Gründe:
I. Die Beteiligten streiten im Revisionsverfahren noch darüber, ob auf das "Honorar" für die Ausstellung eines Befundscheines
ohne nähere gutachtliche Äußerung eine Umsatzsteuer (hier in Höhe von 4,00 Euro) entfällt, die der Beklagte der Klägerin zu
ersetzen hat.
Die Klägerin, eine ärztliche Partnerschaftsgesellschaft, erstattete in einem Verwaltungsverfahren nach dem Schwerbehindertenrecht
auf Veranlassung des Beklagten am 9.3.2006 einen Befundschein ohne nähere gutachtliche Äußerung iS der Nr 200 Anlage 2 zum
Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG). Dafür stellte sie einen Betrag von 21,00 Euro zuzüglich Kopier- und Portokosten
sowie Umsatzsteuer in Rechnung. Der Beklagte lehnte eine Erstattung der Umsatzsteuer ab, weil die Entschädigung eines sachverständigen
Zeugen nach Aussagen der Finanzverwaltung nicht umsatzsteuerpflichtig sei (Bescheid vom 27.3.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 30.5.2006). Dagegen erhob die Klägerin bei dem Sozialgericht (SG) Gießen Klage, die mit zwei Parallelverfahren verbunden und dann insgesamt abgewiesen wurde (Urteil des SG vom 13.12.2006).
Das von der Klägerin angerufene Hessische Landessozialgericht (LSG) hat den Beklagten - nach Rücknahme der beiden anderen
Klagen durch die Klägerin - mit Urteil vom 29.8.2007 verurteilt, der Klägerin die auf die "Vergütung" in Höhe von 25,00 Euro
entfallende Umsatzsteuer in Höhe von 4,00 Euro zu ersetzen. Zur Begründung hat es ua ausgeführt: Bei der Ausstellung eines
Befundscheins ohne gutachtliche Äußerung handle es sich um eine Leistung, für die ein sachverständiger Zeuge ein "Honorar"
nach Nr 200 Anlage 2 zum JVEG erhalte. Auch im Zusammenhang mit sachverständigen Zeugen würden die Begriffe "Leistung" und
"Honorar" verwendet, während im Gegensatz hierzu ein Zeuge lediglich eine "Entschädigung" nach § 19 Abs 1 JVEG erhalte. Der
Gesetzgeber habe damit den sachverständigen Zeugen vergütungsrechtlich bewusst vom Kreis der übrigen Zeugen abgegrenzt und
entsprechend der Intention des JVEG den Gedanken der Leistungshonorierung gegenüber dem Gedanken der Entschädigung gestärkt.
Konsequent sehe daher § 12 Abs 1 Satz 2 Nr 4 JVEG vor, dass die auf die Vergütung entfallende Umsatzsteuer gesondert zu ersetzen
sei, sofern diese nicht nach § 19 Abs 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) unerhoben bleibe.
Grundsätzlich könne die Verwaltung davon ausgehen, dass ein Arzt als sachverständiger Zeuge von der Erhebung der Umsatzsteuer
ausgenommen sei, weil ärztliche Leistungen gemäß § 4 Nr 14 UStG von der Umsatzsteuer befreit seien und gemäß § 19 Abs 3 Satz 1 Nr 1 UStG beim maßgeblichen Gesamtumsatz nicht mitgerechnet würden. Weise der Arzt jedoch - wie hier durch Vorlage einer Erklärung
seines Steuerberaters - nach, dass er nicht von der Umsatzsteuer befreit sei, so sei ihm diese zu ersetzen.
Der Beklagte hat dagegen Revision eingelegt. Er rügt eine Verletzung von § 10 Abs 1 iVm Nr 200 Anlage 2 zum JVEG. Bei der
Ausstellung eines Befundscheins handle es sich um die Tätigkeit eines sachverständigen Zeugen. Die Entschädigung sachverständiger
Zeugen sei auch nach dem JVEG, wie die Oberfinanzdirektion (OFD) F. im Schreiben vom 7.7.2004 bestätigt habe, nicht umsatzsteuerpflichtig.
Soweit die OFD Frankfurt am Main nunmehr mit Schreiben vom 24.4.2007 eine andere Auffassung vertreten habe, könne dem - ebenso
wie dem Urteil des LSG - nicht gefolgt werden. § 10 Abs 1 JVEG stelle nur durch die Verweisung auf die in Anlage 2 enthaltenen
festen Vergütungssätze oder Vergütungsrahmen sachverständige Zeugen mit Sachverständigen gleich. Die weiteren Ansprüche der
sachverständigen Zeugen nach § 19 JVEG blieben unberührt. Da jedoch weder § 10 Abs 1 JVEG noch § 19 JVEG auf § 12 JVEG verwiesen,
habe ein sachverständiger Zeuge bei Verrichtungen nach Anlage 2 keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz nach § 12 JVEG, auch
nicht auf Ersatz der Umsatzsteuer. § 12 Abs 1 Satz 2 Nr 4 JVEG gelte nur für Sachverständige, nicht für Zeugen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Hessischen LSG vom 29.8.2007 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Gießen vom 13.12.2006
zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Revision des Beklagten zurückzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil des SG Gießen vom 13.12.2006 zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, den Bescheid vom 27.3.2006 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 30.5.
2006 dahingehend zu ändern, dass der Beklagte auf den Zahlbetrag für den streitgegenständlichen Befundbericht entfallende
Umsatzsteuer nachträglich ersetzt, wenn durch eine unanfechtbare Gerichtsentscheidung festgestellt werden sollte, dass die
Klägerin diese Umsatzsteuer zu entrichten hatte.
Die Klägerin ist der Auffassung, bei Zahlungen an sachverständige Zeugen handle es sich um Honorar, also um umsatzsteuerpflichtige
Leistungen. Die auf dieses Honorar entfallende Umsatzsteuer sei nach § 12 Abs 1 Satz 2 Nr 4 JVEG zu ersetzen. Die Tätigkeit
eines sachverständigen Zeugen entspreche umsatzsteuerrechtlich eher der eines Sachverständigen als der eines Zeugen. Dies
habe auch die OFD F. im Schreiben vom 28.11.2007 klargestellt.
Der Senat hat eine Stellungnahme des Bundesministeriums der Finanzen zur Frage der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der
Erstellung von ärztlichen Befundberichten eingeholt.
II. Die Revision des Beklagten ist insoweit begründet, als das Urteil des LSG aufzuheben ist.
Dieses hat den Beklagten zu Unrecht zum Ersatz von auf das Honorar für die Ausstellung eines Befundscheins (Befundberichts)
ohne nähere gutachtliche Äußerung entfallender Umsatzsteuer verurteilt. Der Beklagte war berechtigt, den Ersatz der von der
Klägerin geltend gemachten Umsatzsteuer abzulehnen. Unter Berücksichtigung des vom Bundesministerium der Finanzen mitgeteilten
Ergebnisses einer Besprechung mit den obersten Finanzbehörden der Länder ist das Honorar für einen derartigen Befundbericht
als Zeugenentschädigung zu werten, die mangels steuerbarem Umsatz nicht der Umsatzsteuer unterliegt. Der Beklagte ist allerdings
verpflichtet, nachträglich Umsatzsteuer zu erstatten, sofern durch eine unanfechtbare finanzgerichtliche Entscheidung festgestellt
werden sollte, dass die Klägerin diese Steuer zu entrichten hatte.
1. Als Rechtsgrundlage für den von der Klägerin gegen den Beklagten geltend gemachten Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer
kommt allein § 21 Abs 3 Satz 4 SGB X iVm § 12 Abs 1 Satz 2 Nr 4 JVEG, jeweils in der ab 1.7.2004 geltenden Fassung des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes (KostRMoG) vom 5.5.2004 (BGBl
I 718, 776), in Betracht. Nach § 21 Abs 3 Satz 4 SGB X erhalten Zeugen, Sachverständige und Dritte in entsprechender Anwendung des JVEG eine "Entschädigung" oder "Vergütung", falls
sie - wie hier - von einer Behörde im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens herangezogen werden (§ 20 Abs 1, § 21 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 Nr 2 SGB X). Das JVEG sieht in § 12 Abs 1 Satz 2 den Ersatz besonderer Aufwendungen vor. Hierzu gehört nach Nr 4 auch der Ersatz der auf die "Vergütung" entfallenden
Umsatzsteuer, sofern diese nicht nach § 19 Abs 1 UStG unerhoben bleibt.
2. Nach seinem Regelungsgehalt betrifft § 12 JVEG den Ersatz von tatsächlichen und erforderlichen Aufwendungen (vgl BSG SozR
1300 § 21 Nr 2 S 5). Nachdem die Klägerin entsprechende Belege ihres Steuerberaters vorgelegt hatte, haben die Beteiligten
im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat erklärt, es sei unstreitig, dass die Klägerin die Zahlung des
Beklagten für den streitgegenständlichen Befundbericht in Höhe von 25 Euro in einem Konto "Gutachten mit Mehrwertsteuer" verbucht
und bei der Umsatzsteuererklärung berücksichtigt hat, dementsprechend dafür auch Umsatzsteuer gezahlt hat. Damit ist zwar
davon auszugehen, dass die Klägerin hinsichtlich der streitigen Umsatzsteuer tatsächliche Aufwendungen gehabt hat, der erkennende
Senat vermag diese jedoch nicht als notwendig anzusehen.
Dadurch dass § 12 Abs 1 Satz 2 Nr 4 JVEG einen Ersatz der auf die Vergütung entfallene Umsatzsteuer vorsieht, knüpft er an
das Umsatzsteuerrecht und damit auch an das Umsatzsteuerverfahren an. Denn weder soll eine Umsatzsteuer ersetzt werden, die
nicht abzuführen war, noch soll demjenigen, der eine Vergütung nach dem JVEG erhält, die der Umsatzsteuer unterliegt, der
betreffende Betrag letztlich vorenthalten werden, nur weil die zur Zahlung der Vergütung verpflichtete Behörde eine Umsatzsteuerpflicht
verneint. Ob auf das Honorar für den hier betroffenen Befundbericht Umsatzsteuer entfällt, entscheidet sich in dem Verhältnis
zwischen der Klägerin und den Finanzbehörden, für dessen Klärung der Rechtsweg zu den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit
eröffnet ist (§ 33 Finanzgerichtsordnung).
Über die umsatzsteuerrechtliche Behandlung der im vorliegenden Fall betroffenen Honorarzahlung liegt - soweit ersichtlich
- noch keine die Klägerin endgültig bindende Entscheidung einer Finanzbehörde oder eines Finanzgerichts vor. Jedenfalls war
es der Klägerin möglich und auch zumutbar, den Eintritt einer solchen Bestandskraft zu verhindern. Das ergibt sich aus den
Besonderheiten des Umsatzsteuerverfahrens. Der Unternehmer hat eine Umsatzsteuererklärung abzugeben, in der er die zu entrichtende
Steuer selbst zu berechnen hat (vgl § 18 Abs 3 UStG, §
150 Abs
1 Satz 2
Abgabenordnung [AO]). Diese Steuererklärung hat die Wirkung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung (vgl §
168 Satz 1
AO). Eine solche Festsetzung kann das Finanzamt innerhalb der Festsetzungsfrist (vgl §
169 AO) jederzeit ändern (vgl §
164 Abs
2 Satz 1
AO). Ebenso kann der Steuerpflichtige die Änderung der Steuerfestsetzung beantragen (§
164 Abs
2 Satz 2
AO). Wird ein solcher Antrag vor Ablauf der Festsetzungsfrist gestellt, so läuft diese nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar
entschieden worden ist (§
171 Abs
3 AO). Im Hinblick auf die ablehnende Entscheidung des Beklagten über die Zahlung von Umsatzsteuer für das Befundberichtshonorar
hätte die Klägerin erforderlichenfalls diese Möglichkeit ergreifen müssen, um die Steuerfestsetzung in Bezug auf den hier
streitigen Vorgang offen zu halten. Dies gilt um so mehr, als sie nach der gegenwärtig erkennbaren Rechtslage nicht davon
ausgehen konnte, dass das fragliche Honorar mit Sicherheit der Umsatzsteuer unterliegt.
3. Die Klägerin hat nach den für den Senat bindenden (§
163 SGG) tatsächlichen Feststellungen des LSG am 9.3.2006 einen von dem Beklagten erbetenen Befundbericht ohne nähere gutachtliche
Äußerung erstattet. Dafür hat sie von dem Beklagten nach § 10 Abs 1 iVm Nr 200 Anlage 2 JVEG ein pauschales Honorar in Höhe
von 21,00 Euro zuzüglich Kopier- und Portokosten von 4,00 Euro (zusammen also 25,00 Euro) erhalten. Ob auf diese Zahlung Umsatzsteuer
entfällt, richtet sich zunächst nach § 1 Abs 1 Satz 1 UStG. Diese Vorschrift bestimmt, dass der Umsatzsteuer als steuerbare Umsätze die Lieferungen und sonstige Leistungen unterliegen,
die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Umsatzsteuerpflicht besteht demnach
nur bei einem Leistungsaustausch, bei dem der Leistung eine Gegenleistung (Entgelt) gegenübersteht, wobei die wechselseitig
erbrachten Leistungen miteinander innerlich verbunden sein müssen. Zur Annahme eines Leistungsaustausches ist nach der Rechtsprechung
des BFH (vgl etwa BFHE 133, 133, 135; BFHE 149, 284, 287; BFH 184, 137, 139; BFHE 205, 535, 537; BFHE 215, 321, 327) auf der Seite des leistenden Unternehmers ein zweckgerichtetes, gewolltes Handeln erforderlich, das auf den Erhalt
einer Gegenleistung im Austausch gegen die erbrachte Leistung abzielt oder geeignet ist, eine Vergütung für die erbrachte
Leistung auszulösen. Das Merkmal des willentlichen Leistungsaustauschs fehlt hingegen bei Schadensersatzleistungen, die auf
einer gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtung beruhen. Denn der Schadensersatz wird allein dafür gewährt, dass der Geschädigte
eine Einbuße an seinen Rechtsgütern erlitten hat (vgl zB Birk, Steuerrecht, 10. Aufl 2007, RdNr 1302).
Gemessen an diesen Kriterien wird die Entschädigung der Zeugen und der ehrenamtlichen Richter nach dem JVEG als (echter) Schadensersatz
angesehen, während die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern als Entgelt für eine Leistung eingeordnet
wird (vgl zu § 1 UStG Ziff 1 Abs 8 UStR 2005). Ausgehend von dieser Unterscheidung wertet die Verwaltungspraxis das pauschale Honorar für die Ausstellung eines ärztlichen
Befundberichts ohne nähere gutachtliche Äußerung nach § 10 Abs 1 iVm Nr 200, 201 Anlage 2 JVEG (weitgehend) als Entschädigung
eines sachverständigen Zeugen (vgl das vom Beklagten herangezogene Schreiben der OFD F. vom 7.7.2004 sowie das Schreiben des
Ministeriums der Finanzen des Landes Brandenburg vom 11.6.2008 - 31 - S 7170 - 12/00, zitiert nach juris; missverständlich
insoweit die im Verfahren vorgelegten Schreiben der OFD F. vom 24.4. und 28.11.2007). Nach der vom Senat eingeholten Stellungnahme
des Bundesministeriums der Finanzen vom 3.9.2008 entspricht diese Verwaltungspraxis dem Ergebnis einer Erörterung dieser Frage
mit den obersten Finanzbehörden der Länder. Für die Frage, ob auf ein Honorar für einen Befundbericht Umsatzsteuer entfällt,
ist danach allein entscheidend, ob eine zusätzliche gutachtliche Äußerung (erbeten und) abgegeben worden ist oder nicht. In
letzterem Fall werde der Arzt als sachverständiger Zeuge tätig mit der Folge, dass das Honorar für diese Tätigkeit mangels
steuerbarem Umsatz nicht der Umsatzsteuer unterliege.
4. An dieser Handhabung durfte sich der Beklagte bei der angefochtenen Entscheidung orientieren. Denn sie lässt sich mit dem
geltenden Recht vereinbaren. Für die Beantwortung der Frage, ob es sich bei dem Honorar für einen Befundschein ohne nähere
gutachtliche Äußerung um eine Vergütung oder um eine Entschädigung im Sinne des Umsatzsteuerrechts handelt, ist vor allem
die tatsächliche und rechtliche Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen Arzt und Behörde bei der Erstattung eines solchen
Befundberichts von Bedeutung.
a) Es spricht viel dafür, die Ausstellung eines Befundberichts ohne nähere gutachtliche Äußerung im Auftrag der Versorgungsverwaltung,
für die der Arzt ein "Honorar" in Höhe von 21,00 Euro nach § 21 Abs 3 Satz 4 SGB X iVm § 10 Abs 1, Nr 200 Anlage 2 JVEG erhält, nicht als Gegenstand eines zweckgerichteten, gewollten Leistungsaustausches zu sehen. Schon im Hinblick
auf das geringe "Honorar" erfüllt der Arzt insoweit in erster Linie seine öffentlich-rechtliche Verpflichtung zur Mitwirkung
als (sachverständiger) Zeuge in einem Verwaltungsverfahren seines Patienten (vgl § 21 Abs 3 Satz 1 und Satz 2 SGB X; § 100 Abs 1 SGB X). Der Arzt bekundet dabei lediglich eigene Wahrnehmungen von Tatsachen und Zuständen, die er - unabhängig von dem Verwaltungsverfahren
- im Zusammenhang mit der Behandlung des Patienten gemacht hat, gibt also lediglich bereits anderweitig erhobene Befunde wieder.
Dies erfordert zwar eine besondere (medizinisch-ärztliche) Sachkunde, eine gewisse bewertende Auswahl sowie eine fachliche
Einordnung der betreffenden Wahrnehmungen, überschreitet jedoch noch nicht die Grenze zu einer auf Veranlassung der Behörde
erstellten gutachtlichen Äußerung (zur Abgrenzung eines Befundberichts ohne nähere gutachtliche Äußerung von einem Zeugnis
mit kurzer gutachtlicher Äußerung vgl bereits BSG SozR 1925 § 8 Nr 1 S 3; BSG Meso B 20b/56; BSG Meso B 20b/58; BSG SozR 3-1925
§ 5 Nr 1 S 4 f).
Dem Arzt ist in der Regel auch bekannt, dass die Behörde im Falle seiner Weigerung, einen schriftlichen Befundbericht zu erstellen,
nach § 22 SGB X die Möglichkeit hat, das zuständige Gericht um seine Vernehmung als Zeuge zu ersuchen. In diesem Fall erhält der Arzt nach
§
118 Abs
1 SGG iVm §
414,
401 ZPO, §§
19 ff JVEG nur eine Entschädigung (ua für Verdienstausfall), die nicht der Umsatzsteuer unterliegt (vgl BVerfGE 101, 331, 356).
Dementsprechend liegt es unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung (Art
3 Abs
1 GG) nahe, das pauschale "Honorar" nach Nr
200 Anlage 2 zum JVEG ebenfalls als (umsatzsteuerfreien) teilweisen Aufwendungsersatz, etwa für eigenen Zeitaufwand des Arztes
und die Tätigkeit von Hilfspersonen, anzusehen.
b) Auch die Bestimmungen des JVEG stehen dem dargestellten Besprechungsergebnis der obersten Finanzbehörden des Bundes und
der Länder nicht entgegen. Das JVEG stuft das "Honorar" für die Ausstellung eines Befundscheins ohne nähere gutachtliche Äußerung
nach Nr 200 Anlage 2 zum JVEG jedenfalls nicht eindeutig als "Vergütung" iS des § 12 Abs 1 Satz 2 Nr 4 JVEG ein. Im Gegenteil
deutet mehr darauf hin, dass der Gesetzgeber insoweit von einer besonders bemessenen Zeugenentschädigung ausgegangen ist.
Die Auffassung des LSG, das JVEG habe den sachverständigen Zeugen vergütungsrechtlich bewusst vom Kreis der übrigen Zeugen
abgegrenzt und insoweit den Gedanken der Leistungshonorierung gegenüber dem Gedanken der Entschädigung gestärkt, ergibt sich
mit der erforderlichen Deutlichkeit weder aus dem Gesetzestext (aa), noch der Entstehungsgeschichte (bb), dem systematischen
Zusammenhang (cc) oder dem Sinn und Zweck dieses Gesetzes (dd).
aa) Schon der Wortlaut des § 12 Abs 1 JVEG legt es nahe, diese Bestimmung nur auf Sachverständige und Übersetzer, nicht jedoch
auf (sachverständige) Zeugen anzuwenden. Satz 1 enthält den Grundsatz, dass "mit der Vergütung nach den §§ 9 bis 11 JVEG auch
die üblichen Gemeinkosten sowie der mit der Erstattung des Gutachtens oder der Übersetzung üblicherweise verbundene Aufwand
abgegolten" ist. Satz 2 regelt die Fälle, in denen ausnahmsweise (Sachverständigen und Übersetzern) besondere Aufwendungen
ersetzt werden. Hierzu gehört nach Nr 4 die auf die "Vergütung" entfallende Umsatzsteuer, sofern diese nicht nach § 19 Abs 1 UStG unerhoben bleibt.
bb) Auch die Entstehungsgeschichte des § 12 Abs 1 JVEG spricht dafür, dass der (sachverständige) Zeuge nicht vom persönlichen
Anwendungsbereich dieser Vorschrift erfasst wird. Aus dem Wortlaut des bis zum 1.7.2004 geltenden § 8 Abs 1 Nr 4 Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZuSEG) ergab sich ausdrücklich eine Beschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs dieser Vorschrift auf Sachverständige ("Dem
Sachverständigen werden ersetzt ..."). Ein Arzt, der einen Befundschein ohne nähere gutachtliche Äußerung iS der Nr 3 der
Anlage zu § 5 ZuSEG ausstellte, war jedoch nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht als Sachverständiger, sondern als
sachverständiger Zeuge tätig (vgl BSG SozR 1300 § 21 Nr 2 S 4; BSG SozR 1925 § 5 Nr 1; BSG SozR 1295 § 8 Nr 1 S 2 f; BSGE
80, 171, 172 = SozR 3-1925 § 2 Nr 1; BSG SozR 3-1925 § 5 Nr 1 S 3 ff) und unterfiel deshalb nicht der Regelung des § 8 Abs 1 ZuSEG (vgl hierzu auch LSG Niedersachsen-Bremen, E-LSG B 246).
An dieser Rechtslage hat sich entgegen der Auffassung des LSG durch die Neufassung des Rechts der Vergütung von Sachverständigen
und der Entschädigung von Zeugen durch das JVEG jedenfalls hinsichtlich der Tätigkeit eines sachverständigen Zeugen nichts
geändert. Die Bezeichnung der Leistung wurde von Nr 3 (Satz 1) der Anlage zu § 5 ZuSEG wortgleich in Nr 200 Anlage 2 zum JVEG übernommen. Aus der "Entschädigung" in Höhe von 10,00 bis 20,00 Euro wurde allerdings
ein "Honorar" in Höhe von 21,00 Euro. Dieser Wechsel der Wortwahl ist darauf zurückzuführen, dass das JVEG das Entschädigungsprinzip
bei Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern durch ein Vergütungsmodell ersetzt hat (vgl hierzu BT-Drucks 15/1971 S
2, 139, 142). Auch wenn es nach der Gesetzesbegründung (vgl BT-Drucks 15/1971 S 183 zu § 10) Intention des Gesetzgebers gewesen
sein sollte, den sachverständigen Zeugen hinsichtlich des Ersatzes der in § 12 JVEG genannten besonderen Aufwendungen dem
Sachverständigen gleichzustellen, so findet sich hierfür weder im Gesetzestext (vgl hierzu bereits die Ausführungen unter
aa) noch in der Systematik des Gesetzes (vgl hierzu unter cc) ein hinreichender Anhalt.
cc) Die Systematik des JVEG erlaubt den Schluss, dass es sich bei dem "Honorar" für eine Leistung nach § 10 Abs 1 iVm Nr 200
Anlage 2 JVEG auch nach neuem Recht um eine "Entschädigung" eines (sachverständigen) Zeugen und nicht um eine "Vergütung"
eines Sachverständigen handelt.
Das JVEG unterscheidet - ebenso wie § 21 Abs 3 Satz 4 SGB X und §
401, §
413 ZPO (jeweils idF des KostRMoG) - bereits in §
1 Abs
1 zwischen der Vergütung der Sachverständigen (Nr 1) und der Entschädigung der Zeugen ua (Nr 3). Die Vergütung von Sachverständigen
ist im Abschnitt 3 (§§ 8 bis 14 JVEG), die Vergütung von Zeugen im Abschnitt 5 (§§ 19 bis 23 JVEG) geregelt. Sachverständige
erhalten nach § 8 Abs 1 JVEG grundsätzlich ein Honorar für ihre Leistungen (§ 9, § 10 JVEG), Fahrtkostenersatz (§ 5 JVEG),
Entschädigung für Aufwand (§ 6 JVEG) sowie Ersatz für sonstige und besondere Aufwendungen (§ 7, § 12 JVEG).
Demgegenüber erhalten Zeugen nach § 19 Abs 1 JVEG grundsätzlich als Entschädigung Fahrtkostenersatz (§ 5 JVEG), Entschädigung
für Aufwand (§ 6 JVEG), Entschädigung für sonstige Aufwendungen (§ 7 JVEG), Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 20 JVEG),
Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung (§ 21 JVEG) sowie Entschädigung für Verdienstausfall (§ 22 JVEG).
Von dieser Grundregel macht § 10 Abs 1 JVEG insoweit eine Ausnahme, als er - ebenso wie die zuvor geltende Vorschrift des
§ 5 Abs 1 ZuSEG - sowohl Regelungen für Sachverständige als auch für sachverständige Zeugen enthält. Danach werden bestimmte, in der Anlage
2 zum JVEG näher beschriebene (ärztliche) Leistungen mit einem gesetzlich vorgegebenen pauschalen "Honorar" abgegolten und
zwar unabhängig davon, ob der Arzt insoweit als Sachverständiger oder als sachverständiger Zeuge tätig wird. Aus dieser formalen
Gleichbehandlung im Rahmen einer tabellarischen Aufstellung lässt sich nicht zwingend folgen, dass insoweit stets eine "Vergütung"
im Sinne einer Leistungshonorierung vorliegt. In der auf die Anlage 2 zum JVEG verweisenden Norm des § 10 Abs 1 JVEG wird
nämlich jeweils durch das Wort "oder" zwischen "Sachverständigen" und "sachverständigen Zeugen" sowie zwischen "Honorar" und
"Entschädigung" unterschieden (weitergehend Meyer/Höver/Bach, Kommentar zum JVEG, 23. Aufl 2005, § 8 RdNr 8.3). Im JVEG ist
- anders als in der bis zum 31.12.1986 geltenden Fassung des § 5 Abs 1 Halbsatz 2 ZuSEG (hierzu BSG SozR 1300 § 21 Nr 2 S 4) - auch keine ausdrückliche Verweisung enthalten, die eine entsprechende Anwendung des § 12 Abs 1 Satz 2 Nr 4 JVEG auf
sachverständige Zeugen vorsieht. Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf sachverständige Zeugen im Wege einer gesetzesergänzenden
Auslegung kommt wegen fehlender planwidriger, ausfüllungsbedürftiger Gesetzeslücke nicht in Betracht (so bereits BSG SozR
3-1925 § 5 Nr 1 S 3 f zu § 5 ZuSEG in den ab 1.1.1987 geltenden Fassungen; aA Meyer/Höver/Bach, aaO, § 10 RdNr 10.4 unter Hinweis auf überholte Rechtsprechung).
dd) Auch Sinn und Zweck der vorgenannten Bestimmungen des JVEG gebieten nicht die vom LSG vertretene Auffassung. Gesetzgeberisches
Ziel der Neufassung des JVEG war es in erster Linie, bei Sachverständigen das Entschädigungsprinzip durch ein neues leistungsgerechtes
Vergütungsmodell zu ersetzen (vgl BT-Drucks 15/1971 S 2, 139, 142). Davon unberührt blieb die Entschädigung von Zeugen, auch
von sachverständigen Zeugen, die wie jeder Zeuge Tatsachen aufgrund früherer Wahrnehmungen bekunden, allerdings aufgrund einer
besonderen Sachkunde. Allein der Umstand, dass eine bestimmte Art der Zeugenerklärung, nämlich ein Befundschein ohne nähere
gutachtliche Äußerung, pauschal entschädigt wird, rechtfertigt keine Gleichbehandlung mit einem Sachverständigengutachten.
5. Der Wertung eines Befundscheinhonorars als Zeugenentschädigung wird allerdings im steuerrechtlichen Schrifttum teilweise
widersprochen (vgl Hummel, UR 2008, 569, 571 f mwN).
Bis zu einer höchstrichterlichen Klärung durch den BFH ist es deshalb nicht ausgeschlossen, dass die finanzgerichtliche Rechtsprechung
im Streitfall zu einer anderen umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung gelangt. Insofern ist es im Interesse der Klägerin, die
nach § 12 Abs 1 Satz 2 Nr 4 JVEG betreffend das streitgegenständliche Honorar möglichst nicht mit der Tragung einer Umsatzsteuer
belastet bleiben soll, angebracht, die ablehnende Entscheidung des Beklagten zur Wahrung des Gesetzeszweckes mit einer entsprechenden
Nebenbestimmung zu versehen (§ 32 Abs 1 SGB X; vgl hierzu BSGE 62, 32, 42 f = SozR 4100 § 71 Nr 2 S 11 f; BSGE 67, 104, 114 f = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 16 f; BSGE 72, 271, 276 = SozR 3-2500 § 106 Nr 19 S 110 f; BSGE 79, 61, 65 = SozR 3-1200 § 42 Nr 5 S 15). Auf den Hilfsantrag der Klägerin ist deshalb das erstinstanzliche Urteil dahingehend abzuändern,
dass der Beklagte verpflichtet wird, nachträglich die Umsatzsteuer zu erstatten, wenn durch eine unanfechtbare finanzgerichtliche
Entscheidung festgestellt werden sollte, dass die Klägerin diese Steuer zu entrichten hatte.
7. Die Festsetzung des Streitwerts findet ihre Grundlage in §
197a Abs
1 Satz 1
SGG iVm § 47 Abs 1, § 52 Abs 1 und Abs 3 Gerichtskostengesetz idF des KostRMoG.