Gründe:
I
Die Klägerin begehrt die Erstattung von Reparaturkosten in Höhe von 980,00 Euro für ihre Brille, die bei einem Sturz zerbrochen
war. Die Klägerin trägt vor, beim Sturz habe sie eine bereits veraltete Sehhilfe getragen. Aus ihrer Erwerbsminderungsrente
könne sie die Kosten für eine neue Brille nicht aufbringen. Die Beklagte lehnte den Antrag auf Kostenübernahme ab (Bescheid
vom 19.9.2011, Widerspruchsbescheid vom 9.2.2012), weil Brillengläser für Erwachsene nur in den gesetzlich vorgesehenen Ausnahmefällen
zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung gehörten und ein solcher Ausnahmefall bei der Klägerin nicht vorliege.
Die Klägerin hat die Kosten in Raten an den Optiker bezahlt. Das SG hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 8.7.2013); das LSG hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 29.1.2014).
Es hat ausgeführt, die Versorgung mit Sehhilfen und deren Reparatur sei seit dem 1.1.2004 nur in Ausnahmefällen von den Leistungen
der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst. Erwachsene Versicherte hätten danach nur dann Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie
aufgrund ihrer Sehschwäche oder Blindheit entsprechend der von der Weltgesundheitsorganisation empfohlenen Klassifikation
des Schweregrades der Sehbeeinträchtigung auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 aufwiesen.
Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Der Sozialhilfeträger sei nicht notwendig beizuladen, da seine Verurteilung in diesem
Verfahren ausscheide.
Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG. Der Senat hat der Klägerin
hierfür Prozesskostenhilfe bewilligt (Beschluss vom 9.7.2014) und ihr Rechtsanwalt B., G., beigeordnet (Beschluss vom 23.7.2014).
II
1. Der Klägerin war für das vorliegende Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision kein besonderer Vertreter
nach §
72 Abs
1 SGG zu bestellen. Nach dieser Vorschrift kann der Vorsitzende für einen nicht prozessfähigen Beteiligten ohne gesetzlichen Vertreter
bis zum Eintritt eines Vormundes, Betreuers oder Pflegers für das Verfahren einen besonderen Vertreter bestellen, dem alle
Rechte, außer dem Empfang von Zahlungen, zustehen. Die Bestellung eines besonderen Vertreters war unabhängig von der Prozessfähigkeit
der Klägerin nicht notwendig, da die Klägerin bereits durch einen Rechtsanwalt vertreten wird, der ihr nach §
73a SGG iVm §
121 Abs
2 ZPO im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe beigeordnet wurde. Dadurch ist ihr Rechtsschutz hinreichend sichergestellt;
die zusätzliche Bestellung eines besonderen Vertreters würde ihr keine verbesserten Rechtsschutzmöglichkeiten einräumen. Bei
wirksamer Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten, also insbesondere soweit die Vollmacht wirksam erteilt worden ist,
kommt die zusätzliche Bestellung eines besonderen Vertreters nach Sinn und Zweck des §
72 Abs
1 SGG nur in Betracht, wenn der Prozessbevollmächtigte die Interessen des Prozessunfähigen offensichtlich nur ungenügend wahrnimmt
(vgl hierzu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl 2014, §
72 RdNr 2a, RdNr 8; vgl auch §
202 Satz 1
SGG iVm §
246 ZPO). Das ist hier nicht der Fall.
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet, weil die geltend gemachten Verfahrensfehler nicht vorliegen.
a) Die Klägerin macht geltend, das LSG hätte sich gemäß §
103 SGG zur Aufklärung weiteren Sachverhalts gedrängt fühlen müssen, weil sie im Berufungsverfahren anwaltlich nicht vertreten war
und in der Klageschrift ausgeführt habe, sie könne nicht beurteilen, ob sie die ärztlich verordnete Brille wegen der diagnostizierten
Erkrankungen brauche. Sie habe darum gebeten, die Ärzte zu befragen. Aufgrund der von ihr erlittenen Augenverletzung komme
möglicherweise die Indikation einer therapeutischen Sehhilfe zum Tragen. Das LSG habe die Voraussetzungen der §§ 17 und 14
der Hilfsmittelrichtlinie (HM-Richtlinie) nicht in Erwägung gezogen. Unter Umständen komme auch eine Folgeverordnung nach
§ 12 Abs 4 HM-Richtlinie in Betracht.
Nach §
160 Abs
2 Nr
3 2 Halbsatz
SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist. Es kann dahin gestellt bleiben, ob die Anregung der Klägerin, ihre Ärzte zu befragen, ein Beweisantrag im Sinne dieser
Vorschrift ist. Denn jedenfalls musste sich das LSG nicht zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes gemäß §
103 SGG gedrängt fühlen.
Für das Vorliegen eines in §
33 Abs
2 Satz 2
SGB V vorgesehenen Ausnahmefalls, in dem auch erwachsene Versicherte Anspruch auf Sehhilfen gegen die Krankenkasse haben, liegen
keine Anhaltspunkte vor. Insbesondere ist eine solche Indikation der von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Verordnung nicht
zu entnehmen. Denn der verordnende Arzt hat darin zum Ausdruck gebracht, dass er die Voraussetzungen eines entsprechenden
Ausnahmefalls für nicht gegeben erachte. Er hat das Rezept ausdrücklich mit dem Zusatz versehen, dass es nicht zur Erstattung
bei der gesetzlichen Krankenkasse eingereicht werden kann. Auch der von der Klägerin vorgetragene Sachverhalt bietet keine
Anhaltspunkte für das Vorliegen der Voraussetzungen einer Ausnahmeindikation. Eine Verordnung therapeutischer Brillengläser
iS von § 17 HM-Richtlinie ist nicht erkennbar, und für Folgeverordnungen enthält § 12 Abs 4 HM-Richtlinie für Versicherte,
die bereits mit einer Sehhilfe ausgestattet sind, lediglich zusätzliche Voraussetzungen, unter denen eine erneute Versorgung
erfolgen kann. Bei dieser Sachlage bestand kein Anlass, die Ärzte (erneut) zu befragen.
b) Es liegt auch keine Verletzung des Grundsatzes auf rechtliches Gehör nach Art
103 GG vor. Die Klägerin macht einen solchen Verfahrensfehler geltend, weil sie in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG am 29.1.2014
einen Schriftsatz überreicht hat, in welchem sie mitteilt, dass sie wegen generalisierter Angststörungen verrentet sei und
daher aus gesundheitlichen Gründen in der mündlichen Verhandlung keinerlei Erklärungen abgebe.
Aufgrund dieser Sachlage musste das Berufungsgericht keinen besonderen Vertreter nach §
72 SGG bestellen, wie die Klägerin jetzt geltend macht, denn die Bestellung eines besonderen Vertreters setzt nach dieser Vorschrift
die Prozessunfähigkeit des Beteiligten voraus. Für eine Prozessunfähigkeit der Klägerin lagen im Januar 2014 keine Anhaltspunkte
vor. Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie G. ist in seinem Gutachten vom 25.9.2012 zu dem Ergebnis gelangt, die
Klägerin könne bei Vorliegen einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten
noch selbst besorgen. Der Gutachter Dr. I. hat in seinem Gutachten zur Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben vom 26.8.2013 ausgeführt,
die Klägerin befände sich nicht in einem Zustand des ständigen Ausschlusses der freien Willensbestimmung. Sie sei in der Lage,
nach ihren eigenen Wertvorstellungen zu handeln, und habe auch zum politischen Geschehen eine Meinung. Sie sei offensichtlich
in der Lage, siebenseitige Schreiben zu verfassen, und eine so schwerwiegende krankhafte Störung der Geistestätigkeit, die
die freie Willensbestimmung ausschließe, werde aktuell nicht gesehen. Erst in einem Gutachten vom 22.4.2014 - und damit erst
einige Monate nach der mündlichen Verhandlung des Berufungsgerichts - kam derselbe Gutachter zu der Einschätzung, die Klägerin
sei in ihrer Geschäfts- und Prozessfähigkeit gemindert, könne aber an notwendigen Verfahren teilnehmen. Abweichend von seiner
Stellungnahme im Gutachten vom 26.8.2013 befinde sich die Klägerin jetzt nicht mehr in der Lage, die freie Willensbildung
mit ausreichender Einsichtsfähigkeit zu verbinden. Es fehle die Einsicht, die offensichtliche Aussichtslosigkeit ihrer vielfältigen
Verfahren zu erkennen und der drohenden weiteren Verschuldung entgegen zu steuern. Im Hinblick auf die Wahrnehmung eines Termins
zur mündlichen Verhandlung sei die Klägerin allerdings nicht beeinträchtigt.
Daraus kann allenfalls auf eine Prozessunfähigkeit der Klägerin ab dem Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens geschlossen
werden. Der Gutachter hat sich in den späteren Ausführungen ausdrücklich nicht von seinem Erstgutachten distanziert, sondern
eine Entwicklung beschrieben, aufgrund derer er jetzt, dh zum Zeitpunkt der Erstellung des späteren Gutachtens, zu einer geänderten
Einschätzung gelangt. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem LSG war der Klägerin noch kein besonderer Vertreter
zu bestellen. Zudem wäre sie nach den Ausführungen der Gutachter jedenfalls noch in der Lage gewesen, eine wirksame Vollmacht
zu erteilen und sich im Prozess und insbesondere in der mündlichen Verhandlung durch einen Bevollmächtigten vertreten zu lassen.
Auf diese Möglichkeit ist sie in der Ladung ausdrücklich hingewiesen worden.
c) Das Urteil des LSG leidet auch nicht am Fehlen von Entscheidungsgründen nach §
136 Abs
1 Nr
6 SGG. Im Urteil des LSG wird auf den Gerichtsbescheid des SG Bezug genommen. Diese Vorgehensweise ist im
SGG ausdrücklich vorgesehen (§
153 Abs
2 SGG). Bei Fehlen jeglicher Anhaltspunkte für das Vorliegen einer gesetzlich vorgesehenen Ausnahmeindikation, bei der auch die
Klägerin einen Anspruch auf Versorgung mit einer neuen Brille hätte, waren die Instanzgerichte zu weiteren Ausführungen nicht
zwingend gehalten.
d) In der nicht erfolgten Beiladung des Sozialamtes liegt ebenfalls kein Verfahrensfehler. Die Ausführungen des LSG, dass
eine Verurteilung des Sozialhilfeträgers nicht in Betracht komme, sind nicht zu beanstanden. Der Sozialhilfeträger erbringt
als Hilfen zur Gesundheit grundsätzlich keine weitergehenden Leistungen, als die gesetzliche Krankenversicherung (vgl § 47 ff SGB XII). Soweit das
SGB V notwendige Leistungen der Eigenversorgung der Versicherten zuweist und daher bestimmte Leistungen nicht vom Leistungsumfang
der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst sind, geht der Gesetzgeber davon aus, dass diese Eigenleistungen grundsätzlich
aus den Regelsätzen nach dem SGB XII aufgebracht werden können. Bei der Festsetzung der Regelsätze sind ausdrücklich auch Verbrauchsausgaben für die Gesundheitspflege
berücksichtigt worden (vgl § 5 Abs 1 Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch - Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz [RBEG] vom 24.3.2011, BGBl I 453). Zusätzliche Bedarfe sind in den §§ 30 ff SGB XII ausdrücklich ausgeführt. Sehhilfen gehören dazu nicht. Kann im Einzelfall ein von den Regelbedarfen umfasster und nach den
Umständen unabweisbar gebotener Bedarf nicht gedeckt werden, soll nach § 37 SGB XII ein ergänzendes Darlehen gewährt werden. Die Gewährung eines Darlehens kommt hier nicht in Betracht, da die Klägerin die
Brille bereits vor Klageerhebung vollständig bezahlt hat.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.