der Möbel spreche. Selbst wenn man entgegen der Ansicht des Senats von einer "Erstausstattung"
ausginge, bestehe kein Anspruch des Klägers auf Leistungen für die Wohnungserstausstattung im Hinblick auf die am 25.8.2005
und am 30.8.2005 angeschafften Gegenstände. Soweit Gegenstände vor dem 23.8.2005 angeschafft worden seien, sei die Beklagte
schon wegen des Antragserfordernisses nach § 37 Abs 1 und 2 SGB II nicht zur Erbringung der begehrten Leistungen verpflichtet.
Der Antrag vom 14.7.2005 auf laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes könne nicht dahingehend ausgelegt werden,
dass auch Leistungen zur Wohnungserstausstattung mit beantragt werden sollten, denn diese beträfen einen speziellen, mit dem
Bezug einer Wohnung verbundenen einmaligen Bedarf.
Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Klägers. Er rügt die fehlerhafte Anwendung des § 23 Abs 3 Satz
1 Nr 1 SGB II. Er habe seine Wohnung in W. krankheitsbedingt aufgeben müssen; die Trennung vom bisherigen Lebensumfeld und
der Wohnung sei zur erfolgreichen Durchführung der Therapie zwingend notwendig gewesen. Eine Einlagerung des de facto wertlosen
Mobiliars über mehr als 6 Monate hätte Kosten verursacht, die er nicht habe aufbringen können. Es sei für ihn auch konkret
nicht möglich gewesen, den Umzug verbunden mit einer Einlagerung zu organisieren. Das LSG habe insoweit keine weiteren Ermittlungen
zu seiner konkreten Situation angestellt. Auch im Hinblick auf den Zustand der Möbel habe das LSG unzureichend ermittelt.
Seine Situation sei der nach der Verbüßung einer Haftstrafe oder der Trennung von Ehegatten vergleichbar. Ein gesondertes
Antragserfordernis bestehe im Bezug auf die Erstausstattung nicht. Bereits bei Stellung des Antrages auf laufende Leistungen
habe die Beklagte seinen Bedarf insoweit erkennen können. Ein längeres Zuwarten auf die Entscheidung der Beklagten wäre nicht
zumutbar gewesen. Er hätte sich die Möbel selbst beschaffen dürfen, weil er die Anschaffung nur an den wenigen Tagen hätte
durchführen können, an denen er sich besuchsweise in seinem späteren Wohnort aufgehalten habe.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 13. Oktober 2008 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil
des Sozialgerichts Leipzig vom 26. Juli 2007 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Insbesondere habe der Kläger von vornherein den Bezug einer neuen Wohnung
im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Beklagten geplant und deshalb Fernseher und Waschmaschine behalten. Er habe die noch
vorhandenen Möbel folglich - etwa im Keller des Wohnhauses der Mutter - einlagern müssen. Im Übrigen wäre die Neuanschaffung
der Möbel - den Vortrag des Klägers als zutreffend unterstellt - auch ohne den Umzug notwendig geworden. Für eine Ersatzbeschaffung
sehe § 23 Abs 3 Satz 1 SGB II aber keine Leistungen vor.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§
124 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) erklärt.
II
Die zulässige Revision des Klägers ist im Sinne einer Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das LSG
begründet, §
170 Abs
2 Satz 2
SGG.
1. Streitgegenstand ist allein die begehrte Übernahme von Kosten für die vom Kläger bereits gezahlte Erstausstattung seiner
Wohnung. Über einen solchen Anspruch auf Leistungen für Erstausstattungen gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 SGB II kann nach der Rechtsprechung
der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate von dem Träger der Grundsicherung isoliert und unabhängig
von den übrigen Leistungen der Grundsicherung entschieden werden. Der Anspruch kann in der Folge auch isoliert gerichtlich
geltend gemacht werden (vgl BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, jeweils RdNr 12 und BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 4 RdNr 9).
Das damit zulässigerweise auf Erstattung von Kosten für bereits angeschaffte Einrichtungsgegenstände beschränkte Begehren
verfolgt der Kläger zutreffend im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§
54 Abs
4 SGG) gegen den Bescheid vom 24.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.4.2006. Zwar ist bei Streitigkeiten um
die Erstausstattung einer Wohnung regelmäßig die sog Verpflichtungsbescheidungsklage (§
54 Abs
1 Satz 1
SGG) die statthafte Klageart. Nach der gesetzlichen Systematik hat der Hilfebedürftige nämlich einen gebundenen Rechtsanspruch
nur im Hinblick auf das "Ob" und nicht auch auf das "Wie" der Leistungserbringung, denn nach § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II steht
es im pflichtgemäßen Auswahlermessen des Grundsicherungsträgers, ob er die Leistung als Sachleistung oder als (gegebenenfalls
pauschalierte) Geldleistung erbringt (vgl BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 4 RdNr 10; BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 19). Beschafft
sich jedoch der Hilfebedürftige die im Streit stehenden Gegenstände endgültig selbst, wie es hier nach den Feststellungen
der Vorinstanzen der Fall war, besteht für die gerichtliche Klärung eines Sachleistungsanspruchs iS des § 23 Abs 3 Satz 5
SGB II (also etwa die Überlassung von Möbeln aus eigenen Beständen des Trägers der Grundsicherung oder durch Gutscheine für
bestimmte Möbelkaufhäuser) regelmäßig kein Rechtsschutzinteresse mehr. Das Begehren des Hilfebedürftigen richtet sich ausschließlich
auf eine Geldleistung, die allein im Wege der Anfechtungs- und Leistungsklage zu verfolgen ist.
2. Zu Unrecht ist das LSG davon ausgegangen, dass ein Anspruch auf Erstausstattung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II dem
Grunde nach ausscheidet (dazu unter a) und hat ungeprüft gelassen, ob die Beklagte - wie dies in ihrem Vortrag in den Vorinstanzen
zum Ausdruck kommt - in ihrer Verwaltungspraxis auf Grundlage eines entsprechenden Beschlusses des Kreistages zur Erfüllung
von Ansprüchen auf Erstausstattung für Wohnungen ausschließlich Geldleistungen zur Verfügung stellt (dazu b). Sollte die Ermessensausübung
insoweit durch entsprechendes Verwaltungsinnenrecht bereits gebunden sein, besteht ein Anspruch auf Geldleistung auch für
den Kläger. Das LSG wird in diesem Fall weiter zu prüfen haben, ob die von der Beklagten nach ihrem Vortrag regelmäßig gewährte
Pauschale die notwendigen Aufwendungen des Klägers abdeckt (dazu c).
a) Die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 24.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.4.2006 misst sich in
erster Linie an § 40 Abs 1 Satz 2 Nr
1 SGB II iVm §
330 Abs
3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (
SGB III) und § 48 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Die Beklagte hatte dem Kläger mit dem vorangegangenen Bewilligungsbescheid vom 18.7.2005 sowie den folgenden Änderungsbescheiden
(für die Zeit ab 1.10.2005) vom 30.8.2005 sowie vom 28.9.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum
vom 1.8.2005 bis zum 31.1.2006 bewilligt. Soweit beim Kläger innerhalb dieses Bewilligungsabschnitts mit Anmietung und Bezug
einer eigenen Wohnung ein Bedarf für eine Erstausstattung für diese Wohnung iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II entstanden
ist, handelt es sich um eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen im Sinne der genannten
Vorschriften zugunsten des Klägers. Entgegen der Auffassung des LSG kommt es für die Entstehung des Anspruchs auf Erstausstattung
für die Wohnung damit nicht auf eine (gesonderte) Antragstellung an (dazu im Einzelnen Urteil des Senats vom heutigen Tag
- B 14 AS 10/09 R - sowie Urteil des Senats vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R), sodass insoweit unerheblich ist, ob der Kläger sich bereits vor seiner Vorsprache bei der Beklagten Möbel beschafft hatte.
Der Senat hat bereits entschieden, dass der Anspruch nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II wie alle Leistungen des SGB II bedarfsbezogen
zu verstehen ist (BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, jeweils RdNr 19; BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 14). Entscheidend für die Auslegung des Begriffs
der Erstausstattung ist, ob ein Bedarf für die Ausstattung einer Wohnung besteht, der nicht bereits durch vorhandene Möbel
und andere Einrichtungsgegenstände gedeckt ist. Leistungen nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II sind für die Ausstattung mit
wohnraumbezogenen Gegenständen zu erbringen, die eine geordnete Haushaltsführung und ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten
orientiertes Wohnen ermöglichen (BSG aaO mwN). In diesem Sinne war die Wohnung des Klägers, die er zum 1.10.2005 bezogen hat,
nicht ausgestattet und insofern bestand ein Bedarf iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II. Aus dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen
des LSG ergibt sich, dass der Kläger - sofern überhaupt davon auszugehen ist, dass er bei seiner Mutter eine Unterkunft iS
des § 22 Abs 1 SGB II inne hatte und er nicht ausschließlich anderweitig stationär bzw teilstationär untergebracht war - bereits
in dieser vorangegangenen Wohnung über mehr als einen Bewilligungsabschnitt hinweg nicht über eigenes Mobiliar verfügte, das
dem Standard der herrschenden Lebensgewohnheiten auch unter Berücksichtigung einfachster Verhältnisse entsprach. Damit handelt
es sich um einen Bedarf iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II und nicht um einen Fall der Ersatzbeschaffung einzelner, bereits
unmittelbar vor dem Einzug in eine Wohnung vorhanden gewesener Gegenstände (vgl dazu BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 4). Ob in Fällen
nur kurzfristiger Wohnungslosigkeit bzw bei kurzfristigem Fehlen einer Ausstattung gleiches gilt, braucht vorliegend nicht
entschieden zu werden. Hier war infolge der Alkoholerkrankung ein eigener Hausstand jedenfalls für mehr als 6 Monate (wenn
nicht sogar zukunftsoffen) aufgegeben worden. Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass seine Situation dem in der Gesetzesbegründung
(§ 131 Abs 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch) genannten Fall der Haft entsprach (vgl BT-Drucks 15/1514 S 60 zu § 32).
Der Senat hat ebenfalls bereits entschieden, dass - entgegen der Auffassung des LSG - Verschuldensgesichtspunkte nicht schon
bei der Feststellung des Bedarfs eine Rolle spielen können (vgl BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 15). Wie das Verhältnis von
§§ 19 ff SGB II zu § 34 SGB II zeigt, ist ein bestehender Bedarf immer dann zu erfüllen, wenn dies Voraussetzung für ein menschenwürdiges
Dasein ist. Ob vorliegend das Verhalten des Klägers bei Auszug aus seiner letzten eigenen Wohnung (also die Aufgabe der bisherigen
Wohnungsausstattung) den späteren Bedarf auf Ausstattung iS des § 34 SGB II vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt
hat, erscheint ohnehin zweifelhaft. Die Beklagte hat nicht konkret aufgezeigt, welche Handlungsalternativen sich dem Kläger
geboten hätten. Unklar ist insbesondere geblieben, welche Kosten (auch für den Träger der Grundsicherung) durch einen Umzug
der Möbel und die anschließende Einlagerung entstanden wären und ob vor dem Hintergrund solcher Folgekosten die Aufgabe des
Mobiliars wirtschaftlich gesehen nicht geboten war. Schließlich gibt die akute Alkoholerkrankung des Klägers Anlass an einem
subjektiv vorwerfbaren Verhalten zu zweifeln. Dies braucht vorliegend jedoch nicht weiter aufgeklärt zu werden, weil Ersatzansprüche
nach § 34 SGB II nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind.
b) Der Anspruch nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II ist im Sinne eines unbedingten Rechtsanspruchs zu realisieren, wenn - wie
hier - die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Der Beklagten steht allerdings ein Auswahlermessen dergestalt zu, dass sie
die Leistungen entweder als Sachleistungen oder als Geldleistungen, letztere auch in Form von Pauschalbeträgen erbringen kann.
Dieses Auswahlermessen kann die Beklagte nach der Selbstbeschaffung der Möbel durch den Kläger nicht mehr ausüben. Der vom
Kläger geltend gemachte Anspruch auf Geldleistung scheitert mithin dann, wenn keine Gesichtspunkte vorliegen, die das Ermessen
der Beklagten im Sinne einer "Ermessensreduktion auf Null" einschränken. Gesichtspunkte des Einzelfalls, die eine Ermessensreduktion
auf Null nahe liegend erscheinen lassen, sind dabei nach dem jetzigen Stand des Verfahrens nicht erkennbar. Der Bedarf des
Klägers hätte (in dem Zeitpunkt, in dem er entstanden ist) grundsätzlich auch anderweitig als durch Geldleistungen gedeckt
werden können. Ein Fall der Ermessensreduktion auf Null liegt allerdings auch dann vor, wenn die Beklagte - worauf ihr Vortrag
in den Vorinstanzen hindeutet - auf Grundlage eines Beschlusses des Kreistages durch interne Verwaltungsrichtlinien dahin
gebunden ist, für die Erstausstattung einer Wohnung stets eine Leistung in Geld (in pauschalierter Höhe) zu erbringen. Bestehen
verwaltungsinterne Regelungen, mit denen sich die Beklagte entsprechend bindet, könnte sie nicht ohne Ermessensfehlgebrauch,
insbesondere nicht ohne Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art
3 Abs
1 Grundgesetz), zu einer Ablehnung der Leistung als Geldleistung gelangen (vgl BSGE 85, 75, 83 = SozR 3-3610 § 27 Nr 2 RdNr 25). Liegt eine solche Bindung vor, wäre auch dem Kläger gegenüber nur eine Auswahlentscheidung
richtig, nämlich die Gewährung der Erstausstattung als Geldleistung.
Ob bislang nicht geprüfte Gesichtspunkte des Einzelfalles oder eine entsprechende Bindung der Beklagten durch Verwaltungsinnenrecht
im Ergebnis hinsichtlich des "Wie" der Leistungserbringung zu einer Ermessensreduktion auf Null führen, wird das LSG nach
Zurückverweisung des Rechtsstreits zu klären haben.
c) Bindet sich der Träger der Grundsicherung bei der Auswahl der Leistungen auf die Leistungsart "Geldleistung" und erbringt
er diese in Form von Pauschalbeträgen, unterliegt auch die Festsetzung der Höhe der Pauschalen der richterlichen Kontrolle
(vgl bereits BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 20 f). Es muss dem Hilfebedürftigen möglich sein, mit dem gewährten Betrag seinen
Bedarf auf Erstausstattung in vollem Umfang zu befriedigen. Die Gewährung von Pauschalbeträgen führt nicht zu einer Verkürzung
des Leistungsanspruchs gegenüber der Gewährung durch Sachleistung oder der individuell bestimmten Geldleistung. Ggf hat das
LSG damit in einem weiteren Schritt zu überprüfen, ob die von der Beklagten in den Vorinstanzen in Bezug genommenen Pauschalbeträge
für die Erstausstattung einer Wohnung in Höhe von 700 Euro diesen Anforderungen genügen. Bei der Bemessung der Pauschalbeträge
sind geeignete Angaben über die erforderlichen Aufwendungen und nachvollziehbare Erfahrungswerte zu berücksichtigen (vgl §
23 Abs 3 Satz 6 SGB II). Die Beklagte wird insofern "nachvollziehbare Erfahrungswerte" über die Kosten von Einrichtungsgegenständen
(allerdings in einem unteren Segment des Einrichtungsniveaus) zur Stützung ihrer Pauschalbeträge vorzulegen haben, die vom
LSG dahin zu überprüfen sind, ob sie hinreichend empirisch abgesichert sind. Ist dies der Fall, steht dem Kläger lediglich
eine Geldleistung in pauschalierter Form zu.
3. Besteht im Ergebnis ein Leistungsanspruch auf Geld unmittelbar aus § 23 Abs 3 SGB II nicht, wird das LSG im Hinblick auf
die vom Kläger selbst beschafften Leistungen (hilfsweise) einen Kostenerstattungsanspruch zu prüfen haben. Wie der Senat bereits
entschieden hat, ist die Erstattung von Kosten bei Selbstbeschaffung unaufschiebbarer Sozialleistungen (also in Eil- und Notfällen)
sowie im Falle rechtswidriger Leistungsablehnung Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens im Sozialrecht (vgl bereits BSGE
84, 50, 56 f = SozR 3-3300 § 12 Nr 1 S 8 = juris RdNr 36; Grube, Sozialrecht aktuell 2010, 11, 12). Liegen seine Voraussetzungen
vor, wandelt sich auch im Anwendungsbereich des SGB II ein Sachleistungsanspruch in einen Kostenerstattungsanspruch gerichtet
auf Geld um (vgl BSG Urteil vom 17.6.2010 - B 14 AS 58/09 R).
Auch wenn die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts der §§ 19 ff SGB II im Einzelnen - wie oben dargelegt - nicht
"antragsabhängig" sind, sondern die im Einzelfall erforderlichen Leistungen von dem (ersten) Antrag auf laufende Leistungen
erfasst sind, setzt ein Kostenerstattungsanspruch in den Fällen des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II im Grundsatz aber voraus,
dass der Träger der Grundsicherung vor Inanspruchnahme einer vom Hilfebedürftigen selbst beschafften Leistung bei Entstehen
des konkreten Bedarfs mit dem Leistungsbegehren in der Sache befasst wurde. Nur dann ist es dem Träger möglich, sein Auswahlermessen
pflichtgemäß auszuüben. Eine Kostenerstattung kommt damit grundsätzlich erst bei Selbstbeschaffung einer Leistung nach einer
rechtswidrigen Leistungsablehnung in Betracht.
Die Ablehnung der Leistung "Erstausstattung" durch die Beklagte hat der Kläger nach den Feststellungen des LSG nicht abgewartet.
Ein Anspruch auf Kostenerstattung kommt nach den in Bezug genommen allgemeinen Grundsätzen des Kostenerstattungsrechts deshalb
nur in Betracht, wenn im Zeitpunkt der Selbstbeschaffung der Leistung ein unaufschiebbarer Eil- bzw Notfall vorgelegen hat.
Das LSG wird den entsprechenden Vortrag des Klägers, ihm sei wegen der zu erwartenden Lieferzeiten für die Möbel ein Zuwarten
auf die Entscheidung des Trägers nicht möglich gewesen, zu überprüfen haben. Nach dem derzeitigen Sachstand liegen Anhaltspunkte
für einen solchen Eilfall allerdings nicht nahe. Der Einzug in die Wohnung war erst für den 1.10.2005 vorgesehen, sodass von
daher die Notwendigkeit, Möbel bereits wenige Tage nach einer entsprechenden Befassung durch die Beklagte zu bestellen, bislang
nicht erkennbar geworden ist.
Das LSG wird abschließend auch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden haben.