Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II
Leistungsausschluss für Auszubildende
Anforderungen an die Förderungsfähigkeit der Ausbildung nach dem BAföG im Hinblick auf ein rückwirkend gewährtes Urlaubssemester
Tatbestand
Streitig sind Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit von März 2016 bis August 2016.
Der 1987 geborene Kläger studierte das Fach Soziale Arbeit an der Hochschule R.. Er bezog Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Mit Bescheid vom 2. Mai 2016 waren ihm vom Seezeitstudierendenwerk Bodensee (Amt für Ausbildungsförderung) für den streitigen
Zeitraum monatlich 450,00 € bewilligt worden. Für das Sommersemester 2016 (1. März 2016 bis 31. August 2016) und das Wintersemester
2016/17 (1. September 2016 bis 28. Februar 2017) wurde der Kläger im Nachhinein, nämlich am 9. März 2017, von der Hochschule
R. aufgrund seines Antrages vom 26. Juli 2016 beurlaubt. Wegen der Beurlaubung entzog das Amt für Ausbildungsförderung die
bereits erbrachten Leistungen nach dem BAföG mit bestandskräftigem Bescheid vom 20. März 2017 für die Zeit vom März 2016 bis August 2016. Die Leistungen hat der Kläger
zu erstatten.
Am 15. März 2017 beantragte der Kläger beim Beklagten Leistungen für die Zeit von März 2016 bis August 2016. Er habe mietfrei
bei den Eltern gewohnt und zu Unrecht Leistungen nach dem BAföG bezogen, die er erstatten müsse. Die Antragstellung erfolge rückwirkend.
Mit Bescheid vom 11. April 2017 lehnte der Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, dass Hilfebedürftigkeit nicht bestanden
habe. Der Bedarf sei gedeckt gewesen.
Hiergegen erhob der Kläger am 25. April 2017 Widerspruch, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. Juli 2017 zurückwies.
Die Voraussetzungen des § 28 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) für eine rückwirkende Antragstellung seien nicht erfüllt, sodass ein Leistungsanspruch nicht bestehe.
Hiergegen hat der Kläger am 11. August 2017 beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage erhoben, mit der er sein Anliegen weiterverfolgt hat.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Mit Gerichtsbescheid vom 21. Februar 2020 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. März bis 31. August 2016 bestehe nicht. Es könne dahinstehen, ob die Voraussetzungen für eine rückwirkende
Antragstellung vorliegend gegeben seien, da die materiellen Leistungsvoraussetzungen nicht vorlägen. Gemäß § 7 Abs. 1 SGB II erhielten Leistungen nach diesem Buch Personen, die - u.a. - hilfebedürftig seien. Der Kläger sei im streitigen Zeitraum
März 2016 bis August 2016 nicht hilfebedürftig gewesen, da er über den Freibetrag übersteigendes Vermögen verfügt habe. Der
Kläger habe insgesamt über Vermögenswerte von 5.662,11 € verfügt. Bei den darin enthaltenen privaten Rentenversicherungen
habe der Kläger keinen Nachweis dafür geführt, dass es sich um gefördertes Altersvorsorgevermögen handele. Der aus § 12 Abs. 2 SGB II sich ergebende Freibetrag des Klägers hätte bei 4.950,00 € gelegen, weshalb zum Zeitpunkt der Antragstellung das vorhandene
Vermögen den Freibetrag um 712,11 € überstiegen habe. Überdies habe der Kläger nicht schlüssig dargelegt, dass er seinen Bedarf
nicht aus eigenem Einkommen habe decken können. Dabei sei allerdings das im streitigen Zeitraum geleistete BAföG nicht zu berücksichtigen, weil der Kläger diese Leistungen habe erstatten müssen. Der Kläger habe in der Zeit von März bis
August 2016 zahlreiche Einzahlungen auf sein Paypalkonto erhalten. Das Vorbringen des Klägers im Termin zur Erörterung des
Sachverhalts am 7. November 2017, er habe einen Laptop retourniert und den Kaufpreis erstattet erhalten, sei anhand der Vielzahl
der Buchungen nicht glaubhaft. Im Erörterungstermin am 11. April 2019 habe der Kläger auch eingeräumt, dass er sich nicht
mehr erinnern könne, welche Zahlungen über sein Paypalkonto abgewickelt worden seien. Dass die Einkommensverhältnisse des
Klägers nicht aufklärbar seien, gehe zu seinen Lasten. Es könne dahinstehen, ob der Kläger überdies nach § 7 Abs. 5 SGB II vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschlossen gewesen sei. Bei dem Studium des Klägers an der Hochschule R. handele es sich um eine Ausbildung an einer
Hochschule im Sinne des § 7 Abs. 5 SGB II (in der Fassung vom 20. Dezember 2011) i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 6 BAföG , die dem Grunde nach förderfähig gewesen sei. Ob der Leistungsausschluss deswegen nicht eingreife, weil der Kläger in dem
streitgegenständlichen Zeitraum vom Studium beurlaubt gewesen sei, sei nicht entscheidungserheblich, da die weiteren Leistungsvoraussetzungen
nicht vorgelegen hätten.
Gegen den dem Kläger mit Postzustellungsurkunde am 5. März 2020 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 9. März 2020
beim SG Berufung erhoben. Zur Begründung trägt er vor, bei der Berechnung seines Vermögens sei der Rückkaufwert einer privaten Rentenversicherung
in Höhe von 742,56 € eingeflossen. Dies sei geschehen, weil er es versäumt hätte, einen Nachweis vorzulegen, dass es sich
bei dieser Versicherung um gefördertes Altersvorsorgevermögen handele. Diese Rentenversicherung sei als Riesterrente nach
§ 12 Abs. 2 Nr. 2 SGB II geschützt und somit nicht seinem Vermögen zuzurechnen. Sein Vermögen reduziere sich somit auf 4.919,55 €, weshalb der Freibetrag
von 4.950,00 € nicht überschritten gewesen sei; er sei hilfebedürftig gewesen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 21. Februar 2020 und den Bescheid des Beklagten vom 11. April 2017 in
Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Juli 2017 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm für den Zeitraum 1. März
2016 bis 31. August 2016 Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakte
des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte in der Sache verhandeln und entscheiden, obwohl der Kläger einen Verlegungsantrag gestellt hat und nicht
zur Verhandlung erschienen ist.
Ein Termin zur mündlichen Verhandlung kann - und ggfs. muss - gemäß §
202 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) i. V. m. §
227 Abs.
1 S. 1
Zivilprozessordnung (
ZPO) bei Vorliegen erheblicher Gründe aufgehoben werden, selbst wenn das persönliche Erscheinen des Klägers nicht angeordnet
worden ist. Ein i. S. des §
227 Abs. S. 1
ZPO ordnungsgemäß gestellter Verlegungsantrag mit einem hinreichend substantiiert geltend und ggf. glaubhaft gemachten Terminverlegungsgrund
begründet grundsätzlich eine entsprechende Pflicht des Gerichts zur Terminverlegung (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Beschluss vom 24. Oktober 2013 - B 13 R 59/13 B).
Der Senat war durch den Terminverlegungsantrag vom 10. August 2020 nicht daran gehindert, über die Berufung am 12. August
2020 mündlich zu verhandeln und zu entscheiden. Ein Anspruch auf Terminverlegung besteht nur bei erheblichen Gründen bzw.
bei ausreichender Entschuldigung. Wird eine Terminverlegung erst zwei Tage vor der anberaumten mündlichen Verhandlung beantragt
und mit einer Erkrankung begründet, so muss der Verhinderungsgrund so dargelegt und untermauert sein, dass das Gericht ohne
weitere Nachforschungen selbst beurteilen kann, ob Verhandlungs- bzw. Reiseunfähigkeit besteht ( BSG, Beschluss vom 13.10.2010 - B 6 KA 2/10 B -, m. w. N.). Dies erfordert, dass das Gericht aus der Bescheinigung Art, Schwere und voraussichtliche Dauer der Erkrankung
entnehmen und so die Frage der Verhandlungsunfähigkeit selbst beurteilen kann (BSG a. a. O.). Gerade bei kurzfristig gestellten Anträgen bestehen hohe Anforderungen an die Glaubhaftmachung der Verhandlungsunfähigkeit.
Der Grund für den Terminverlegungsantrag - der Kläger sei seit 3. August 2020 und bis zum 14. August 2020 arbeitsunfähig erkrankt
- ist nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Dem Antrag war eine AU-Bescheinigung der Drs. S. und S. vom 6. August 2020 beigefügt.
Diese enthält weder eine Diagnose noch Erkrankungssymptome. Damit war nicht ansatzweise Art und Schwere der Erkrankung so
konkretisiert, dass der Senat die Frage der Verhandlungsunfähigkeit selbst beurteilen konnte. Darauf hat der Senat noch am
10. August 2020 hingewiesen. In der Folge hat der Kläger noch ein ärztliches Attest des Dr. R. des Zentrums für Psychiatrie
Die W. vom 11. August 2020 vorgelegt. In diesem wird als Diagnose eine generalisierte Angststörung mit Panikattacken genannt;
Symptome werden keine angeführt. Auch mit diesem ärztlichen Attest genügt der Kläger nicht den hohen Anforderungen an die
Glaubhaftmachung des Verhinderungsgrundes. Allein die Diagnose Angststörung mit Panikattacken bedeutet nicht, dass der Kläger
reiseunfähig ist bzw. an einer mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen konnte. Die vom Kläger in seiner E-Mail vom 10. August
2020 als (alleiniger) Grund für seine Verhinderung angeführten Schwindelanfälle werden in der Bescheinigung vom 11. August
nicht genannt.
Die Berufung des Klägers ist zulässig, denn sie ist nach den §§
143 , 144 Abs.
1 , Abs.
3 SGG statthaft und auch unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§
151 Abs. 1 und Abs. 3) eingelegt worden.
Die Berufung ist aber nicht begründet.
Das SG hat zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum März bis August 2016 verneint.
Ob das SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids die Anspruchsvoraussetzung Hilfebedürftigkeit (vgl. §§ 19 Abs. 1 Satz 1 , 7 Abs. 1 Nr. 3 und § 9 Abs. 1 SGB II ) deshalb zutreffend verneint hat, weil es zu einem einzusetzenden Gesamtvermögen des Klägers von 5.662,11 € gelangt ist
- dabei hat es auch eine private Rentenversicherung Nr. 7041572886 bei der R + V Lebensversicherung AG mit einem Rückkaufwert
von 742,56 € berücksichtigt - bei einem sich aus § 12 Abs. 2 SGB II ergebenden Vermögensfreibetrag von 4.950,00 €, kann offen bleiben. Der Kläger hingegen wendet nunmehr im Berufungsverfahren
ein, dass es sich bei dieser privaten Rentenversicherung um im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 2 SGB II nicht zu berücksichtigendes Altersvorsorgevermögen gehandelt habe.
Allerdings ist der Senat ebenso wie das SG nicht in der Lage, die Hilfebedürftigkeit des Klägers angesichts der unklaren Einkommenssituation im streitgegenständlichen
Zeitraum festzustellen. Hierzu schließt sich der Senat nach eigener Prüfung den Entscheidungsgründen des SG an und sieht gem. §
153 Abs.
2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Im Übrigen steht einem Anspruch des Klägers auf Leistungen nach dem SGB II - in Frage kommen nur Leistungen gem. § 20 Abs. 1 SGB II zur Sicherung des Lebensunterhalts i. S. d. Regelbedarfs, da der Kläger bei seinen Eltern mietfrei wohnte - die Berücksichtigung
der nach dem BAföG bezogenen Leistungen als Einkommen entgegen. Dem Kläger waren im streitgegenständlichen Zeitraum monatlich 450 - € bewilligt
und auch tatsächlich gewährt. Anzusetzen für den Kläger wären gem. § 20 Abs. 1a , 2 SGB II monatlich 404,- € als Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe 1 für seinen monatlichen Regelbedarf. Die Sozialleistung nach
dem BAföG ist gem. § 11 Abs. 1 S. 1 zu berücksichtigendes Einkommen. Sie fällt nicht unter § 11a SGB II . Auch wenn von diesem Einkommen gem. § 11b Abs. 1 Nr. 3 SGB II i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 ALG-VO monatlich 30,- € "Versicherungspauschale" abzuziehen sind, wäre das anzurechnende Einkommen mit 420,- € immer noch höher
gewesen als sein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 404,- €. Daran ändert sich auch nichts
dadurch, dass mit bestandskräftigem Bescheid vom 20. März 2017 rückwirkend für den Zeitraum März bis August 2016 die Leistungen
nach dem BAföG aufgehoben und zurückgefordert worden sind. Nach der Rechtsprechung des BSG - dieser schließt sich der Senat an - sind nur solche Einnahmen in Geld als Einkommen i. S. v. § 11 Abs. 1 SGB II anzusehen, die einen Zuwachs von Mitteln bedeuten, der dem Hilfebedürftigen zur endgültigen Verwendung verbleibt ( BSG, Urteil vom 23.08.2011 - B 14 AS 165/10 R - ). Entscheidend für die Privilegierung von bestimmten Zuflüssen ist nach dieser Rechtsprechung, dass in dem Zeitpunkt,
in dem die Einnahme als Einkommen berücksichtigt werden soll, der Zufluss bereits mit einer (wirksamen) Rückzahlungsverpflichtung
belastet ist. Jedenfalls sofern eine Verpflichtung zur Rückzahlung der laufenden Einnahme erst nach dem Monat eintritt, für
den sie berücksichtigt werden soll, besteht die Verpflichtung des Hilfebedürftigen, die Leistung als "bereite Mittel" in dem
Monat des Zuflusses auch zu verbrauchen (BSG, a. a. O.). Da vorliegend die Leistungen nach dem BAföG erst mit Bescheid vom 20. März 2017 aufgehoben und zurückgefordert wurden, waren sie in dem Zeitraum März bis August 2016
als Einkommen zu berücksichtigen.
Es greift vorliegend auch der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 SGB II (in der bis 31. Juli 2016 bzw. bis 28. Dezember 2016 geltenden Fassung -a. F.-). Danach haben Auszubildende, deren Ausbildung
im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder der in §§
51,
57 und
58 des
Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähig ist, über die Leistung nach §
27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
Der Kläger war für das Sommersemester 2016 (1. März bis 31. August 2016) an der Hochschule R. immatrikuliert. Bei diesem Studium
handelte es sich um eine Ausbildung an einer Hochschule im Sinne des § 7 Abs. 5 SGB II a.F. i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BAföG .
Für den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II a.F. kommt es (nur) darauf an, ob die Ausbildung ihrer Art nach gefördert werden könnte. Der Ausschlussregelung liegt die
Erwägung zugrunde, dass bereits die Ausbildungsförderung nach dem BAföG auch die Kosten des Lebensunterhalts umfasst und die Grundsicherung nach dem SGB II nicht dazu dienen soll, durch Sicherstellung des allgemeinen Lebensunterhalts das Betreiben einer dem Grunde nach anderweitig
förderungsfähigen Ausbildung zu ermöglichen. Die Ausschlussregelung im SGB II soll die nachrangige Grundsicherung mithin davon befreien, eine - versteckte - Ausbildungsförderung auf zweiter Ebene zu
ermöglichen (vgl. BSG, Urteil vom 17. Februar 2015 - B 14 AS 25/14 R , m.w.N.). Dieser Sinn und Zweck, die Ausbildungsförderung nach dem BAföG von der Grundsicherung nach dem SGB II abzugrenzen, gilt unterschiedslos für alle abstrakt förderungsfähigen Ausbildungen. Ob eine Ausbildung dem Grunde nach förderungsfähig
ist, ist auf Grundlage der abstrakten, sachlichen Förderungskriterien und losgelöst von der Person des Auszubildenden zu entscheiden
(ganz h.M.; vgl. BSG, Urteile vom 6. August 2014 - B 4 AS 55/13 R , vom 22. März 2012 - B 4 AS 102/11 R , vom 27. September 2011 - B 4 AS 145/10 R , vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 67/08 R , vom 30. September 2008 - B 4 AS 28/07 R , vom 6. September 2007 - B 14/7b AS 36/06 R und vom 6. September 2007 - B 14/7b AS 28/06 R. Entsprechend dem Wortlaut "dem Grunde nach förderungsfähig" ist nicht maßgeblich, ob im Einzelfall tatsächlich eine Förderung
nach dem BAföG erfolgt.
Die Prüfung, ob eine Ausbildung dem Grunde nach förderungsfähig nach dem BAföG ist, richtet sich abschließend nach § 2 BAföG . Danach liegt ein Besuch einer Ausbildungsstätte i.S.v. § 2 BAföG vor, solange ein Auszubildender einer Ausbildungsstätte organisationsrechtlich zugehört und die Ausbildung an ihr tatsächlich
betreibt ( BSG, Beschluss vom 2. Dezember 2014 - B 14 AS 261/14 B m.w.N.); bei einer Hochschulausbildung - wie vorliegend - begründet der Auszubildende seine Zugehörigkeit zur Universität
durch die Immatrikulation ( BSG, Urteil vom 22. März 2012 - B 4 AS 102/11 R und Beschluss vom 2. Dezember 2014 - B 14 AS 261/14 B ).
Da es für den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II a.F. lediglich auf die Förderungsfähigkeit der Ausbildung als solcher und nicht auf die Eignung des Auszubildenden (vgl.
§ 9 Abs. 1 und 2 BAföG ) ankommt, ist ohne Belang, ob der Kläger im streitbefangenen Zeitraum das Studium derart betrieben hat, dass er mit einer
gewissen Regelmäßigkeit Prüfungsleistungen abgelegt hat und inwiefern er durch das Studium tatsächlich in Anspruch genommen
worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 67/08 R ). Individuelle Versagensgründe, die im Verhältnis zum Träger der Förderungsleistung, also in förderungsrechtlicher Sicht
zu beachten sind, wie z.B. das Nichtbetreiben des Studiums (vgl. hierzu VG Dresden, Urteil vom 18. September 2017 - 5 K 2866/14 m.w.N.), auch aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen, bleiben in grundsicherungsrechtlicher Sicht außer Betracht (vgl.
BSG, Urteil vom 6. September 2007 - B 14/7b AS 36/06 R).
An dem Umstand, dass der Kläger im streitbefangenen Zeitraum nach § 7 Abs. 5 SGB II a.F. von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen war, ändert sich auch nichts dadurch, dass er in
diesem Zeitraum von der Universität beurlaubt worden war.
Der Kläger war im Sommersemester 2016 an der Hochschule R. immatrikuliert und hat der Universität somit organisationsrechtlich
angehört. Auf seinen Antrag vom 26. Juli 2016 wurde der Kläger im Nachhinein am 9. März 2017 (auch) für das Sommersemester
2016 beurlaubt. Bei einem Urlaubssemester kommt es nach der Rechtsprechung des BSG darauf an, ob das Studium dem Grunde nach förderfähig ist. Die Beurlaubung für ein Semester muss nicht zwangsläufig dazu
führen, dass nicht mehr von der Förderungsfähigkeit der Ausbildung dem Grunde nach gemäß § 2 BAföG ausgegangen werden kann. Maßgebend ist hierfür die organisationsrechtliche Zugehörigkeit des Studierenden zu der Ausbildungsstätte,
die mit einer bestimmten Fachrichtung verknüpft sein muss, sowie das tatsächliche Betreiben des Studiums (BSG -, Urteil vom 22. März 2012 - B 4 AS 102/11 R und vom 22. August 2012 -B 14 AS 197/11 R ).
Im Fall einer von der Universität rückwirkend gewährten Beurlaubung ist die Fallgestaltung allerdings dadurch gekennzeichnet,
dass einem Studierenden zunächst für das Semester BAföG-Leistungen gewährt werden, wenn die individuellen Förderungsvoraussetzungen nach dem BAföG bei Beginn des Semesters vorliegen. Jedoch dauert während eines Urlaubssemesters, das weder hochschul- noch förderungsrechtlich
auf die Zahl der Fachsemester anzurechnen ist, die förderungsfähige Ausbildung nicht fort, mit der Folge, dass dem Auszubildenden
insoweit grundsätzlich Ausbildungsförderung nicht zusteht; und zwar auch dann nicht, wenn der Auszubildende vor einer rückwirkend
ausgesprochenen Urlaubsbewilligung Lehrveranstaltungen tatsächlich besucht hat ( BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2015 - 5 C 15/14 m.w.N.). Eine solche rückwirkend gewährte Beurlaubung stellt sich als eine Änderung eines maßgeblichen Umstands i.S.v. §
53 S. 1 Nr. 2 BAföG dar. Hiernach wird, wenn sich ein für die Leistung der Ausbildungsförderung maßgeblicher Umstand ändert, ein Bewilligungsbescheid
zuungunsten des Auszubildenden vom Beginn des Monats an geändert, der auf den Eintritt der Änderung folgt. Soweit ein Verwaltungsakt
aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten ( § 53 S. 3 Halbs. 2 BAföG i.V.m. § 50 Abs. 1 S. 1 SGB X ). Obwohl diese Vorschriften weder für die Aufhebung noch für die Erstattung einen Ermessensspielraum eröffnen, ist nach
der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei der nachteiligen Aufhebung eines Bescheides mit Wirkung auch für zurückliegende
Zeiträume ein Mindestmaß an Vertrauensschutz, der verfassungsrechtlich geboten ist, zu wahren. Dementsprechend ist auch bei
der Anwendung des § 53 S. 1 Nr. 2 BAföG eine Abwägung des Gewichts des Vertrauensschutzinteresses des Auszubildenden gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer
gesetzmäßigen und gesetzeszweckentsprechenden Verwendung der für die Ausbildungsförderung eingesetzten öffentlichen Finanzmittel
vorzunehmen ( BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2015 - 5 C 15/14 m.w.N.). Solange ein BAföG-Leistungsberechtigter darauf vertrauen darf, dass er das Studium betreiben kann, ist auch sein Vertrauen in den Fortbestand
der Bewilligung schutzwürdig und deshalb die geleistete Ausbildungsförderung für die Zeit vor der Beantragung der Beurlaubung
nicht rückforderbar. Ab Beantragung der Beurlaubung besteht jedoch die Kenntnis oder das Kennenmüssen, dass die Ausbildung
nicht mehr förderfähig ist, mit der Folge, dass ab diesem Zeitpunkt bewilligte und ausgezahlte BAföG-Leistungen zu erstatten sind (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2015 - 5 C 15/14 m.w.N.).
Diese förderungsrechtlichen Maßstäbe für die Beurteilung der Folgen einer rückwirkend gewährten Beurlaubung sind auch für
die Anwendung des Leistungsausschlusses des § 7 Abs. 5 SGB II a.F., der die Vermeidung einer - versteckten - Ausbildungsförderung auf zweiter Ebene bezweckt, zu berücksichtigen. Dem folgend
war der Kläger in dem Sommersemester 2016 nach § 7 Abs. 5 SGB II a.F. von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen.
Zu Beginn des Sommersemesters 2016 galt noch keine Beurlaubung - diese wurde erst im März 2017 seitens der Hochschule R. erteilt
- und dem Kläger war zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht bekannt oder bewusst, dass er das Studium später aus gesundheitlichen
Gründen vorübergehend nicht mehr wird betreiben können.
Der Kläger war nämlich im Sommersemester 2016 nicht durchgehend erkrankt. Aus dem ärztlichen Attest des Facharztes für Innere
Medizin und Psychosomatische Medizin und Psychotherapie von Dr. H. vom 28. März 2017 folgt, dass der Kläger sich (erst) ab
31. März 2016 und (nur) bis 6. Juli 2016 zur stationären akut-psychosomatischen Behandlung im Diakonie-Klinikum S..... befunden
hat. Damit ist davon auszugehen, dass der Kläger zu Beginn des Sommersemesters 2016 noch davon ausging und darauf vertraut
hat, sein Studium betreiben zu können.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 SGB II a.F. bestehen nicht (vgl. Bundesverfassungsgericht - BverfG -, Beschlüsse vom 8. Oktober 2014 - 1 BvR 886/11 und vom 3. September 2014 - 1 BvR 1768/11 sowie 1 BvR 565/12).
Die Gewährung eines Darlehens nach § 27 Abs. 4 Satz 1 SGB II in der ab dem 1. April 2012 geltenden Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 (BGBl. I 2854 - a.F.) kommt vorliegend deswegen
nicht in Betracht, weil der Kläger die Gewährung von darlehensweise bewilligten Leistungen nicht beantragt hat.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG .
Gründe für die Zulassung der Revision ( §
160 Abs.2 Nr.1 und 2
SGG ) liegen nicht vor.