Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Rücknahme eines Rentenbescheides sowie die Erstattung der gezahlten Rente, insbesondere
über die Frage, ob die Beklagte eine zunächst unterbliebene Anhörung der Klägerin wirksam nachgeholt hat.
Mit Bescheid vom 23.6.2000 bewilligte die Beklagte der Klägerin nach der Verpachtung landwirtschaftlicher Flächen in Oberbayern
ab 1.7.2000 vorzeitige Altersrente an Landwirte gemäß § 12 Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG). Am 8.3.2007 erklärte der Ehemann der Klägerin gegenüber der Beklagten, die Klägerin sei noch Eigentümerin von circa 5 ha
landwirtschaftlicher Nutzflächen in Niederbayern. Diese seien teilweise verpachtet und teilweise selbst genutzt worden.
Mit Schreiben vom 9.8.2007 hörte die Beklagte die Klägerin zur beabsichtigten Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 23.6.2000
an. Sie habe einen eigenen Betrieb in Niederbayern geführt, den sie nicht nach den Vorschriften des § 21 ALG abgegeben habe. Bis zur Abgabe dieses Betriebs bestehe kein Anspruch auf Rente.
Mit Bescheid vom 12.9.2007 hob die Beklagte den Bescheid vom 23.6.2000 gestützt auf § 45 Abs 1 und 2 SGB X für die Zeit ab dem 1.7.2000 auf. Die zu Unrecht erbrachte Leistung in Höhe von (noch nicht verrechneten) 14 191,77 Euro
sei gemäß § 50 SGB X zu erstatten. Die Klägerin habe bei der Beantragung der Rente die Frage verneint, ob neben den durch den Ehegatten nachgewiesenen
Flächen noch weitere Grundstücke im Eigentum oder Miteigentum beider Ehegatten stünden. Den Widerspruch wies die Beklagte
durch Widerspruchsbescheid vom 24.1.2008 zurück. Klage und Berufung der Klägerin sind ohne Erfolg geblieben (Urteil des SG vom 18.11.2008; Urteil des LSG vom 28.9.2011 - L 1 LW 3/09 -).
Auf die Revision der Klägerin hat der Senat das Urteil des LSG vom 28.9.2011 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung
und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen. Es sei unklar, ob eine ordnungsgemäße Anhörung iS des § 24 Abs 1 SGB X vorliege oder eine Heilung eingetreten sei. Darüber hinaus fehlten ausreichende Feststellungen, welche die Beurteilung zuließen,
dass der Bescheid der Beklagten vom 23.6.2000 auf in wesentlicher Beziehung unrichtigen oder unvollständigen Angaben der Klägerin
selbst beruhe und dass die Beklagte das ihr eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt habe.
Im Laufe des vom LSG fortgesetzten Verfahrens - L 1 LW 7/13 ZVW - hat die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 10.5.2013 zu der fehlenden Abgabe des landschaftlichen Unternehmens,
dem Fehlen von schutzwürdigen Vertrauen und der von der Beklagten zu treffenden Ermessensentscheidung mit einer Frist zur
Stellungnahme von sechs Wochen angehört. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat hierzu mit Schreiben vom 15.5.2013 Stellung
genommen. Daraufhin hat die Beklagte mit Schreiben an die Klägerin vom 18.5.2015 erklärt, sie halte nach erneuter Prüfung
unter Berücksichtigung der vorsorglich nachgeholten Anhörung am bisher erlassenen Verwaltungsakt vom 12.9.2007 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheids vom 24.1.2008 fest. Anschließend hat das LSG die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte habe die
Anhörung der Klägerin ordnungsgemäß und mit heilender Wirkung nachgeholt. Die Nachholung der Anhörung sei auch noch im wiedereröffneten
Berufungsverfahren möglich gewesen (Urteil vom 22.7.2015).
Mit ihrer erneuten Revision rügt die Klägerin eine Verletzung materiellen Rechts. Der angefochtene Rücknahme- und Erstattungsbescheid
sei formell rechtswidrig, weil die Beklagte die unterlassene Anhörung im wiedereröffneten Berufungsverfahren nicht mehr habe
wirksam nachholen können.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 22. Juli 2015 und das Urteil des Sozialgerichts München vom 18. November
2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. September 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 2008 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.
II
Die Revision der Klägerin war zurückzuweisen. Sie ist zulässig, aber unbegründet (§
170 Abs
1 S 1
SGG).
1. Streitgegenstand bildet der Rentenrücknahme- und Erstattungsbescheid vom 12.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 24.1.2008. Die Klägerin wendet sich dagegen zulässigerweise mit einer reinen Anfechtungsklage (§
54 Abs
1 S 1 Alt 1
SGG; vgl BSG Urteil vom 20.12.2012 - B 10 LW 2/11 R - SozR 4-5868 § 12 Nr 1; BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 12 R 14/11 R - SozR 4-1300 § 45 Nr 15; BSG Urteil vom 2.11.2015 - B 13 R 27/14 R - SozR 4-1300 § 48 Nr 32).
2. Die Revision der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das LSG hat die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist unbegründet, denn die streitgegenständlichen Bescheide sind formell (dazu unter a.)
und materiell rechtmäßig (dazu unter b.).
a. Wie das LSG zutreffend angenommen hat, ist der Bescheid vom 12.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.1.2008
formell rechtmäßig.
Zwar hatte die Beklagte die Klägerin nicht - wie es nach § 24 Abs 1 SGB X geboten gewesen wäre - vor Erlass des Bescheides vom 12.9.2007 im erforderlichen Umfang angehört und die Anhörung auch weder
im Widerspruchsverfahren noch im Widerspruchsbescheid nachgeholt. Dies hat der erkennende Senat mit bindender Wirkung (§
170 Abs
5 SGG) für die Beteiligten und das Gericht bereits entschieden (BSG Urteil vom 20.12.2012 - B 10 LW 2/11 R - SozR 4-5868 § 12 Nr 1; zur Selbstbindung des Revisionsgerichts vgl BSG Urteil vom 25.10.1990 - 12 RK 19/90 - SozR 3-1500
SGG §
170 Nr 1).
Die Beklagte hat die erforderliche Anhörung aber nunmehr im wiedereröffneten Berufungsverfahren wirksam nachgeholt. Wie sich
aus den tatsächlichen, mit durchgreifenden Revisionsrügen nicht angegriffenen Feststellungen des LSG (§
163 SGG) ergibt, hat die Beklagte im Laufe des wiedereröffneten Berufungsverfahrens das erforderliche Anhörungsverfahren mit Schreiben
vom 10.5.2013 in Gang gesetzt und mit Schreiben vom 18.5.2015 abgeschlossen. Die rechtliche Beurteilung des LSG, damit habe
die Beklagte in jeder Hinsicht den formellen und inhaltlichen Anforderungen genügt, die an eine im Gerichtsverfahren nachgeholte
Anhörung zu stellen sind, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (zu diesen Anforderungen vgl BSG Urteil vom 23.1.2008 - B 10 LW 1/07 R - SozR 3-5868 § 3 Nr 3; BSG Urteil vom 9.11.2010 - B 4 AS 37/09 R - SozR 4-1300 § 41 Nr 2 RdNr 14 f). Diese Beurteilung wird insoweit auch von den Beteiligten nicht infrage gestellt.
Entgegen der Ansicht der Klägerin war die Nachholung der Anhörung im wiedereröffneten Berufungsverfahren auch in zeitlicher
Hinsicht wirksam. Denn § 41 Abs 2 SGB X ist auch anwendbar, wenn das LSG die letzte Tatsacheninstanz zwar zunächst mit einer Endentscheidung abschließt, sich dieser
Abschluss der Tatsacheninstanz aber nicht als dauerhaft erweist, sondern das Revisionsgericht die Sache (zumindest noch aus
einem anderen Grund als dem der unterbliebenen Anhörung) an das LSG zurückverweist.
Dieses Ergebnis folgt aus Wortlaut (dazu unter aa.), Systematik (dazu unter bb.) und Sinn und Zweck der Vorschrift, wie er
sich aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ergibt (dazu unter cc.). Verfassungsrechtliche Erwägungen stehen dieser
Auslegung nicht entgegen (dazu unter dd.). Der Einleitung eines Verfahrens zur Vorlage an den Großen Senat bedarf es trotz
der anderslautenden Rechtsansicht des 14. Senats des BSG nicht (dazu unter ee.).
aa. Der Wortlaut von § 41 Abs 2 SGB X ermöglicht es, eine Handlung nach § 41 Abs 1 Nr 2 bis 6 SGB X, also auch die erforderliche Anhörung eines Beteiligten (§ 41 Abs 1 Nr 3 SGB X), bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachzuholen. Die letzte Tatsacheninstanz
eines sozialgerichtlichen Verfahrens ist üblicherweise das Berufungsverfahren beim LSG, im Fall einer Sprungrevision ausnahmsweise
das Klageverfahren beim SG. Sie endet regelmäßig mit dem die Instanz abschließenden Urteil des Berufungsgerichts. Indes steht jede gerichtliche Entscheidung,
wenn und soweit ein Rechtsmittel gegeben ist, unter der Bedingung einer Bestätigung durch die höhere Instanz. Wird die gerichtliche
Entscheidung von der höheren Instanz aufgehoben, so steht fest, dass die frühere Instanz rechtlich gesehen von Anfang an noch
nicht abgeschlossen war. Eine Aufhebung des instanzbeendenden Berufungsurteils und eine Zurückverweisung der Sache durch das
Revisionsgericht (§
170 Abs
2 S 2
SGG) eröffnet daher die Berufungsinstanz nicht ganz neu, sondern ordnet die Fortsetzung des Verfahrens vor dem Berufungsgericht
an (vgl schon RG Beschluss vom 27.9.1938 - VII B 10/38 - RGZ 158, 195, 196; BGH NJW 1967, 203; auch Leitherer in MeyerLadewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl 2014, §
170 SGG RdNr 9). Das frühere Verfahren vor dem Berufungsgericht bildet mit dem neuen Verfahren eine Einheit. Soweit das LSG keine
Verfahrensfehler begangen hat, bleibt der bisherige Prozessstoff angefallen. In diesem verfahrensrechtlichen Kontext lässt
sich dem Wortlaut von § 41 Abs 2 SGB X nichts dafür entnehmen, die Heilung eines Anhörungsmangels in der wiedereröffneten, dh fortgesetzten letzten Tatsacheninstanz
auszuschließen.
bb. Systematische Erwägungen stehen einer Nachholung der Anhörung noch in der wiedereröffneten letzten Tatsacheninstanz nicht
entgegen. Insbesondere ergeben sich aus §
114 Abs
2 S 2
SGG keine Hinderungsgründe. §
114 Abs
2 S 2
SGG ermöglicht es dem Gericht, auf Antrag die Verhandlung zur Heilung von Verfahrens- und Formfehlern auszusetzen, soweit dies
im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist (vgl BSG Urteil vom 12.6.2001 - B 4 RA 37/00 R - SozR 3-2600 § 243 Nr 9 S 37 f; zuletzt BSG Urteil vom 26.7.2016 - B 4 AS 47/15 R - SozR 4-1500 §
114 Nr
2, vorgesehen für BSGE). §
114 Abs
2 S 2
SGG schließt eine Aussetzung in einem an das Berufungsgericht zurückverwiesenen Verfahren nicht aus. Die Norm ist weder nach
ihrem Wortlaut noch nach Sinn und Zweck auf das erstmals eröffnete Klage- oder Berufungsverfahren beschränkt; lediglich im
Revisionsverfahren ist sie unanwendbar (vgl BSG Urteil vom 24.7.2001 - B 4 RA 2/01 R - SozR 3-1300 § 41 Nr 9). Zudem setzt die Heilung eines Anhörungsmangels im Tatgerichtsverfahren keine Aussetzung des Verfahrens
voraus, sondern kann - im Rahmen eines "mehr oder minder förmlichen Verwaltungsverfahrens" (vgl BSG Urteil vom 6.4.2006 - B 7a AL 64/05 R RdNr 15) - während des laufenden gerichtlichen Verfahrens erfolgen. Nichts anderes
ergibt sich aus der Aufhebung der Parallelvorschrift des §
94 S 2
VwGO (durch Gesetz vom 20.12.2001, BGBl I 3987) zum 1.1.2002, denn der gleichlautende §
114 Abs
2 S 2
SGG ist weiterhin in Kraft geblieben. Nicht zuletzt ist in der Rechtsprechung des BSG aber auch anerkannt, dass eine Zurückverweisung auch der Aussetzung zum Zwecke der Nachholung von Verfahrens- und Prozesshandlungen
dienen kann, wie der Durchführung eines fehlenden Vorverfahrens (BSG Beschluss vom 1.7.2014 - B 1 KR 99/13 B mwN).
cc. Der Sinn und Zweck der Regelung, wie er sich insbesondere aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ergibt, spricht
ebenfalls für die vom Senat befürwortete wortlautgetreue Auslegung des Begriffs der "letzten Tatsacheninstanz" in § 41 Abs 2 SGB X.
§ 41 SGB X ist Ausdruck der dienenden Funktion des Verfahrensrechts und der Verfahrenseffizienz. Die Vorschrift dient der Verwaltungsökonomie
und der Rechtssicherheit. Deshalb eröffnet sie die Möglichkeit, bestimmte Form- und Verfahrensfehler nachträglich mit heilender
Wirkung zu bereinigen und öffnet so den Weg für eine materielle Überprüfung des Verwaltungsakts im Klageverfahren. Die Norm
befreit die Behörde zu Lasten des von dem - formell - rechtswidrigen Verwaltungsakt Betroffenen unter bestimmten Voraussetzungen
von der Pflicht, wegen ihr unterlaufender Verfahrensfehler ein neues fehlerfreies Verwaltungsverfahren durchzuführen und einen
neuen Verwaltungsakt zu erlassen (vgl BSG Beschluss vom 6.10.1994 - GS 1/91 - SozR 3-1300 § 41 Nr 7 S 12; von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 41 RdNr 2). Wie die Gesetzesgeschichte zeigt, hat sich der Gesetzgeber bei der Lösung des Zielkonflikts zwischen Verwaltungseffizienz
und Rechtsschutzauftrag in den §§ 41, 42 SGB X dafür entschieden, die Anhörung nicht als absolutes Verfahrensrecht auszugestalten, sondern als relatives Versäumnis, das
noch im gerichtlichen Verfahren nachgeholt und geheilt werden kann (vgl zur entsprechenden Regelung für das Verwaltungsverfahrensrecht
Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl 2014, § 28 RdNr 66; Bonk, NVwZ 1997, 320, 324; Sodan, DVBl 1999, 729, 736 f). Die Möglichkeit, bestimmte Verfahrensfehler - zB eine fehlende Anhörung - durch Nachholung zu heilen, war bis 31.12.2000
auf die Dauer des Verwaltungsverfahrens, also bis zum Ende des Widerspruchsverfahrens mit dem Erlass eines Widerspruchsbescheides,
begrenzt. Das 4. Euro-Einführungsgesetz vom 21.12.2000 (BGBl I 1983) hat mit Wirkung ab 1.1.2001 die zeitliche Grenze für
die Nachholung von Verfahrenshandlungen auf den Zeitraum bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozial- oder verwaltungsgerichtlichen
Verfahrens hinausgeschoben. Eine Einschränkung auf den erstmaligen Abschluss der letzten Tatsacheninstanz erfolgte hingegen
nicht.
Aus dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers, die Regelung in § 41 Abs 2 SGB X der in § 45 Abs 2 VwVfG enthaltenen Regelung anzupassen (BR-Drucks 531/00 S 147; BT-Drucks 14/4375 S 58), kann eine maßgebliche Anlehnung an das
allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht und die dort verfolgten Regelungsabsichten gefolgert werden. Dieser Anpassungsprozess
spricht maßgeblich für eine Nachholungsmöglichkeit im wiedereröffneten Berufungsverfahren. Im allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht
war die Heilung von Verfahrensfehlern wie die der unterlassenen Anhörung eines Beteiligten nach der Erstfassung des § 45 VwVfG zunächst ebenfalls auf den vorprozessualen Bereich beschränkt (vgl § 45 Abs 2 VwVfG idF vom 25.5.1976, BGBl I 1253). Das Gesetz zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren vom 12.9.1996 (GenBeschlG, BGBl
I 1354) hat § 45 Abs 2 VwVfG mit Wirkung vom 19.9.1996 dann dahingehend geändert, dass ua die erforderliche Anhörung eines Beteiligten bis zum Abschluss
eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden konnte (Art 1 Nr 3 GenBeschlG). Dieses Ergebnis wurde durch das
Dritte Gesetz zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften (3. VwVfRÄndG) vom 21.8.2002 (BGBl I 3322) mit Wirkung
vom 1.2.2003 korrigiert (Art 1 Nr 15 3. VwVfRÄndG). Wie § 41 Abs 2 SGB X eröffnet die Vorschrift die Nachholungsmöglichkeit nunmehr (nur noch) bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines
verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Dies sollte systemkonform die zu weit geratene Fassung des § 45 Abs 2 VwVfG beschränken, die bis dahin entgegen §
137 Abs
2 VwGO die Berücksichtigung nachgeholter Verfahrenshandlungen - und damit tatsächlicher Entwicklungen - noch im Revisionsverfahren
ermöglichte (s BR-Drucks 343/02 S 77, BT-Drucks 14/9000 S 34). Im Blick hatte der Gesetzgeber dabei insbesondere zeitintensive
Zweitverfahren, die entstünden, wenn ein Verwaltungsakt lediglich wegen Verfahrens- oder Formfehlern aufgehoben werden und
das Verfahren erneut beginnen müsste, obwohl in der Sache keine andere Entscheidung ergehen könnte (s BT-Plenarprot 13/116
S 10347 [A]; vgl auch Bonk, NVwZ 1997, 320, 324; Sodan, DVBl 1999, 729, 734). Den berechtigten Belangen des Klägers sollte dadurch Rechnung getragen werden, dass das Gericht die erst im verwaltungsgerichtlichen
Verfahren erfolgte Heilung bei der Kostenentscheidung berücksichtigt. Über die Kostenentscheidung sei nach wie vor der Druck
auf die Behörden, verfahrensfehlerfrei zu arbeiten, gegeben (vgl BT-Drucks 13/5085 S 5). Wegen dieser Entstehungsgeschichte
versteht die verwaltungsrechtliche Literatur § 45 Abs 2 VwVfG in seiner aktuellen Fassung überwiegend dahingehend, eine Nachholung der Anhörung sei (nur) im Revisionsverfahren ausgeschlossen
(vgl Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl 2014, § 45 RdNr 108; Baumeister in Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 4. Aufl 2014, § 45 RdNr 62; Ramsauer in Ramsauer/Wysk, VwVfG, 17. Aufl 2016, § 45 RdNr 37). Für die maßgeblich an § 45 Abs 2 VwVfG angelehnte Vorschrift des § 41 Abs 2 SGB X kann nichts anderes gelten (vgl Mutschler in Kasseler Kommentar, § 24 SGB X RdNr 36; Franz in Schlegel-Voelzke, juris-PK, § 24 SGB X RdNr 67).
dd. § 41 Abs 2 SGB X in der vom Senat für richtig gehaltenen, eng am Wortlaut orientierten Begriffsauslegung entspricht Verfassungsrecht. Insbesondere
widerspricht die aufgezeigte Heilungsmöglichkeit nicht den Anforderungen des Art
20 Abs
3 GG. Der Verpflichtung der Behörde zur Anhörung des Betroffenen (§ 24 Abs 1 SGB X) steht das Recht des Betroffenen, vor Erlass eines Eingriffsverwaltungsaktes angehört zu werden, gegenüber. Es leitet sich
aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art
20 Abs
3 GG) und dem darin enthaltenen Gebot eines fairen Verfahrens sowie der Menschenwürde (Art
1 Abs
1 GG) ab (vgl BSG Urteil vom 24.7.2001 - B 4 RA 2/01 R - SozR 3-1300 § 24 Nr 18 mwN; vgl auch Franz in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 24 SGB X RdNr 10). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Einschränkung dieses Rechts durch die Heilungsmöglichkeit in der wiedereröffneten
Tatsacheninstanz hat der Senat nicht. Das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung schließt auch das Gebot ein, für effektives
Verwaltungshandeln zu sorgen. Die Regelung des § 41 Abs 2 SGB X hat Verwaltungseffizienz, insbesondere die Funktionsfähigkeit der Verwaltung (vgl BVerfG Beschluss vom 8.7.1982 - 2 BvR 1187/80 - BVerfGE 61, 82, 116) einerseits und Rechtsschutzauftrag andererseits als zwei widerstreitende (Verfassungs-) Prinzipien zu einem sachgerechten
Ausgleich gebracht (vgl Bonk, NVwZ 1997, 320, 322). Sie erweist sich auch bei ihrer Anwendung im wiedereröffneten Berufungsverfahren als verhältnismäßig. Eine unangemessene
Privilegierung fehlerhaften Verwaltungshandelns liegt darin insbesondere deshalb nicht, weil die Behörde nach Beseitigung
eines Verfahrensfehlers und der Erledigung des Rechtsstreits im Regelfall mit den Kosten des Klägers belastet wird (vgl BT-Drucks
14/4375 S 58). Die Kosten eines wiedereröffneten Berufungsverfahrens sind davon nicht ausgenommen. Demgemäß hat auch die Vorinstanz
die bis dahin entstandenen außergerichtlichen Kosten der Klägerin der Beklagten auferlegt.
Letztlich reduziert sich damit die Anhörungspflicht nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers im Kern auf die Gewährleistung
eines dem Anspruch auf rechtliches Gehör im Gerichtsverfahren vergleichbaren Rechts, über die beabsichtigte Entscheidung informiert
zu werden, sich zu den entscheidungserheblichen tatsächlichen und rechtlichen Umständen äußern zu können und mit diesem Vorbringen
gehört zu werden. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör führt aber nicht zur Unwirksamkeit der getroffenen Entscheidung,
solange der Betroffene die Möglichkeit hat, sich das Gehör im Rechtsweg zu verschaffen (so BSG Urteil vom 5.2.2008 - B 2 U 6/07 R - SozR 4-1300 § 41 Nr 1 RdNr 16). Das war bei der Klägerin in ihrem über drei Instanzen geführten Rechtsstreit ersichtlich
der Fall.
ee. Der Senat ist nicht gehalten, wegen Nichtübereinstimmung mit der Rechtsauffassung eines anderen Senats anzufragen, ob
dieser an seiner Rechtsauffassung festhält (§
41 Abs
3 SGG). Eine Divergenz im Sinne des §
41 Abs
2 SGG, die dazu zwingen würde, liegt nicht vor. Denn die Vorschrift bezieht sich allein auf Abweichungen in den die jeweilige Entscheidung
tragenden abstrakten Rechtssätzen (vgl BSG Urteil vom 16.12.2014 - B 9 V 6/13 R - SozR 4-7945 § 3 Nr 1 RdNr 22 mwN). Eine dem aufgezeigten Rechtsstandpunkt des erkennenden Senats zuwider laufende Aussage,
dass die Heilung einer unterbliebenen Anhörung (§ 41 Abs 2 SGB X) im Geltungsbereich des 4. Euro-Einführungsgesetzes (aaO) nach einer auch auf andere Gründe gestützten Zurückverweisung im
Rahmen der wiedereröffneten Tatsacheninstanz nicht mehr möglich ist, wird bisher - soweit ersichtlich - von keinem anderen
Senat des BSG in tragendem Zusammenhang vertreten.
Der 4. Senat hat seine ursprünglich anderweitige Auffassung (BSG Urteil vom 24.7.2001 - B 4 RA 2/01 R - SozR 3-8850 § 5 Nr 5; BSG Urteil vom 31.10.2002 - B 4 RA 15/01 R - SozR 3-1300 § 24 Nr 22 Juris RdNr 49 f) nicht weiterverfolgt, sondern im Revisionsverfahren eine Zurückverweisung auch
zur Klärung der Frage für möglich gehalten, ob die im dortigen Verfahren "bisher nicht erfolgte Anhörung" im weiteren Berufungsverfahren
wirksam durchgeführt werden könne (BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 48/07 R - Juris RdNr 19; auch BSG Urteil vom 21.6.2011 - B 4 AS 22/10 R - Juris RdNr 27). Er hat die Heilung im wiedereröffneten Berufungsverfahren damit als möglich vorausgesetzt. Hiervon ist
er später nicht abgerückt, sondern hat lediglich klargestellt, dass allein die noch mögliche Heilung eines Anhörungsfehlers
das Berufungsgericht nicht zur Aussetzung verpflichtet (BSG Urteil vom 26.7.2016 - B 4 AS 47/15 R - SozR 4-1500 § 114 Nr 2, zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).
Der 14. Senat vertritt in seinen Urteilen vom 7.7.2011 (= B 14 AS 144/10 R und B 14 AS 153/10 R - BSGE 108, 289 = SozR 4-4200 § 38 Nr 2 RdNr 27 f) zwar die Auffassung, dass der Mangel einer unterbliebenen Anhörung nach einer Zurückverweisung
in der wiedereröffneten Tatsacheninstanz unter keinen Umständen mehr geheilt werden könne. Die zuerst genannte Entscheidung
betraf indes mangels Zurückverweisungsgrundes eine Durchentscheidung wegen eines vom LSG verbindlich festgestellten Anhörungsmangels.
Die zweite Entscheidung war eine Zurückverweisungsentscheidung, in der der 14. Senat seine Rechtsposition zur Heilung eines
Anhörungsmangels in der wiedereröffneten Tatsacheninstanz ausschließlich im Rahmen rechtlich nicht verbindlicher Hinweise
an das LSG zur weiteren Sachbehandlung (sog "Segelanweisungen"; vgl BSG Urteil vom 17.3.1970 - 9 RV 328/68 - BSGE 31, 74 = SozR Nr 13 zu §
170 SGG) dargelegt hatte. Insoweit stand aber noch gar nicht fest, ob es auf die zu prüfenden Umstände überhaupt ankommen würde.
In solchen Fällen zählen die entsprechenden Rechtsausführungen nicht zu den tragenden Gründen und sind kein unabdingbares
Glied in der Gedankenkette der Entscheidung. Denn diese besteht in der Zurückverweisung der Sache an das LSG, weil das Tatsachengericht
weitere Feststellungen zu treffen hat (vgl BSG Urteil vom 27.3.2007 - B 13 R 58/06 R - BSGE 98, 162 = SozR 4-1300 § 44 Nr 9 RdNr 36; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 3 KR 20/08 R - BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2 RdNr 18). Eine darüber hinausgehende mögliche Bindungswirkung (vgl BSG Großer Senat [GS] Beschluss vom 19.2.1992 - GS 1/89 - BSGE 70, 133 = SozR 3-1300 § 24 Nr 6) ist insoweit erkennbar ohne praktische Relevanz geblieben, unbeschadet des Umstands, dass es hierfür
angesichts der Entscheidungen des 4. Senats vom 16.12.2008 und 21.6.2011 (aaO) ohnehin einer näheren Präzisierung bedurft
hätte.
b. Der Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 12.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.1.2008 ist auch materiell
rechtmäßig.
aa. Rechtsgrundlage für die Rücknahme des Rentenbescheides vom 23.6.2000 ist § 45 Abs 1 SGB X. Danach darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender
Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der
Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Das LSG ist zu dem Ergebnis gelangt, der Bescheid der Beklagten vom 23.6.2000 über die Bewilligung der vorzeitigen Altersrente
an die Klägerin sei rechtswidrig. Diese Beurteilung ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerin hatte keinen
Anspruch auf die ihr ab 1.7.2000 zuerkannte vorzeitige Rente aus der Alterssicherung der Landwirte (AdL). Sie erfüllte bei
Erlass des Rentenbescheides vom 23.6.2000 die Anspruchsvoraussetzungen des § 12 Abs 1 ALG iVm § 11 Abs 1 Nr 2 und 3 ALG nicht, weil sie - wie der Senat bereits in seiner vorangehenden Revisionsentscheidung (BSG Urteil vom 20.12.2012 - B 10 LW 2/11 R - SozR 4-5868 § 12 Nr 1) ausgeführt hat - ihr Unternehmen der Landwirtschaft zu diesem Zeitpunkt nicht abgegeben hatte. Die
zugrunde liegende, mit dem Bezug einer vorzeitigen Altersrente durch die Klägerin notwendig verknüpfte Pflicht zur Hofabgabe
begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, insbesondere verstößt sie weiterhin nicht gegen Art
3 Abs
1 GG. Der erkennende Senat ist - ebenso wie das LSG (§
170 Abs
5 SGG) - insoweit an sein Urteil vom 20.12.2012 gebunden (vgl zur Selbstbindung BSG Urteil vom 26.4.2007 - B 4 R 89/06 R - SozR 4-1500 § 170 Nr 2 RdNr 42 f). Er hält hieran auch in der Sache fest (vgl zuletzt BSG Beschluss vom 7.9.2016 - B 10 LW 1/16 B - mwN). Eine Aussetzung bis zu einer Entscheidung der unter 1 BvR 97/14 und 1 BvR 2392/14 beim BVerfG anhängigen Verfassungsbeschwerden zur Verfassungsmäßigkeit der Hofabgabeklausel ist nicht zuletzt mit Blick auf
die Dauer des gerichtlichen Verfahrens nicht angezeigt (vgl zur Aussetzung BSG Beschluss vom 1.4.1992 - 7 RAr 16/91 - SozR 3-1500 § 114 Nr 3 RdNr 8 f).
bb. Wie das LSG weiter zutreffend angenommen hat, stehen die Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 des § 45 SGB X der vollständigen Rücknahme des Rentenbescheides vom 23.6.2000 mit Wirkung für die Vergangenheit nicht entgegen.
Nach § 45 Abs 2 S 1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand
des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig
ist. Gemäß § 45 Abs 2 S 2 SGB X ist das Vertrauen (des Begünstigten) in der Regel schutzwürdig, wenn er erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition
getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Allerdings kann sich der Begünstigte
gemäß § 45 Abs 2 S 3 SGB X auf Vertrauen nicht berufen, soweit er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig
oder unvollständig gemacht hat, oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit
nicht kannte. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt
hat (§ 45 Abs 2 S 3 Nr 3 2. Halbs SGB X), dh wenn dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Es müssen einfachste,
ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt werden (vgl BSG Urteil vom 11.6.1987 - 7 RAr 105/85 - BSGE 62, 32 = SozR 4100 § 71 Nr 2 mwN). Hierbei ist ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab anzulegen (stRspr, vgl etwa BSG Urteil vom 24.4.1997 - 11 RAr 89/96 - AuB 1997, 282 mwN).
Auf der Grundlage seiner für den Senat bindenden Feststellungen (§
163 SGG) ist das LSG fehlerfrei zu der Überzeugung gelangt, der Bescheid der Beklagten vom 23.6.2000 beruhe auf Angaben, die die
Klägerin grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Zur Begründung hat sich das LSG
maßgeblich auf die Umstände gestützt, die der Unterschrift der Klägerin auf dem Rentenantragsformular und auf ihrer Erklärung
vom 16.6.2000 zugrunde liegen. Nach seinen Feststellungen hat der Klägerin der Antrag ihres Ehemanns, dem sie sich später
angeschlossen hat, zu Hause mehrere Tage zur Durchsicht und Prüfung vorgelegen. Wie sie zudem selber angegeben hat, hat sich
die Klägerin von der Beklagten bei der Rentenantragstellung beraten lassen und bei der Rentenantragstellung eigene Überlegungen
angestellt. Schließlich hat die Klägerin mit ihrer Erklärung vom 16.6.2000 von ihr unterzeichnete Angaben zu den zurückbehaltenen
Unternehmensteilen gemacht und die Wahrheit ihrer Angaben versichert, allerdings ohne dabei die anspruchsschädlichen landwirtschaftlichen
Nutzflächen in Niederbayern zu erwähnen. Infolgedessen kann sich die Klägerin - wie das LSG zutreffend ausgeführt hat - nicht
darauf berufen, auf den Bestand des Bescheides vom 23.6.2000 vertraut zu haben. Durchgreifende Revisionsangriffe gegen diese
tatsächlichen Feststellungen und ihre stimmige Würdigung durch das LSG hat die Klägerin nicht geführt.
cc. Wie das LSG darüber hinaus zutreffend angenommen hat, hat die Beklagte bei Erlass des angefochtenen Bescheides vom 12.9.2007
die Fristen des § 45 Abs 3 und 4 SGB X eingehalten (vgl in dieser Sache bereits BSG Urteil vom 20.12.2012 - B 10 LW 2/11 R - SozR 4-5868 § 12 Nr 1).
dd. Die im wiedereröffneten Berufungsverfahren vervollständigten Tatsachenfeststellungen des LSG tragen nunmehr auch seinen
Schluss, die Beklagte habe das ihr nach § 45 Abs 1 SGB X ("darf") eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Das LSG hat die von den Beteiligten geschilderten Umstände der Rentenantragstellung
überprüft und ist zu dem revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Ergebnis gekommen, die Beklagte sei sich jedenfalls nach
dem Inhalt des Widerspruchsbescheides vom 24.1.2008 ihres Ermessensspielraums erkennbar bewusst und habe bei der Ausübung
ihres Ermessens auch geprüft, ob die Rückforderung der Rentenleistung unter dem Gesichtspunkt der besonderen Härte ausgeschlossen
war. Bei der gebotenen Abwägung zwischen den Interessen der Versichertengemeinschaft auf Wiederherstellung des rechtmäßigen
Zustandes und dem Interesse der Klägerin am Fortbestehen des Rentenbescheides hat die Beklagte ausgeführt, sie verkenne nicht
die finanzielle Belastung der Klägerin durch die Rückforderung, was es aber nicht rechtfertige, von einer Rücknahme des Bewilligungsbescheides
abzusehen. Diese Begründung ist ausreichend (vgl BSG Urteil vom 11.6.2003 - B 5 RJ 28/02 R - SozR 4-1300 § 24 Nr 1 RdNr 24 unter Hinweis auf BSG Urteil vom 21.3.1990 - 7 RAr 112/88 - SozR 3-1300 § 45 Nr 2). Es steht der Behörde in den Grenzen ihres Ermessens frei, auf welche Umstände sie abstellen will; diese Grenzen hat
die Beklagte nicht überschritten. Wie das LSG ferner zutreffend festgestellt hat, hat die Klägerin im nachgeholten Anhörungsverfahren
keine Einwendungen erhoben, die die Ermessensausübung der Beklagten berühren würden, ohne bereits im Widerspruchsbescheid
berücksichtigt worden zu sein. Die Erwägung des Senats, auch die Gegebenheiten der Rentenantragstellung könnten im Rahmen
der Ermessensentscheidung abzuwägen sein (vgl BSG Urteil vom 20.12.2012 - B 10 LW 2/11 R - SozR 4-5868 § 12 Nr 1), hat das LSG nunmehr tatrichterlich überprüft und mit revisionsrechtlich nicht zu beanstandender
Begründung verworfen.
ee. Nicht zu beanstanden ist schließlich die mit der Entscheidung über die Rücknahme verbundene - ihr rechtlich nachgeordnete
-Erstattungsentscheidung der Beklagten nach § 50 Abs 1 S 1 SGB X. Danach sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Ist - wie hier -
die Rücknahmeentscheidung sachlich richtig, beschränkt sich die Prüfung der Entscheidung über die Erstattung nur noch darauf,
ob dem Erstattungsverlangen selbst Einwendungen entgegengesetzt werden können (vgl BSG Urteil vom 1.7.2010 - B 13 R 77/09 R - SozR 4-1300 § 48 Nr 18 RdNr 61 f mwN). Dafür ist nichts vorgetragen oder ersichtlich.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG. Die Heilung der in § 41 Abs 1 SGB X genannten formellen Mängel durch Nachholung (§ 41 Abs 2 SGB X) führt in aller Regel nach dem Rechtsgedanken des § 63 Abs 1 S 2 SGB X zu einer Kostentragung der Behörde (vgl Breitkreuz in Breitkreuz/Fichte,
SGG, 2. Aufl 2013, §
193 RdNr 4). Dies kann jedoch nur insoweit gelten als die Klage wegen der zunächst nicht ordnungsgemäßen Anhörung Aussicht auf
Erfolg hatte. Dagegen wäre es unbillig, der Beklagten darüber hinaus die Kosten des zweiten Revisionsverfahrens aufzubürden,
welches die Klägerin - nach erfolgter Heilung des Anhörungsmangels - auf eigenes Risiko angestrengt hat und damit unterlegen
ist.