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BSG, Urteil vom 07.09.2017 - 10 ÜG 1/16
Opferentschädigungsverfahren Entschädigung wegen überlanger Dauer eines Gerichtsverfahrens Angemessenheit der Verfahrensdauer Mehrschrittige Prüfung
1. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens sowie nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.
2. Der unbestimmte Rechtsbegriff "unangemessene Dauer eines Gerichtsverfahrens" ist insbesondere unter Rückgriff auf diejenigen Grundsätze auszulegen, die der EGMR zu Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK und das BVerfG zum Recht auf effektiven Rechtsschutz sowie zum Justizgewährleistungsanspruch entwickelt haben.
3. Ausgangspunkt und erster Schritt der Angemessenheitsprüfung bildet die Feststellung der in § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG definierten Gesamtdauer des Gerichtsverfahrens von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss; kleinste im Geltungsbereich des ÜGG relevante Zeiteinheit ist hierbei der Kalendermonat.
4. In einem zweiten Schritt ist der Ablauf des Verfahrens an den von § 198 Abs. 1 S. 2 GVG genannten Kriterien zu messen; bei der Feststellung der Tatsachen, die zur Ausfüllung der von § 198 Abs. 1 S. 2 GVG genannten unbestimmten Rechtsbegriffe erforderlich sind, kommt dem Entschädigungsgericht ein erheblicher tatrichterlicher Beurteilungsspielraum zu.
5. Auf dieser Grundlage ergibt die wertende Gesamtbetrachtung und Abwägung aller Einzelfallumstände in einem dritten Schritt, ob die Verfahrensdauer die äußerste Grenze des Angemessenen deutlich überschritten und deshalb das Recht auf Rechtsschutz in angemessener Zeit verletzt hat; dabei billigt der Senat den Ausgangsgerichten eine Vorbereitungs- und Bedenkzeit von bis zu zwölf Monaten je Instanz zu, die für sich genommen noch nicht zu einer unangemessenen Verfahrensdauer führt.
Normenkette:
GVG §§ 198 ff.
,
EMRK Art. 6 Abs. 1 S. 1
,
GG Art. 19 Abs. 4
,
GG Art. 2 Abs. 1
,
GG Art. 20 Abs. 3
,
GVG § 198 Abs. 6 Nr. 1
,
GVG § 198 Abs. 1 S. 2
Vorinstanzen: LSG Mecklenburg-Vorpommern 16.12.2015 L 12 SF 1/15 EK VE WA
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 16. Dezember 2015 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Der Streitwert des Revisionsverfahrens wird auf 16 400 Euro festgesetzt.

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