Kein Anspruch auf Prozesskostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren
Anforderungen an die Überprüfung der Erfolgsaussichten einer Nichtzulassungsbeschwerde – hier verneint für die grundsätzliche
Bedeutung von Rechtsfragen zur Gewährung eines Zuschusses zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung
Gründe
I
Streitig ist die Gewährung eines Zuschusses zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung.
Der 1950 geborene Kläger bezieht seit März 2015 eine Altersrente für langjährig Versicherte von der Beklagten. Mit Bescheid
vom 25.9.2015 lehnte sie den Antrag des Klägers auf Gewährung eines Beitragszuschusses ab. Aufgrund des Aufenthalts in einer
Justizvollzugsanstalt sei der Kläger weder freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung noch bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen
versichert. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 9.12.2015).
Mit Gerichtsbescheid vom 14.9.2017 hat das SG die Klage auf Gewährung und Auszahlung eines Zuschusses in Höhe von 7,3 Prozent der Bruttorente ab Rentenbeginn sowie Verzinsung
der nachzuzahlenden Beträge mit 6 Prozent abgewiesen. Das LSG hat diverse Auskünfte eingeholt. So hat die JVA B mitgeteilt,
dass der Kläger am 13.9.2017 aus der JVA entlassen worden sei. Die Barmer GEK hat das LSG über eine Pflichtmitgliedschaft
des Klägers im Zeitraum vom 14.9.2017 bis zum 31.3.2019 informiert. Das Bezirksamt S hat mitgeteilt, dass dem Kläger ab dem
1.2.2021 Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gewährt werde und einen Erstattungsanspruch im Hinblick auf den
gewährten Zuschuss für die freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung angemeldet. Mit Rentenbescheid vom 23.4.2021 berechnete
die Beklagte die Altersrente ab 1.3.2015 neu und gewährte dem Kläger für die Zeit vom 1.3.2015 bis zum 13.9.2017 sowie vom
28.6.2019 bis zum 28.2.2021 und ab dem 1.3.2021 einen Beitragszuschuss. Für den Zeitraum vom 14.9.2017 bis zum 27.6.2019 nahm
sie unter Berücksichtigung einer Versicherungspflicht und eines Beitrags zur gesetzlichen Krankenversicherung zunächst bei
der Barmer GEK bzw ab dem 1.4.2019 bei der AOK Nordwest jeweils einen Abzug in Höhe des hälftigen Beitrags und des Zusatzbeitrags
(bzw ab dem 1.1.2019 des hälftigen Zusatzbeitrags) vor. Mit weiterem Bescheid vom 23.4.2021 bewilligte sie ausdrücklich einen
Beitragszuschuss ab dem 1.3.2015. Mit einem Schreiben vom 13.8.2021 teilte sie dem Kläger mit, dass die Nachzahlung in Höhe
von 2448,43 Euro abzüglich eines vom Bezirksamt S, Amt für Soziales, geltend gemachten Erstattungsanspruchs in Höhe von 210,98
Euro und zuzüglich Zinsen in Höhe von 299,23 Euro erfolge. Unter demselben Datum veranlasste sie die Auszahlung.
Mit Urteil vom 7.4.2022 hat das LSG die Berufung zurückgewiesen. In Bezug auf die Zeiten vom 1.3.2015 bis zum 13.9.2017 und
ab dem 28.6.2019 sei die Klage unzulässig geworden. Die Beklagte habe mit Bescheid vom 23.4.2021 dem Begehren des Klägers
entsprochen. Auch in Bezug auf die geltend gemachte Auszahlung der Nachzahlung sei die Klage infolge der Auszahlung des weit
überwiegenden Teils unzulässig geworden. Im Übrigen sei sie, soweit die Beklagte den Erstattungsanspruch des Bezirksamts S
erfüllt habe, unbegründet. Für den Zeitraum vom 14.9.2017 bis zum 27.6.2019 stehe dem Kläger kein Anspruch auf Gewährung eines
Beitragszuschusses zu, weil er in diesem Zeitraum pflichtversichert gewesen sei. Soweit der Kläger Zinsen von der Beklagten
verlange, habe die Berufung ebenfalls keinen Erfolg.
Der Kläger hat mit einem am 25.5.2022 beim BSG eingegangenen Schreiben die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision
im Urteil des LSG beantragt. Im Schreiben vom 14.9.2022 hat er ergänzende Ausführungen gemacht.
II
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH ist abzulehnen. Nach §
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
114 Abs
1 Satz 1
ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten für ein Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht
auf Erfolg bietet. Die von dem Kläger angestrebte Nichtzulassungsbeschwerde hat keine solchen Erfolgssausichten. Die Revision
darf gemäß §
160 Abs
2 SGG nur zugelassen werden, wenn einer der dort abschließend genannten Revisionszulassungsgründe vorliegt. Nach Prüfung des Streitstoffs
anhand der beigezogenen Verwaltungsund Gerichtsakten ist auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens nicht ersichtlich,
dass ein vor dem BSG zugelassener Bevollmächtigter (§
73 Abs
4 SGG) das Vorliegen eines Zulassungsgrunds erfolgreich geltend machen könnte.
Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung iS von §
160 Abs
2 Nr
1 SGG sind nicht zu erkennen. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine
Rechtsfrage aufwirft, die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat. Die Frage muss außerdem klärungsbedürftig
sein. Das ist grundsätzlich nicht der Fall, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz
ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist (vgl BSG Beschluss vom 17.6.2019 - B 5 R 61/19 B - juris RdNr 9). Die Voraussetzungen, unter denen ein Zuschuss zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung zu gewähren ist, ergeben sich
unmittelbar aus §
106 SGB VI und sind bereits mehrfach Gegenstand revisionsgerichtlicher Entscheidungen des BSG gewesen (vgl zB Urteile vom 27.5.2014 - B 5 RE 6/14 R - SozR 4-2600 § 106 Nr 4 und B 5 RE 8/14 R - juris; Urteil vom 16.5.2001 - B 8 KN 2/00 R - BSGE 88, 138 = SozR 3-2600 § 93 Nr 10). Dass sich hier eine in diesem Zusammenhang noch nicht geklärte Grundsatzfrage stellt, ist nicht erkennbar.
Zudem ist nicht ersichtlich, dass das LSG einen abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem solchen des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellt hat (Zulassungsgrund der Divergenz, §
160 Abs
2 Nr
2 SGG).
Ebenso fehlt es an Anhaltspunkten dafür, dass ein Verfahrensmangel vorliegen könnte, der gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 SGG zur Zulassung der Revision führen kann. Nach Halbsatz 2 dieser Bestimmung kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht
auf eine Verletzung der §
109 SGG und §
128 Abs
1 Satz 1
SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des §
103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende
Begründung nicht gefolgt ist. Dass ein solcher entscheidungserheblicher Verfahrensmangel aufgezeigt werden und vorliegen könnte,
ist nicht ersichtlich.
Soweit der Kläger eine vermeintliche Fehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung rügt, weil er kein pflichtversichertes
Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung gewesen sei, kann darauf eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden
(stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 25.3.2021 - B 5 R 288/20 B - juris RdNr 14 mwN).
Der Vortrag, ein nicht bearbeiteter Rentenantrag vom 2.1.2006 sei im Rahmen des Urteils nicht berücksichtigt worden, wodurch
ihm 23 Monate Altersrente entgangen seien, betrifft Fragen in Bezug auf die Rentenhöhe oder den Rentenbeginn, die hier nicht
Streitgegenstand sind. Das LSG hatte allein über die Frage zu entscheiden, ob der Kläger einen Zuschuss zu den Aufwendungen
für die Krankenversicherung beanspruchen kann. Bei dem begehrten Zuschuss handelt es sich um eine eigenständige Leistung der
Gesetzlichen Rentenversicherung (vgl §
23 Abs
1 Nr
1 Buchst e
SGB I), der einen selbstständigen Streitgegenstand bildet (vgl BSG Urteil vom 10.4.2003 - B 4 RA 41/02 R - SozR 4-2600 § 260 Nr 1 RdNr 5).
Mit der Ablehnung von PKH entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§
73a Abs
1 SGG iVm §
121 Abs
1 ZPO).