Krankengeld
Grundsatzrüge
Bereits geklärte Rechtsfrage
Gewährung eines über das Mitgliedschaftsende hinausreichenden Versicherungsschutzes
1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus
- aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist.
2. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung
aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen
der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche
Klärung erwarten lässt.
3. Die Klärungsbedürftigkeit einer aufgeworfenen Frage fehlt jedenfalls, wenn sich ihre Beantwortung bereits aus vorliegender
höchstrichterlicher Rechtsprechung ergibt, d.h. wenn sie bereits geklärt ist und nicht etwa erneut deshalb klärungsbedürftig
geworden ist, weil der Rechtsprechung in nicht geringem Umfang in den Instanzen und der Literatur widersprochen wurde.
4. Das BSG hat bereits entschieden, dass einzelne Nachteile, die mit dem Verlust des nachgehenden Versicherungsschutzes einhergehen,
vom Versicherten hingenommen werden müssen und diese Auswirkungen nicht gegen Verfassungsrecht verstoßen.
5. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG entfällt der Grund für die Gewährung eines über das Mitgliedschaftsende hinausreichenden Versicherungsschutzes, wenn im Anschluss
an eine bisherige Pflichtmitgliedschaft oder zu einem späteren Zeitpunkt innerhalb der Monatsfrist ein neues Versicherungsverhältnis
eingreift. Das gilt auch dann, wenn das aktuelle Versicherungsverhältnis nur geringere Leistungen vorsieht.
Gründe:
Nach einer bis 31.10.2012 befristeten Beschäftigung (mit bei Beendigung gezahlter Urlaubsabgeltung für vier Tage) beantragte
der Kläger für die Zeit ab 1.11.2012 Arbeitslosengeld. Am 2.11.2012 wurde ihm von diesem Tag an ärztlich Arbeitsunfähigkeit
(AU) attestiert, die bis 31.12.2012 dokumentiert ist. Im Wege eines Teilanerkenntnisses hat die Beklagte dem Kläger für die
Zeit vom 3.11. bis 30.11.2012 Krankengeld (Krg) gewährt. Mit seinem Begehren, von der beklagten Krankenkasse (auch) für die
Zeit vom 1.12. bis 31.12.2012 Krg zu erhalten, ist er in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben (zuletzt Urteil des LSG vom
10.10.2017).
Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil und beruft sich
auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Kläger den ausschließlich geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen
Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund des §
160 Abs
2 Nr
1 SGG) nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechend dargetan hat (§
160a Abs
2 S 3
SGG). Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß §
160a Abs
4 S 1 Halbs 2 iVm §
169 S 2 und 3
SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus
- aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist.
Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung
aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen
der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche
Klärung erwarten lässt (vgl zB BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59, 65).
Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit,
ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von
ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Der Kläger hält für grundsätzlich bedeutsam die Frage,
"Handelt es sich bei §
19 Abs.
2 S. 1
SGB V um eine analogiefähige Vorschrift, die heranzuziehen ist, um Lücken im gegliederten Entgeltersatzsystem zu schließen, welche
dadurch entstehen, dass der gekündigte Arbeitnehmer, der in dem Zeitraum, in welchem er eine Urlaubsabgeltung erhält, arbeitsunfähig
erkrankt, weder den Versicherungstatbestand des §
5 Abs.
1 Nr.
2 SGB V noch den Versicherungstatbestand des §
5 Abs.
1 Nr.
1 SGB V erfüllt und daher kein Krankengeld erhält, obwohl er wegen der Regelung in §
155 SGB III auch keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I hat?"
Der Kläger führt hierzu aus, dass die Frage durch das Urteil des BSG vom 4.3.2014 - B 1 KR 68/12 R (= SozR 4-2500 § 5 Nr 22) noch nicht vollständig geklärt sei und sich ihre Beantwortung auch nicht bereits aus dem Gesetz
selbst ergebe. Die Voraussetzungen für eine Analogie lägen vor, da eine ausfüllungsbedürftige planwidrige gesetzliche Regelungslücke
zwischen dem Versicherungstatbestand nach §
5 Abs
1 Nr
1 SGB V und demjenigen nach §
5 Abs
1 Nr
2 SGB V bestehe, die verfassungsrechtlich (Verstoß gegen Art
3 GG, das Sozialstaatsprinzip und Art
14 GG) nicht hinnehmbar sei.
Mit seinem Vorbringen genügt der Kläger den Darlegungserfordernissen nicht. Es kann offenbleiben, ob der Kläger eine hinreichend
klare, aus sich heraus verständliche und im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserhebliche, vom Senat zu beantwortende
abstrakte Rechtsfrage formuliert hat. Die Klärungsbedürftigkeit einer aufgeworfenen Frage fehlt nämlich jedenfalls, wenn sich
ihre Beantwortung bereits aus vorliegender höchstrichterlicher Rechtsprechung ergibt, dh wenn sie bereits geklärt ist und
nicht etwa erneut deshalb klärungsbedürftig geworden ist, weil der Rechtsprechung in nicht geringem Umfang in den Instanzen
und der Literatur widersprochen wurde (vgl zum Ganzen zB Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl 2017 §
160 RdNr 8b mit umfangreichen Nachweisen). Dies nimmt die Beschwerdebegründung in ihrem Vorbringen nicht hinreichend in den Blick.
Der 1. Senat des BSG hat in dem auch von Klägerseite angeführten Urteil vom 4.3.2014 (SozR 4-2500 § 5 Nr 22 Leitsatz 2 und RdNr 10 ff) bereits
mit ausführlicher Begründung entschieden, dass ein Versicherter, der nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses noch Urlaubsabgeltung
erhält, während des Erhalts der Urlaubsabgeltung arbeitsunfähig erkrankt - wie im Falle des Klägers - und daher keine Leistungen
der Bundesagentur für Arbeit bezieht, in Anwendung des §
19 Abs
2 S 1
SGB V Anspruch auf Krg nur längstens für einen Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft hat, solange keine Erwerbstätigkeit ausgeübt
wird. Entsprechende Krg-Leistungen sind dem Kläger aufgrund des Teilanerkenntnisses der Beklagten auch bis 30.11.2012 zuteil
geworden. Darüber hinaus bestand indessen kein - noch an die frühere Beschäftigung anknüpfender - Krg-Anspruch. Dies gilt
zum einen, weil eine dem Betroffenen gewährte Urlaubsabgeltung kein Arbeitsentgelt darstellt und das Beschäftigungsverhältnis
und damit die Pflichtmitgliedschaft nicht verlängerte (so BSG, ebenda, RdNr 13 mwN). Zum anderen hat das LSG am Ende der Entscheidungsgründe seines Urteils festgestellt, dass der Kläger
im Dezember 2012 als Bezieher von Arbeitslosengeld II Krankenversicherungsschutz nach §
5 Abs
1 Nr
2a SGB V hatte; für diesen Personenkreis sind allerdings Krg-Ansprüche ausgeschlossen, weil sie im Krankheitsfall durch die Fortzahlung
von Arbeitslosengeld II wirtschaftlich abgesichert sein sollen (vgl §
44 Abs
2 S 1 Nr
1 SGB V). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG entfällt aber der Grund für die Gewährung eines über das Mitgliedschaftsende hinausreichenden Versicherungsschutzes, wenn
im Anschluss an eine bisherige Pflichtmitgliedschaft oder zu einem späteren Zeitpunkt innerhalb der Monatsfrist ein neues
Versicherungsverhältnis eingreift, das gilt auch dann, wenn das aktuelle Versicherungsverhältnis - wie hier - nur geringere
Leistungen vorsieht (vgl zuletzt BSGE 118, 52 = SozR 4-2500 § 192 Nr 7, RdNr 31 mwN; s schon den Literaturnachweis im LSG-Urteil Seite 9, 4. Absatz). Das BSG hat ferner bereits entschieden, dass einzelne Nachteile, die mit dem Verlust des nachgehenden Versicherungsschutzes einhergehen,
vom Versicherten hingenommen werden müssen und diese Auswirkungen nicht gegen Verfassungsrecht verstoßen (BSG SozR 2200 § 214 Nr 2 Leitsatz 2 und S 4 f). Auch damit setzt sich die Beschwerdebegründung bei der Geltendmachung einer Analogie zu Gunsten
des Klägers nicht auseinander wie im Übrigen zu den - hier ebenfalls nicht hinreichend in den Blick genommenen - Darlegungsanforderungen
in einer Nichtzulassungsbeschwerde beim Berufen auf die Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Regelung (vgl dazu aber Leitherer
in Meyer-Ladewig ua, aaO, § 160a RdNr 14 mit umfangreichen Nachweisen).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von §
193 Abs
1 SGG.