Anspruch auf Versorgung mit einem Rollstuhl-Bike aus der gesetzlichen Krankenversicherung; Erforderlichkeit zum Behinderungsausgleich
Gründe:
I
Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Erstattung der Anschaffungskosten für ein Rollstuhl-Bike.
Der 1968 geborene Kläger leidet seit einem Fahrradunfall mit contusio spinalis (traumatische Rückenmarksschädigung) an einer
inkompletten Querschnittslähmung. Er ist mit einem manuell zu bewegenden Rollstuhl (Aktivrollstuhl), einem Rollator und Unterarmgehstützen
versorgt. Im März 2005 beantragte er unter Vorlage eines Kostenvoranschlags der Firma S. - GmbH und einer vertragsärztlichen
Verordnung die Versorgung mit einem Rollstuhl-Bike. Die beklagte Krankenkasse lehnte den Antrag mit der Begründung ab, die
vorhandene Hilfsmittelversorgung des Klägers sei ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich (Bescheid vom 26.4.2005; Widerspruchsbescheid
vom 20.9.2005). Das SG hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger die Kosten für das zwischenzeitlich selbstbeschaffte
Rollstuhl-Bike in Höhe von 2619,81 Euro (Rechnung vom 10.6.2005) zu erstatten (Urteil vom 22.1.2009). Der Kläger könne mit
dem Aktivrollstuhl lediglich eine zwischen 500 und 1000 m liegende Wegstrecke zurücklegen, was nach allgemeiner Lebenserfahrung
zur Erschließung des Nahbereichs der Wohnung im Rahmen des allgemeinen Grundbedürfnisses auf Mobilität nicht ausreiche. Das
LSG hat das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen (Urteil vom 24.6.2010). Das Rollstuhl-Bike sei zur Gewährleistung
des allgemeinen Grundbedürfnisses auf Erschließung eines gewissen körperlichen Freiraums im Sinne des in die Zuständigkeit
der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) fallenden Basisausgleichs nicht erforderlich. Der Nahbereich der Wohnung beschreibe
den Radius, den sich ein behinderter Versicherter noch mittels eines Aktivrollstuhls erschließen können müsse. Dies könne
unter Rückgriff auf den für die Wegefähigkeit in der gesetzlichen Rentenversicherung geltenden Grenzwert von 500 m konkretisiert
werden. Der Kläger sei nach den gutachterlichen Feststellungen selbst bei schlechter Tagesform in der Lage, in einem zeitlichen
Rahmen von 20 Minuten eine deutlich über 500 m liegende Strecke mit dem vorhandenen Aktivrollstuhl zu bewältigen. Dies sei
zur Verwirklichung des Grundbedürfnisses auf Mobilität ausreichend.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts (§
33 Abs
1 Satz 1
SGB V). Das Rollstuhl-Bike sei im vorliegenden Einzelfall zum Ausgleich seiner Behinderung erforderlich, weil er aufgrund einer
Kombination aus dauerhafter Behinderung und belastungsbedingt akuter Verschlechterung der Bewegung im Bereich der oberen Extremitäten
nicht in der Lage sei, mit dem vorhandenen Aktivrollstuhl den Nahbereich der Wohnung ohne übermäßige Anstrengung und schmerzfrei
zu erschließen und damit sein allgemeines Grundbedürfnis auf Mobilität zu verwirklichen. Die abweichende Beurteilung des Leistungsanspruchs
durch das LSG beruhe auf einer unzulässigen Übertragung eines nur für die Wegefähigkeit in der gesetzlichen Rentenversicherung
geltenden Maßstabs. Allerdings sei selbst bei Anlegung dieses unzutreffenden Maßstabs seine Versorgung mit dem Rollstuhl-Bike
erforderlich, weil er nicht in der Lage sei, eine Wegstrecke von 500 m in normalem Rollstuhltempo innerhalb von 20 Minuten
zu bewältigen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 24. Juni 2010 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das
Urteil des Sozialgerichts Münster vom 22. Januar 2009 zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II
Die zulässige Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache zur erneuten
Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet (§
170 Abs
2 Satz 2
SGG). Die bisher vom LSG getroffenen Feststellungen reichen nicht aus, um abschließend über das auf Kostenerstattung gerichtete
Klagebegehren entscheiden zu können.
1. Rechtsgrundlage für den Kostenerstattungsanspruch ist §
13 Abs
3 Satz 2
SGB V iVm §
15 Abs
1 Satz 4
SGB IX. Danach ist die Krankenkasse als Träger der medizinischen Rehabilitation zur Erstattung der Kosten für eine vom Versicherten
selbst beschaffte Leistung ua dann verpflichtet, wenn sie diese zu Unrecht abgelehnt hat und zwischen der rechtswidrigen Ablehnung
und der Kostenlast des Versicherten ein Ursachenzusammenhang besteht (stRspr, vgl zuletzt BSG Urteil vom 7.10.2010 - B 3 KR 5/10 R - Therapiedreirad, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 9 mwN). Die Frage, ob die begehrte Leistung zu Unrecht abgelehnt
wurde, ist nach dem für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsrecht - für Leistungen der GKV somit nach
den Bestimmungen des
SGB V - zu beurteilen.
2. Maßgebende Vorschrift für die Leistungspflicht der GKV im Bereich der Hilfsmittelversorgung ist §
33 Abs
1 Satz 1
SGB V in der zum Zeitpunkt der Leistungsverschaffung, dh der Rechnungslegung am 10.6.2005 (zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung
der Sach- und Rechtslage bei einem Kostenerstattungsanspruch vgl BSG Urteil vom 7.10.2010 - B 3 KR 5/10 R - Therapiedreirad, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 10), geltenden Fassung durch das Gesetz zur Modernisierung
der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190). Danach haben Versicherte
Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich
sind, um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen,
soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach §
34 Abs
4 SGB V ausgeschlossen sind. Dabei besteht ein Anspruch auf Versorgung im Hinblick auf "die Erforderlichkeit im Einzelfall" nur,
soweit das begehrte Hilfsmittel geeignet, ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich ist und das Maß des Notwendigen nicht
überschreitet; darüber hinausgehende Leistungen darf die Krankenkasse gemäß §
12 Abs
1 SGB V nicht bewilligen. Hingegen ist weder die vertragsärztliche Verordnung (§
73 Abs
2 Satz 1 Nr
7 SGB V) des begehrten Hilfsmittels noch seine Listung im Hilfsmittelverzeichnis (§
139 SGB V) verbindlich für die Leistungspflicht der Krankenkasse (stRspr, vgl zuletzt BSG Urteil vom 10.3.2011 - B 3 KR 9/10 R - Barcodelesegerät, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 10 mwN).
Hiervon ausgehend ist das als Hilfsmittel zu qualifizierende Rollstuhl-Bike (vgl dazu unter 3.) zwar grundsätzlich nicht zur
Sicherstellung der in §
33 Abs
1 Satz 1
SGB V genannten Versorgungsziele erforderlich (vgl dazu unter 4.), weil es dem Versicherten eine Mobilität ermöglicht, die über
den durch Leistungen der GKV zu gewährleistenden Bereich der medizinischen Rehabilitation hinausgeht. Allerdings kann anhand
der vom LSG festgestellten und den Senat bindenden Tatsachen (§
163 SGG) - insbesondere in medizinischer Hinsicht - nicht abschließend entschieden werden, ob im vorliegenden Einzelfall besondere
qualitative Umstände vorliegen, die gleichwohl eine Leistungspflicht der Krankenkasse für das Rollstuhl-Bike begründen (vgl
dazu unter 5. und 6.).
3. Einem Rollstuhl-Bike kann in Bezug auf erwachsene Versicherte nicht bereits - wie vom LSG angedeutet, aber mangels Entscheidungsrelevanz
offen gelassen - die Eigenschaft als Hilfsmittel abgesprochen werden. Hilfsmittel iS von §
33 Abs
1 Satz 1
SGB V sind alle sächlichen Mittel, die den Erfolg einer Krankenbehandlung sichern, einer drohenden Behinderung vorbeugen oder eine
bestehende Behinderung ausgleichen, selbst dann, wenn ihre Anwendung durch den Versicherten selbst sicherzustellen ist (BSGE
88, 204 = SozR 3-2500 § 33 Nr 41; BSGE 87, 105, 108 f = BSG SozR 3-2500 § 139 Nr 1 S 5; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 39 S 220). Diese Voraussetzungen erfüllt das Rollstuhl-Bike,
denn die Hilfsmitteleigenschaft wird allein nach objektiven Kriterien bestimmt. Personenbezogene Merkmale - wie zB das Alter
des Versicherten - sind hierfür nicht maßgebend. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der Senatsentscheidung vom 16.9.1999
(BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31 S 185), wonach "ein Rollstuhl-Bike für Personen im Erwachsenenalter kein Hilfsmittel der gesetzlichen
KV" ist. Mit dieser Aussage wollte der Senat nicht die Hilfsmitteleigenschaft des Rollstuhl-Bikes für erwachsene Versicherte
in Frage stellen, sondern nur dessen Eignung und Erforderlichkeit zur Erreichung der Versorgungsziele des §
33 SGB V im Einzelfall beurteilen.
4. Grundsätzlich ist ein Rollstuhl-Bike als Hilfsmittel der GKV nicht zur Gewährleistung der in §
33 Abs
1 Satz 1
SGB V genannten Versorgungsziele - hier des Behinderungsausgleichs (§
33 Abs
1 Satz 1 Variante 3
SGB V) - erforderlich. Der Behinderungsausgleich hat grundsätzlich zwei Zielrichtungen:
a) Im Vordergrund steht der Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion selbst. Bei diesem sog unmittelbaren
Behinderungsausgleich gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung
des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts (stRspr, vgl BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 18 mwN -
Badeprothese). Dabei kann die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiterentwickelten Hilfsmittel nicht mit der
Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung
nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem nicht behinderten Menschen erreicht ist (BSG aaO; vgl auch BSGE 93,
183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8 RdNr 4 mwN - C-leg-Prothese). Die Prüfung, ob mit der vorgesehenen Verwendung ein allgemeines Grundbedürfnis
des täglichen Lebens betroffen ist, entfällt in den Fällen der Erst- und Ersatzausstattung, weil sich die unmittelbar auszugleichende
Funktionsbeeinträchtigung selbst immer schon auf ein Grundbedürfnis bezieht; die Erhaltung bzw Wiederherstellung einer Körperfunktion
ist als solche ein Grundbedürfnis (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 18 - Badeprothese).
b) Daneben können Hilfsmittel den Zweck haben, die direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen. Im Rahmen
dieses sog mittelbaren Behinderungsausgleichs geht es nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit
den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines nicht behinderten Menschen. Denn Aufgabe der GKV ist in allen Fällen allein
die medizinische Rehabilitation (vgl §
1 SGB V, §
6 Abs
1 Nr
1 iVm §
5 Nr
1 und
3 SGB IX), also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des
Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber
hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme (zum mittelbaren
Behinderungsausgleich zuletzt: BSG Urteil vom 7.10.2010 - B 3 KR 13/09 R - Scalamobil, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, RdNr 18 mwN). Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich
ist daher von der GKV nur zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder
mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft (stRspr zuletzt: BSG Urteile vom 10.3.2011
- B 3 KR 9/10 R - Barcodelesegerät, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 13 ff mwN). Nach ständiger Rechtsprechung gehören zu den
allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnehmen,
Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie die Erschließung eines gewissen körperlichen und
geistigen Freiraums (vgl zuletzt BSG Urteil vom 10.3.2011 aaO und Urteil vom 7.10.2010 - B 3 KR 13/09 R - aaO, jeweils mwN).
c) Nach Maßgabe dieser Grundsätze handelt es sich im vorliegenden Fall um den mittelbaren Behinderungsausgleich, weil durch
das begehrte Hilfsmittel nicht das Gehen selbst ermöglicht wird, sondern lediglich die Folgen einer Funktionsbeeinträchtigung
der Beine - hier in Form des eingeschränkten Geh- und Stehvermögens - ausgeglichen werden sollen.
d) Das hier betroffene Grundbedürfnis auf Erschließung eines körperlichen Freiraums umfasst die Bewegungsmöglichkeit in der
eigenen Wohnung und im umliegenden Nahbereich (BSG Urteil vom 7.10.2010 - B 3 KR 13/09 R - Scalamobil, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, RdNr 20 ff mwN). Anknüpfungspunkt für die Reichweite des
Nahbereichs der Wohnung ist der Bewegungsradius, den ein Nichtbehinderter üblicherweise zu Fuß zurücklegt (BSG SozR 4-2500
§ 33 Nr 27 RdNr 15 - Elektrorollstuhl). Dies entspricht dem Umkreis, der mit einem vom behinderten Menschen selbst betriebenen
Aktivrollstuhl erreicht werden kann (vgl zu diesem Maßstab BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 28 S 163 - Therapie-Tandem II; BSG SozR
3-2500 § 33 Nr 25 S 141 - Therapie-Tandem I; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 7 S 26 - Rollstuhl-Boy). Die in früheren Entscheidungen
angedeutete Möglichkeit, dass "zwischen dem durch einen Selbstfahrrollstuhl regelmäßig eröffneten Freiraum und den Entfernungen,
die ein Gesunder auch bei eingeschränktem Gesundheitszustand vor allem im ländlichen Bereich zu Fuß zurücklegt, eine Lücke
besteht, die ebenfalls noch den Grundbedürfnissen zuzurechnen ist" (so noch BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 7 S 27 - Rollstuhl-Boy),
hat der Senat nicht weiter verfolgt (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31 S 187 - Rollstuhl-Bike II).
e) Für die Bestimmung des Nahbereichs gilt ein abstrakter, von den Besonderheiten des jeweiligen Wohnortes unabhängiger Maßstab
(BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 21 RdNr 14 - Kraftknoten; BSGE 98, 213 = SozR 4-2500 § 33 Nr 15, RdNr 17 - behinderungsgerechter PKW). Dem steht weder entgegen, dass nach §
33 Abs
1 Satz 1
SGB V Hilfsmittel zu gewähren sind, wenn sie "im Einzelfall erforderlich sind", noch dass nach §
33 SGB I bei der Ausgestaltung von Rechten nach dem SGB "die persönlichen Verhältnisse des Berechtigten" berücksichtigt werden müssen.
Die Frage, ob ein Hilfsmittel der Sicherung menschlicher Grundbedürfnisse dient, betrifft dessen Eignung und Erforderlichkeit
zur Erreichung der in §
33 Abs
1 Satz 1
SGB V genannten Versorgungsziele. Diese Eignung und Erforderlichkeit zählt ebenso wie die Hilfsmitteleigenschaft und das Nichtvorliegen
der in §
33 Abs
1 Satz 1, Halbs 2
SGB V formulierten Ausschlusstatbestände zu den objektiven, dh unabhängig vom konkreten Einzelfall zu beurteilenden Anspruchsvoraussetzungen.
Hierfür ist allein die Zielsetzung des §
33 SGB V und somit die Abgrenzung der Leistungspflicht der GKV von der anderer Träger nach einem abstrakt-aufgabenbezogenen Maßstab
ausschlaggebend. Die Erforderlichkeit der Hilfsmittelversorgung "im Einzelfall" ist dagegen - ebenso wie deren Wirtschaftlichkeit
- eine subjektbezogene Anspruchsvoraussetzung, die nach einem konkret-individuellen Maßstab beurteilt wird. Der in §
33 SGB I normierte Individualisierungsgrundsatz ist für den die Anspruchsvoraussetzungen des §
33 SGB V betreffenden Nahbereich bereits deshalb ohne Bedeutung, weil er ausschließlich für die Ausgestaltung sozialer Rechte gilt,
seine Anwendung mithin auf die Rechtsfolgenseite einer im SGB geregelten Anspruchsgrundlage beschränkt ist (BSG SozR 4-7610
§ 362 Nr 1 RdNr 11 f).
f) Der Nahbereich wurde in der bisherigen Senatsrechtsprechung nicht im Sinne einer Mindestwegstrecke bzw einer Entfernungsobergrenze
festgelegt, sondern lediglich beispielhaft im Sinne der Fähigkeit konkretisiert, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und
die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um - üblicherweise im Nahbereich
der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind (stRspr, erstmals BSG SozR 3-2500
§ 33 Nr 31 S 187 - Rollstuhl-Bike II; zuletzt BSG Urteil vom 10.3.2011 - B 3 KR 9/10 R -, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 15 - Barcodelesegerät); wobei allerdings die Fähigkeit, eine Wegstrecke
von 100 m (BSG Urteil vom 21.11.2002 - B 3 KR 8/02 R - RdNr 16 - Therapie-Tandem IV) bzw 200 m (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 12 RdNr 15 - Liegedreirad) zurückzulegen, nicht als ausreichend
zur Erschließung des Nahbereichs angesehen worden ist. Dagegen umfasst der von der GKV zu gewährleistende Basisausgleich nicht
die Fähigkeit, weitere Wegstrecken, vergleichbar einem Radfahrer, Jogger oder Wanderer, zu bewältigen (BSG SozR 3-2500 § 33
Nr 31 S 186 - Rollstuhl-Bike II). An diesen Grundsätzen hält der Senat weiterhin fest. Eine weitere Konkretisierung des Nahbereichs
im Sinne einer Mindestwegstrecke ist vor dem Hintergrund des sich wandelnden Mobilitätsverhaltens (vgl Kurzfassung des Ergebnisberichts
"Mobilität in Deutschland 2008", abrufbar unter www.mobilitaet-in-deutschland.de - recherchiert am 16.5.2011) weder tatsächlich
möglich noch zur sachgerechten Anwendung des §
33 Abs
1 Satz 1
SGB V notwendig.
Für die Bestimmung des durch Hilfsmittel der GKV zu erschließenden Nahbereichs ist allein der Zweck des §
33 Abs
1 Satz 1
SGB V maßgebend. Dieser liegt in der Sicherstellung der in Satz 1 formulierten Versorgungsziele. Dabei soll mit dem Versorgungsziel
des Behinderungsausgleichs (§
33 Abs
1 Satz 1 Variante 3
SGB V) grundsätzlich eine Gleichstellung des behinderten Menschen mit Nichtbehinderten erreicht werden, wobei allerdings im Bereich
des mittelbaren Behinderungsausgleichs kein Gleichziehen mit den nahezu unbegrenzten Möglichkeiten zu gewährleisten ist, sondern
lediglich ein Aufschließen zu den Grundbedürfnissen eines nicht behinderten Menschen (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31 S 185 - Rollstuhl-Bike
II), um die Zuständigkeit der GKV von der anderer Träger abzugrenzen. Von dieser Zielsetzung ausgehend sind dem der Zuständigkeitsabgrenzung
der GKV von anderen Rehabilitationsträgern dienenden Nahbereich beim mittelbaren Behinderungsausgleich solche Wege zuzuordnen,
die räumlich einen Bezug zur Wohnung und sachlich einen Bezug zu den Grundbedürfnissen der physischen und psychischen Gesundheit
bzw der selbstständigen Lebensführung aufweisen. In räumlicher Hinsicht ist der Nahbereich auf den unmittelbaren Umkreis der
Wohnung des Versicherten beschränkt (vgl zum Zusammenhang zwischen dem Grundbedürfnis auf Mobilität und dem Grundbedürfnis
des selbstständigen Wohnens: BSG Urteil vom 10.3.2011 - B 3 KR 9/10 R - Barcodelesegerät - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 15). Diese ist Ausgangs- und Endpunkt der zum Nahbereich
zählenden Wege, so dass die Mobilität für den Hin- und Rückweg durch Leistungen der GKV sicherzustellen ist. Hierfür sind
allerdings nicht die konkreten Wohnverhältnisse des behinderten Menschen maßgebend, weil der Nahbereich ein allgemeines Grundbedürfnis
des täglichen Lebens konkretisiert und somit die Eignung und Erforderlichkeit des Hilfsmittels als objektive Anspruchsvoraussetzung
betrifft. Sachlich umfasst der Nahbereich gesundheitserhaltende Wege, Versorgungswege sowie elementare Freizeitwege. Zu den
gesundheitserhaltenden Wegen zählen Entfernungen, die zur Aufrechterhaltung der physischen und psychischen Existenz zurückgelegt
werden (zB Besuch von Ärzten und Therapeuten, Aufsuchen der Apotheke). Der Versorgungsweg umschreibt dagegen die Fähigkeit,
die Wohnung zu verlassen, um die für die Grundbedürfnisse der selbstständigen Existenz und des selbstständigen Wohnens notwendigen
Verrichtungen und Geschäfte (Einkauf, Post, Bank) wahrnehmen zu können. Die Mobilität für Freizeitwege ist in Abgrenzung zu
der durch andere Leistungsträger sicherzustellenden Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft jedoch nur durch Leistungen der
GKV abzudecken, wenn (und soweit) diese Wege von besonderer Bedeutung für die physische und psychische Gesundheit sind. In
diesem Sinne zählen zu den Freizeitwegen Entfernungen, die bewältigt werden müssen, um die körperlichen Vitalfunktionen aufrechtzuerhalten
(kurzer Spaziergang an der frischen Luft) und um sich einen für die seelische Gesundheit elementaren geistigen Freiraum zu
erschließen (zB Gang zum Nachbarn zur Gewährleistung der Kommunikation oder zum Zeitungskiosk zur Wahrnehmung des Informationsbedürfnisses).
g) Dagegen sind die zur rentenversicherungsrechtlichen Wegefähigkeit und zum Nachteilsausgleich "G" entwickelten Maßstäbe
aufgrund ihrer abweichenden Zweckbestimmung nicht geeignet, den für das Grundbedürfnis der Erschließung eines körperlichen
Freiraums relevanten Nahbereich näher bzw in anderer Weise zu bestimmen.
aa) Die Wegefähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung, dh das gesundheitliche Vermögen, viermal am Tag eine Wegstrecke
von 500 m in einem Zeitraum von 20 Minuten zurückzulegen (vgl BSG SozR 4-2600 § 43 Nr 8 RdNr 15; BSG Urteil vom 28.8.2002
- B 5 RJ 12/02 R - RdNr 13), ist ein wesentliches Kriterium für die Erwerbsfähigkeit. Sie betrifft Voraussetzungen für die Gewährung der
Versicherungsleistung Rente. Bereits aus diesem Grund ist der für die rentenversicherungsrechtliche Wegefähigkeit geltende
Maßstab nicht zur Bestimmung der Leistungspflicht im Bereich der GKV-Rehabilitationsleistungen geeignet. Soweit entsprechend
dem Grundsatz "Rehabilitation vor Rente" (§
9 Abs
1 Satz 2
SGB VI) zum Ausgleich einer eingeschränkten Wegefähigkeit Leistungen des Rentenversicherungsträgers zur (beruflichen) Rehabilitation
erbracht werden, dienen diese Leistungen dem Zweck, die Erwerbsfähigkeit zu erhalten bzw gesundheitlich bedingte Erwerbshindernisse
zu beseitigen, und verfolgen daher einen erwerbsbezogenen Rehabilitationsansatz (§§
9 Abs
1 SGB VI; §
6 Abs
1 Nr
4 iVm §
5 Nr
1,
2 SGB IX). Dagegen liegt den von der GKV zu erbringenden Leistungen der medizinischen Rehabilitation ein gesundheitsbezogener Rehabilitationsansatz
zugrunde. Mit diesen Leistungen soll eine durch Krankheit bedingte Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abgewendet, beseitigt,
gemildert, ausgeglichen, ihre Verschlimmerung verhütet oder ihre Folgen gemildert werden (§
11 Abs
2 Satz 1
SGB V; §
6 Abs
1 Nr
1 iVm §
5 Nr
1 SGB IX). In diesem Sinne erschließen die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation dem Versicherten die Möglichkeiten - im Rahmen
des mittelbaren Behinderungsausgleichs allerdings nur in Bezug auf seine Grundbedürfnisse - eines nicht behinderten Menschen.
Maßstab ist daher weder der erwerbsfähige noch der aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen ggf an der Grenze zur aufgehobenen
Erwerbsfähigkeit stehende Versicherte, sondern der nichtbehinderte Mensch, so dass die Bestimmung des Nahbereichs anhand der
zur rentenversicherungsrechtlichen Wegefähigkeit entwickelten Kriterien den Leistungsumfang des §
33 Abs
1 Satz 1
SGB V in einer mit der Zweckrichtung der Norm nicht zu vereinbarenden Weise verkürzen würde.
bb) Der für die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs mit dem Merkzeichen "G" geltende (Mobilitäts-)Maßstab kann aufgrund seiner
abweichenden Zweckbestimmung ebenfalls nicht zur Konkretisierung des Nahbereichs herangezogen werden. Das Merkzeichen "G"
wird zuerkannt, wenn infolge einer Einschränkung des Gehvermögens Wegstrecken im Ortsverkehr, die üblicherweise noch zu Fuß
zurückgelegt werden, nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder Gefahren bewältigt werden können (§
146 Abs
1 Satz 1
SGB IX), wobei die "Wegstrecken im Ortsverkehr" von der Rechtsprechung iS einer Länge von bis zu 2 km bei einer Gehdauer von 30
Minuten konkretisiert worden sind (so schon BSGE 62, 273, 274 ff = SozR 3870 § 60 Nr 2 S 3 ff). Mit dem Merkzeichen "G" sollen Mehraufwendungen ausgeglichen werden, die einem gehbehinderten
Menschen dadurch entstehen, dass er öfter als ein nicht behinderter Mensch - nämlich auch für kürzere und üblicherweise zu
Fuß zu bewältigende Wegstrecken - auf die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel angewiesen ist (BT-Drucks 8/2453, S 11 zu §
59 SchwbG; BSGE 62, 273, 276 f = SozR 3870 § 60 Nr 2 S 4; Dreher, ZfS 1986, 65, 67). Maßstab für die Gewährung des Nachteilsausgleichs ist damit zwar - ebenso wie bei den von der GKV zu erbringenden Leistungen
- der nichtbehinderte Mensch. Allerdings gehen die mit der Zuerkennung des Nachteilsausgleichs "G" verbundenen Vergünstigungen
(unentgeltliche Beförderung im Nahverkehr - §
145 iVm §
147 Abs
1 SGB IX) über den engeren Umkreis der Wohnung des behinderten Menschen hinaus, weil zum einen die den Ausgleich begründenden Wegstrecken
nicht zwingend von der eigenen Wohnung ausgehen bzw zu ihr hinführen (Dreher, ZfS 1986, 65, 67) und zum anderen mit dem Merkzeichen "G" nicht nur Mobilitätsdefizite im Nahbereich der Wohnung, sondern darüber hinaus
auch solche in Bezug auf Arbeitswege und Freizeitwege jeglicher Art ausgeglichen werden. Mit dem Merkzeichen "G" werden Nachteile
des behinderten Menschen im Hinblick auf die "nahezu unbegrenzten Möglichkeiten" und nicht nur die Grundbedürfnisse eines
nicht behinderten Menschen ausgeglichen. Für die Zuerkennung dieses Merkzeichens ist ein über den gesundheitsbezogenen Ansatz
des §
33 Abs
1 Satz 1
SGB V hinausgehender teilhabebezogener Rehabilitationsansatz maßgebend. Infolgedessen ist im Rahmen des Nachteilsausgleichs "G"
die Wegstrecke und somit die Entfernung im Sinne einer Mindestwegstrecke für die Leistungspflicht ausschlaggebend (Dreher,
ZfS 1986, 65, 68 f), während im Anwendungsbereich des §
33 Abs
1 Satz 1
SGB V die Wegeart, dh der mit der Zurücklegung des Weges verbundene Zweck im Sinne des Mobilitätsziels, leistungsrechtlich von
Bedeutung ist.
5. Hiervon ausgehend eröffnet das Rollstuhl-Bike dem behinderten Menschen grundsätzlich eine dem Radfahren vergleichbare und
somit über den nach den dargelegten Grundsätzen (vgl unter 4. e und f) bestimmten Nahbereich hinausgehende Mobilität. Denn
mit dem Rollstuhl-Bike können nicht nur die im Nahbereich der Wohnung liegenden Ziele erreicht, sondern darüber hinaus auch
Arbeitswege und Freizeitwege jeglicher Art bewältigt werden. Allerdings sind Hilfsmittel, die dem Versicherten eine über den
Nahbereich hinausgehende Mobilität ermöglichen, im Einzelfall gleichwohl von der Krankenkasse zu gewähren, wenn besondere
qualitative Momente dieses "Mehr" an Mobilität erfordern. Solche besonderen qualitativen Momente liegen zB vor, wenn der Nahbereich
ohne das begehrte Hilfsmittel nicht in zumutbarer Weise erschlossen werden kann oder wenn eine über den Nahbereich hinausgehende
Mobilität zur Wahrnehmung eines anderen Grundbedürfnisses notwendig ist. So ist etwa die Erschließung des Nahbereichs ohne
das begehrte Hilfsmittel unzumutbar, wenn Wegstrecken im Nahbereich nur unter Schmerzen oder nur unter Inanspruchnahme fremder
Hilfe bewältigt werden können (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 27 RdNr 24 - Elektrorollstuhl) oder wenn die hierfür benötigte Zeitspanne
erheblich über derjenigen liegt, die ein nicht behinderter Mensch für die Bewältigung entsprechender Strecken zu Fuß benötigt.
Andere Grundbedürfnisse, die eine über den Nahbereich hinausgehende Mobilität erfordern, sind vom Senat in der Integration
von Kindern und Jugendlichen in den Kreis Gleichaltriger (BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 10 RdNr 16 - RehaKinderwagen; BSG SozR 3-2500
§ 33 Nr 46 S 258 f - Therapiedreirad; SozR 3-2500 § 33 Nr 27 S 158 f - Rollstuhl-Bike I) sowie in der Erreichbarkeit von Ärzten
und Therapeuten bei Bestehen einer besonderen gesundheitlichen Situation (BSGE 93, 176 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7 RdNr 13 ff - schwenkbarer Autositz II) gesehen worden. Zur Beantwortung der Frage, ob besondere qualitative
Umstände ausnahmsweise die Gewährung eines Rollstuhl-Bikes erfordern, sind die Umstände des jeweiligen Einzelfalls maßgebend.
6. Im vorliegenden Fall bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass eine über den Nahbereich hinausreichende Mobilität zur Verwirklichung
eines anderen Grundbedürfnisses des 1968 geborenen Klägers notwendig ist. Allerdings reichen die vom LSG festgestellten Tatsachen
nicht aus, um abschließend auch beurteilen zu können, ob der Kläger den Nahbereich ohne das begehrte Rollstuhl-Bike in zumutbarer
Weise erschließen kann.
a) Zum einen fehlen ausreichende Feststellungen zum mobilitätsbezogenen körperlichen Leistungsvermögen des Klägers. Die insoweit
vom LSG festgestellten medizinischen Tatsachen sind ausgehend von dem in Anlehnung an die rentenversicherungsrechtliche Wegefähigkeit
gewählten Mobilitätsmaßstab und somit in einem für die Rechtsauffassung des Senats nicht genügenden Umfang ermittelt worden.
Zudem sind diese Feststellungen teilweise widersprüchlich und daher für den Senat nicht bindend iS des §
163 SGG (zur fehlenden Bindungswirkung bei unklaren oder widersprüchlichen Feststellungen: BSG SozR 3-4100 §
103 Nr 21 S 83; BSG SozR 2200 § 1246 Nr 139 S 449). So hat das LSG im Tatbestand seines Urteils unter Bezugnahme auf das Sachverständigengutachten
ua festgestellt, der Kläger könne je nach Tagesform und Bodenbeschaffenheit eine Strecke von 500 bis 1000 m mit dem Aktivrollstuhl
ohne Pause bewältigen, während es in demselben Absatz (Urteilsumdruck S 4, 3. Absatz) ausführt, der Kläger benötige für Strecken
über 500 m eine Pause. Zur Notwendigkeit dieser Pausen heißt es sodann, der Sachverständige halte Pausen zwischen den zumutbar
zurücklegbaren Wegen von fünf Minuten für erforderlich, während der Kläger selbst nur von maximal 40 Sekunden ausgehe (Urteilsumdruck
S 12, 3. Absatz). Ungeachtet dieser Widersprüche wird unter Zugrundelegung des vom Senat für die Bestimmung des Nahbereichs
gewählten Maßstabes festzustellen sein, welche Wegstrecken der Kläger mit den vorhandenen Hilfsmitteln am Stück zurücklegen
kann, welche Strecke nach einer Pause erneut bewältigt werden kann sowie ob und in welchem Umfang sich die nach einer Pause
fortgesetzte Wegstrecke verkürzt bzw sich die Pausen verlängern.
b) Zum anderen besteht Unklarheit darüber, unter welchen Umständen dem Kläger die Fortbewegung im Nahbereich möglich ist.
Insoweit wird in medizinischer Hinsicht aufzuklären sein, ob bzw ab welcher Strecke die Fortbewegung zu gesundheitlichen Beschwerden
iS von Schmerzen, Verkrampfungen uä führt und von welcher Intensität die Beschwerden sind. In diesem Zusammenhang ist auch
zu ermitteln, ob die vom Kläger bei der Fortbewegung mit dem Aktivrollstuhl beschriebenen Beschwerden bei der Nutzung eines
Rollstuhl-Bikes in gleicher Weise zu erwarten sind oder ob mit dessen Verwendung ein für das klägerische Krankheitsbild günstigerer
Bewegungsablauf verbunden ist.
Sollten die nachzuholenden Ermittlungen ergeben, dass der Kläger - unabhängig von seinem konkreten Wohnumfeld - gesundheitlich
in der Lage ist, eine Wegstrecke von 500 m bis 1000 m am Stück zurückzulegen und nach jeweils einer kurzen Pause wiederum
entsprechende Strecken zu bewältigen und ist ihm diese Fortbewegung schmerzfrei und ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen
möglich, kann von einer zumutbaren Erschließung des Nahbereichs ausgegangen werden. Sollten die weiteren Ermittlungen indes
ergeben, dass der Kläger sich den Nahbereich in vorbezeichneter Weise mit der vorhandenen Hilfsmittelausstattung nicht zumutbar
erschließen kann, müssen im Hinblick auf den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit (§
12 Abs
1 SGB V) Feststellungen zu einer ebenso geeigneten, aber möglicherweise kostengünstigeren Alternativversorgung (zB mit einem restkraftunterstützenden
Greifreifenantrieb) getroffen werden.
7. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.