Künstlersozialversicherung - Künstlersozialabgabepflicht - abgabepflichtiges Entgelt - Honorar für Mitwirkung als Akteur in
Fernsehproduktion des Factual Entertainment - Gewinnzuweisung an Kommanditist - Rücknahme rechtswidriger Abgabebescheide -
keine einschränkende Auslegung des § 27 Abs 1a S 2 KSVG
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Höhe der von der klagenden Künstler- und Management Kommanditgesellschaft (KG) an die beklagte
Künstlersozialkasse (KSK) zu zahlenden Künstlersozialabgabe (KSA) nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) für die Jahre 2002 bis 2004.
Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Veranstaltung von künstlerischen Darbietungen jeder Art sowie der Erwerb
von Urheberrechten aller Art und deren Vermarktung. Im Wesentlichen werden dabei die Werke (Tonträgerproduktion, Kompositionen,
Texte von Schlagern) und Auftritte der Künstlergruppe C vermarktet, die aus dem Sänger C C (CC) sowie dessen Sohn, dem Sänger
L C (LC) besteht; beide treten oft gemeinsam, manchmal aber auch einzeln auf. Zusätzlich werden auch Auftritte der Tochter
A C (AC) als Sängerin gemanagt. Persönlich haftende Komplementärin der KG ist die C GmbH, deren Gesellschafter CC und dessen
Ehefrau I C (IC) sind; Kommanditisten waren in jenen Jahren IC, mit der CC im Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebt, die
Tochter AC (ausgeschieden zum 17.9.2009), die nicht im Musikgeschäft tätige Tochter E C (EC, ebenfalls ausgeschieden zum 17.9.2009)
sowie der Sohn LC. Die Gewinnverteilung richtete sich nach den Anteilen am Gesellschaftskapital der KG, nämlich 35,7142 %
für IC sowie je 21,4286 % für die drei Kinder.
Im Jahr 1999 gab es Auseinandersetzungen mit dem Finanzamt. CC wollte einerseits seine Familie versorgt sowie bestehende Verbindlichkeiten
bedient wissen, andererseits aber keine pfändbaren Einkünfte erzielen. Deshalb wurde vereinbart, dass die Klägerin die Vermarktungsrechte
für die musikalische Tätigkeit von CC übernimmt, die dafür dessen Steuerschulden bediente. Nach dem Gesellschaftsvertrag sollte
die Klägerin alleiniger Vertragspartner der Auftrittsbesteller werden, weshalb sie mit den Auftraggebern (Veranstaltern) Engagementverträge
über die entgeltliche Erbringung musikalischer Darbietungen schloss, an denen vornehmlich CC und LC, aber auch AC sowie eine
Band teilnahmen. Die Klägerin zahlte der Komplementärin eine Vergütung für deren Haftungsrisiko und das Gehalt ihrer Geschäftsführerin
IC.
Um zu vermeiden, dass für die Auftritte der als Künstler tätigen Kommandisten KSA anfällt, wurde am 8.9.2001 vereinbart, dass
die Künstler CC, LC und AC "mit Wirkung ab 01.04.1999 unentgeltlich für die Gesellschaft und sämtliche Beteiligten tätig werden",
zugleich verpflichteten sie sich zur Erstattung bereits ausbezahlter Vergütungen. CC, LC und AC erhielten daraufhin im streitigen
Zeitraum weder von den Auftraggebern noch von der Klägerin Honorarzahlungen für ihre künstlerischen Tätigkeiten. Die Kommanditisten
(IC, LC, AC und EC) erhielten Gewinnzuweisungen entsprechend ihrem gesellschaftsvertraglichen Anteil am Betriebsergebnis der
Klägerin, das aus Einnahmen aus der künstlerischen Tätigkeit von CC, LC und AC einerseits sowie aus Merchandising-Erlösen
und CD-Verkäufen bzw Ausschüttungen der GEMA bzw GVL andererseits bestand. CC lebte eigenen Angaben zufolge von Einkünften
aus dem Ausland.
In den Jahren 2002/2003 führte die Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für die Zeit bis 2001 durch (Schlussprotokolle
vom 21.5.2003 und 14.11.2003). Bei der Schlussbesprechung erklärte die Beklagte, dass Bemessungsgrundlage der KSA die gezahlten
Entgelte für künstlerische Leistungen an alle selbstständigen Künstler seien. Der Begriff "gezahlt" meine nicht den eigentlichen
Zahlungsvorgang, sondern die Verpflichtung zur Erbringung der vertraglich vereinbarten Gegenleistung, und zwar unabhängig
davon, ob der Gläubiger die Zahlung beanspruche. Dabei werde unterstellt, dass ein vergleichbarer Künstler, der nicht zur
Familie gehöre, Honorare für seine Leistungen erhalte. Anschließend setzte die Beklagte die KSA für 1999 auf 5255,87 Euro,
für 2000 auf 18 002,51 Euro und für 2001 auf 17 904,43 Euro sowie monatliche Vorauszahlungen in Höhe von 1453,78 Euro fest
(Betriebsprüfungsbescheid vom 9.1.2004, Widerspruchsbescheid vom 18.5.2004). Das Klageverfahren (S 3 KR 1845/04 SG Reutlingen) endete am 7.9.2006 mit einem Vergleich, wonach die Klägerin die KSA für 1999 aus 80 % des der Abgabenbemessung
zugrunde gelegten Betrags von 657 731 DM, für 2000 aus 75 % des Bemessungsbetrags von 880 246 DM und für 2001 aus 67 % des
Bemessungsbetrags von 897 898 DM zu entrichten habe und für bereits anhängige und etwaige zukünftige Widerspruchsverfahren
die Vollziehung der Abgabebescheide bis zur endgültigen rechtskräftigen Klärung ausgesetzt werde.
Ungeachtet der Rechtsauffassung der Beklagten über die Einbeziehung der CC, LC und AC an sich zustehenden Entgelte in die
Bemessungsgrundlage der KSA meldete die Klägerin für die Folgezeit ab 2002 jeweils nur die an die (familienfremden) Bandmitglieder
gezahlten Honorare als abgabepflichtige Entgelte. Die Beklagte setzte daraufhin die KSA jeweils "unter Vorbehalt" fest, und
zwar für 2002 auf 693,27 Euro, für 2003 auf 503,77 Euro und für 2004 auf 627,07 Euro (Bescheide vom 29.3./11.6.2004, 15.7.2004
und 27.4.2005). Dabei hielt sie aber an ihrer Auffassung fest, professionelle Künstler wie CC, LC und AC arbeiteten auch im
Verhältnis zur Klägerin nicht ohne angemessenes Honorar. Deshalb seien die Gewinnzuweisungen der Klägerin für die Kommanditisten
ausnahmslos als Vergütungen für künstlerische Leistungen in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Bei den künstlerisch tätigen
LC und AC verstehe sich dies von selbst. Die Gewinnzuweisung für EC sei CC zuzurechnen, weil EC weder künstlerisch noch auf
andere Weise für die Klägerin tätig sei; die Gewinnzuweisung für IC sei ebenfalls CC zuzurechnen, weil sie gleichfalls nicht
künstlerisch arbeite und ihre Funktion als Geschäftsführerin gesondert vergütet werde. Nachdem die Klägerin eine Korrektur
ihrer Meldungen vom 10.3.2004 (Gesamthonorar von 18 244 Euro für 2002), vom 8.7.2004 (13 257 Euro für 2003) und vom 30.9.2005
(15 870 Euro für 2004) abgelehnt hatte, setzte die Beklagte mit Änderungsbescheid vom 15.2.2006 im Wege der Schätzung die
Bemessungsentgelte für 2002 bis 2004 auf jeweils 415 147 Euro und die KSA auf jeweils 15 775,59 Euro (2002 und 2003) sowie
auf 17 851,32 Euro (2004) fest. Als Bemessungsgrundlage zog sie den Durchschnitt der für die Jahre 1999 bis 2001 bei der Betriebsprüfung
festgestellten Werte heran. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 5.10.2007 setzte die Beklagte dann das Bemessungsentgelt für
2002 auf 201 002 Euro (KSA 7638,08 Euro), das Entgelt für 2003 auf 118 686 Euro (KSA 4510,07 Euro) und das Entgelt für 2004
auf 159 844 Euro (KSA 6873,29 Euro) herab und gab damit dem Widerspruch der Klägerin teilweise statt. Zugleich wurde die KSA
für die Jahre 2005 und 2006 erstmals festgesetzt, und zwar nach Bemessungsentgelten von wiederum je 159 844 Euro auf 9270,95
Euro (2005) und 8791,42 Euro (2006). Dabei legte die Beklagte als Bemessungsgrundlage die von der Klägerin an IC gezahlten
Beträge entsprechend den Einkommensteuerbescheiden der Jahre 2002 und 2003 zugrunde. Für die Zeit ab 2004 wurde mangels Einkommensteuerbescheid
der Durchschnitt der beiden Vorjahre von 159 844 Euro herangezogen. Die bisher erteilten Bescheide, also die Abgabebescheide
vom 11.6.2004, 15.7.2004 und 27.4.2005 sowie der Änderungsbescheid vom 15.2.2006, wurden zurückgenommen, soweit sie diesem
neuen Bescheid widersprachen. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 7.8.2008).
Im Klageverfahren (S 9 KR 3194/08 SG Reutlingen) hat die Klägerin geltend gemacht, die mit dem Bescheid vom 5.10.2007 erfolgte Festsetzung der KSA ab 2002
sei insoweit rechtswidrig, als höhere Bemessungsentgelte als die von ihr korrekt mitgeteilten Honorare zugrunde gelegt worden
seien. Ab 2002 habe keine rechtliche Verpflichtung mehr bestanden, Vergütungen für künstlerische Leistungen an CC, LC und
AC zu bezahlen, und solche Zahlungen habe es auch tatsächlich nicht mehr gegeben. Die ab 2002 erzielten Handelsbilanzgewinne
der Gesellschaft seien im Wesentlichen erwirtschaftet worden durch Erträge der GEMA, der GVL und sonstiger Lizenzen, die ausschließlich
den vier Kommanditisten zugewiesen worden seien. Im Übrigen ergäben sich aus den vorgelegten Einkommensteuererklärungen der
Kommanditisten keine Einkünfte aus künstlerischer Tätigkeit und damit auch keine Zahlungen der Klägerin für solche Tätigkeiten,
die Gegenstand einer KSA sein könnten. Es handele sich vielmehr um gesellschaftsrechtlich zulässige Gewinnentnahmen der Gesellschafter.
Die Beklagte hat entgegnet, die Gewinne der Gesellschaft beruhten auf der Verwertung der künstlerischen Leistungen der Familie
C. Der vereinbarte Verzicht der Künstler auf ihr Honorar diene lediglich der Umgehung der KSA. Eine Doppelbelegung der Auftrittshonorare
mit der KSA gebe es nicht, weil die Zahlungen der Auftraggeber (Veranstalter) vertragsgemäß der Klägerin zugestanden hätten
und Vergütungen für Leistungen einer KG nicht der Abgabepflicht nach dem KSVG unterlägen.
Das SG hat das Klageverfahren über die KSA für 2005 und 2006 abgetrennt (S 9 KR 418/11 SG Reutlingen = L 5 KR 3544/11 LSG Baden-Württemberg). Hinsichtlich der KSA-Festsetzungen für die Jahre 2002 bis 2004 hat das SG den Schätzungsbescheid der Beklagten vom 5.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.8.2008 antragsgemäß geändert
und das Entgelt zur Bemessung der KSA für 2002 auf 18 244 Euro, für 2003 auf 13 257 Euro und 2004 auf 15 870 Euro festgesetzt
(Gerichtsbescheid vom 9.2.2011): Es sei zwar nicht von einer unentgeltlichen Tätigkeit von CC und der an der Klägerin beteiligten
Familienmitglieder LC und AC auszugehen, der angefochtene Bescheid verstoße aber gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes
und sei durch die Vorgaben des § 27 Abs 1 und 1a KSVG über die Möglichkeit zur Schätzung des Bemessungsentgelts nicht gedeckt. Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen
(Urteil vom 13.11.2012). Die Klägerin sei zwar zur Änderung der ursprünglichen Abgabebescheide vom 29.3.2004 für 2002, vom
15.7.2004 für 2003 und vom 27.4.2005 für 2004 nach § 27 KSVG prinzipiell berechtigt gewesen. Die streitgegenständlichen Festsetzungen der KSA in den Bescheiden vom 15.2.2006 und 5.10.2007
seien aber rechtswidrig, weil die Klägerin mit der Meldung der an die als selbstständige Musiker tätigen Bandmitglieder (sog
"Freelancer") ihre Meldepflicht nach § 27 Abs 1 S 1 KSVG erfüllt habe. Die Gewinnzuweisungen der Klägerin an ihre Kommanditisten seien nach § 27 iVm § 25 KSVG nicht in die Bemessungsgrundlage der KSA einzubeziehen, weil es sich dabei nicht um "Entgelte für künstlerische oder publizistische
Leistungen" iS des § 25 KSVG gehandelt habe. Dieses Ergebnis sei auch nicht deswegen zu korrigieren, weil es CC und den Gesellschaftern der Klägerin gerade
darum gegangen sei, eine rechtliche Konstruktion zu wählen, bei der eine KSA-Pflicht nicht eintrete. Die Wahl rechtlich zulässiger
Gestaltungsmöglichkeiten zur Abwehr von Abgabepflichten sei nicht rechtsmissbräuchlich.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung der §§ 25 und 27 KSVG. Sie hält an ihrer Rechtsauffassung über die Einbeziehung der Gewinnzuweisungen der Klägerin in die Bemessungsgrundlage zur
KSA fest und beantragt, das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 13.11.2012 und den Gerichtsbescheid des SG Reutlingen vom
9.2.2011 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin hält das Berufungsurteil für zutreffend und beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,
die Revision zurückzuweisen.
II
Die Revision der Beklagten ist zulässig, aber nur zu einem geringen Teil begründet. Die Klägerin unterliegt als musikalische
Werke und Leistungen vermarktendes Unternehmen der Pflicht zur Abführung der KSA nur insoweit, als sie in den Jahren 2002
bis 2004 für künstlerische Leistungen Honorare an CC, LC und AC sowie an die selbstständig tätigen (familienfremden) Bandmitglieder
gezahlt hat. Die Honorare an die Bandmitglieder beliefen sich auf insgesamt 18 244 Euro (2002), 13 257 Euro (2003) bzw 15
870 Euro (2004). Für die musikalischen Auftritte von CC, LC und AC sind von der Klägerin entsprechend der Vereinbarung vom
8.9.2001 keine Vergütungen gezahlt worden, sodass auch keine KSA zu entrichten war. Dennoch hat der erkennende Senat das Bemessungsentgelt
für die KSA des Jahres 2004 auf 45 870 Euro erhöht, weil die Klägerin für die - der Unterhaltungskunst zuzurechnenden - Mitwirkung
von CC in der im Fernsehen ausgestrahlten Unterhaltungsshow "Ich bin ein Star - holt mich hier raus" (Dschungelcamp-Sendung)
ein Honorar von netto 30 000 Euro gezahlt hat (Rechnung vom 31.3.2004). Für dieses Honorar muss die Klägerin ebenfalls die
KSA entrichten.
1. Gegenstand der erhobenen isolierten Anfechtungsklage (§
54 Abs
1 SGG) ist der die Höhe der KSA für die Jahre 2002 bis 2004 festsetzende Schätzungsbescheid der Beklagten vom 15.2.2006 in der
Gestalt des Änderungsbescheides vom 5.10.2007 und des Widerspruchbescheides vom 7.8.2008. Der Bescheid vom 5.10.2007 ist während
des gegen den Ausgangsbescheid vom 15.2.2006 gerichteten Widerspruchsverfahrens ergangen und hat dessen Regelungen vollständig
ersetzt. Er ist daher gemäß §
86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden. Die Beklagte hat hierüber mit Widerspruchsbescheid vom 7.8.2008 entschieden.
Da die Festsetzung der Höhe der von einem Unternehmen abzuführenden KSA grundsätzlich auf ein Kalenderjahr bezogen ist (vgl
§ 27 Abs 1 S 1 und Abs 1a S 1 KSVG), handelt es sich bei den KSA-Festsetzungen für die jeweiligen Jahre um eigenständige Streitgegenstände, sodass das SG das Verfahren über die KSA der Jahre 2005 und 2006 vom vorliegenden Verfahren abtrennen durfte (§
202 SGG iVm §
145 Abs
1 ZPO).
Angefochten waren die KSA-Festsetzungen allerdings nur, soweit die zugrunde gelegten Bemessungsentgelte die Summen der Honorarzahlungen
an die (familienfremden) Bandmitglieder in Höhe von 18 244 Euro für 2002, 13 257 Euro für 2003 und 15 870 Euro für 2004 überschritten.
Diese Einschränkung ist in den Vorinstanzen auch beachtet worden und hat sich im Tenor des Gerichtsbescheides des SG vom 9.2.2011 entsprechend niedergeschlagen.
2. Den unmittelbar aus dem Regelungszweck des § 27 KSVG abgeleiteten Bedenken des SG gegen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Schätzungsbescheide der Beklagten ist das LSG zu Recht nicht gefolgt.
a) Das SG hatte entschieden, die Neufestsetzung des maßgeblichen Bemessungsentgelts im Wege der Schätzung verstoße gegen die Grundsätze
des Vertrauensschutzes und sei auch durch die Ermächtigung zur Schätzung in § 27 KSVG nicht legitimiert. Nach § 27 Abs 1a S 2 KSVG sei die Beklagte nur berechtigt, bereits erlassene Abgabebescheide mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn
die Meldungen unrichtige oder jedenfalls nicht plausible Angaben enthalten oder sich die Schätzung nach § 27 Abs 1 S 3 KSVG als unrichtig erwiesen hätte. Neben § 27 Abs 1a KSVG finde die allgemeine Regelung des § 45 SGB X über die Rücknahme rechtswidriger begünstigter Verwaltungsakte keine Anwendung. Entsprechend seines Ausnahmecharakters könne
§ 27 Abs 1a KSVG aber nicht als Ermächtigung verstanden werden, Abgabebescheide auch ohne strikte Bindung an die gesetzliche Vorgabe wiederholt
abzuändern, solange nur eine nach Ansicht der Beklagten noch nicht vollständig korrekte Meldung vorliege. Vielmehr ermächtige
auch § 27 Abs 1a KSVG zur Korrektur eines Abgabebescheides nur insoweit, als im Falle einer nicht oder falsch abgegebenen Meldung oder wenn sich
eine abgegebene Meldung ganz oder teilweise als unrichtig oder nicht plausibel erweise, sich die Schätzung nachträglich aufgrund
objektiver neuer tatsächlicher Erkenntnisse und nicht etwa nur aufgrund einer geänderten rechtlichen Beurteilung als unrichtig
erwiese. Hieran habe sich die Beklagte nicht gehalten. Schon die im Bescheid vom 15.2.2006 niedergelegte erste Schätzung sei
auf der Basis von Erkenntnissen erfolgt, die der Beklagten im Rahmen der Betriebsprüfung mit abschließendem Bescheid vom 9.1.2004
längst vorgelegen hätten; objektiv neue Erkenntnisse tatsächlicher Art habe es bei Erlass der Schätzungsbescheide nicht gegeben.
Diesem rechtlichen Ansatz kann nicht gefolgt werden.
b) Gemäß § 27 Abs 1a S 2 KSVG in der ab 1.7.2001 geltenden und hier maßgeblichen Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Künstlersozialversicherungsgesetzes und anderer Gesetze - 2. KSVG-ÄndG - vom 13.6.2001 (BGBl I 1027) wird der Abgabebescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zu Ungunsten des zur Abgabe
Verpflichteten zurückgenommen, wenn die Meldung nach § 27 Abs 1 KSVG unrichtige Angaben enthält oder sich die Schätzung nach § 27 Abs 1 S 3 KSVG als unrichtig erweist. Dabei verdrängt § 27 Abs 1a S 2 KSVG die allgemeine Regelung des § 45 SGB X (BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 10; BSGE 104, 265 = SozR 4-5425 § 25 Nr 5, RdNr 12; BSG SozR 4-5425 § 25 Nr 1, RdNr 7; zu den Gesetzesmaterialien vgl BT-Drucks 14/5066 S 14). Die Beklagte darf also rechtswidrige Abgabebescheide
auch mit Wirkung für die Vergangenheit zu Ungunsten des Adressaten ändern, ohne dabei an die sonst in § 45 SGB X bestimmten Einschränkungen einer solchen rückwirkenden Rücknahme rechtswidriger bestandskräftiger Verwaltungsakte gebunden
zu sein. Dies ist dadurch zu rechtfertigen, dass die Berechtigung zur Rücknahme derartiger Abgabebescheide auf einer vom Betroffenen
gemachten unrichtigen Meldung nach § 27 Abs 1 KSVG beruht bzw auf einer unrichtigen Schätzung nach § 27 Abs 1 S 3 KSVG; die Rücknahme darf somit nur erfolgen, wenn der zur Abgabe Verpflichtete trotz Aufforderung die Meldung nicht, nicht rechtzeitig,
falsch oder unvollständig erstattet hat, was allein seinem Verantwortungsbereich zuzurechnen ist. Beruht aber die rückwirkende
Rücknehmbarkeit eines solchen Verwaltungsaktes letztlich auf unrichtigen, unvollständigen oder fehlenden Angaben des Betroffenen,
mithin auf einem eigenen rechtswidrigen Verhalten, so kann er sich nicht darauf berufen, die Rechtsordnung müsse ihm Vertrauensschutz
gewähren.
Daher ist die vom SG vorgenommene einschränkende Anwendung des § 27 Abs 1a S 2 KSVG auf Fälle nachträglichen Erkenntnisgewinns sachlich nicht geboten; Anhaltspunkte für eine solche einschränkende Auslegung
finden sich auch nicht im Gesetz. Die Regelung des § 27 Abs 1a S 2 KSVG verdrängt § 45 SGB X nicht nur hinsichtlich des Ausschlusses der Pflicht zur Ausübung von Ermessen und der Vertrauensschutzprüfung; die Vorschrift
führt vielmehr auch dazu, dass die Voraussetzungen einer rückwirkenden Rücknahme nach § 45 Abs 4 S 1 iVm § 45 Abs 2 S 3 bzw Abs 3 S 2 und Abs 4 S 2 SGB X nicht vorzuliegen brauchen. Damit ist eine Rücknahme von rechtswidrigen Abgabebescheiden nach § 27 Abs 1a S 2 KSVG nach Maßgabe seiner Voraussetzungen ohne Ausübung von Ermessen oder Prüfung von Vertrauensschutzaspekten so weit und so lange
möglich, wie der Anspruch der Verwaltung auf Erhebung der KSA gemäß §§ 23 ff KSVG nicht verjährt ist (dazu vgl § 31 KSVG iVm §
25 SGB IV). Demgemäß kann ein rechtswidriger Abgabebescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zu Ungunsten des zur Abgabe Verpflichteten
innerhalb von vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die KSA fällig geworden ist, zurückgenommen werden; ist die
KSA vorsätzlich vorenthalten, beträgt die Verjährungsfrist dreißig Jahre. Der Abgabebescheid ist rechtswidrig, wenn aufgrund
einer unrichtigen Meldung nach § 27 Abs 1 KSVG bzw aufgrund einer unrichtigen Schätzung iS des § 27 Abs 1 S 3 KSVG eine zu geringe KSA festgesetzt wurde. Bei einer zu hoch festgesetzten KSA richtet sich die Rücknehmbarkeit des Abgabebescheides
nach § 44 SGB X, der durch § 27 Abs 1a S 2 KSVG nicht verdrängt wird.
c) Damit war entscheidungserheblich, ob die Voraussetzungen des § 27 Abs 1a S 2 KSVG vorlagen, dh die Meldungen der Klägerin nach § 27 Abs 1 KSVG unrichtige Angaben enthielten oder sich die Schätzungen der Beklagten nach § 27 Abs 1 S 3 KSVG als unrichtig erwiesen haben und deswegen in den Bescheiden vom 11.6.2004, 15.7.2004 und 27.4.2005 für die Jahre 2002 bis
2004 jeweils eine zu niedrige KSA festgesetzt worden war. Ob die Angaben in den Meldungen der Klägerin für diese Jahre unrichtig
waren bzw die Meldungen nicht, nicht rechtzeitig, falsch oder unvollständig erstattet wurden, beurteilt sich nach dem Sachverhalt,
wie er sich in dem jeweiligen Jahr dargestellt hatte, unter Anwendung des jeweils maßgeblichen materiellen Rechts.
3. Rechtsgrundlage für die Erhebung von KSA sind hier die §§ 24, 25 und 27 KSVG in der ab 1.7.2001 geltenden Fassung des 2. KSVG-ÄndG. Gemäß § 23 KSVG erhebt die Beklagte von den zur Abgabe Verpflichteten (§ 24 KSVG) eine Umlage (KSA) nach einem Vomhundertsatz (§ 26 KSVG) der Bemessungsgrundlage (§ 25 KSVG). Dazu teilt sie dem zur Abgabe Verpflichteten den zu zahlenden Betrag schriftlich mit (§ 27 Abs 1a S 1 KSVG).
Die Klägerin betreibt ein zur KSA verpflichtetes Unternehmen, weil dessen wesentlicher wirtschaftlicher Zweck darauf gerichtet
ist, für die Aufführung oder Darbietung künstlerischer Werke oder Leistungen zu sorgen (§ 24 Abs 1 S 1 Nr 3 KSVG). Zudem handelt es sich um ein nach § 24 Abs 2 KSVG abgabepflichtiges Unternehmen, weil die Klägerin nicht nur gelegentlich Aufträge an selbstständige Künstler, nämlich die
Sänger CC, LC und AC sowie die Bandmitglieder erteilt, um deren Werke oder Leistungen für Zwecke ihres Unternehmens zu nutzen
und im Zusammenhang hiermit Einnahmen erzielt. Die Abgabepflicht der Klägerin dem Grunde nach ist zu Recht nicht streitig.
4. Bemessungsgrundlage der KSA sind die Entgelte für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen, die ein nach
§ 24 Abs 1 oder 2 KSVG zur Abgabe Verpflichteter im Rahmen der dort aufgeführten Tätigkeiten im Laufe eines Kalenderjahres an selbstständige Künstler
oder Publizisten zahlt, auch wenn diese selbst nach dem KSVG nicht versicherungspflichtig sind (§ 25 Abs 1 S 1 KSVG). Zur Bemessungsgrundlage zählen auch die Entgelte, die ein nicht abgabepflichtiger Dritter für künstlerische oder publizistische
Werke oder Leistungen zahlt, die für einen zur Abgabe Verpflichteten erbracht werden (§ 25 Abs 1 S 2 KSVG). Entgelt ist nach § 25 Abs 2 S 1 KSVG alles, was der zur Abgabe Verpflichtete aufwendet, um das Werk oder die Leistung zu erhalten oder zu nutzen, abzüglich der
in einer Rechnung oder Gutschrift gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer. Ausgenommen hiervon sind die Entgelte, die für urheberrechtliche
Nutzungsrechte, sonstige Rechte des Urhebers oder Leistungsschutzrechte an Verwertungsgesellschaften gezahlt werden sowie
steuerfreie Aufwandsentschädigungen und die in §
3 Nr
26 des
Einkommensteuergesetzes (
EStG) genannten steuerfreien Einnahmen (§ 25 Abs 2 S 2 KSVG).
a) Zahlungen der die musikalischen Auftritte von CC, LC und AC sowie der Begleitband bestellenden Unternehmen (Auftraggeber/Kunden/Veranstalter)
an die Klägerin stellen insoweit keine KSA-pflichtigen Entgelte dar (BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 17, 18), weil nicht die Künstler selbst, sondern die Klägerin Vertragspartnerin und Schuldnerin
der bestellenden Unternehmen ist und Honorarzahlungen an eine KG nicht als Zahlungen an selbstständige Künstler, also an natürliche
Personen, anzusehen sind, die von § 25 Abs 1 S 1 KSVG allein erfasst werden. Da sich die Klägerin jedoch der selbstständigen Künstler CC, LC und AC bedient, um die von ihr gegenüber
ihren Auftraggebern eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen, ist sie als Zwischenverwerter grundsätzlich selbst KSA-pflichtig
(BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 19 mwN). Kunstvermarkter und Kunstverwerter können nicht nur natürliche oder juristische Personen
sein, sondern solche Unternehmen können auch von einer KG betrieben werden, die insoweit einer juristischen Person gleichsteht.
Der KSA-Pflicht unterliegen dann aber alle Zahlungen, die die Klägerin ihrerseits an selbstständige Künstler iS von § 25 Abs 1 S 1 KSVG für künstlerische oder publizistische Leistungen geleistet hat. Zahlungen an selbstständige Künstler können auch Zahlungen
an die Gesellschafter der KSA-pflichtigen KG sein, wenn sie - auch soweit sie in einem Anstellungsverhältnis zur KG stehen
- einen maßgebenden Einfluss auf die Gesellschaft haben und deshalb als Selbstständige anzusehen sind und zudem künstlerische
oder publizistische Leistungen iS von § 2 KSVG erbracht haben (BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 19; BSGE 82, 107, 108 f = SozR 3-5425 § 25 Nr 12 S 61 f; BSG SozR 3-5425 § 25 Nr 13 S 68 ff).
b) CC, LC und AC waren nicht Angestellte der Klägerin, sondern selbstständig tätige Künstler (§ 1 KSVG). Hierzu gehören alle Künstler, die nicht wegen ihrer konkreten künstlerischen Tätigkeit bei dem KSA-pflichtigen Unternehmen
in einem arbeitsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis stehen (BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 10; Nordhausen in Finke/Brachmann/Nordhausen, KSVG, 4. Aufl 2009, § 25 RdNr 8 ff). Weder waren CC, AC und LC bei ihrer Tätigkeit von dem Unternehmen der Klägerin persönlich abhängig und dort dienend
eingegliedert noch waren sie auf sonstige Art und Weise Weisungen der Klägerin unterworfen, die über die im Rahmen der Durchführung
des jeweiligen Auftritts notwendigen "Weisungen" hinausgingen.
Zwar hatte sich die Klägerin in den Jahren 2002 bis 2004 gegenüber ihren jeweiligen Vertragspartnern in zahlreichen Fällen
verpflichtet, Konzerte oder Auftritte der Sänger CC, LC und AC, einzeln oder in Gruppen, durchzuführen. Doch erfüllten CC,
LC und AC die von der Klägerin eingegangenen Verpflichtungen stets als selbstständige Künstler (Sänger) und nicht im Rahmen
eines Anstellungsverhältnisses zur Klägerin. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass LC und AC seinerzeit Gesellschafter
der Klägerin waren. Denn insoweit hatten sie über die gesellschaftsrechtliche Stellung hinaus keinerlei Befugnisse oder Aufgaben
im Unternehmen der Klägerin; weder waren sie dort im Rahmen der Ausführung der täglichen Geschäfte eingebunden noch waren
sie zu Geschäftsführern bestellt.
c) Die Einnahmen der Klägerin aus den Auftritten der Künstler CC, LC und AC beliefen sich nach den Feststellungen des LSG
im Jahr 2002 auf 202 828,92 Euro, im Jahr 2003 auf 169 496,99 Euro und im Jahr 2004 auf 283 660,14 Euro. Die Klägerin hat
jedoch - entsprechend der Vereinbarung vom 8.9.2001 - CC, LC und AC kein Entgelt für deren künstlerische Leistungen iS des
§ 25 KSVG gezahlt.
aa) Allein aus der Gesellschafterstellung bei der Klägerin, die bei CC ohnehin nicht vorlag, kann nicht geschlossen werden,
dass Zahlungen per se KSA-pflichtige Entgelte wären. Für die Festlegung, ob eine bestimmte Zahlung als abgaberelevant einzustufen
ist, ist wegen der Notwendigkeit einer typisierenden Betrachtung allein auf die gewählte Gesellschaftsform abzustellen und
nicht auf die interne Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages (BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 17). Die Höhe der KSA hat sich an den für den Kunstvermarkter erkennbaren Verhältnissen zu
orientieren, denn der Abgabepflichtige muss in der Lage sein, die auf ihn entfallende Belastung vorauszuberechnen (BSGE 106,
276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 17; BSGE 74, 117, 120 = SozR 3-5425 § 24 Nr 4 S 16). Deshalb kann nicht angenommen werden, dass jeder Gesellschafter einer mit der Erstellung
künstlerischer oder publizistischer Werke befassten KG schon kraft seiner Gesellschafterstellung typischerweise ähnlich dem
GbR-Gesellschafter als selbstständiger Künstler oder Publizist iS von § 25 Abs 1 S 1 KSVG an der Herstellung eines gemeinschaftlichen künstlerischen oder publizistischen Werkes beteiligt ist (BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 18) und daher jede Zahlung an ihn Entgelt iS der §§ 24, 25 KSVG wäre. Insoweit hat es auch der erkennende Senat abgelehnt, die Gesellschafter einer mit der Erstellung künstlerischer oder
publizistischer Werke befassten KG schon wegen ihrer Gesellschafterstellung als selbstständige Künstler oder Publizisten iS
der §§ 1 und 2 KSVG anzusehen. Gewinnzuweisungen an die KG-Gesellschafter, die aus deren gesellschaftsrechtlicher Stellung resultieren, sind
daher keine Entgelte für künstlerische Leistungen, auch wenn der Gewinn der Gesellschaft ganz oder überwiegend aus einer künstlerischen
Tätigkeit resultiert (so auch Pietrek, jurisPR-SozR 4/2014 Anm 3).
bb) In der Gewinnzuweisung kann auch nicht deshalb ein Entgelt iS des § 25 KSVG erblickt werden, weil die Gesellschafter LC und AC den Gewinn (teilweise) durch eigene künstlerische Tätigkeit erarbeitet
und dafür keine Honorare bekommen haben. Der Entgeltbegriff des § 25 KSVG stellt darauf ab, dass das Entgelt konkret als Gegenleistung für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen
geschuldet und gezahlt wird. Dabei kann es sich - so der Regelfall - um ein Honorar für ein einzelnes Werk oder eine einzelne
Leistung handeln, aber zB auch um ein Gesamthonorar für eine künstlerische oder publizistische Leistung eines ganzen Jahres
(so zB der Sachverhalt in BSGE 82, 107 = SozR 3-5425 § 25 Nr 12). Finanzielle Vorteile ohne Gegenleistungscharakter stellen daher kein Entgelt für Werke oder Leistungen
iS des § 25 KSVG dar. Insoweit können Gewinnzuweisungen, die letztlich zwar auf einer künstlerischen oder publizistischen Leistung beruhen,
aber eben nicht hierfür, sondern nur "hieraus" gezahlt werden, keine Entgelte iS des § 25 KSVG sein.
cc) Zum abgabepflichtigen Entgelt werden Gewinnzuweisungen auch nicht deshalb, weil vorliegend nicht irgendwelche Künstler,
sondern gerade zwei der Gesellschafter der KG (sowie mit CC ein formal außenstehender Dritter) den Gewinn erwirtschaftet haben.
Zwar resultiert der Gewinn der KG in erheblicher Weise auch aus dem Umstand, dass LC und AC, vor allem aber auch CC keine
Honorare für ihre Auftritte verlangt haben, jedoch geht durch die Saldierung der verschiedenen Einkunftsarten (zB Auftrittshonorare,
GEMA-Gebühren, Merchandisingeinnahmen) und der erwirtschafteten Verluste die Eigenständigkeit der einzelnen Einnahmepositionen
verloren. Es handelt sich beim Gewinn der Gesellschaft daher nicht mehr um Einnahmen aus künstlerischen und publizistischen
Werken oder Leistungen.
Dasselbe gilt auch für die Gewinnzuweisungen an die Ehefrau, IC, die selbst nicht durch künstlerische oder publizistische
Werke oder Leistungen zum Gewinn der Klägerin beigetragen hat. Ihr kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass sie die
Gewinne an CC weitergeben würde. CC selbst hat von der Klägerin keine Zahlungen - weder unmittelbar noch mittelbar durch Zahlung
an Dritte - erhalten, weshalb auch insoweit keine Abgabenpflicht nach § 25 KSVG bestand. Seine Ehefrau hat auch keine eigentlich dem CC geschuldeten Entgelte erhalten, sondern lediglich eigene Gewinnzuweisungen
als Gesellschafterin der KG: Diese stellen aber, wie dargelegt, keine Entgelte iS des § 25 KSVG dar. Vergleichbares gilt für die Gewinnzuweisungen an EC, die ebenfalls nicht als Künstlerin für die Klägerin tätig war.
d) Diesem Ergebnis steht auch nicht der Umstand entgegen, dass es den Gesellschaftern sowie CC darum gegangen war, ein Modell
zu wählen, bei dem eine KSA-Pflicht für die Klägerin nicht eintritt. Die Wahl rechtlich zulässiger Gestaltungsmöglichkeiten
zum Ausschluss der KSA-Verpflichtung ist weder rechtlich unzulässig noch missbräuchlich.
Die gewählte Form der Vermarktung der musikalischen Aktivitäten von CC, LC und AC über eine "familieneigene" GmbH & Co. KG
und der Verzicht auf die Honorierung der einzelnen Auftritte im Verhältnis von CC, LC und AC zur KG stellt weder einen Verstoß
gegen ein gesetzliches Verbot in Form eines Umgehungsgeschäftes (§
134 BGB) noch einen Verstoß gegen die guten Sitten (§
138 BGB) dar. Das KSVG enthält keine Regelungen zur Frage, in welcher rechtlichen Form selbstständige Künstler und Publizisten ihre Leistungen und
Werke vermarkten dürfen und welche rechtlichen Konstruktionen ihnen dabei untersagt sind. Solange in diesem Bereich aber eine
unbeschränkte Wahlfreiheit besteht, kann eine zum Ausschluss der KSA-Verpflichtung führende rechtliche Gestaltung der Vermarktung
nicht als "Umgehung" einer im Gesetz angelegten Regelung angesehen werden (Ellenberger in Palandt,
BGB, 73. Aufl 2014, §
134 RdNr 28).
e) Es gibt im KSVG auch keine dem §
42 Abgabenordnung (
AO) entsprechende allgemeine Regelung zum Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten. Nach dieser Vorschrift kann das
Steuergesetz durch den Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts nicht umgangen werden (Abs 1 S 1). Liegt ein Missbrauch
vor, dann entsteht der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung
entsteht (Abs 1 S 2). Dieses Missbrauchsverbot ist auf das Steuerrecht beschränkt und müsste in einer den wirtschaftlichen
und rechtlichen Verhältnissen des Künstlersozialversicherungsrechts angepassten Form im KSVG ausdrücklich niedergelegt werden, um auch für die Pflicht zur Abführung der KSA zu gelten.
f) Zu einem nicht unerheblichen Einnahmeausfall der KSK führt aber vor allem die Regelung des § 25 Abs 1 S 1 KSVG, wonach zur Bemessungsgrundlage der KSA nur jene Entgelte für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen zählen,
die ein nach § 24 KSVG abgabepflichtiger Unternehmer im Laufe eines Kalenderjahres "an selbstständige Künstler oder Publizisten" zahlt, auch wenn
diese selbst nach dem KSVG nicht versicherungspflichtig sind. Damit sind nur Honorare und sonstige Entgelte erfasst, die an natürliche Personen (Einzelpersonen
einschließlich der Mitglieder einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, vgl BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 15 mwN) gezahlt werden, nicht aber Vergütungen, die an juristische Personen (zB GmbH) oder
die ihnen gleichgestellten Gesellschaften (zB KG) zu zahlen sind, selbst wenn sie - wie hier - von einem oder mehreren selbstständigen
Künstlern oder Publizisten gegründet und betrieben werden. Beauftragt ein Vermarktungsunternehmen (§ 24 KSVG) also eine von einem Künstler zwischengeschaltete "eigene" juristische Person mit der Erstellung einer künstlerischen Leistung
(wie zB hier die GmbH & Co. KG, die für die musikalischen Auftritte von CC, LC oder AC zu sorgen und für deren Durchführung
einzustehen hat), ist dies für ihn regelmäßig wirtschaftlich vorteilhaft, weil er sich auf diese Weise die - bei unmittelbarer
Beauftragung einer natürlichen Person anfallende - KSA "erspart", die nach der Vorstellung des Gesetzgebers aber gerade die
typischen Kunstvermarkter und Kunstverwerter treffen soll (§ 24 Abs 1 KSVG). Die KSA-Pflicht kann dann zwar im Einzelfall die beauftragte juristische Person als "Zwischenverwerter" treffen, dies ist
aber keineswegs der Regelfall (vgl zu den engen Voraussetzungen BSGE 82, 107, 109 f = SozR 3-5425 § 25 Nr 12 S 62 f; BSG SozR 3-5425 § 25 Nr 13 S 68 f; BSGE 88, 1, 5 = SozR 3-5425 § 1 Nr 6 S 32). Wer die wirtschaftlichen Nachteile der KSK bei Beauftragung juristischer Personen in solchen
Fällen als unangemessen empfindet, muss darauf hinwirken, dass die §§ 24 und 25 KSVG eine entsprechende Änderung erfahren.
5. Hat die Klägerin mithin weder CC noch LC und AC Entgelte für musikalische Leistungen iS des § 25 KSVG gezahlt, bestand auch keine Verpflichtung, eine entsprechende Meldung zu machen. Die abgegebenen Meldungen waren im Hinblick
auf die unstreitig der KSA-Pflicht unterliegenden Entgelte an die Bandmitglieder zutreffend.
a) Als unvollständig hat sich lediglich die Meldung der Klägerin vom 30.9.2005 für das Jahr 2004 erwiesen. Entgegen der allgemeinen
Vereinbarung vom 8.9.2001, für die Klägerin unentgeltlich tätig zu sein, die auch für die Auftritte als Sänger konsequent
eingehalten worden ist, hat CC für seine Mitwirkung an der in Australien gedrehten Dschungelcamp-Sendung "Ich bin ein Star
- holt mich hier raus" von der Klägerin ein Honorar von 30 000 Euro erhalten. Diese dem weiten Bereich der Unterhaltungskunst
zuzurechnende Mitwirkung als Akteur und "Selbst-Darsteller" in einer inszenierten von Moderatoren begleiteten und dem Fernsehzuschauer
als "Survivalshow" präsentierten TV-Produktion des sog Factual Entertainment (dazu Döveling/Kurotschka/Nieland in: Döveling/Mikos/Nieland,
Im Namen des Fernsehvolkes - Neue Formate für Orientierung und Bewertung, 2007, S 103, 110 f) mit mehr oder weniger prominenten
Personen in einer für sie ungewohnten Situation und Rolle (und dabei zugleich als im Wettbewerb um ein Preisgeld befindliche,
aus dem Camp herauswählbare Kandidaten) stellt eine "künstlerische Leistung" iS des § 25 KSVG dar (ähnlich bereits BSGE 104, 265 = SozR 4-5425 § 25 Nr 5 für Juroren in TV-Castingshows), für die CC der Klägerin am 31.3.2004 ein Honorar von 30 000 Euro in Rechnung gestellt
hat, das ausweislich der Bilanz für das Jahr 2004 auch als Ausgabeposten auf dem Konto 8400 verbucht und von CC als Einnahme
aus selbstständiger Tätigkeit versteuert worden ist. Dieses Honorar hätte in der Meldung der Klägerin über die an selbstständige
Künstler wegen einer künstlerischen Leistung gezahlten Entgelte enthalten sein müssen. Die Bemessungsgrundlage der KSA für
das Jahr 2004 umfasste also nicht nur Honorare in Höhe von 15 870 Euro (so aber die Meldung vom 30.9.2005), sondern 45 870
Euro.
b) Der erkennende Senat konnte dieses Honorar in die Revisionsentscheidung einbeziehen, obgleich die Vorinstanzen hierzu keine
Feststellungen getroffen hatten. Die Klägerin hatte bereits in ihrem Schreiben an die Beklagte vom 15.5.2008 selbst auf dieses
Honorar hingewiesen und eine Ablichtung der Rechnung vom 31.3.2004 beigefügt. Auch der Einkommensteuerbescheid der Eheleute
C für das Jahr 2004 weist diese Einnahme aus. Im Streit um die Einbeziehung der Gewinnzuweisungen in die Bemessungsgrundlage
der KSA ist dieses abgabepflichtige Honorar im Verwaltungsverfahren sowie im ersten und zweiten Rechtszug schlichtweg "vergessen"
worden. Einwände gegen die Berücksichtigung dieses Honorars haben die Beteiligten weder in der mündlichen Verhandlung am 2.4.2014
noch auf den zuvor erteilten rechtlichen Hinweis des Senats vom 26.3.2014 erhoben.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 S 1 Teils 3
SGG iVm §
154 Abs
1 VwGO und trägt dem Umstand Rechnung, dass die Revision der Beklagten nur zu weniger als 10 % erfolgreich war und der eigentliche
Streitpunkt, nämlich die abgabenrechtliche Behandlung der Gewinnzuweisungen einer KG an ihre Gesellschafter (§ 25 KSVG), zu Gunsten der Klägerin entschieden worden ist.
7. Die Streitwertfestsetzung basiert auf §
197a Abs
1 S 1 Teils 1
SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 und § 47 Abs 1 GKG.