Beiträge zur Krankenversicherung
Grundsatzrüge
Berücksichtigung einer Direktversicherung bei der Beitragsbemessung
Leistungen der betrieblichen Altersversorgung
1. Eine Rechtsfrage ist dann als höchstrichterlich geklärt und damit als nicht (mehr) klärungsbedürftig anzusehen, wenn diese
bereits beantwortet ist; ist sie noch nicht ausdrücklich entschieden, genügt es, dass schon eine oder mehrere höchstrichterliche
Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten
Rechtsfrage geben.
2. Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass zu den Renten der betrieblichen Altersversorgung i.S. von §
229 Abs.
1 S. 1 Nr.
5 SGB V auch Renten gehören, die aus einer vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossenen Direktversicherung i.S. von §
1b Abs.
2 BetrAVG gezahlt werden.
3. Leistungen aus einer Direktversicherung gehören selbst dann zu den Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, wenn
sie ganz oder zum Teil auf Leistungen des Arbeitnehmers selbst beruhen.
4. Auch bei Prämien, die ein Arbeitnehmer nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis auf eine Direktversicherung einzahlt,
bestehen gegen eine Beitragspflicht keine verfassungsrechtlichen Bedenken, solange der Arbeitgeber die Direktversicherung
als Versicherungsnehmer fortführt.
Gründe:
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrundeliegenden Rechtsstreit wendet sich der Kläger gegen die Festsetzung von Beiträgen
zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung aus 2013 und 2014 ausgezahlten Direktversicherungsleistungen
(Bescheide vom 20.2.2015; Widerspruchsbescheid vom 19.8.2015). Das SG für das Saarland hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 20.7.2016). Das LSG für das Saarland hat die Berufung zurückgewiesen.
Die Kapitalleistungen seien nach der Rechtsprechung des BSG und des BVerfG beitragspflichtig. Die Annahme eines Verstoßes gegen Art
3 Abs
1 GG wegen Ungleichbehandlung von privat und gesetzlich Krankenversicherten sei abwegig (Urteil vom 15.5.2017). Gegen die Nichtzulassung
der Revision hat der Kläger Beschwerde eingelegt.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen
(§
160a Abs
4 S 1 Halbs 2 iVm §
169 SGG). Der Kläger hat entgegen §
160a Abs
2 S 3
SGG den allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) nicht hinreichend dargelegt.
Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen,
welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit
oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten
(Klärungsfähigkeit) ist (stRspr, vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach
dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht
zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (vgl BSG Beschluss vom 25.10.1978 - 8/3 RK 28/77 - SozR 1500 § 160a Nr 31 S 48). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Die Grundsatzrüge setzt voraus, dass eine Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten
revisiblen Norm des Bundesrechts (§
162 SGG) mit höherrangigem Recht (BSG Beschluss vom 23.12.2015 - B 12 KR 51/15 B - Juris RdNr 11 mwN) formuliert worden ist. Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage
ist unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (BSG Beschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - Juris RdNr 11 mwN). Der Kläger misst zwar der Frage eine grundsätzliche Bedeutung
bei,
"ob Kapitalleistungen aus einer Direktversicherung, die allein aus Mitteln des Arbeitnehmers erwirtschaftet wurden, die selbst
nicht mehr der Beitragspflicht der gesetzlichen Kranken- u. sozialen Pflegeversicherung unterlagen, gem. §
229 Abs.
1 Satz 1 Nr.
5 SGB V, §
57 Abs.
1 Satz 1
SGB XI verbeitragt werden dürfen".
Allerdings ist die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Frage nicht dargelegt worden.
Eine Rechtsfrage ist dann als höchstrichterlich geklärt und damit als nicht (mehr) klärungsbedürftig anzusehen, wenn diese
bereits beantwortet ist. Ist sie noch nicht ausdrücklich entschieden, genügt es, dass schon eine oder mehrere höchstrichterliche
Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten
Rechtsfrage geben (BSG Beschluss vom 30.8.2016 - B 2 U 40/16 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 12 RdNr 7 mwN). Die Beschwerdebegründung setzt sich weder mit der Rechtsprechung des BSG zur Beitragspflicht von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung noch mit hierzu ergangenen Entscheidungen des BVerfG
hinreichend auseinander. Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass zu den Renten der betrieblichen Altersversorgung
iS von §
229 Abs
1 S 1 Nr
5 SGB V auch Renten gehören, die aus einer vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossenen Direktversicherung iS von §
1b Abs
2 des
Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung gezahlt werden (BSG Urteil vom 30.3.2011 - B 12 KR 16/10 R - BSGE 108, 63 = SozR 4-2500 § 229 Nr 12, RdNr 17 mwN). Leistungen aus einer Direktversicherung gehören selbst dann zu den Leistungen der
betrieblichen Altersversorgung, wenn sie ganz oder zum Teil auf Leistungen des Arbeitnehmers selbst beruhen (vgl zB BSG Urteil vom 12.11.2008 - B 12 KR 6/08 R - SozR 4-2500 § 229 Nr 7 RdNr 18 ff mwN). Auch bei Prämien, die ein Arbeitnehmer nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis
auf eine Direktversicherung einzahlt, bestehen gegen eine Beitragspflicht keine verfassungsrechtlichen Bedenken, solange der
Arbeitgeber die Direktversicherung als Versicherungsnehmer fortführt (BVerfG [Kammer] Beschluss vom 6.9.2010 - 1 BvR 739/08 - SozR 4-2500 § 229 Nr 10 RdNr 15 f und Beschluss vom 28.9.2010 - 1 BvR 1660/08 - SozR 4-2500 § 229 Nr 11 RdNr 14 f).
Der Kläger hätte unter Auswertung dieser Rechtsprechung vortragen müssen, weshalb gleichwohl noch keine einschlägigen Entscheidungen
vorliegen oder durch schon vorliegende Rechtsprechung die für klärungsbedürftig erachtete Frage nicht oder nicht umfassend
beantwortet sein soll (vgl BSG Beschluss vom 19.4.2012 - B 2 U 348/11 B - Juris RdNr 29). Daran fehlt es hier. Soweit er im Wesentlichen geltend macht, dass "nicht die Rechtslage für Direktzusagen
des Arbeitgebers zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages" berücksichtigt worden sei, ist schon nicht die Entscheidungserheblichkeit
des früheren Rechtszustands aufgezeigt worden.
Auf die ebenfalls nicht hinreichend dargelegte Klärungsfähigkeit und Breitenwirkung kommt es damit nicht mehr an.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.