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BSG, Urteil vom 02.10.2008 - 9 VH 1/07
Zeitpunkt des Leistungsbeginns bei nachträglicher Leistungsgewährung im sozialen Entschädigungsrecht; Menschenrechtsverletzung durch überlange Verfahrensdauer
1. Die in § 48 Abs 4 S 1 iVm § 44 Abs 4 SGB X vorgesehene strikte zeitliche Grenze einer nachträglichen Leistungsgewährung wird im sozialen Entschädigungsrecht durch den auf die individuellen Verhältnisse des Betroffenen abstellenden § 60 Abs 2 BVG verdrängt.
2. Wird ein Grundrentenbescheid gemäß § 44 Abs 1 SGB X teilweise zurückgenommen, so sind bei der nachträglichen Leistungsgewährung alle seit dem damaligen Bescheid eingetretenen, für den gesamten Versorgungsanspruch wesentlichen Änderungen der Verhältnisse zu berücksichtigen.
3. Eine förmliche Feststellung einer Menschenrechtsverletzung durch überlange Verfahrensdauer ist nach geltendem Recht ausgeschlossen; das Bundessozialgericht kann jedoch im Rahmen seiner Revisionsentscheidung über das Vorliegen eines entsprechenden vorinstanzlichen Verfahrensmangels befinden.
Fundstellen: NZS 2009, 644
Normenkette:
BVG § 31 Abs. 5 S. 2
,
BVG § 60 Abs. 2
,
MRK Art. 6 Abs. 1 S. 1
,
SGB X § 44 Abs. 1
,
SGB X § 44 Abs. 4
,
SGB X § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 1
,
SGB X § 48 Abs. 4 S. 1
,
SGG § 96
,
SGG § 103
Vorinstanzen: LSG Berlin-Brandenburg - L 13 VH 7/94 W04-11 - 26.6.2007 , SG Berlin 26.11.1993 S 43 VH 114/88-48
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 26. Juni 2007 aufgehoben, soweit es einen auf die Klägerin übergegangenen Anspruch des Beschädigten S. L. auf höhere Schwerstbeschädigtenzulage als nach Stufe III für die Zeit vom 1. Januar 1982 bis zum 31. Dezember 1987 und auf höhere Versorgungsleistungen für die Zeit vor dem 1. Januar 1982 wegen einer wesentlichen Änderung hinsichtlich der mit Bescheiden vom 8. Januar 1957 und 14. April 1959 anerkannten Schädigungsfolgen sowie die Kostenentscheidung betrifft.
In diesem Umfang wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Im Übrigen werden die Revisionen der Klägerin und des Beklagten zurückgewiesen.
Der Antrag der Klägerin festzustellen, dass die Dauer des gerichtlichen Verfahrens ihr Recht auf abschließende Entscheidung innerhalb angemessener Frist aus Art 6 Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten verletzt, wird abgelehnt.

Entscheidungstext anzeigen: