Anspruch eines Leistungserbringers im Haushaltshilfebereich auf Abschluss einer Vergütungsvereinbarung in der gesetzlichen
Krankenversicherung bei Verstoß gegen das Kartellrecht, marktbeherrschende oder marktstarke Stellung einer Krankenkasse
Gründe:
I. Zwischen den Beteiligten ist die Vergütung von Leistungen der Haushaltshilfe in Anlehnung an entsprechende Vereinbarungen
mit den Wohlfahrtsverbänden für die Zeit ab 1.8.2008 streitig.
Die klagende GmbH betreibt ein Unternehmen, das im Bereich der sozialen Pflegeversicherung Leistungen der häuslichen Pflege
(§
36 SGB XI) sowie im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung Leistungen der häuslichen Krankenpflege (§
37 SGB V) und der Haushaltshilfe (§
38 SGB V, § 199
RVO) anbietet. Sie ist zur Versorgung der Versicherten der in Baden-Württemberg tätigen Krankenkassen und Pflegekassen berechtigt.
Bis zur Gründung der GmbH im Jahre 2000 wurde das Unternehmen von der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) S. & P. PflegeService
geführt. Die Klägerin ist Mitglied im Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (BpA; vormals: Bundesverband privater
Alten- und Pflegeheime und ambulanter Dienste e.V.); bis 2000 war auch die GbR dort Mitglied.
Am 19.5.1998 schloss der BpA zusammen mit fünf anderen Verbänden der privatgewerblichen Leistungserbringer mit den Beklagten
zu 2) bis 4) einen "Rahmenvertrag nach §
132 SGB V über die Versorgung mit Haushaltshilfe". Nach dessen §
1 Abs 2 gilt der Vertrag für diejenigen ambulanten Pflegedienste, die einem der beteiligten Trägerverbände angeschlossen sind
und eine Verpflichtungserklärung nach Anlage 1 des Vertrages unterzeichnet haben. Er regelt die qualitativen Bedingungen der
Leistungserbringung. Die Vergütung für die erbrachten Leistungen erfolgt gemäß § 10 des Rahmenvertrages nach einer gesonderten
Preisvereinbarung. Am 15.7.1998 wurde mit der Beklagten zu 1) ein vergleichbarer Rahmenvertrag vereinbart. Dem Rahmenvertrag
mit den Beklagten zu 2) bis 4) sind die GbR am 19.11.1999 und die Klägerin am 12.10.2000 beigetreten. Dem Rahmenvertrag mit
der Beklagten zu 1) sind die GbR am 17.5.1999 und die Klägerin am 17.7.2008 beigetreten.
Auf der Basis dieser Rahmenverträge wurden mit den Beklagten Preisvereinbarungen geschlossen, die ab dem 1.4.2002 (Beklagte
zu 1) bzw ab dem 1.5.2002 (Beklagte zu 2 bis 4) für den Einsatz einer hauswirtschaftlichen Fachkraft mit dreijähriger Ausbildung
eine Vergütung in Höhe von 5,75 Euro, für den Einsatz anderer geeigneter sozialversicherungspflichtig tätiger Personen (zB
Hausfrauen) eine Vergütung in Höhe von 2,98 Euro und für den Einsatz von Zivildienstleistenden und Personen im Freiwilligen
Sozialen Jahr eine Vergütung in Höhe von 2,30 Euro je angefangener Viertelstunde vorsahen. Nach Ziffer 7 konnte die Preisvereinbarung
frühestens zum 31.12.2002 gekündigt werden; bei Kündigung sollten die bisherigen Preise bis zum Abschluss einer Folgevereinbarung
weiter gelten. Diese Preisvereinbarungen hat der BpA fristgerecht zum 31.12.2002 gekündigt. Nach Angaben der Klägerin haben
auch die fünf anderen Verbände die Preisvereinbarungen gekündigt. Seitdem sind keine neuen Vereinbarungen zustande gekommen.
Die Leistungen werden, soweit bewilligt und erbracht, weiterhin auf der Grundlage der gekündigten Entgeltregelungen vergütet.
Bereits am 13.11.1990 hatten die Beklagten mit den in Baden-Württemberg tätigen, in der "Liga der Freien Wohlfahrtspflege"
organisierten Wohlfahrtsverbänden, kommunalen Trägern und anderen freigemeinnützigen Einrichtungen (im Folgenden: Wohlfahrtsverbände)
einen "Rahmenvertrag nach §
132 SGB V über die Versorgung mit häuslicher Krankenpflege, Haushaltshilfe und häuslicher Pflegehilfe" geschlossen. Die Preisvereinbarung
vom 3.4.2002 sah ab dem 1.4.2002 eine Vergütung für den Einsatz einer hauptberuflichen Haushaltshilfe in Höhe von 6,17 Euro
und einer nebenberuflichen Haushaltshilfe in Höhe von 3,02 Euro je angefangener Viertelstunde vor. Die zum 1.1.2003 auf 6,15
Euro bzw 3,01 Euro abgesenkten Vergütungssätze sind auch derzeit noch gültig.
Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin das Ziel, dass die Beklagten mit ihr eine Preisvereinbarung auf der Basis der mit den
Wohlfahrtsverbänden in Baden-Württemberg vereinbarten Entgelte abschließen. Für die Benachteiligung der privaten Leistungserbringer
bei der Vergütung derselben Leistungen gebe es keinen sachlichen Grund. Insbesondere dürfe nicht nach möglicherweise unterschiedlichen
Gestehungskosten differenziert werden. Das Diskriminierungsverbot zwinge zur Gleichbehandlung bei der Vergütung der Leistungen.
Die Beklagten haben vorgetragen, die unterschiedliche Höhe der Vergütungen rechtfertige sich aus der unterschiedlichen Struktur
der Leistungserbringer. Die Wohlfahrtsverbände erbrächten sowohl Pflegeleistungen als auch - immer schon - in großem Umfang
hauswirtschaftliche Leistungen. Deswegen beschäftigten sie neben Fachkräften verhältnismäßig viele Nichtfachkräfte der Hauswirtschaft.
Demgegenüber sei die Erbringung hauswirtschaftlicher Leistungen bei den - in der Regel auf die Pflege ausgerichteten - privaten
Leistungserbringern nur als "Mitnahmeeffekt" gedacht gewesen. Zudem unterlägen die Wohlfahrtsverbände in der Regel strengeren
arbeitsrechtlichen Bedingungen. Sie seien verpflichtet, Löhne und verschiedene Sonderleistungen nach dem Bundesangestelltentarif
(BAT) zu zahlen und hierbei Alter und Familienstand der Arbeitnehmer zu berücksichtigen. Außerdem sei dort die tarifliche Arbeitszeit
regelmäßig niedriger, was zu höheren Kosten führe. In anderen Bundesländern würden überdies zum Teil deutlich niedrigere Sätze
bezahlt als an die Klägerin. Gleiches gelte für private Leistungserbringer in Baden-Württemberg, die mit den Krankenkassen
einen Einzelvertrag geschlossen hätten.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 6.11.2006). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen
(Urteil vom 10.7.2007). Es hat die Klage als zulässig angesehen. Einer Anrufung des Vertragsausschusses nach §
18 Rahmenvertrag habe es nicht bedurft, weil diese Vertragsbestimmung nach der Neuregelung des §
69 SGB V mangels gesetzlicher Ermächtigungsgrundlage seit dem 1.1.2000 nichtig sei. Die Klage sei aber in der Sache erfolglos. Das
Gericht könne die Beklagten nicht verpflichten, ein Preisangebot zu akzeptieren, das den Vergütungsbestimmungen der Wohlfahrtsverbände
entspreche.
Die Verträge sollten nach der gesetzlichen Regelung im freien Spiel der Kräfte zustande kommen. Bei fehlender Einigung könne
weder die Krankenkasse noch der Leistungserbringer einseitig die Preise bestimmen. Vielmehr nehme der Gesetzgeber in einem
solchen Fall einen vertragslosen Zustand in Kauf. Die Klägerin könne sich auch nicht auf das Diskriminierungsverbot nach §
69 Satz 2
SGB V iVm § 20 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) stützen, weil dieses in erster Linie auf Schadensersatz gerichtet sei, den die Klägerin nicht geltend gemacht habe. Ein
unmittelbarer Kontrahierungszwang folge aus dem Diskriminierungsverbot nicht. Das Prinzip der vertraglichen Vereinbarung der
Vergütung (§
132 SGB V) würde ausgehebelt, wenn sich ein Leistungserbringer auf ausgehandelte höhere Preise mit anderen Leistungserbringern berufen
könnte und so letztlich nur ein einziger Preis - nämlich der höchste - maßgebend wäre.
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Der Klageanspruch ergebe sich aus §
69 Satz 2
SGB V iVm § 20 Abs 1 und 2 GWB sowie § 33 GWB bzw §
1004 BGB in entsprechender Anwendung, hilfsweise aus Art
12 iVm Art
3 Abs
1 GG. Das Diskriminierungsverbot führe zu einem Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch (§ 33 Abs 1 GWB), aus dem der begehrte Anspruch auf Abschluss einer diskriminierungsfreien Preisvereinbarung abzuleiten sei. Dieses Verbot
sei verletzt, weil die Beklagten als marktbeherrschende Nachfrager nach Leistungen der Haushaltshilfe einzustufen seien und
es keine sachlichen Gründe für die finanzielle Bevorzugung der Wohlfahrtsverbände gebe.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 10.7.2007 und des SG Karlsruhe vom 6.11.2006 zu ändern und die Beklagten zu verurteilen,
1. ihr Angebot zum Abschluss einer Preisvereinbarung in Höhe von 6,15 Euro je angefangene Viertelstunde für den Einsatz einer
hauptberuflichen Haushaltshilfe und von 3,01 Euro je angefangene Viertelstunde für den Einsatz einer nebenberuflichen Haushaltshilfe
ab 1.8.2008 anzunehmen und
2. festzustellen, dass die ihr gezahlten Vergütungen in Zukunft entsprechend den mit den Wohlfahrtsverbänden getroffenen Regelungen
anzupassen sind.
Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil und beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Der VdAK und der AEV haben mit dem BpA durch Vertrag vom 27.12.2005 mit Wirkung ab 1.12.2005 eine - bis heute gültige - Preisvereinbarung
zur Haushaltshilfe geschlossen, nach der für Leistungen der hauswirtschaftlichen Fachkräfte mit dreijähriger Ausbildung 6,13
Euro, für andere geeignete sozialversicherungspflichtig tätige Personen 3,07 Euro sowie für Zivildienstleistende und Personen
im Freiwilligen Sozialen Jahr 2,30 Euro je angefangener Viertelstunde zu zahlen sind. Mit den Wohlfahrtsverbänden besteht
eine Preisvereinbarung des VdAK und des AEV vom 4.8.2003, nach der ab 1.4.2003 für den Einsatz einer hauptberuflichen Haushaltshilfe
6,10 Euro und für den Einsatz einer nebenberuflichen Haushaltshilfe 3,04 Euro je angefangener Viertelstunde gezahlt werden.
II. Auf die Revision der Klägerin war das angefochtene Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und
Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen (§
170 Abs
2 Satz 2
SGG). Die bisher getroffenen Feststellungen lassen keine abschließende Entscheidung darüber zu, ob die Klägerin einen Anspruch
auf Abschluss einer Vergütungsvereinbarung mit Entgeltsätzen für Leistungen der Haushaltshilfe hat, die den an die Wohlfahrtsverbände
in Baden-Württemberg gezahlten Entgelten entsprechen. Hierzu bedarf es weiterer Ermittlungen des LSG.
1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Abschluss von Vergütungsvereinbarungen
für die von ihr erbrachten Leistungen der Haushaltshilfe nach ihrem Preisangebot für den Zeitraum ab 1.8.2008. Diesem Leistungsbegehren
stehen Hindernisse einer Sachentscheidung nicht entgegen. Insbesondere ist auch eine - von der Klägerin bei erneuter Durchführung
des Berufungsverfahrens angestrebte - rückwirkende Verurteilung zum 1.8.2008 möglich, weil Versorgungsverträge und Vergütungsvereinbarungen
über Haushaltshilfe und häusliche Krankenpflege mangels Statusbegründung durch "Zulassung" auch mit rückwirkender Kraft geschlossen
werden können (BSG, Urteil vom 24.1.2008 - B 3 KR 2/07 R -, für BSGE und SozR vorgesehen).
2. Rechtsgrundlage der Leistungsbeziehungen zwischen der Klägerin und den Beklagten für die Gewährung von Haushaltshilfe bei
Krankheit (§
38 SGB V) und wegen Schwangerschaft bzw Entbindung (§ 199
RVO) ist §
132 SGB V.
a) Nach §
132 Abs
1 SGB V kann die Krankenkasse zur Gewährung von Haushaltshilfe geeignete Personen anstellen (Satz 1). Wenn sie - wie hier - davon
absieht und stattdessen andere geeignete Personen, Einrichtungen oder Unternehmen in Anspruch nimmt, hat sie über Inhalt,
Umfang, Vergütung sowie Prüfung der Qualität und Wirtschaftlichkeit der Dienstleistungen Verträge zu schließen (Satz 2). Die
Vergütungsvereinbarung ist demgemäß Teil des - zur Versorgung der Versicherten berechtigenden - Versorgungsvertrages, wobei
keine Bedenken dagegen bestehen, die Vergütungsvereinbarung in einem Anhang zum Versorgungsvertrag niederzulegen und für beide
Regelungen gesonderte Kündigungsbestimmungen zu vereinbaren, wie es hier geschehen ist. Eine besondere, durch Verwaltungsakt
auszusprechende Zulassung zur Versorgung der Versicherten sieht das Gesetz bei der Haushaltshilfe (§
132 SGB V) ebenso wie bei der häuslichen Krankenpflege (§
132a SGB V) nicht vor (BSGE 90, 150 = SozR 3-2500 §
132a Nr 4 und Urteil vom 24.1.2008 - B 3 KR 2/07 R -, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).
b) Maßgebend ist hier §
132 SGB V in der zum 1.7.1997 in Kraft getretenen Fassung des 2. GKV-Neuordnungsgesetzes vom 23.6.1997 (BGBl I 1520). Die Vorschrift
regelt seitdem nur noch die Versorgung mit Haushaltshilfe (§
38 SGB V, § 199
RVO), also aller für die Weiterführung eines privaten Haushalts notwendigen Dienstleistungen, insbesondere hauswirtschaftlicher
Art (vgl Schneider in: juris Praxiskommentar zur Gesetzlichen Krankenversicherung [jurisPK-SGB V], 2008, § 132 RdNr 7). In der Ursprungsfassung durch das Gesundheits-Reformgesetz (GRG) vom 20.12.1988 (BGBl I 2477) regelte diese Vorschrift neben der Haushaltshilfe auch die Versorgungsbereiche der häuslichen
Krankenpflege (§
37 SGB V), der häuslichen Pflegehilfe (§§ 54,
55 SGB V in der Fassung durch das GRG, die bis zur Einführung des Leistungsrechts des
SGB XI bei ambulanter Pflege am 1.4.1995 galten) sowie der häuslichen Pflege (§ 198
RVO). Diese drei zusätzlichen Versorgungsbereiche sind durch das Pflege-Versicherungsgesetz (PflegeVG) vom 26.5.1994 (BGBl I 1014) und das 2. GKV-Neuordnungsgesetz vom 23.6.1997 (BGBl I 1520) aus der Ursprungsfassung des §
132 SGB V herausgenommen und in separaten Vorschriften neu geregelt worden, so die Versorgung mit häuslicher Pflege im Bereich der
sozialen Pflegeversicherung in §§
71 ff
SGB XI (in Kraft ab 1.1.1995) und die Versorgung mit häuslicher Krankenpflege in §
132a SGB V (in Kraft ab 1.7.1997). Diese späteren Änderungen des §
132 SGB V erklären den Umstand, dass der zwischen den Beklagten und den Wohlfahrtsverbänden in Baden-Württemberg geschlossene Rahmenvertrag
vom 13.11.1990 lediglich auf §
132 SGB V Bezug nimmt, obgleich er neben der Haushaltshilfe auch die Versorgungsbereiche der häuslichen Krankenpflege (jetzt §
132a SGB V) und der häuslichen Pflegehilfe (jetzt §§
71 ff
SGB XI) umfasst.
3. Im Rahmen der durch §
132 SGB V begründeten Rechtsbeziehungen können Erbringer von Leistungen der Haushaltshilfe Anspruch auf den Abschluss einer Vergütungsvereinbarung
nach Maßgabe eines von ihnen unterbreiteten Vertragsangebotes haben, soweit sich die Krankenkasse anders als durch dessen
Annahme nicht rechtmäßig verhalten kann.
a) Allerdings unterliegt die Preisvereinbarung nach dem Vertragsmodell des §
132 SGB V grundsätzlich der Ausgestaltung der Beteiligten. Danach ist die Vergütung der von der Klägerin erbrachten Leistungen nach
der Intention des Gesetzgebers grundsätzlich frei auszuhandeln.
Prinzipiell sollen also Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen. Auch sollen die Krankenkassen Wirtschaftlichkeitsreserven
nutzen, also nach Möglichkeit für sie günstige Konditionen aushandeln. Mit der Regelung in §
132 SGB V geht der Gesetzgeber, entsprechend der allgemeinen Intention des
SGB V zur Kostenreduzierung im Gesundheitswesen, davon aus, dass Vergütungsbestimmungen im freien Spiel der Kräfte geschlossen
werden und durch die Verpflichtung der Krankenkassen zur Versorgung ihrer Versicherten einerseits sowie der Konkurrenz der
Leistungserbringer andererseits im Ergebnis marktgerechte und möglichst günstige Preise erreicht werden. Nach §
132 Abs
2 Satz 1
SGB V haben die Krankenkassen darauf zu achten, dass die Leistungen der Haushaltshilfe wirtschaftlich und preisgünstig erbracht
werden. Dieses Gebot wäre hinfällig, bestünde ein genereller Anspruch der Anbieter von Haushaltshilfe, die Leistungen zur
jeweils am Markt anzutreffenden höchsten Vergütungsvereinbarung der betroffenen Krankenkassen abrechnen zu dürfen. Damit wäre
jeder Preiswettbewerb ausgeschaltet.
b) Dem folgend ist es nicht Aufgabe der Gerichte, in den betreffenden Konstellationen nach Art von Schiedsstellen die angemessene
Vergütung festzusetzen (so bereits Urteil des Senats vom 24.1.1990, BSGE 66, 159, 162 f = SozR 3-2200 § 376d Nr 1 S 5). Vielmehr sind die Gerichte grundsätzlich daran gehindert, das, was ein Leistungserbringer
in Verhandlungen mit einer Krankenkasse nicht hat durchsetzen können, nachträglich zum Vertragsinhalt zu machen. Darin läge
ein systemwidriger Eingriff in eine gesetzliche Konzeption, die von der Einschätzung getragen wird, die Vertragspartner seien
im Stande, ausgewogene und interessengerechte Lösungen zu vereinbaren. Soweit der Gesetzgeber - wie bei der Haushaltshilfe
(§
132 SGB V) und anders als bei der häuslichen Krankenpflege (§
132a SGB V) - auf eine hoheitliche Festsetzung der Vergütung, etwa durch eine Schiedsstelle, verzichtet, gibt er zu erkennen, dass auch
eine gerichtliche Festsetzung einer angemessenen Vergütung ausscheidet (BSG, Urteil vom 24.1.1990 - 3 RK 11/88 - BSGE 66, 159, 162 = SozR 3-2200 § 376d Nr 1; stRspr).
c) Gleichwohl findet eine Rechtskontrolle dahin statt, ob die Krankenkassen die Grenzen des ihnen eingeräumten Verhandlungsspielraums
missbrauchen und den Leistungserbringern Konditionen aufzwingen, die mit ihrer Stellung als öffentlich-rechtlich gebundene
Träger unvereinbar sind (so bereits die Senatsentscheidung vom 24.1.1990, aaO). Daraus kann - entgegen der Auffassung des
LSG - im Einzelfall ein Kontrahierungszwang der Krankenkasse erwachsen. Rechtsgrundlage dafür ist §
132 Abs
1 Satz 2
SGB V iVm Art
12 Abs
1 GG. Der erkennende Senat hat bereits entschieden, dass die Krankenkassen auf der Grundlage von §
133 SGB V verpflichtet sind, mit allen geeigneten und leistungsbereiten Unternehmen Verträge über die Vergütung von Rettungs- und Krankentransportleistungen
zu schließen und diesen damit die Teilnahme an der entsprechenden Versorgung ihrer Versicherten zu ermöglichen. Ein Auswahlermessen
oder eine am Bedarf orientierte Zulassungskompetenz besteht insoweit nicht; das hat der Senat als mit den Grundrechten der
Leistungserbringer aus Art
3 Abs
1 und 12 Abs
1 GG unvereinbar angesehen (vgl Urteil vom 29.11.1995 - 3 RK 32/94 - BSGE 77, 119 ff = SozR 3-2500 § 133 Nr 1 S 4 ff). Daraus hat der Senat hergeleitet, dass die Krankenkasse nach §
133 Abs
1 Satz 1
SGB V verpflichtet ist, zumindest mit solchen geeigneten und abschlussbereiten Krankentransportunternehmen und -einrichtungen Entgeltvereinbarungen
zu treffen, deren Preisangebote nicht über den Sätzen in bestehenden Vereinbarungen liegen (BSG aaO).
Danach kann ein geeigneter und leistungsbereiter Leistungserbringer beanspruchen, an den so organisierten Märkten - ua des
Krankentransports nach §
133 SGB V und (wie hier) der Haushaltshilfe nach §
132 SGB V - teilnehmen, also den Versicherten seine Leistungen anbieten zu können, und dafür nach Maßgabe einer grundsätzlich frei
auszuhandelnden Preisvereinbarung, mindestens aber nach solchen Sätzen vergütet zu werden, die frei von Verstößen gegen die
von der Rechtsordnung insoweit gezogenen Grenzen sind. Solche Grenzen ergeben sich in diesem Zusammenhang seit der Änderung
des §
69 SGB V durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26.3.2007 (BGBl I 378) gemäß dessen Satz 2 in der ab dem 1.4.2007 geltenden Fassung erstens aus den §§ 19 bis 21 GWB. Zweitens sind die in der Rechtsprechung aus Art
12 Abs
1 GG entwickelten Anforderungen an die Vergütung durch grundrechtsgebundene Körperschaften des Öffentlichen Rechts zu beachten.
Drittens gilt schließlich unabhängig von §§ 19 bis 21 GWB das Gleichheitsgebot des Art
3 Abs
1 GG.
Ist eine dieser Grenzen verletzt, begründet das einen Kontrahierungszwang der Krankenkasse, wenn nach den konkreten Umständen
des Einzelfalles anders als durch Abschluss einer Vergütungsvereinbarung zu dem vom Leistungserbringer unterbreiteten Angebot
ein rechtskonformes Verhalten der Krankenkasse nicht möglich ist. Danach besteht hier der geltend gemachte Anspruch, wenn
erstens der Leistungserbringer dem Grunde nach zur Teilnahme an der Versorgung - hier mit Haushaltshilfe - berechtigt ist
(dazu 4), wenn seinem Vergütungsverlangen zweitens keine vertraglichen Hindernisse entgegenstehen (dazu 5) und drittens die
Weigerung der Krankenkasse, mit dem Leistungserbringer einer Vergütungsvereinbarung nach seinem Angebot abzuschließen, eine
der vorgenannten materiellen Grenzen ihrer Verhandlungsmacht verletzt (dazu 6 bis 9). Letzteres kann hier ohne weitere tatsächliche
Feststellungen nicht entschieden werden.
4. Die Voraussetzungen für die Teilnahme der Klägerin an der Versorgung der Versicherten der Beklagten mit Leistungen der
Haushaltshilfe sind dem Grunde nach erfüllt.
a) Partner eines Versorgungsvertrags nach §
132 SGB V sind nach der ausdrücklichen Anordnung in Abs
1 Satz 2 dieser Vorschrift nur die jeweilige Einzelperson, das jeweilige Unternehmen oder die jeweilige Einrichtung auf der
einen Seite und die einzelne Krankenkasse auf der anderen Seite. Anders als etwa bei Heilmitteln (§
125 Abs
2 SGB V), bei Hilfsmitteln (§
127 Abs
1 und
2 SGB V) oder bei der ambulanten und stationären Pflege im Bereich der sozialen Pflegeversicherung (§
72 Abs
2 SGB XI) hat der Gesetzgeber bei der Haushaltshilfe und bei der häuslichen Krankenpflege (§
132a Abs
2 SGB V) nicht die Möglichkeit vorgesehen, Versorgungsverträge auch zwischen den Verbänden der Leistungserbringer einerseits und
den Landesverbänden der Krankenkassen (bzw Pflegekassen) andererseits zu schließen.
Dies schließt es allerdings nicht aus, zwischen den Verbänden der privaten Anbieter von Haushaltshilfe und den Krankenkassen
bzw deren Landesverbänden auf Landesebene Rahmenverträge nach §
132 SGB V über die Versorgung mit Leistungen der Haushaltshilfe und - innerhalb dieser Rahmenverträge oder als Anhang dazu - Vergütungsvereinbarungen
abzuschließen, denen die einzelnen privaten Anbieter und - soweit nicht ohnehin schon in genereller Form vorab geschehen -
die jeweiligen Mitgliedskassen eines Landesverbandes beitreten können.
Mit Abgabe der jeweiligen Beitrittserklärung wird der einzelne Versorgungsvertrag zwischen dem Unternehmen und der Krankenkasse
wirksam. Der Inhalt des Versorgungsvertrages wird durch den Rahmenvertrag und die zugehörige Vergütungsvereinbarung bestimmt,
soweit mit den Beitrittserklärungen nichts Abweichendes vereinbart worden ist.
b) Ein solcher Versorgungsvertrag ist zwischen der Klägerin und den Beklagten zu 2) und 4) sowie mit den Mitgliedskassen des
Beklagten zu 3) am 12.10.2000 zustande gekommen (§ 1 Abs 2 und § 4 Rahmenvertrag). Die Klägerin hat an diesem Tag die als
"Verpflichtungserklärung" bezeichnete Beitrittserklärung zum Rahmenvertrag vom 19.5.1998 nebst Anlagen abgegeben. Sie wirkte
gegenüber den Beklagten zu 2) und 4), die einzelne Krankenkassen darstellen.
Die zu 2) beklagte IKK Baden-Württemberg und Hessen (im Jahre 2000: IKK Baden-Württemberg) stellt entgegen dem Rubrum des
LSG-Urteils keinen IKK-Landesverband, sondern eine - für das gesamte Land Baden-Württemberg zuständige - einzelne Krankenkasse
dar, die allerdings zugleich die Funktion eines Landesverbandes in Baden-Württemberg und in Hessen wahrnimmt (§
207 Abs
4 SGB V). Die Verpflichtungserklärung wirkte ferner gegenüber den Mitgliedskassen des zu 3) beklagten BKK-Landesverbandes Baden-Württemberg,
wie in § 1 Abs 2 Rahmenvertrag ausdrücklich niedergelegt. Durch das Einverständnis mit dieser Regelung haben die Mitgliedskassen
des BKK-Landesverbandes vorab ihre Zustimmung erklärt, den Rahmenvertrag nebst Anlagen in der jeweiligen Fassung auch im Verhältnis
zum einzelnen Leistungserbringer gegen sich gelten lassen zu wollen. Die Beklagte zu 3) ist daher auch befugt, ein Preisangebot
der Klägerin mit Wirkung für ihre Mitgliedskassen anzunehmen und auf diese Weise eine neue Vergütungsvereinbarung zwischen
der Klägerin und den Mitgliedskassen herbeizuführen. Die Verurteilung des Beklagten zu 3), den höheren Vergütungssätzen zuzustimmen,
würde daher auch die Mitgliedskassen binden.
c) Hingegen fehlte es bis zum 16.7.2008 an einem Versorgungsvertrag nach §
132 SGB V zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1), weil dem Rahmenvertrag vom 15.7.1998 nur die GbR, nicht aber die klagende
GmbH beigetreten war. Der Beitritt ist jedoch am 17.7.2008 nachgeholt worden, sodass es auch in diesem Leistungserbringungsverhältnis
nur um den Abschluss einer Vergütungsvereinbarung zum 1.8.2008 und nicht um den - weit darüber hinausgehenden - Abschluss
eines Versorgungsvertrages geht. Es ist aber festzuhalten, dass die Klägerin bis zum 16.7.2008 Leistungen zugunsten der Versicherten
der Beklagten zu 1) ohne Rechtsgrund und außerhalb des
SGB V-Systems erbracht hat, ohne dass den Beteiligten dies bewusst war; sie waren irrtümlich von einer Erstreckung der Wirkungen
des Beitritts der GbR auf die GmbH ausgegangen.
d) Mit den Beklagten zu 2) und 4) und den Mitgliedskassen des Beklagten zu 3) besteht jeweils ein Versorgungsvertrag, der
den Inhalt des Rahmenvertrages vom 19.5.1998 nebst Anlagen in ihrer jeweils geltenden Fassung hat. Mit der Beklagten zu 1)
besteht aufgrund der Beitrittserklärung der Klägerin vom 17.7.2008 ein Versorgungsvertrag, der den Inhalt des Rahmenvertrages
vom 15.7.1998 nebst Anlagen in ihrer jeweils geltenden Fassung hat. Die Versorgungsverträge gelten jeweils für den Einzugsbereich
der Gemeinden Oberhausen, Rheinhausen, Philippsburg, Huttenheim, Rheinsheim, Waghäusel, Wiesental, Kirrlach, Neulußheim und
Altlußheim (§ 14 Rahmenvertrag iVm § 4 Versorgungsvertrag).
aa) Zur "Eignung der Leistungserbringer" enthält § 3 des jeweiligen Rahmenvertrags folgende Regelung:
"(1) Haushaltshilfe wird durch Haus- und Familienpflegerinnen, Dorfhelferinnen oder andere gleichqualifizierte Fachkräfte
mit dreijähriger Ausbildung erbracht, sofern in der Familie eine der folgenden Voraussetzungen vorliegt:
- im Haushalt befindet sich ein behindertes Kind, das auf Hilfe angewiesen ist,
- im Haushalt befindet sich ein Kind, das bei Beginn der Haushaltshilfe das 8. Lebensjahr noch nicht vollendet hat,
- es liegen schwierige soziale Verhältnisse vor,
- es besteht eine psychische Erkrankung der/des Vertretenen oder eines Kindes.
(2) Über den Einsatz anderer geeigneter Personen in Situationen, die in Abs. 1 nicht genannt sind, entscheidet die Einsatzleitung.
Andere geeignete Personen sind z.B. die erfahrene Hausfrau, der Zivildienstleistende, Personen im Freiwilligen Sozialen Jahr
(FSJ). Zivildienstleistende und FSJ-Kräfte können nur eingesetzt werden, wenn die vertretene Person im Haushalt anwesend ist
und die Aufsicht wahrnehmen kann.
Praktikanten können nur unter Anleitung und Aufsicht einer Fachkraft im Sinne des Absatz 1 eingesetzt werden.
Der zeitliche Umfang des Einsatzes richtet sich nach den Erfordernissen des Einzelfalles und wird in der Preisvereinbarung
nach Anlage 3 entsprechend definiert."
bb) Die Anlage 3 vom 5.8.2002 zum Rahmenvertrag vom 19.5.1998 enthält, soweit hier von Interesse, folgende - ab 1.5.2002 geltende
- Bestimmungen:
"1. Für den Einsatz einer hauswirtschaftlichen Fachkraft mit dreijähriger Ausbildung, wie sie in § 3 Abs 1 des Rahmenvertrages
genannt ist, beträgt der Preis je angefangener Viertelstunde 5,75 Euro.
2. Für den Einsatz anderer geeigneter sozialversicherungspflichtig tätiger Personen (zB Hausfrau) beträgt der Preis je angefangener
Viertelstunde 2,98 Euro.
3. Für den Einsatz von Zivildienstleistenden und Personen im Freiwilligen Sozialen Jahr beträgt der Preis je angefangener
Viertelstunde 2,30 Euro.
4.-6. ...
7. Kündigung
Diese Vereinbarung kann mit einer Frist von sechs Wochen zum Ende eines Kalendervierteljahres, frühestens zum 31.12.2002 schriftlich
gekündigt werden.
Bei einer Kündigung bleiben die bisherigen Preise bis zum Abschluss einer Folgevereinbarung weiter bestehen. Unabhängig von
einer Folge-Preisvereinbarung führen die Vertragspartner Gespräche über den Abschluss eines neuen Rahmenvertrages nach §
132 SGB V über die Versorgung mit Haushaltshilfe."
cc) Gleiche Bestimmungen finden sich in der Anlage 3 vom 26.4.2002 zum Rahmenvertrag vom 15.7.1998; sie gelten ab dem 1.4.2002.
dd) Die Vergütungsvereinbarungen sind vom BpA zwar zum 31.12.2002 fristgerecht gekündigt worden. Mangels Einigung über eine
Folgevereinbarung werden diese aber - wegen der Fortgeltungsklausel vertragsgemäß - bis heute unverändert angewandt. Auch
die Beklagte zu 1) hat nach diesen Sätzen mit der Klägerin abgerechnet, obgleich - bis dahin von den Beteiligten übersehen
- bis zum 16.7.2008 gar kein Versorgungsvertrag nach §
132 SGB V mit der Klägerin bestanden hat.
5. An der gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs auf Abschluss einer Vergütungsvereinbarung nach Maßgabe ihres Vertragsangebots
ist die Klägerin nicht deshalb gehindert, weil sie die nach den vertraglichen Vereinbarungen mit den Beklagten geltenden formellen
Anforderungen für ihr Vergütungsverlangen missachtet hat. Insbesondere steht dem nicht die unterbliebene Einschaltung des
Vertragsausschusses (§ 18 Rahmenvertrag) entgegen. Der entsprechende Einwand der Beklagten zu 2) bis 4) ist, wie vom LSG im
Ergebnis zu Recht entschieden, unbegründet.
a) Die Vertragsklausel lautet:
"(1) Zur Klärung von Meinungsverschiedenheiten und Zweifelsfragen, die auf örtlicher Ebene zwischen einer Krankenkasse und
einem Pflegedienst nicht bereinigt werden können, ist ein paritätisch besetzter Vertragssausschuß zu bilden.
(2) Der Vertragsausschuß besteht aus jeweils zwei Vertretern der Landesverbände der Krankenkassen und Vertretern der Verbände
der Pflegedienste, darunter mindestens je einem Vertreter des Landesverbandes der betroffenen Krankenkasse und einem Vertreter
des Verbandes des betroffenen Pflegedienstes. Das Nähere regelt eine Geschäftsordnung.
(3) Ziel der Verhandlung vor dem Vertragsausschuß ist es, über Streitpunkte eine gütliche Einigung herbeizuführen.
(4) Der Vertragsausschuß ist auf Antrag eines Vertragspartners dieses Rahmenvertrages einzuberufen."
b) Das LSG hat diese landesvertragliche Regelung ohne Weiteres - und ohne jede Begründung - als auf vorliegenden Rechtsstreit
anwendbar angesehen, sie zugleich aber als nichtig eingestuft, weil sie seit dem 1.1.2000 gegen höherrangiges Recht verstoße.
Der Gesetzgeber habe für die Haushaltshilfe kein Schlichtungs- oder Schiedsverfahren vorgesehen (§
132 SGB V), sondern bei Unmöglichkeit der Einigung auf eine Vergütungsregelung letztlich einen vertragslosen Zustand in Kauf genommen.
Die Klausel sei zwar noch im Jahre 1998 vereinbart worden, als die Rechtsbeziehungen zwischen den Krankenkassen und den Leistungserbringern
der Haushaltshilfe als zivilrechtlich eingestuft worden waren; seit der durch die Neufassung des §
69 SGB V zum 1.1.2000 erfolgten ausschließlichen Zuordnung dieser Rechtsbeziehungen zum öffentlichen Recht fehle es jedoch an einer
Ermächtigungsgrundlage für eine derartige Klausel, weil die Entscheidung einer Schiedsstelle einen Verwaltungsakt darstelle
und der Vertragsausschuss in §
132 SGB V oder an sonstiger Stelle nicht ermächtigt worden sei, durch Verwaltungsakt zu entscheiden.
c) Diesen Ausführungen stimmt der erkennende Senat nicht zu. Da das LSG keine eigene Auslegung des § 18 Rahmenvertrag vorgenommen
hat, ist der Senat nicht gehindert, den Landesvertrag selbst auszulegen. Es handelt sich bei der vorgenannten Regelung um
eine typische Vertragsklausel, mit der Vertragsparteien ein bestimmtes Gremium beauftragen, zur Vermeidung eines Gerichtsverfahrens
Streitigkeiten zwischen den Beteiligten zu bereinigen, die im Zusammenhang mit der Auslegung und der Anwendung vertraglicher
Bestimmungen stehen.
Um einen solchen Streit geht es hier aber nicht. Der Vertragsausschuss ist von vornherein nicht dazu berufen, beim Streit
über eine neu zu treffende Vergütungsvereinbarung tätig zu werden; sich insoweit zu einigen, bleibt allein den Vertragspartnern
der Vergütungsvereinbarung überlassen.
Der Vertragsausschuss könnte nur aktiv werden, wenn es zB Streit darüber gäbe, wie eine bestimmte Regelung einer bestehenden
Vergütungsvereinbarung auszulegen und anzuwenden ist - darum geht es hier aber nicht. Eine so begrenzte Regelung, wie sie
in §
18 Rahmenvertrag enthalten ist, kann auch in Ansehung des §
132 SGB V nicht beanstandet werden.
6. Als Rechtsgrundlage des Begehrens der Klägerin auf Annahme ihres auf die zukünftige finanzielle Gleichbehandlung mit den
Wohlfahrtsverbänden gerichteten Vergütungsangebots (§
10 Rahmenvertrag) ab 1.8.2008 kommt in erster Linie §
69 Satz 2
SGB V iVm §§ 19 und 20 GWB sowie § 33 GWB bzw §
1004 BGB in Betracht.
a) Nach §
69 Satz 2
SGB V in der ab dem 1.4.2007 geltenden Fassung dieser Vorschrift durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen
Krankenversicherung (GKVWSG) vom 26.3.2007 (BGBl I 378) gelten die §§ 19 bis 21 GWB entsprechend; dies gilt allerdings nicht für Verträge von Krankenkassen oder deren Verbänden mit Leistungserbringern, zu
deren Abschluss die Krankenkassen oder deren Verbände gesetzlich verpflichtet sind und bei deren Nichtzustandekommen eine
Schiedsamtsregelung gilt. Da diese Ausnahme hier nicht eingreift, sind die §§ 19 bis 21 GWB auf die Rechtsbeziehungen der Beklagten zur Klägerin entsprechend anwendbar, weil diese Rechtsbeziehungen zum Bereich der
ambulanten Versorgung gehören, der in §
69 Satz 1
SGB V geregelt ist und auf den sich der zum 1.4.2007 in das Gesetz eingefügte neue Satz 2 dieser Vorschrift allein bezieht (Engelmann
in: jurisPK,
SGB V, 2008, §
69 RdNr 79 bis 81).
b) Als Grund für die Einfügung des neuen §
69 Satz 2
SGB V hat der Gesetzgeber ausgeführt (vgl Bericht des BT-Ausschusses für Gesundheit, BT-Drucks 16/4247 S 35 zu Nr 40), dass durch
die erweiterten Fusionsmöglichkeiten bestimmte Krankenkassen in einzelnen Regionen einen hohen Marktanteil erlangen könnten.
Die Anordnung der entsprechenden Anwendbarkeit der §§ 19 bis 21 GWB gewährleiste, dass die Krankenkassen eine dadurch eventuell entstehende marktbeherrschende Stellung nicht missbrauchten,
es zu keiner Diskriminierung der Vertragspartner der Krankenkassen und zu keinen Boykotten komme. Die Änderung führe nicht
dazu, dass die Krankenkassen beim Abschluss von Einzelverträgen als Unternehmen zu qualifizieren wären. Sie nähmen auch beim
Abschluss von Einzelverträgen eine soziale Aufgabe wahr, die auf dem Grundsatz der Solidarität beruhe und ohne Gewinnerzielungsabsicht
ausgeübt werden. Sie erfüllten damit weder nach deutschem noch nach europäischem Recht die Begriffsmerkmale, die von der Rechtsprechung
an ein Unternehmen gestellt würden.
c) Bei der gesetzlichen Anordnung der entsprechenden Anwendung der §§ 19 bis 21 GWB handelt es sich um eine Teil-Rechtsgrundverweisung. Die Begründung des Gesetzgebers zu §
69 Satz 2
SGB V spricht davon, dass die Vorschriften des GWB, die an sich an "Unternehmen" adressiert seien, in der Rechtsfolge auch die Krankenkassen beträfen (Bericht des BT-Ausschusses
für Gesundheit, BT-Drucks 16/4247 S 35 zu Nr 40). Mit dieser Formulierung, die nach ihrem Wortlaut auf eine Rechtsfolge abstellt,
ist aber nicht die Frage geklärt, ob sich die Anordnung der entsprechenden Geltung nach Sinn und Zweck als Rechtsfolgenverweisung
oder als Rechtsgrundverweisung darstellt. Handelte es sich insoweit nur um eine Rechtsfolgenverweisung, müssten die tatbestandlichen
Voraussetzungen der Vorschriften des GWB, die für entsprechend anwendbar erklärt werden, nicht im Einzelnen vorliegen. Eine Rechtsgrundverweisung ist anzunehmen,
wenn nicht nur auf die Rechtsfolge, sondern auch auf den Tatbestand der anderen Norm verwiesen wird. Die Annahme einer Rechtsfolgenverweisung
führte hier jedoch nicht weiter, weil die in Bezug genommenen GWB-Vorschriften erst die Tatbestände (dh die Rechtsgründe) enthalten, aufgrund derer ein Verhalten der jeweils Betroffenen als
kartellrechtswidrig beurteilt werden kann.
Demgemäß ist davon auszugehen, dass §
69 Satz 2
SGB V eine Teil-Rechtsgrundverweisung vornimmt. Die Rechtsgrundverweisung ist danach lediglich insoweit eingeschränkt, als es sich
bei den Institutionen, auf deren Tätigkeit im Wettbewerb die GWB-Bestimmungen Anwendung finden, nicht um "Unternehmen" handeln muss, sondern dass diese Vorschriften entsprechend auf Krankenkassen
bzw Krankenkassenverbände anzuwenden sind. Danach müssen also die Voraussetzungen der §§ 19 bis 21 GWB mit Ausnahme der Unternehmenseigenschaft erfüllt sein, damit deren Rechtsfolgen eintreten (so auch Engelmann, aaO, § 69 RdNr
84 bis 86).
7. Das LSG wird zu ermitteln haben, ob die Voraussetzungen der §§ 19 bis 21 GWB nach dieser Maßgabe erfüllt sind. Danach ist es einem marktbeherrschenden Unternehmen (§ 19 GWB) ua verboten, ein anderes Unternehmen gegenüber gleichartigen Unternehmen ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar
oder mittelbar unterschiedlich zu behandeln (§ 20 Abs 1 GWB). Ob die unterschiedliche Vergütung von Leistungen der Haushaltshilfe hiernach Bestand haben kann, lässt sich nach den bislang
getroffenen Feststellungen zur Marktmacht der Beklagten zu 1), 2) und 4) sowie dem zu 3) beklagten Krankenkassenverband und
seiner Mitgliedskassen, zum Ausmaß der Ungleichbehandlung und zu den rechtfertigenden Gründen für die Ungleichbehandlung nicht
abschließend entscheiden.
a) Zunächst wird das LSG festzustellen haben, ob die Beklagten eine marktbeherrschende Stellung besitzen. Nach § 19 Abs 2 Satz 1 GWB ist ein Unternehmen - hier also eine Krankenkasse - marktbeherrschend, soweit es als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten
Art von Waren oder gewerblichen Leistungen auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt ohne Wettbewerber ist oder keinem
wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist (Nr 1) oder eine im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern überragende Marktstellung hat
(Nr 2). Gemäß § 19 Abs 2 Satz 2 GWB sind zwei oder mehr Unternehmen marktbeherrschend, soweit zwischen ihnen für eine bestimmte Art von Waren oder gewerblichen
Leistungen ein wesentlicher Wettbewerb nicht besteht und soweit sie in ihrer Gesamtheit die Voraussetzungen des Satzes 1 erfüllen.
Dabei wird vermutet, dass ein Unternehmen marktbeherrschend ist, wenn es einen Marktanteil von mindestens einem Drittel hat
(§ 19 Abs 3 Satz 1 GWB). Eine Gesamtheit von Unternehmen gilt demgegenüber als marktbeherrschend, wenn sie aus drei oder weniger Unternehmen besteht,
die zusammen einen Marktanteil von 50 vH erreichen, oder wenn sie aus fünf oder weniger Unternehmen besteht, die zusammen
einen Marktanteil von zwei Dritteln erreichen, es sei denn, die Unternehmen weisen nach, dass die Wettbewerbsbedingungen zwischen
ihnen wesentlichen Wettbewerb erwarten lassen oder die Gesamtheit der Unternehmen im Verhältnis zu den übrigen Wettbewerbern
keine überragende Marktstellung hat (§ 19 Abs 3 Satz 2 GWB).
b) Bei der Feststellung der Marktmacht der Beklagten ist zu differenzieren zwischen der Beklagten zu 1) einerseits und den
Beklagten zu 2) bis 4) andererseits. Es bestehen zwar inhaltlich weitgehend übereinstimmende Rahmenverträge und - gekündigte
- Preisvereinbarungen der Beteiligten. Dies reicht jedoch nicht aus, die vier Beklagten als "Gesamtheit von Unternehmen" iS
des § 19 Abs 2 Satz 2 und Abs 3 Satz 2 GWB anzusehen.
Die inhaltliche Vergleichbarkeit der Vereinbarungen beruht auf gleichgerichteten Interessen, nicht aber auf einem gemeinsamen,
einheitlichen Handeln aller Beklagten. Vielmehr hat die Beklagte zu 1) unabhängig von den Beklagten zu 2) bis 4) ihre Vereinbarungen
ausgehandelt und abgeschlossen. Sie kann die Entgelte unabhängig von den anderen Beklagten vereinbaren. Demgegenüber sind
die Beklagten zu 2) bis 4) sowohl am Markt als auch im jetzigen Rechtsstreit gemeinsam und einheitlich aufgetreten. Sie konkurrieren
untereinander zwar um neue Mitglieder, treten aber im Verhältnis zu den Anbietern von Leistungen der Haushaltshilfe als "Gesamtheit"
auf. Ihr Rahmenvertrag vom 19.5.1998 bedarf deshalb auch einer sie alle bindenden, einheitlichen Preisvereinbarung. Demgemäß
ist zu vermuten, dass die Beklagte zu 1) marktbeherrschend ist, wenn sie über einen Marktanteil von mindestens einem Drittel
verfügt (§ 19 Abs 3 Satz 1 GWB), während die Beklagten zu 2) bis 4) als marktbeherrschend gelten, wenn sie in ihrer Gesamtheit einen Marktanteil von 50
vH erreichen (§ 19 Abs 3 Satz 2 Nr 1 GWB).
aa) Den sachlich relevanten Markt bilden die Leistungen der Haushaltshilfe, soweit sie in den verschiedenen Bereichen von
den Wohlfahrtsverbänden und den privatgewerblichen Anbietern gleichermaßen erbracht werden dürfen. Dabei geht es nicht nur
um den Bereich der Krankenversicherung (§
38 SGB V, § 199
RVO, § 27 KVLG, § 10 KVLG 1989), sondern zB auch um die Unfallversicherung (§§
42 und
54 Abs
2 SGB VII), die Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (§
54 SGB IX) sowie die von Betroffenen (zB Privatversicherte) auf eigene Kosten nachgefragte Haushaltshilfe. Nicht einzubeziehen sind
wegen des anderartigen Leistungsspektrums die als Teil der häuslichen Krankenpflege oder der häuslichen Pflege bei Pflegebedürftigkeit
vorgesehenen Leistungen der hauswirtschaftlichen Versorgung (zB §
37 SGB V, §
36 SGB XI) sowie die Leistungen der Betriebshilfe (zB §
54 SGB IX, § 26 KVLG, § 9 KVLG 1989, §
54 Abs
1 SGB VII).
bb) Den räumlich relevanten Markt stellen die Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg dar, in denen die Klägerin nach den
Versorgungsverträgen die Leistungen der Haushaltshilfe erbringen darf (Einzugsbereich). Dieser relativ begrenzte räumliche
Bereich ist hier maßgebend, weil die Klägerin eine nur für sie geltende Preisvereinbarung begehrt. Es geht nicht mehr um eine
das ganze Land Baden-Württemberg umfassende Preisvereinbarung, wie sie von den Verbänden der Leistungserbringer, zB dem BpA,
seinerzeit abgeschlossen worden ist.
cc) Die zeitliche Eingrenzung wird bestimmt durch den Klageantrag. Da die Klägerin eine "diskriminierungsfreie" Preisvereinbarung
ab dem 1.8.2008 anstrebt, sind die Verhältnisse zu diesem Zeitpunkt (und ggf danach) maßgebend.
c) Sollte das LSG eine marktbeherrschende Stellung der Beklagten zu 1) und/oder der Beklagten zu 2 bis 4) feststellen, stellt
sich die weitere Frage des Missbrauchs dieser Stellung, die einem allgemeinen Verbot unterliegt (§ 19 Abs 1 GWB). Die hier begehrte Gleichstellung mit den Vergütungssätzen, die den Wohlfahrtsverbänden gewährt werden, wird von dem speziellen
Missbrauchstatbestand des § 20 Abs 1 GWB erfasst. Nach dem dort verankerten besonderen Missbrauchsverbot dürfen marktbeherrschende Unternehmen (hier: Krankenkassen)
ein anderes Unternehmen in einem Geschäftsverkehr, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist, weder unmittelbar
noch mittelbar unbillig behindern (Behinderungsverbot) oder gegenüber gleichartigen Unternehmen ohne sachlich gerechtfertigten
Grund unmittelbar oder mittelbar unterschiedlich behandeln (Diskriminierungsverbot). Dies gilt gemäß § 20 Abs 2 Satz 1 GWB auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen, soweit von ihnen kleine oder mittlere Unternehmen als Anbieter oder
Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare
Möglichkeiten, auf andere Unternehmen auszuweichen, nicht bestehen (Behinderungs- und Diskriminierungsverbot "marktstarker"
Unternehmen gegenüber einzelnen abhängigen Unternehmen). Einschlägig wäre hier das Diskriminierungsverbot. Auch dazu fehlen
bisher hinreichende Feststellungen.
aa) Zunächst ist zu ermitteln, ob und in welchem Umfang die Klägerin im Vergleich zu den Wohlfahrtsverbänden bei der Vergütung
erbrachter Leistungen der Haushaltshilfe benachteiligt wird. Die unterschiedliche Behandlung selbst ergibt sich bereits aus
den Preisvereinbarungen:
Während bei den Wohlfahrtsverbänden nur danach differenziert wird, ob eine Kraft haupt- oder nebenberuflich tätig ist, knüpft
die Entgeltregelung bei den privatgewerblichen Unternehmen an die berufliche Qualifikation und Vorbildung an, ohne nach haupt-
oder nebenberuflichem Einsatz zu unterscheiden. Auch die vereinbarten Vergütungssätze pro angefangener Viertelstunde, die
den einzelnen Einsätzen der Kräfte zugeordnet sind, differieren in der Höhe.
Diese unterschiedliche Behandlung bei den Anknüpfungstatsachen und den Vergütungssätzen führt aber erst dann zu einer verbotenen
Diskriminierung der Klägerin, wenn die erbrachten Leistungen im Ergebnis tatsächlich - und in nennenswertem Ausmaß - schlechter
vergütet werden als bei den Wohlfahrtsverbänden und die Klägerin dadurch finanziell benachteiligt wird, ohne dass dafür ein
sachlich gerechtfertigter Grund angeführt werden kann. Maßgebend ist insoweit eine Gesamtschau der denkbaren Konstellationen.
bb) Besonders gravierend ist nach den Preisvereinbarungen der Unterschied bei der Vergütung des Einsatzes von Mitarbeitern,
die keine Berufsqualifikation als hauswirtschaftliche Kraft haben. Dafür erhält die Klägerin je angefangener Viertelstunde
2,98 Euro, während die Wohlfahrtsverbände bei hauptberuflicher Tätigkeit dieser Mitarbeiter 6,15 Euro abrechnen dürfen. Dieser
Benachteiligung der Klägerin steht beispielsweise ein Vorteil gegenüber, wenn eine Fachkraft mit dreijähriger Ausbildung zum
Einsatz kommt, die aber nur nebenberuflich tätig ist. Während die Klägerin hier 5,75 Euro je angefangener Viertelstunde in
Ansatz bringen darf, müssen die Beklagten den Wohlfahrtsverbänden nur 3,01 Euro zahlen.
Die Differenzierung nach haupt- und nebenberuflicher Beschäftigung der Mitarbeiter in der Preisvereinbarung der Wohlfahrtsverbände
ist historisch bedingt. Ob sie zu sinnvollen Ergebnissen führt, mag bezweifelt werden können. Die Anknüpfung der Vergütungssätze
an die berufliche Qualifikation und Vorbildung der eingesetzten Kräfte erscheint jedenfalls in der Sache plausibler. Rechtswidrig
ist die Anknüpfung an die haupt- und nebenberufliche Tätigkeit der Kräfte - für sich betrachtet - allerdings nicht. Die Frage,
ob sie aufrechterhalten oder aufgegeben werden soll, ist allein in Verhandlungen zwischen den Krankenkassen und den Wohlfahrtsverbänden
zu entscheiden. Solange es aber diesen Anknüpfungsmaßstab gibt, darf er nicht zu diskriminierenden Ergebnissen führen. Daher
kann ein privatgewerbliches Unternehmen - wie hier - zur Herstellung voller Vergleichbarkeit und Gleichheit der Vergütungssätze
die Übernahme dieses Maßstabes verlangen, wenn die vorhandene, an andere Tatsachen anknüpfende Preisvereinbarung in der Gesamtschau
eine verbotene Diskriminierung iS von § 20 Abs 1 GWB enthält.
d) Stellt das LSG fest, dass eine Diskriminierung in diesem Sinne nicht vorliegt, ist weiter zu prüfen, ob ein Verstoß gegen
das Behinderungs- und Diskriminierungsverbot "marktstarker" Unternehmen gegenüber einzelnen abhängigen Unternehmen iS von
§ 20 Abs 2 GWB gegeben ist. Hierbei ist wiederum der gesamte sachlich und räumlich relevante Markt (§ 19 Abs 2 Satz 1 GWB) in den Blick zu nehmen und zu untersuchen, ob die Klägerin die Möglichkeit hat, auf die Leistungserbringung im Bereich der
Haushaltshilfe gegenüber der Beklagten zu 1) bzw den Beklagten zu 2) bis 4) zu verzichten, ohne die Wirtschaftlichkeit ihrer
Betriebsführung zu gefährden. Dabei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Klägerin nach den Feststellungen des LSG schwerpunktmäßig
in der häuslichen Krankenpflege (§
37 SGB V) und der häuslichen Pflege bei Pflegebedürftigkeit (§
36 SGB XI) tätig ist und die Haushaltshilfe (§
38 SGB V) nur ergänzend leistet, diese also - jedenfalls bislang - für das Unternehmen nur von untergeordneter Bedeutung gewesen ist.
e) Ist eine unterschiedliche - diskriminierende - Behandlung der Klägerin entweder nach § 20 Abs 1 GWB oder nach § 20 Abs 2 GWB erkennbar, stellt sich die weitere Frage, ob die Ungleichbehandlung der Klägerin und der anderen privatgewerblichen Unternehmen
auf sachlich gerechtfertigten Gründen beruht.
aa) Eine Ungleichbehandlung ist verboten, soweit sie sachlich nicht gerechtfertigt ist. Nach dem generellen Ansatz des Bundesgerichtshofs
(BGH), der über bis zum 31.12.1999 anhängig gewordene Rechtsstreite der vorliegenden Art als Kartellgericht entschieden hat,
weil die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu den nichtärztlichen Leistungserbringern bis 31.12.1999 zivilrechtlicher Natur
waren und deshalb unmittelbar dem GWB unterlagen, eröffnet das eine Abwägung der berührten Interessen, wobei solche Interessen ausgeschlossen sind, die mit dem
Zweck des GWB - der Herstellung freien, fairen Wettbewerbs - unvereinbar sind.
Besondere Anforderungen hat der BGH insoweit, zuletzt mit Urteil vom 11.12.2001 (KZR 5/00 - NJW-RR 2002, 763), an die Rechtfertigung unterschiedlicher Preise für Leistungserbringer im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung erhoben,
wenn eine Krankenkasse eine marktbeherrschende Stellung im Tätigkeitsgebiet eines Leistungserbringers (dort: Krankenpflegedienst)
hat. Dem ist zuzustimmen.
bb) Es ist dabei festzuhalten, dass auch ein marktbeherrschendes Unternehmen nach § 20 Abs 1 GWB nicht schlechthin gehalten ist, allen Anbietern von ihm benötigter Leistungen ausnahmslos die Vergütung zu zahlen, die es
dem Anbieter mit dem höchsten Angebotspreis zugestehen muss. Auch einem marktbeherrschenden oder marktstarken Unternehmen
ist es erlaubt, ein auf dem einschlägigen Markt vorhandenes Preisgefälle auszunutzen, seinen Bedarf bei dem jeweils preisgünstigsten
Anbieter zu decken und auf höherpreisige Angebote allenfalls in dem Umfang zurückzugreifen, in dem günstigere zur Befriedigung
seines Bedarfs nicht ausreichen (so auch BGH, NJW-RR 2002, 763, 765).
Besondere Anforderungen an die Begründung unterschiedlicher Vergütungen gleichartiger Leistungen sind dagegen zu stellen,
wenn bestimmte Gruppen von Anbietern grundsätzlich unterschiedlich behandelt werden. So verhält es sich hier. Das kann nur
zulässig sein, soweit dafür besondere Gründe bestehen.
Hervorzuheben ist dabei, dass die Vorschriften der §§ 19 ff GWB stets im Lichte der besonderen Regelungen des
SGB V auszulegen sind. Die Krankenkassen haben generell bei der Auswahl der Leistungserbringer auf deren Vielfalt zu achten (§
2 Abs
3 Satz 1
SGB V) und das Wirtschaftlichkeitsgebot zu wahren, Leistungen also möglichst preisgünstig "einzukaufen" (§
2 Abs
1 und 4, §
12 Abs
1, §
70 Abs
1 Satz 2
SGB V). Für den hier betroffenen Bereich der Haushaltshilfe sind diese generellen Verpflichtungen in §
132 Abs
2 SGB V wiederholt und konkretisiert worden: "Die Krankenkassen haben darauf zu achten, dass die Leistungen wirtschaftlich und preisgünstig
erbracht werden. Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihrer Vielfalt, insbesondere der Bedeutung der freien Wohlfahrtspflege,
Rechnung zu tragen." Im Lichte dieser Gebote, die gleichrangig neben den Regelungen der §§ 19 ff GWB stehen, ist die Frage zu beantworten, ob die unterschiedliche Vergütung gleichartiger Leistungen im Falle der marktbeherrschenden
Stellung einer Krankenkasse sachlich gerechtfertigt sein kann.
Daraus folgt, dass die Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots und das, was bei funktionierendem Wettbewerb durch Verhandlung
erzielbar ist, in der Regel keinen Missbrauch darstellt. In diesem Sinne richten sich die §§ 19 ff GWB im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung nur gegen das überschießende Ausnutzen von Marktmacht mit unlauteren Mitteln.
cc) Eine unterschiedliche Vergütung kann gerechtfertigt sein, wenn zwar die eigentlichen Leistungen der Haushaltshilfe gleich
sind, den Versicherten aber sonstige Vorteile zugute kommen. Dabei ist wiederum eine Gesamtbetrachtung anzustellen. Vorteile
könnten sich dadurch ergeben, dass die Wohlfahrtsverbände, die einen für das gesamte Land Baden-Württemberg geltenden Rahmenvertrag
geschlossen haben, Verpflichtungen eingegangen sind, die die Klägerin nicht in gleichem Maße zu erfüllen hat. Zu denken ist
beispielsweise an spezielle Notdienste, Wochenenddienste, Dienstbereitschaft rund um die Uhr, Dienstbereitschaft auch im Falle
von Krankheit und Urlaub von Mitarbeitern sowie an die Verpflichtung zur Übernahme von Dienstaufträgen auch in entfernt gelegenen
Orten oder Häusern mit weiten Anfahrtswegen.
dd) Die Hervorhebung der besonderen Bedeutung der freien Wohlfahrtspflege in §
132 SGB V ist dagegen - für sich genommen - nicht geeignet, Vergütungsunterschiede zu rechtfertigen.
Bis zum Inkrafttreten des GRG am 1.1.1989 waren die Haushaltshilfe (§
38 SGB V, § 199
RVO) und die häusliche Krankenpflege (§
37 SGB V) in erster Linie den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege vorbehalten (Hencke in Peters, Handbuch der Krankenversicherung,
§
132 SGB V RdNr 8 und §
132a SGB V RdNr 6). Sie stellten in der Praxis die Versorgung der Versicherten mit diesen Leistungen sicher. Auch nach der Öffnung dieses
Marktes für privatgewerbliche Leistungsanbieter hat der Gesetzgeber die besondere Funktion der Wohlfahrtsverbände hervorgehoben.
Sie sollten auch in Zukunft die sichere, flächendeckende Versorgung der Versicherten mit Leistungen der Pflege und der Haushaltshilfe
gewährleisten, und zwar insbesondere über von ihnen betriebene Sozialstationen. Diese besondere Berücksichtigung der Wohlfahrtsverbände
bei der Auswahl der Leistungserbringer hat auch Auswirkungen bei der Preisgestaltung. Es muss gewährleistet sein, dass die
Vergütungen die notwendigerweise anfallenden Kosten abdecken und eine wirtschaftliche Betriebsführung ermöglichen. Eine darüber
hinausgehende Bevorzugung der Wohlfahrtsverbände ist jedoch nicht gerechtfertigt.
Die Zahlung höherer als am Markt üblicher Preise wäre eine Subventionierung der Wohlfahrtsverbände durch die Krankenkassen,
die mit ihren gesetzlich bestimmten Aufgaben nicht in Einklang zu bringen wäre. Nach den §§
2,
12,
13 SGB V sollen die Krankenkassen ihren Mitgliedern den notwendigen Schutz im Krankheitsfall gewährleisten. Bei der Verwendung der
zur Finanzierung dieses Aufwandes eingezogenen Beiträge sind die Krankenkassen gesetzlich verpflichtet, ihre Leistungen auf
das Notwendige und Angemessene zu beschränken.
Schon das lässt für eine Subventionierung von Anbietern durch sie keinen Raum. Diese stünde zudem im Widerspruch dazu, dass
die Ausgaben der Krankenkassen durch Pflichtbeiträge der Versicherten finanziert werden, die von diesen nach der Vorstellung
des Gesetzes nur zur Finanzierung des notwendigen Aufwandes der Krankenkassen eingezogen werden. Entsprechen die den Wohlfahrtsverbänden
gezahlten Vergütungen hingegen dem Marktniveau, vermag die Verpflichtung zur Förderung der Wohlfahrtsverbände eine Zahlung
an andere Anbieter unterhalb dieses Niveaus nicht zu rechtfertigen (so auch BGH, NZW-RR 2002, 763, 765).
ee) Eine Rechtfertigung unterschiedlicher Preise lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass die der Klägerin und den anderen
privaten Anbietern gezahlte Vergütung ein wirtschaftlich erfolgreiches Arbeiten ermöglicht. Auch der Verweis auf in anderen
Bundesländern gezahlte niedrigere Vergütungen ist insoweit unerheblich. Der Umstand, dass der bewilligte Preis für den konkreten
Anbieter kostendeckend ist, kann generell eine unterschiedliche Behandlung gegenüber anderen Anbietern, die gleichartige Leistungen
erbringen, im Hinblick auf § 20 Abs 1 GWB nicht rechtfertigen. Es ist nicht Sache des marktbeherrschenden Unternehmens, die Gewinnmargen seines Vertragspartners festzulegen.
Ein solcher Eingriff in die Stellung des anderen Teils ist mit den Grundsätzen eines funktionierenden Wettbewerbs nicht zu
vereinbaren.
Demgemäß vermag der Gedanke, dass dem anderen Teil eine hinreichende Spanne zur Verfügung gestanden habe, als solcher die
Bewilligung unterschiedlicher Vergütungen für eine gleichartige Leistung nicht zu rechtfertigen.
f) Ergibt sich hiernach eine Diskriminierung der Klägerin iS des § 20 Abs 1 GWB, ist diese zu beseitigen. Da eine Absenkung der Vergütung der Wohlfahrtsverbände ersichtlich ausscheidet, kann die Rechtsfolge
nur in der Angleichung der Vergütung der Klägerin an die Preisvereinbarung mit den Wohlfahrtsverbänden bestehen. Es kann dabei
offen bleiben, ob diese Rechtsfolge aus der entsprechenden Anwendung des - in §
69 SGB V nicht erwähnten - § 33 Abs 1 GWB und dem dort normierten Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch herzuleiten ist (so Engelmann, aaO, §
69 RdNr 114 bis 115) oder aus der entsprechenden Anwendung des §
1004 BGB, die durch §
69 Satz 4
SGB V ermöglicht wird.
8. Nach Art
12 Abs
1 GG kann ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zu hoheitlichen Gebührenregelungen eine unterste
Vergütungsgrenze gezogen werden, die es verbietet, den Berufsangehörigen durch staatliche Gebührenregelung unangemessen niedrige
Einkünfte zuzumuten. Dazu prüft das BVerfG ua, ob die Vergütungsregelung eine wirtschaftliche Existenz generell nicht ermöglicht
(Beschluss vom 15.12.1999 - 1 BvR 1904/95 ua -, BVerfGE 101, 331, 350 f - Vergütung von Berufsbetreuern). Der 6. Senat des BSG folgt dem in seiner Rechtsprechung zur vertragsärztlichen Vergütung
und nimmt einen von Verfassungs wegen relevanten Verstoß gegen die Vergütungsuntergrenze an, "wenn in einem - fachlichen und/oder
örtlichen - Teilbereich kein ausreichender finanzieller Anreiz mehr besteht, vertragsärztlich tätig zu werden, und dadurch
in diesem Bereich die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung gefährdet ist". Prüfungsmaßstab dafür ist, ob Ärzte
der betreffenden Fachrichtung "generell nicht in der Lage gewesen wären, bei einer mit vollem persönlichen Einsatz und unter
optimaler wirtschaftlicher Praxisausrichtung ausgeübten vertragsärztlichen Tätigkeit existenzfähige Praxen zu führen" (vgl
BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 140 f mwN). Diese Rechtsprechung kann auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen werden.
Von den bislang getroffenen Feststellungen ausgehend ist eine Verletzung dieser Grenze hier nicht ersichtlich. Dass der Unternehmensbereich
der Haushaltshilfe mit den von den Beklagten gewährten Stundensätzen seit dem 1.8.2008 nur in einer die Existenz gefährdenden
Weise betrieben werden kann, macht auch die Klägerin nicht geltend. Dagegen spricht auch der - von den Vorinstanzen allerdings
nicht überprüfte - Vortrag der Beklagten, dass Leistungen der Haushaltshilfe in anderen Bundesländern zu teils weit geringeren
Sätzen erbracht werden und infolgedessen Haushaltshilfeleistungen offenbar auch mit niedrigeren Stundensätzen ohne Existenzgefährdung
zu erbringen sind. Kann die Krankenkasse das belegen, dürfte regelmäßig eine Verletzung dieser unteren Grenze ausscheiden,
ohne dass auf die Einzelheiten der konkreten betrieblichen Situation einzugehen ist. Das könnte allenfalls dann anders sein,
wenn ein Leistungserbringer der Krankenkasse seine betriebliche Kalkulation offen legt und darauf gestützt eine höhere Vergütung
beansprucht; in diesem - sicher ungewöhnlichen - Fall könnte die Krankenkasse schon gehalten sein, ihr Angebot zu überprüfen
und den Nachweis zu führen, dass die von ihr gewährten Sätze auch bei einer betriebswirtschaftlichen Kalkulation regelmäßig
die Fortführung eines entsprechenden Leistungsangebotes erlauben. Allerdings macht die Klägerin hier selbst nicht geltend,
dass die von den Beklagten gewährten Stundensätze schlechthin unauskömmlich sind.
9. Auch das Willkürverbot des Art
3 Abs
1 GG bildet eine äußerste Grenze des den Krankenkassen eingeräumten Verhandlungsspielraums. Es verbietet der Krankenkasse als
grundrechtsverpflichteter Trägerin öffentlicher Gewalt auch ohne die Stellung als marktbeherrschender oder marktstarker Nachfrager
nach Dienstleistungen (§ 19 Abs 2 GWB) eine willkürlich ungleiche Vergütung vergleichbarer Leistungen. Diese Schranke kann bei krassen inhaltlichen Unterschieden
überschritten sein. Daneben kann sie auch bei einer unterschiedlichen äußeren Handhabung von Vergütungsinteressen verletzt
sein. Daran ist insbesondere zu denken, wenn etwa eine Krankenkasse einem Teil von Leistungserbringern die Anpassung der Vergütung
an gestiegene Kosten gewährt und anderen Leistungserbringern solche Anpassungen verweigert. Auch könnte das Willkürverbot
verletzt sein, wenn eine Krankenkasse mit einzelnen Leistungserbringern Vergütungsverhandlungen führt und andere ohne sachlichen
Grund schon aus Verhandlungen ausschließen würde. Ob hier die Klägerin benachteiligende Unterschiede in der Vergütung gleichartiger
Leistungen der Haushaltshilfe vorliegen, die die Grenze zur Willkür überschritten haben, wird das LSG zu ermitteln haben.
10. Das LSG hat auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden.
11. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs 1, § 63 Abs 2 und § 47 Abs 1 GKG.