Kostenerstattung der gesetzlichen Krankenversicherung für die Versorgung mit einer Abdominalplastik und Mammaaugmentation
im Wege der Genehmigungsfiktion
Berechtigung der Krankenkasse zur Entziehung fiktiv genehmigter Leistungen bei fehlender Mitwirkung
Erforderlichkeit des vorherigen Hinweises auf mögliche Rechtsfolgen einer Mitwirkungsverweigerung
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Versorgung der Klägerin mit einer Bauchdeckenstraffung (Abdominalplastik) und einer Brustvergrößerung
(Mammaaugmentation).
Die bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Klägerin beantragte nach massiver Gewichtsabnahme die Versorgung mit einer
Bauchdeckenstraffung und einer Brustvergrößerung (Schreiben vom 24.6.2015). Die Beklagte versandte ein Schreiben, in dem sie
um Vorlage weiterer Unterlagen (ua Arztbericht vom plastischen Chirurgen, Fotodokumentation vom Leistungserbringer; Verordnung
für Krankenhausbehandlung) bat (7.7.2015). Sie erinnerte unter Fristsetzung zum 30.9.2015 an die Vorlage der erbetenen Unterlagen
und wies die Klägerin auf ihre Mitwirkungspflichten hin (§
66 SGB I; Schreiben vom 3.9.2015). Schließlich versagte sie die beantragte Leistung (Bescheid vom 6.10.2015; Widerspruchsbescheid
vom 17.2.2016). Die Klägerin hat mit ihrem Begehren, sie mit der beantragten Bauchdeckenstraffung und Brustvergrößerung zu
versorgen weder beim SG (Urteil vom 8.7.2016) noch beim LSG Erfolg gehabt. Das LSG hat zur Begründung ausgeführt, die Voraussetzungen einer Genehmigungsfiktion
(§
13 Abs
3a SGB V) seien nicht erfüllt. Zwar sei der nicht befundgestützte Antrag hinreichend bestimmt gewesen. Die Klägerin habe jedoch nicht
darauf vertrauen dürfen, dass die Beklagte den Antrag ohne Einreichung medizinischer Unterlagen genehmigen würde (Urteil vom
29.11.2018).
Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung von §
13 Abs
3a SGB V. Die Beklagte habe die Drei-Wochen-Frist (§
13 Abs
3a Satz 1 Fall 1
SGB V) ohne Begründung nicht eingehalten. Sie - die Klägerin - habe die begehrte Leistung auch für erforderlich halten dürfen.
Das Schreiben vom 7.7.2015 habe sie vor Fristablauf nicht erhalten.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 29. November 2018 und des Sozialgerichts Berlin vom 8. Juli 2016
sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. Oktober 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Februar 2016 aufzuheben
und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin mit einer Abdominalplastik und Mammaaugmentation zu versorgen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
II
Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet (§
170 Abs
1 Satz 1
SGG). Das LSG hat die Berufung der Klägerin gegen das die Klage abweisenden Urteil des SG zu Unrecht zurückgewiesen. Die Entscheidung der Vorinstanz verletzt materielles revisibles Recht. Die zulässige Klage (dazu
1.) ist begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Versorgung mit der beantragten Abdominalplastik und Mammaaugmentation. Der
Naturalleistungsanspruch entstand aufgrund fingierter Genehmigung ihres Antrags (dazu 2.). Dieser Anspruch ist auch nicht
später erloschen (dazu 3.). Die Entscheidung der Beklagten, der Klägerin den Versorgungsanspruch wegen fehlender Mitwirkung
zu entziehen, ist aufzuheben (dazu 4.).
1. Gegenstand des Rechtsstreits sind zwei in einer Klage im Wege der objektiven Klagehäufung (§
56 SGG) zusammen verfolgte zulässige Klagebegehren: Die allgemeine Leistungsklage auf Versorgung mit der beantragten Leistung (dazu
a) und die (isolierte) Anfechtungsklage gegen die Entscheidung der Beklagten, die Leistung zu "versagen" (dazu b). Es bedarf
keiner Vertiefung, inwieweit die Klägerin ihr mit der allgemeinen Leistungsklage verfolgtes Ziel zudem auch mit der kombinierten
Anfechtungs- und Leistungsklage verfolgt. Bereits ihre allgemeine Leistungsklage hat Erfolg.
a) Die von der Klägerin erhobene allgemeine Leistungsklage ist zulässig. Nach §
54 Abs
5 SGG kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt
nicht zu ergehen hatte. Hierfür genügt es, dass ein bindender Verwaltungsakt vorliegt, der Leistungsträger aber gleichwohl
nicht leistet (stRspr, vgl zB BSGE 124, 251 = SozR 4-2500 § 13 Nr 39, RdNr 9 mwN; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 42 RdNr 9, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Die Genehmigung kraft Fiktion steht der Bewilligung durch einen
Leistungsbescheid gleich und bewirkt, dass dem Versicherten - wie hier - unmittelbar ein Anspruch auf Versorgung mit der hinreichend
inhaltlich bestimmt beantragten Leistung zusteht (vgl zum Ganzen BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 8 mwN).
Die allgemeine Leistungsklage tritt nicht hinter die Feststellungklage zurück (§
55 Abs
1 Nr
1 SGG). Mit der allgemeinen Leistungsklage kann ein Kläger effektiven Rechtsschutz (Art
19 Abs
4 GG) erlangen, wenn sich eine KK - wie hier - weigert, eine durch Verwaltungsakt zuerkannte Leistung zu erbringen. Ihm bleibt
nur die Leistungsklage, um einen Vollstreckungstitel zu erhalten (§
199 Abs
1 Nr
1 SGG). Eine Vollstreckung aus Verwaltungsakten gegen die öffentliche Hand ist nicht vorgesehen (vgl BSGE 50, 82, 83 = SozR 1500 § 54 Nr 40 S 23; BSGE 75, 262, 265 = SozR 3-8560 § 26 Nr 2 S 15). Die allgemeine Leistungsklage und nicht eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage
(§
54 Abs
4 SGG) ist statthaft. Denn die Klägerin stützt ihr Begehren gerade auf den Eintritt der fingierten Genehmigung ihres Antrags (§
13 Abs
3a Satz 6
SGB V), auf einen fingierten Leistungsbescheid, der in Bestandskraft erwachsen ist. §
86 SGG findet keine Anwendung.
b) Die neben der allgemeinen Leistungsklage erhobene isolierte Anfechtungsklage gegen die Versagungsentscheidung der Beklagten
(Bescheid vom 6.10.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.2.2016) ist zulässig. Die Beklagte traf mit ihrer
"Versagung" der Leistung keine Entscheidung in der Sache, sondern entzog der Klägerin lediglich wegen fehlender Mitwirkung
vorläufig - bis zur Nachholung der Mitwirkung - ihren Anspruch aufgrund Genehmigungsfiktion (§§
60,
66 SGB I; vgl hierzu im Einzelnen unten RdNr 27 ff). Streitgegenstand eines solchen Rechtsstreits ist nicht der materielle Anspruch,
sondern die Auseinandersetzung über Rechte und Pflichten der Beteiligten im Verwaltungsverfahren (stRspr, vgl zB BSG SozR 4-1200 § 66 Nr 1 RdNr 8 = juris RdNr 12; BSG SozR 4-1200 § 66 Nr 8 RdNr 13). Die Beklagte setzte zudem nicht das mit Eintritt der Genehmigungsfiktion beendete, ursprüngliche Verwaltungsverfahren
fort, sondern eröffnete ein eigenständiges Verfahren (stRspr, vgl zB BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 9; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 37 RdNr 10 mwN zu Ablehnungsentscheidungen).
2. Für die Klägerin entstand gegen die Beklagte ein Anspruch auf Versorgung mit der beantragten Abdominalplastik und Mammaaugmentation
als Naturalleistung kraft fingierter Genehmigung des Antrags (dazu a). Die Voraussetzungen der Fiktion der Genehmigung sind
erfüllt. §
13 Abs
3a SGB V (idF durch Art 2 Nr 1 Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten [PatRVerbG] vom 20.2.2013, BGBl I 277, mWv 26.2.2013) erfasst
die von der Klägerin im Juni 2015 beantragte Leistung nicht nur zeitlich (vgl BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 9; BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 15 mwN), sondern auch als eine ihrer Art nach der Genehmigungsfiktion zugängliche Leistungsart
(dazu b). Die Klägerin war leistungsberechtigt (dazu c). Sie erfüllte mit ihrem Antrag die Voraussetzungen eines genehmigungsfähigen,
den Lauf der Frist auslösenden Antrags auf Versorgung mit einer Straffung der Bauchdecke und Brust einschließlich Augmentation
(dazu d). Sie durfte die beantragte Leistung für erforderlich halten (dazu e). Nicht erforderlich ist dagegen, dass die Klägerin
bei Eintritt der Genehmigungsfiktion darauf vertrauen durfte, dass die Beklagte ihren Antrag ohne weitere Ermittlungen bewilligen
würde (dazu f). Die Beklagte hielt die gebotene Frist für eine Verbescheidung nicht ein (dazu g).
a) Gilt eine beantragte Leistung als genehmigt, erwächst dem Antragsteller hieraus ein Naturalleistungsanspruch als eigenständig
durchsetzbarer Anspruch. Der Anspruch ist entsprechend den allgemeinen Grundsätzen auf Freistellung von der Zahlungspflicht
gerichtet, wenn die fingierte Genehmigung eine Leistung betrifft, die nicht als Naturalleistung erbracht werden kann (stRspr,
vgl zB BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 25; BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 12 mwN). Ausdrücklich regelt das Gesetz, dass, wenn keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes
erfolgt, die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt gilt (§
13 Abs
3a Satz 6
SGB V). Es regelt nach dem klaren Wortlaut des Satz 6 einen Naturalleistungsanspruch. Ohne den nachfolgenden Satz 7 bliebe es allein
bei diesem Anspruch. Denn eine KK darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (vgl §
2 Abs
2 SGB V) Kosten nur erstatten, soweit es das
SGB V oder das
SGB IX vorsehen (vgl §
13 Abs
1 SGB V). Nach dem Regelungssystem entspricht dem Naturalleistungsanspruch der im Anschluss hieran geregelte, den Eintritt der Genehmigungsfiktion
voraussetzende naturalleistungsersetzende Kostenerstattungsanspruch im Ansatz. §
13 Abs
3a Satz 7
SGB V begrenzt den sich aus der Genehmigungsfiktion ergebenden Anspruch schon nach seinem Wortlaut nicht, sondern erweitert die
Handlungsoptionen neben der Inanspruchnahme der Leistung in Natur um die Selbstbeschaffung mit Kostenerstattung. Dies vermeidet
eine sachwidrige Ungleichbehandlung iS von Art
3 Abs
1 GG. Denn nur der Naturalleistungsanspruch kraft Genehmigungsfiktion ermöglicht auch mittellosen Berechtigten, die nicht in der
Lage sind, sich die begehrte Leistung selbst zu beschaffen, ihren Anspruch zu realisieren (vgl LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss
vom 23.5.2014 - L 5 KR 222/14 B ER - juris RdNr 7 mwN). Für diese Auslegung spricht auch der Sanktionscharakter der Norm (vgl zum Ganzen BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 25; BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 12 mwN; zum Sanktionscharakter Entwurf der BReg eines PatRVerbG, BT-Drucks 17/10488 S 32,
zu Art 2 Nr
1). Berechtigte sollen nach dem Regelungszweck des §
13 Abs 3a
SGB V sehr schnell zur Feststellung ihrer Ansprüche kommen. Dazu erzeugt die Vorschrift bei den KKn einen erheblichen Zeit- und
Handlungsdruck. Schlösse §
13 Abs
3a Satz 7
SGB V den Naturalleistungsanspruch aus, wäre der mittellose Versicherte zur Durchsetzung seiner Ansprüche im wirtschaftlichen Ergebnis
weiterhin darauf verwiesen, den Abschluss des Verwaltungsverfahrens durch Bekanntgabe eines bewilligenden Bescheides abzuwarten
und müsste im Falle von grundlosen Verzögerungen Untätigkeitsklage erheben (§
88 Abs
1 SGG). Wäre der Naturalleistungsanspruch ausgeschlossen, kämen gerade die Berechtigten nicht in den Genuss der neu geregelten
Sanktionswirkung, die in besonderem Maße schutzbedürftig sind, weil ihnen entweder eine Vorfinanzierung überhaupt nicht möglich
ist oder sie auch bei durchschnittlichem Einkommen und Vermögen finanziell überfordert sind, eine teure Leistung vorzufinanzieren,
die regelhaft mit schwerwiegenden bis hin zu lebensbedrohlichen Krankheiten assoziiert ist (vgl zum Ganzen BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 13 mwN; BSGE 124, 251 = SozR 4-2500 § 13 Nr 39, RdNr 16 mwN).
b) Die Regelung des §
13 Abs
3a Satz 6
SGB V ist auf den Antrag der Klägerin sachlich und unproblematisch zeitlich anwendbar. Die Regelung erfasst ua Ansprüche auf Krankenbehandlung,
nicht dagegen Ansprüche gegen KKn, die unmittelbar auf eine Geldleistung oder auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation
gerichtet sind (vgl zum Ganzen BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 11 ff; BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 §
13 Nr 36, RdNr 14 mwN); auf letztere finden die §§
14 f
SGB IX (idF des Art 1 Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch [SGB IX] Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen [SGB IX aF]; seit 1.1.2018: §§
14 f, 18 idF des Art 1 Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen [Bundesteilhabegesetzes
- BTHG] vom 23.12.2016, BGBl I 3234) Anwendung (§
13 Abs
3a Satz 9
SGB V). Die Klägerin begehrt demgegenüber die Gewährung von ärztlicher Krankenbehandlung (§
27 Abs
1 Satz 2 Nr
1 oder Nr
5 SGB V).
c) Die Klägerin ist als bei der Beklagten Versicherte leistungsberechtigt im Sinne der Regelung. "Leistungsberechtigter" ist
derjenige, der berechtigt ist, Leistungen nach dem
SGB V zu beanspruchen. Hierzu zählen ua in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) Versicherte im Verhältnis zu ihrer jeweiligen
KK (stRspr, vgl zB BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 22; BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 16 mwN).
d) Die Klägerin beantragte als Leistung hinreichend bestimmt nach Gewichtsabnahme eine "Bauchdeckenstraffung" und "Brustvergrößerung".
Damit eine Leistung als genehmigt gelten kann, bedarf es eines fiktionsfähigen Antrags. Der Antrag hat eine Doppelfunktion
als Verfahrenshandlung (vgl dazu oben, unter II. 1.) und als materiell-rechtliche Voraussetzung (stRspr, vgl zur Doppelfunktion
zB BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 14; BSGE 124, 251 = SozR 4-2500 § 13 Nr 39, RdNr 20; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 42 RdNr 17, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; anders beim Antrag auf Kostenerstattung bei Ansprüchen aufgrund
gewillkürter oder als Zusatzleistung konzipierter Kostenerstattung, vgl BSG Urteil vom 28.5.2019 - B 1 A 1/18 R - juris RdNr 18, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Die Fiktion kann nur dann greifen, wenn der Antrag so
bestimmt gestellt ist, dass die auf Grundlage des Antrags fingierte Genehmigung ihrerseits iS von § 33 Abs 1 SGB X hinreichend bestimmt ist (stRspr, vgl zB BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 23; BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 17 mwN). Ein Verwaltungsakt ist - zusammengefasst - inhaltlich hinreichend bestimmt (§ 33 Abs 1 SGB X), wenn sein Adressat objektiv in der Lage ist, den Regelungsgehalt des Verfügungssatzes zu erkennen und der Verfügungssatz
ggf eine geeignete Grundlage für seine zwangsweise Durchsetzung bildet. So liegt es, wenn der Verfügungssatz in sich widerspruchsfrei
ist und den Betroffenen bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetzt,
sein Verhalten daran auszurichten. Die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit richten sich im Einzelnen nach den Besonderheiten
des jeweils anzuwendenden materiellen Rechts (stRspr, vgl zB BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 17 mwN; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 42 RdNr 17, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).
Der Verfügungssatz, einen Naturalleistungsanspruch auf eine bestimmte Krankenbehandlung (hier §
27 Abs
1 Satz 2 Nr
1 oder Nr
5 SGB V) zu gewähren, verschafft dem Adressaten - wie dargelegt - eine Rechtsgrundlage dafür, mittels Leistungsklage einen Vollstreckungstitel
auf das Zuerkannte zu erhalten. Die Vollstreckung erfolgt nach den Regelungen über vertretbare Handlungen (vgl §
199 Abs
1 Nr
1, §
198 Abs
1 SGG, §
887 ZPO). Es genügt hierfür, dass das Behandlungsziel klar ist. Dass hinsichtlich der Mittel zur Erfüllung der Leistungspflicht verschiedene
Möglichkeiten zur Verfügung stehen, beeinträchtigt den Charakter einer Leistung als vertretbare Handlung nicht (vgl Seibel
in Zöller,
ZPO, 32. Aufl 2018, §
887 ZPO RdNr 2 mwN). Diese allgemeinen Grundsätze gelten ebenso, wenn Patienten zur Konkretisierung der Behandlungsleistung auf die
Beratung des behandelnden Arztes angewiesen sind (stRspr, vgl zB BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 18 mwN; BSGE 124, 251 = SozR 4-2500 § 13 Nr 39, RdNr 21).
Das Antragsschreiben der Klägerin vom 24.6.2015 genügte diesen Anforderungen, wie das LSG zu Recht entschieden hat. Die Klägerin
beantragte die Versorgung mit einer Bauchdeckenstraffung (Abdominalplastik) und einer Brustvergrößerung (Mammaaugmentation),
ohne dies weiter einzuschränken, etwa hinsichtlich der Methode, der Leistungsart stationär oder ambulant oder der Art des
ggf behandelnden Krankenhauses bzw der ggf behandelnden Praxis (vgl entsprechend BSG Urteil vom 7.11.2017 - B 1 KR 7/17 R - juris RdNr 19 mwN). Die Klägerin wollte nach ihrem klaren Antrag lediglich das medizinisch Erforderliche und war im Übrigen
nicht festgelegt (vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 37 RdNr 20).
e) Der Antrag der Klägerin betraf auch eine Leistung, die sie für erforderlich halten durfte und die nicht offensichtlich
außerhalb des Leistungskatalogs der GKV lag. Die Gesetzesregelung ordnet diese Einschränkungen für die Genehmigungsfiktion
zwar nicht ausdrücklich an, aber sinngemäß nach dem Regelungszusammenhang und -zweck. Die Begrenzung auf erforderliche Leistungen
bewirkt eine Beschränkung auf subjektiv für den Berechtigten erforderliche Leistungen, die nicht offensichtlich außerhalb
des Leistungskatalogs der GKV liegen. Einerseits soll die Regelung es dem Berechtigten erleichtern, sich die ihm zustehende
Leistung zeitnah zu beschaffen. Andererseits soll sie ihn nicht zu Rechtsmissbrauch einladen, indem sie Leistungsgrenzen des
GKV-Leistungskatalogs überwindet, die jedem Versicherten klar sein müssen (stRspr, vgl zB BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 26; BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 21 mwN).
Dieser Auslegung steht weder das Qualitätsgebot (§
2 Abs
1 Satz 3
SGB V) noch das Wirtschaftlichkeitsgebot (§
12 Abs
1 SGB V) entgegen. Die in der Durchbrechung dieser Grundsätze liegende Ungleichbehandlung Versicherter ist als gezielte, durch rechtmäßiges
Verwaltungshandeln vermeidbare Sanktion in eng begrenzten Ausnahmefällen noch vor dem allgemeinen Gleichheitssatz (vgl Art
3 Abs
1 GG) gerechtfertigt (stRspr, vgl zB BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 22; BSGE 125, 262 = SozR 4-2500 §
137e Nr
1, RdNr
22). §
13 Abs
3a SGB V weicht gerade als Sanktionsnorm von deren Anforderungen ab, indem er in seinem Satz 6 selbst in den Fällen, in denen eine
KK einen im oben dargestellten Sinn fiktionsfähigen Antrag völlig übergeht, die Fiktion der Genehmigung anordnet und damit
bewusst in Kauf nimmt, dass die Rechtsauffassung des Antragstellers nur "zufällig" rechtmäßig ist, mithin die Leistung auch
dann als genehmigt gilt, wenn der Antragsteller auf diese ohne die Genehmigungsfiktion keinen materiell-rechtlichen Anspruch
hat. Wären nur die auf sonstige materiell-rechtlich bestehende Leistungsansprüche gerichteten Anträge fiktionsfähig, wäre
die Regelung des §
13 Abs
3a Satz 6
SGB V obsolet (stRspr, vgl BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 22 mwN; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 42 RdNr 21, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; dies verkennend zB LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 26.5.2014
- L 16 KR 154/14 B ER, L 16 KR 155/14 B - juris RdNr 26 ff = NZS 2014, 663; Schneider, NZS 2018, 753, 756 f, zudem unzutreffend auf die ursprünglich geplante Regelung in Art 2 Nr 1 PatRVerbG-Entwurf der BReg [BT-Drucks 17/10488
S 7] abstellend; ebenso v Koppenfels-Spies, NZS 2016, 601, 603 f und Knispel, SGb 2014, 374 ff sowie GesR 2017, 749, 752 f; zur Unmaßgeblichkeit des Ursprungsentwurfs in Art 2 Nr 1 PatRVerbG vgl BSGE 124, 251 = SozR 4-2500 § 13 Nr 39, RdNr 17). Eine Beschränkung der Genehmigungsfiktion auf sonstige materiell-rechtlich bestehende
Leistungsansprüche außerhalb von §
13 Abs
3a SGB V lässt sich - entgegen der Ansicht der Beklagten - auch nicht dem "gesetzgeberischen Willen" entnehmen (vgl Beschlussempfehlung
und Bericht des Ausschusses für Gesundheit [14. Ausschuss] zum Entwurf eines PatRVerbG, BT-Drucks 17/11710 S 29 ff). Die Begründung
enthält keine Hinweise darauf, die Regelung solle sich auf sonstige materiell-rechtlich bestehende Leistungsansprüche beschränken.
Im Gegenteil knüpft die Begründung des späteren Gesetzentwurfs eines BTHG zur vergleichbaren Neuregelung in §
18 Abs
3 SGB IX an die Rspr des erkennenden Senats zu §
13 Abs
3a Satz 6
SGB V an und stellt klar, dass nur "Evidenzfälle (,Urlaub auf Mallorca')" ausgenommen sein sollen (vgl Entwurf der BReg eines BTHG,
BR-Drucks 428/16 S 236 zu §
18 SGB IX).
Die von der Klägerin begehrte Leistung liegt nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV (vgl zB entsprechend
BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 42 RdNr 22, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; BSG Urteil vom 6.11.2018 - B 1 KR 13/17 R - NZS 2019, 496 = juris RdNr 22 zur Brust- und Bauchstraffung; BSG SozR 4-1500 § 171 Nr 2 RdNr 29 mwN zur Augmentationsmastopexie). Die Klägerin durfte die beantragte Leistung nach dem Gesamtzusammenhang der
Feststellungen des LSG auch für erforderlich halten. Die Klägerin suchte vor Antragstellung die Fachärztin für Plastische
und Ästhetische Chirurgie Dr M auf und ließ sich über die Möglichkeit einer Bauchdeckenstraffung und Brustkorrektur bei hängenden
Hautpartien nach einem Gewichtsverlust von ca 30 kg beraten. Ohne Belang ist, dass Dr M als ausschließlich privat abrechnende
Ärztin der Klägerin nicht die Auskunft erteilte, dass die beantragte Behandlung in die Leistungspflicht der GKV falle. Subjektive
Erforderlichkeit stellt in einem ersten Schritt allein auf den tatsächlichen Kenntnisstand des Versicherten ab. Sie setzt
weder voraus, dass sich der Versicherte vorab über die konkreten Leistungsvoraussetzungen - hier etwa über die rechtlichen
Anforderungen an die Abgrenzung zwischen rein kosmetischen und krankheitsbedingten Eingriffen (vgl BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 28 RdNr 10 ff) - Gedanken macht, noch dass er sich hierüber aktiv informiert (zu diesem Aspekt vgl auch sogleich II. 2.
f). Es ist ausreichend, dass die Klägerin aufgrund der konkreten Umstände (herunterhängende Hautlappen) sowie der Beratung
durch Dr M die Eingriffe ohne Rechtsmissbrauch für medizinisch indiziert halten durfte. Dass Dr M die Klägerin darauf hingewiesen
hat, dass es sich um eine rein kosmetische Operation handele, hat das LSG nicht festgestellt.
f) Die fingierte Genehmigung setzt - anders als das LSG meint - nicht zusätzlich voraus, dass die Klägerin bei Eintritt der
Genehmigungsfiktion darauf vertrauen durfte, dass die Beklagte ihren Antrag "so wie er gestellt wurde", dh ohne weitere Ermittlungen
bewilligen würde. Eine solche zusätzliche Leistungsvoraussetzung stünde nicht im Einklang mit Wortlaut, Systematik und Zweck
des Gesetzes sowie dessen Entstehungsgeschichte. Schon nach dem Wortlaut des Gesetzes gilt die Leistung allein durch Ablauf
der Frist als genehmigt (§
13 Abs
3a Satz 6
SGB V). Welche Vorstellungen sich der Antragsteller über den Ablauf des Verwaltungsverfahrens macht, insbesondere darüber, ob die
Ermittlungen der KK bereits abgeschlossen sind, ist ohne Belang. Dies entspricht auch der Regelungssystematik. Danach trägt
allein die KK die Verantwortung dafür, den Versicherten nicht nur über die Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung
(MDK), sondern auch über eine eventuelle Verlängerung der gesetzlichen Fristen und deren Grund zu informieren. Ohne diese
gebotene Information über die Einholung einer gutachtlichen Stellungnahme des MDK können Leistungsberechtigte nach drei Wochen
annehmen, dass ihr Antrag nicht fristgerecht beschieden wurde und daher als genehmigt gilt (vgl BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 28; BSG Urteil vom 6.11.2018 - B 1 KR 20/17 R - juris RdNr 20, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Entsprechendes gilt für eine Fristüberschreitung jenseits der
Drei- oder Fünf-Wochen-Frist: Nach stRspr des BSG bewirkt nur die Mitteilung seitens der KK mindestens eines hinreichenden Grundes für die von der KK prognostizierte, taggenau
anzugebende Dauer des Bestehens zumindest eines solchen Grundes, dass die Leistung trotz Ablaufs der Frist noch nicht als
genehmigt gilt (vgl BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 20; BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 31 mwN; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 42 RdNr 29 mwN, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Ohne eine taggenaue Verlängerung der Frist könnte der Antragsteller
nicht erkennen, wann die Fiktion der Genehmigung eingetreten ist. Dies widerspräche dem dargelegten Regelungsgehalt und Beschleunigungszweck
der Norm (vgl BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 32 mwN; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 42 RdNr 30, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Das Gesetz zielt - neben einer Beschleunigung des Verfahrens
(vgl Entwurf der Bundesregierung eines PatRVerbG, BT-Drucks 17/10488 S 32 zu Art 2 Nr 1) - wesentlich darauf ab, dem Versicherten
einfache Kriterien an die Hand zu geben, um erkennen zu können, ob die Genehmigung fingiert ist und er sich die beantragte
Leistung selbst beschaffen kann. Die Beurteilung, ob die KK nach dem aktuellen Verfahrensstand eine Entscheidung treffen kann,
wird dem Antragsteller vom Gesetz nicht abverlangt. Allein der Ablauf der Frist führt zum Eintritt der Genehmigungsfiktion.
Der Gesetzgeber hat insbesondere entgegen dem ursprünglichen Gesetzesentwurf (vgl BT-Drucks 17/10488 S 7, 32) von der zusätzlichen
Setzung einer "angemessene Frist für die Entscheidung über den Antrag" durch den Versicherten als Voraussetzung für eine Selbstbeschaffung
der Leistung abgesehen, um es dem Versicherten zu erleichtern, sich die ihm zustehende Leistung zeitnah zu beschaffen (vgl
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit [14. Ausschuss] zum PatRVerbG-Entwurf, BT-Drucks 17/11710 S
30 zu §
13 Abs
3a Satz 6
SGB V).
g) Die Beklagte beschied den Antrag nicht innerhalb der hier maßgeblichen Drei-Wochen-Frist, sondern erst nach Fristablauf.
Die Frist begann spätestens am 8.7.2015 zu laufen. Maßgeblich für den Fristbeginn ist der Tag nach Eingang des Antrags bei
der Beklagten (vgl § 26 Abs 1 SGB X iVm §
187 Abs
1 BGB). Hierbei ist es unerheblich, ob die betroffene KK meint, der maßgebliche Sachverhalt sei noch aufzuklären (stRspr, vgl zB
BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 25; BSGE 124, 251 = SozR 4-2500 § 13 Nr 39, RdNr 29 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 42 RdNr 24, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Das LSG hat nicht festgestellt, wann der maßgebliche Antrag
der Klägerin vom 24.6.2015 der Beklagten zuging. Dies war jedoch spätestens am Dienstag, dem 7.7.2015 der Fall, als die Beklagte
nach den Feststellungen des LSG ihr Antwortschreiben an die Klägerin fertigte.
Die Frist endete spätestens am Dienstag, dem 28.7.2015 (§ 26 Abs 1 SGB X iVm §
188 Abs
2 BGB). Es galt die gesetzliche Drei-Wochen-Frist (vgl §
13 Abs
3a Satz 1 Fall 1
SGB V). Die Beklagte informierte die Klägerin nicht innerhalb dieser Frist von drei Wochen über die Einholung einer gutachtlichen
Stellungnahme des MDK (§
13 Abs
3a Satz 2
SGB V). Das LSG hat nicht festgestellt, dass das am 7.7.2015 gefertigte Schreiben der Beklagten der Klägerin zugegangen ist. Die
Beklagte beschied den Antrag erst später mit Erlass des Bescheides vom 6.10.2015. Eine KK "entscheidet" auch dann iS des §
13 Abs
3a Satz 1
SGB V über einen Antrag, wenn sie keine Entscheidung in der Sache trifft, sondern die beantragte Leistung wegen fehlender Mitwirkung
versagt oder entzieht (§§
60,
66 SGB I).
3. Der entstandene Anspruch aufgrund fingierter Genehmigung ist auch nicht später erloschen. Auch eine fingierte Genehmigung
- wie jene der Klägerin - bleibt wirksam, solange und soweit sie nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben
oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (§ 39 Abs 2 SGB X; stRspr, vgl zB BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 31 mwN; BSGE 124, 251 = SozR 4-2500 § 13 Nr 39, RdNr 35; vgl hierzu bei nicht fingierter Genehmigung zB BSG SozR 4-2500 § 55 Nr 2 RdNr 24). Sind Bestand oder Rechtswirkungen einer Genehmigung für den Adressaten erkennbar von vornherein an den Fortbestand
einer bestimmten Situation gebunden, so wird sie gegenstandslos, wenn die betreffende Situation nicht mehr besteht (stRspr,
vgl BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 31; BSG SozR 3-1300 § 39 Nr 7 S 13 f; BSG SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5 RdNr 18 mwN; BSG Urteil vom 27.8.2019 - B 1 KR 9/19 R - RdNr 33, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen - vertragszahnärztlicher Heil- und Kostenplan; BSG Urteil vom 27.8.2019 - B 1 KR 8/19 R - RdNr 20, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen - Altersgrenze künstliche Befruchtung). In diesem Sinne ist eine KK nach
Fristablauf nicht mit allen Einwendungen gegen die fingierte Genehmigung ausgeschlossen. Die fingierte Genehmigung schützt
den Adressaten dadurch, dass sie ihre Wirksamkeit ausschließlich nach den allgemeinen Grundsätzen über Erledigung, Aufhebung,
Widerruf und Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts verliert.
Die Voraussetzungen eines Erlöschenstatbestands sind nicht erfüllt. Die Beklagte regelte mit der Entziehung der Leistung weder
ausdrücklich noch sinngemäß, weder förmlich noch inhaltlich eine Rücknahme, eine Aufhebung oder einen Widerruf (vgl hierzu
§§ 45, 47, 48 SGB X) der fingierten Genehmigung (stRspr, vgl entsprechend zur Ablehnungsentscheidung zB BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 32; BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 36 mwN; BSGE 124, 251 = SozR 4-2500 § 13 Nr 39, RdNr 35 mwN). Geänderte Umstände, die die Genehmigung durch Eintritt eines erledigenden Ereignisses
entfallen lassen könnten, hat weder das LSG festgestellt noch sind sie sonst ersichtlich.
4. Die Entziehungsentscheidung der Beklagten (Bescheid vom 6.10.2015, Widerspruchsbescheid vom 17.2.2016) ist rechtswidrig.
Die Beklagte war allerdings grundsätzlich berechtigt, die Klägerin zur Mitwirkung aufzufordern und die fiktiv genehmigte Leistung
bei fehlender Mitwirkung zu entziehen.
Nach §
66 Abs
1 Satz 1
SGB I kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung die Leistung ganz oder teilweise versagen
oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind, wenn derjenige, der Sozialleistung beantragt
oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§
60 bis
62,
65 SGB I (etwa Angabe von Tatsachen, §
60 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGB I; persönliches Erscheinen, §
61 SGB I, oder Teilnahme an ärztlichen und psychologischen Untersuchungsmaßnahmen, §
62 SGB I; zu den Grenzen vgl §
65 SGB I) nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird. Schon nach dem Wortlaut der §§
60,
66 SGB I ("erhält") enden die Mitwirkungsobliegenheiten der Klägerin nicht mit der Bewilligung der beantragten Leistung, dh hier mit
dem Eintritt der fingierten Genehmigung (zum zeitlichen Umfang der Mitwirkungspflichten vgl auch Voelzke in Schlegel/Voelzke,
jurisPK-
SGB I, 3. Aufl 2018, §
60 SGB I RdNr 48 ff). Erkennt die KK zB an, dass der Klägerin kraft Genehmigungsfiktion ein Naturalleistungsanspruch auf die beantragte
Abdominalplastik und Mammaaugmentation zusteht, und will sie die durch die Wahl eines privatärztlichen Leistungserbringers
entstehenden Mehrkosten vermeiden, kann sie die Klägerin von sich aus auf konkrete günstige Möglichkeiten angemessener Selbstbeschaffung
hinweisen (vgl hierzu BSGE 111, 289 = SozR 4-2500 § 27 Nr 23, RdNr 34; zur Selbstbeschaffung nach rechtswidriger Leistungsablehnung durch die KK vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 42 RdNr 29 mwN, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Dies setzt jedoch voraus, wenn - wie hier - die Angaben
im Leistungsantrag eine konkrete Planung der Operationen nicht erlauben, dass die KK zunächst den Sachverhalt ergänzend ermittelt
und hierzu auch die Klägerin zur Mitwirkung heranzieht.
Jedoch ist die Entziehungsentscheidung schon deswegen rechtswidrig, weil die Beklagte die Klägerin zuvor nicht iS des §
66 Abs
3 SGB I auf die mögliche Rechtsfolge bei einer Mitwirkungsverweigerung schriftlich hingewiesen hat (zu den Anforderungen an die Belehrung
vgl BSG SozR 4-1200 § 66 Nr 8 RdNr 27 mwN). Das LSG hat nicht festgestellt, dass das Schreiben vom 3.9.2015 der Klägerin zugegangen ist. Zudem fehlt
es in dem angegriffenen Bescheid an der erforderlichen Ermessensausübung (vgl Sichert in Hauck/Noftz,
SGB I, Stand 11/11, §
66 RdNr 32; Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB I, 3. Aufl 2018, § 66 RdNr 66; vgl auch BSG SozR 4-1200 § 66 Nr 1 RdNr 23).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.