SGB II - Leistungen
Einkommensanrechnung
Verfahrensrüge
Gehörsverletzung
Berücksichtigung von Vorbringen
Gründe:
I
Der Beklagte bewilligte der 1966 geborenen Klägerin, die als Künstlerin und Publizistin selbstständig tätig ist, vorläufig
SGB II-Leistungen. In dem Zeitraum vom 24.11.2011 bis zum Neujahrsmorgen 2012 war sie neben ihrer selbstständigen Tätigkeit als
Küchenhilfe auf dem Weihnachtsmarkt beschäftigt. Aus dieser Tätigkeit flossen ihr am 1.12.2011 Einnahmen in Höhe von 272 Euro
und am 3.1.2012 solche in Höhe von 1362,21 Euro zu. Erst im März 2012 erfuhr der Beklagte durch einen Datenabgleich von der
Beschäftigung.
Der Beklagte setzte die SGB II-Leistungen für den Zeitraum vom 1.9.2011 bis 31.12.2011 endgültig fest und forderte von der Klägerin für Dezember 2011 einen
Betrag in Höhe von 137,60 Euro zurück (Bescheid vom 7.6.2012). Mit dem weiteren Bescheid vom gleichen Tag forderte er - für
den Monat Januar 2012 - einen Betrag in Höhe von 844,48 Euro zurück. Die Widersprüche der Klägerin, mit denen sie sich gegen
die Anrechnung der Einkünfte aus der Nebentätigkeit in den Monaten Dezember 2011 und Januar 2012 wandte, wies der Beklagte
zurück (Widerspruchsbescheid vom 1.8.2012). Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Urteil des SG vom 2.9.2014; Urteil des LSG vom 16.9.2016).
Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin geltend, die Revision sei wegen einer Verletzung
ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör zuzulassen.
II
Die Beschwerde ist nicht zulässig, weil ein dem Vorbringen der Klägerin als Zulassungsgrund allein zu entnehmender Verfahrensmangel
(§
160 Abs
2 Nr
3 SGG) nicht in der erforderlichen Weise bezeichnet worden ist (§
160a Abs
2 S 3
SGG). Die Beschwerde ist daher gemäß §
160a Abs
4 S 1 Halbs 2
SGG iVm §
169 SGG zu verwerfen.
Zur behaupteten Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör trägt die Klägerin vor, besondere Umstände rechtfertigten
die Annahme, dass ihr Vorbringen entweder gar nicht zur Kenntnis genommen oder aber zumindest nicht in die Erwägungen einbezogen
worden sei. Dies betreffe ihren Berufungsvortrag, sie habe den Beklagten bereits im November 2011 darüber informiert, dass
sie zur Begleichung der Gerichts- und Anwaltskosten in einem Urheberrechtsstreit gegen V. einen zinslosen Kredit aufgenommen
habe. Dieser Prozess sei auch Gegenstand der seinerzeit vereinbarten Eingliederungsvereinbarung vom 28.9.2009. Da sie dem
Beklagten die zweckbestimmte Aufnahme des Kredites sowie die Tilgungsabsicht mitgeteilt habe, habe sie davon ausgehen dürfen,
dass sie Einnahmen hierfür verwenden dürfe. Das LSG habe in diesem Zusammenhang allein reflektiert, dass der Beklagte von
der Beschäftigung der Klägerin auf dem Weihnachtsmarkt erst nach deren Ende erfahren habe. Es sei jedenfalls nicht ausgeschlossen,
dass das LSG unter Beachtung ihres Vorbringens von seinem Rechtsstandpunkt aus eine Verletzung der Beratungspflichten des
Beklagten gesehen und eine andere - für sie günstigere - Entscheidung getroffen hätte.
Mit diesem Vortrag ist eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht ausreichend dargetan. Das Gericht hat die
Ausführungen von Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Es verletzt
das rechtlichen Gehör, wenn sich klar ergibt, dass das Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis
genommen oder bei der Entscheidung gar nicht erwogen wird (BSG Beschluss vom 27.12.2011 - B 13 R 253/11 B - juris RdNr 15; BSG Beschluss vom 16.1.2007 - B 1 KR 133/06 B - juris RdNr 4 mwN). Das Gebot der Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör verpflichtet die Gerichte jedoch nicht, der
Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen und jedes Vorbringen inhaltlich zu bescheiden (vgl BVerfG Beschluss vom 4.9.2008
- 2 BvR 2162/07, 2 BvR 2271/07 - BVerfGK 14, 238; BSG Beschluss vom 14.12.2011 - B 6 KA 7/11 C - juris RdNr 7).
Nach diesen Maßstäben hat die Klägerin keine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör vorgetragen. Bereits anhand
der Feststellungen im Sachverhalt und dem Inhalt der Begründung des angefochtenen Urteils, welche die Klägerin wiedergegeben
hat, ist erkennbar, dass das Berufungsgericht ihren Vortrag zu Beratungspflichten des Beklagten im Zusammenhang mit der Verwendung
von Einkünften und zur Bedeutung der Inhalte der Eingliederungsvereinbarung vom 28.9.2009 zur Kenntnis genommen hat. Anders
als die Klägerin ist das LSG aber der Ansicht, dass sie vor einer Verwendung der Einkünfte zur Tilgung der Schulden aus selbstständiger
Tätigkeit hierzu Auskünfte von dem Beklagten hätte einholen müssen. Das LSG hat in der Begründung seiner Entscheidung festgestellt,
dass eine besondere Beratungspflicht nicht zu erkennen sei, solange der Beklagte nicht vorab über die Erzielung von Nebeneinkünften
informiert werde. Im Kern ihres diesbezüglichen Vortrags geht es der Klägerin daher um die Prüfung der inhaltlichen Richtigkeit
der Entscheidung im Einzelfall, die jedoch nicht Gegenstand des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen einer Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Der Klägerin steht PKH nicht zu, weil ihre Rechtsverfolgung aus den genannten Gründen keine Aussicht auf Erfolg bietet (§
73a SGG). Aus diesem Grund entfällt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von §
193 Abs
1 SGG.