Tatbestand
Streitig ist, ob die von der Beigeladenen von Dezember 2013 bis Juni 2014 ausgeübte Tätigkeit als Physiotherapeutin in der
Praxis der Klägerin der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung
unterlag.
Die Klägerin betrieb in der fraglichen Zeit von Dezember 2013 bis Juni 2014 eine Physiotherapiepraxis und hat die Kassenzulassung
gem. §
124 SGB V. Die Praxis verfügte über 4 Behandlungszimmer. Neben der Klägerin arbeitete dort eine weitere Mitarbeiterin geringfügig.
Die Beigeladene ist examinierte Physiotherapeutin ohne Kassenzulassung. Im streitigen Zeitraum verfügte sie über eine Berufshaftpflichtversicherung
und hatte sich zur gesetzlichen Unfallversicherung angemeldet. Eigene Mitarbeiter hatte sie nicht. Sie war zudem Mitglied
in einer Kooperationsgemeinschaft freier Therapeuten, die als "m. p." firmieren mit einer Zentrale, die als Marketingdienstleister
für Werbung und Präsenz am Markt verantwortlich ist (http://www....). Über die Plattform wird ein "Therapie Timesharing" angeboten,
das von Praxen flexibel in Form von Zeitmodulen z.B. für Urlaubs-, Krankheitsvertretung und bei temporärem Personalmangel
gebucht werden kann. Der Vertragsschluss erfolgt jeweils zwischen dem Auftraggeber und dem jeweiligen Kooperationsmitglied.
Die Klägerin und die Beigeladene schlossen unter dem 2.12.2013 auf der Grundlage eines Mustervertrages der "m.p." einen "Freiberuflervertrag",
der unter anderem folgende Bestimmungen enthält:
I. Gegenstand
Therapie Timesharing für Vereine, Behörden, Fitnessbetriebe, Veranstaltungsagenturen, Hotels, Wellnesseinrichtungen, Praxisbetrieb,
Kurbäder und-Betriebe, Reha, Thermalbäder etc.
Alle Therapeuten von m.p. sind ausschließlich in der Therapie einsetzbar. Eine Weisungsbefugnis wird ausdrücklich ausgeschlossen.
Der Freiberufler hat die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freigestaltete Tätigkeit
und Arbeitszeit.
II. "Unternehmerisches Risiko"
Jeder Freiberufler der m. p. besitzt einen eigenen Firmensitz, arbeitet auf eigene Rechnung mit eigenem Briefpapier, Visitenkarten
etc., tritt selbst auf dem Markt auf mit eigener Werbung und einem Internetauftritt. Er bestimmt Arbeitszeit und Urlaubsplanung
selbst. Die Vergütung seiner Tätigkeit entspricht dem monatlich (bei kürzerem Engagement der vereinbarten Buchungszeit) erzielten
Umsatz abzüglich eines vereinbarten prozentualen Abschlags für Verwaltung und Arbeitsplatz (70/30%).
III. Arbeitsplatz
Das buchende Unternehmen stellt dem Freiberufler von m.p. frei, eigene Betriebs- und Therapiemittel zu verwenden. Es werden
ausreichend Räumlichkeiten zur Behandlung der Patienten des Freiberuflers nebst Mitbenutzung von Wartezimmer, Toilettenpapier,
Rezeption und Equipment zur Verfügung gestellt. Hierfür bezahlt der Freiberufler einen Prozentsatz (siehe Abrechnung) an das
buchende Unternehmen. Zu den gleichen Voraussetzungen ist es dem Freiberufler erlaubt - nach Absprache - eigene Patienten
in der Praxis behandeln zu dürfen. Ferner klärt sich das buchende Unternehmen einverstanden, dass der Freiberufler seinen
eigenen Terminkalender in der Praxis führen darf.
[......]
V. Kündigungsfristen und Verlängerung
3 Monate, wenn keine Kündigung erfolgt, stillschweigende Verlängerung (handschriftlich eingefügt)..........
[......]
VII. Ausfallzeiten
Die m.p. bemüht sich, bei Urlaub oder Krankheit des Therapeuten vor Ort für Ersatz zu sorgen. Sollte dies aus jedweden Gründen
nicht machbar sein, wird das Unternehmen rechtzeitig davon in Kenntnis gesetzt und von den Kosten in dieser Zeit selbstverständlich
befreit.
VIII. Urlaub
Urlaubszeiten des Freiberuflers sind rechtzeitig dem Unternehmen mitzuteilen. Urlaubszeiten, die nicht über andere Therapeuten/innen
der m.p. aufgefangen werden können oder sollen, sind mit dem Unternehmen, insbesondere bei Langzeitbuchungen, abzustimmen.......
X. Abrechnung
Die Abrechnung erfolgt in prozentualer Aufteilung des vom Auftragnehmer erzielten tatsächlichen Umsatzes eines Zeitraums.
Die gängigen Sätze liegen bei 70/30, Hausbesuche werden mit einer Pauschale von 3,50 €/HB zusätzlich berechnet............
Die Arbeitszeiten richten sich aus internen Gründen unbedingt nach den Zeitmodulen.........
[......]
XIII. Versicherungen
Der Freiberufler erhält vom Unternehmen keine Sozialleistungen im Krankheitsfall, zahlt freiwillig in die gesetzliche Rentenversicherung
ein oder ist per Bescheid befreit (geprüfte Statusfeststellung), so dass dem Unternehmen keine weiteren Kosten entstehen.
Des Weiteren hat der Freiberufler eine Berufshaftpflicht und ist Mitglied bei der BGW.
Der tatsächliche Ablauf gestaltete sich wie folgt:
Mit der Beigeladenen vereinbarte die Klägerin lose einen zeitlichen Umfang von zwei Tagen pro Woche. Zu dieser Zeit war die
Nachfrage nach physiotherapeutischen Behandlungen bei der Klägerin so groß, dass sie diese selbst nicht bedienen konnte. Je
nach Verfügbarkeit der Beigeladenen und Nachfrage der Patienten variierten der zeitliche Umfang sowie die Tage, an denen die
Beigeladene in den Räumen der Klägerin tätig war. Die Beigeladene verfügte über einen eigenen Schlüssel. Im Wartezimmer wurde
ein Aufsteller platziert, der für die "m.p." warb. Es wurden außerdem Visitenkarten der Beigeladenen ausgelegt. Die Klägerin
wies Patienten auf die Möglichkeit hin, dass eine Behandlung auch durch die Beigeladene erfolgen könne. Die erste Terminierung
von Behandlungen erfolgte in Absprache mit den Patienten durch die Beigeladene selbst oder in ihrer Abwesenheit durch den
jeweils anwesenden Mitarbeiter durch Eintragung in ihrem Terminplan. Soweit Patienten einen Termin absagten, versuchte die
Beigeladene die zeitlichen Lücken durch Terminvereinbarungen mit anderen Patienten zu schließen. Inhaltliche Gespräche über
die Behandlung der Patienten fanden nicht statt. Die Abrechnung der Tätigkeit der Beigeladenen erfolgte mit der Praxis der
Klägerin. Bei der Tätigkeit trug die Beigeladene ihre eigene Berufsbekleidung mit Namensschild und Firmenlogo "m.p.". Die
Beigeladene nutzte die Räumlichkeiten der Klägerin, die Behandlungsliege der Praxis, Elektrogeräte, Schlingentisch und Gymnastikgeräte.
Arbeitsmittel, die die Beigeladene selbst einsetzte, umfassten ihren Terminplan, Bälle, Thera-Bänder, Gurte, Handy, Pkw und
Kleidung.
Auf dieser Grundlage arbeitete die Beigeladene insgesamt von Januar bis Juni 2014 in den Praxisräumen der Klägerin. Im Anschluss
bezog die Klägerin eine neue, kleinere Praxis, in der sie alleine tätig ist.
Die Beigeladene hat ihre Tätigkeit bei der Klägerin wie folgt in Rechnung gestellt:
Zeitraum
|
Abrechnungsbetrag
|
Bl. der Verw.-Akte
|
Januar 2014
|
1571,52 €
|
38
|
Februar 2014
|
1313,34 €
|
20
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März 2014
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2029,82 €
|
16
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April 2014
|
1817,91 €
|
23
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Mai 2014
|
1612,82 €
|
46
|
Juni 2014
|
1655,77 €
|
51
|
Am 9.5.2014 hat die Beigeladene bei der Beklagten die Feststellung ihres sozialversicherungsrechtlichen Status beantragt und
den "Freiberuflervertrag", Versicherungsnachweise und Abrechnungen vorgelegt. Sowohl die Klägerin als auch die Beigeladene
haben detaillierte Fragen der Beklagten zur Tätigkeit der Beigeladenen beantwortet (vgl. Bl 36, 58 VA).
Mit Schreiben vom 29.9.2014 hörte die Beklagte die Klägerin und die Beigeladene zum beabsichtigen Bescheid über das Vorliegen
einer abhängigen Beschäftigung an.
Mit Bescheiden vom 29.10.2014 stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit der Beigeladenen in der Praxis der Klägerin seit
2.12.2013 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Die Versicherungspflicht beginne mit dem
Tag der Aufnahme der Beschäftigung. Eine Versicherungspflicht bestehe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie
nach dem Recht der Arbeitsförderung. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen überwögen
die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Ein unternehmerisches Risiko sei nicht gegeben, da sie bei Nichttätigwerden
keine Verluste hinnehmen müsse. Aufgrund ihrer Qualifikation erhalte die Beigeladene keine Weisungen des Auftraggebers; eine
eigenständige Durchführung der Therapien werde von ihr erwartet. Die Beigeladene übernehme in der auf Seiten der Klägerin
bestehenden Gesamtverpflichtung eine Teilaufgabe. Es erfolge eine funktionsgerechte Eingliederung in die Arbeitsorganisation
der Praxis. Für die Abgrenzung einer Tätigkeit als Beschäftigung oder Selbstständigkeit reiche allein der Wille der vertragschließenden
Parteien nicht, maßgeblich seien die tatsächlichen Umstände der Leistungserbringung.
Dagegen ließ die Klägerin mit Schreiben vom 11.11.2014 Widerspruch einlegen, die Beigeladene hat am 25.11.2014 Widerspruch
erhoben.
Die Widersprüche wurden mit Widerspruchsbescheiden vom 27.3.2015 zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass
Weisungen bei der Ausübung des Berufes nicht erforderlich seien. Ein unternehmerisches Risiko habe die Beigeladene, die die
Betriebsräume der Klägerin gegen pauschale Abgeltung nur bei tatsächlichem Gebrauch nutze, nicht, sondern die Klägerin. Die
Beigeladene sei auf die Öffnungszeiten der Praxis und Verfügbarkeit der Räume und Arbeitsmittel angewiesen, weshalb sie ihre
Arbeitszeit nicht frei einteilen könne. Auch die Abrechnung mit den Kassen- und Privat-Patienten erfolge nicht durch die Beigeladene,
sondern durch die Klägerin, wofür die Beigeladene eine Vergütung erhalte. Die Beigeladene sei daher nicht weisungsfrei tätig
und trage kein unternehmerisches Risiko.
Dagegen hat die Klägerin am 20.4.2015 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erheben lassen. Sie ist der Auffassung, dass wesentliche Aspekte nur unzureichend berücksichtigt worden seien und insgesamt
zum Überwiegen der Merkmale einer selbständigen Tätigkeit führten:
- Die Beigeladene müsse selbst für ihre Vertretung im Krankheitsfall sorgen.
- Es bestehe keine Verpflichtung zur Übernahme von Krankheits-/ Urlaubsvertretung.
- Die Beigeladene trage eigene Arbeitskleidung mit eigenem Namensschild und dem Logo der "m.p.".
- Sie nutze selbst eingebrachte Arbeitsmittel.
- Sie übernehme Teile des Forderungsmanagements (Mahnungen gegenüber säumigen Patienten).
- Sie nehme Rezeptgebühren an und reiche diese an die Klägerin weiter.
- Sie hafte selbst für ihr therapeutisches Verhalten.
- Der Ort der Tätigkeit sei kassenrechtlich vorgegeben. Die Benutzung der Praxisräume und die Abrechnungsmodalitäten beruhten
auf kassenrechtlichen Gegebenheiten.
- Die Beigeladene bestimme selbst den zeitlichen Rahmen ihrer Tätigkeit. Die Beigeladene verfüge über einen Praxisschlüssel
und könne die Praxis nutzen, wann sie wolle. Es gebe keine Vorgaben der Klägerin bzgl. der Arbeitszeit und der Wochentage,
an denen die Beigeladene ihre Tätigkeit ausübe.
- Außer der Nutzung der Räumlichkeiten ergebe sich eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Praxis nicht; eine unmittelbare
Zusammenarbeit mit den anderen Mitarbeitern der Praxis finde nicht statt. Die Beigeladene nehme nicht an praxisinternen Besprechungen/Fortbildungen
teil.
- Die Beigeladene trage ein unternehmerisches Risiko, da nur tatsächlich ausgeübte Tätigkeiten vergütet würden und sie außerdem
die Kosten für Fortbildungen, die Berufshaftpflichtversicherung und die Beiträge zur Berufsgenossenschaft selber trage.
- Die Beklagte folge einem internen Rundschreiben vom 5.7.2005, dort Anl. 5 Seite 15/16, aus dem sich ergebe, dass bei Physiotherapeuten
eine freie Mitarbeit unter sozialversichersicherungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht bzw. nur ausnahmsweise möglich sei.
Dieses Rundschreiben habe keinerlei rechtliche Verbindlichkeit. Es erschließe sich auch nicht, warum dagegen Hebammen grundsätzlich
als Selbständige eingeordnet würden. Zu folgen sei den Kriterien des BSG.
- Sämtliche Vorgaben seien dem Rahmenvertragsrecht der gesetzlichen Krankenkassen geschuldet.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat sich auf den Widerspruchsbescheid bezogen.
Das SG hat K. S. mit Beschluss vom 28.5.2015 zum Rechtsstreit beigeladen.
Mit Urteil vom 25.10.2016 hat das SG den Bescheid vom 29.10.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.3.2015 aufgehoben und festgestellt, dass die Beigeladene
ihre Tätigkeit bei der Klägerin seit 2.12.2013 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe, somit
in allen Zweigen der Sozialversicherung keine Versicherungspflicht bestehe. Zur Begründung hat es ausgeführt, der formell
rechtmäßige Bescheid sei materiell nach der Rechtsgrundlage des §§ 7a, 7 Abs. 1
SGB IV rechtswidrig.
Die Tätigkeit als Physiotherapeut/in könne sowohl im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung wie auch selbständig ausgeübt werden.
Maßgeblich seien die konkreten Umstände des individuellen Sachverhalts. Eine abstrakte Festlegung für das Berufsbild sei nicht
möglich (Hinweis auf BSG, Urteil vom 24.3.2016 - B 12 KR 20/14 R - , Rn. 25 - [...]).
Ausgangspunkt sei zunächst der Vertrag zwischen der Klägerin und der Beigeladenen ("Freiberuflervertrag"), der auf die Vereinbarung
einer selbstständigen Tätigkeit der Klägerin (richtig Beigeladenen) gerichtet gewesen sei. Ausschlaggebend seien aber stets
die tatsächlichen Gegebenheiten des Einzelfalls und das sich aus ihm ergebende Gesamtbild der Tätigkeit.
Als für eine abhängige Beschäftigung (gemeint: selbständige Tätigkeit) sprechende Anhaltspunkte seien festzustellen:
Ein fachliches Weisungsrecht der Klägerin gegenüber der Beigeladenen habe nicht bestanden, sei in Ziffer I des Vertrages ausdrücklich
ausgeschlossen worden und sei auch nicht ausgeübt worden. Inhaltliche Vorgaben zur Behandlung der Patienten habe die Klägerin
der Beigeladenen nicht gemacht. Es hätten auch keine Fallbesprechungen stattgefunden, wie dies in der Zusammenarbeit mit abhängig
Beschäftigten nach den Ausführungen der Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung regelmäßig der Fall sei. Ein Weisungsrecht
lasse sich nach der Rechtsprechung auch nicht aus Vorgaben des Leistungserbringerrechts der GKV ableiten (Hinweis auf BSG aaO. Rn. 28-29 - [...]).
Auch habe Weisungsfreiheit - entsprechend der Regelung in Ziffer I des Vertrages - hinsichtlich Zeit und Dauer der Tätigkeit
der Beigeladenen bestanden. Die lose Absprache, dass die Beigeladene montags und mittwochs in den Praxisräumen tätig werden
sollte, sei nicht als verbindliche Absprache von Arbeitszeiten auszulegen. Aus den Abrechnungen ergebe sich, dass die Beigeladene
auch an anderen Tagen tätig gewesen sei. Bei überschüssigen Behandlungsräumen seien zeitliche Absprachen auch nicht erforderlich
gewesen, zudem habe die Beigeladene über einen eigenen Schlüssel zu den Praxisräumen verfügt.
Gegen abhängige Beschäftigung spreche das Tragen eigener Arbeitskleidung mit Namensschild und dem Logo der "m.p.". In der
Praxis sei durch einen Aufsteller und die Visitenkarten auf die Tätigkeit der Beigeladenen hingewiesen worden. Die Beigeladene
sei damit - wie auch nach Ziffer 2 der Vereinbarung vom 2.12.2013 vorgesehen - nicht als Mitarbeiterin der Klägerin, sondern
selbst nach Außen ("am Markt") aufgetreten, was den Fall von dem vom BSG entschiedenen Sachverhalt unterscheide.
Es habe auch keine relevante Einbindung der Beigeladenen in die Arbeitsorganisation der Klägerin bestanden. Hierfür genüge
nicht, dass die Abrechnung mit der Klägerin und nicht direkt mit der Krankenkasse erfolgt sei (Hinweis auf LSG Baden-Württemberg,
Beschluss vom 14.10.2015 - L 4 R 3874/14 - , Rn. 57 - [...]; so wohl auch BSG, Urteil vom 24.3.2016 - B 12 KR 20/14 R -, Rn. 23 - [...]). Gegen eine Einbindung in die Arbeitsorganisation spreche, dass keine gemeinsamen Teambesprechungen, keine
gegenseitige Behandlungsvertretung stattgefunden habe und die Beigeladene vielmehr über ihre eigenen Patienten verfügt habe,
die Behandlung im Verhinderungsfall nicht stattgefunden habe oder verlegt worden sei. In Abgrenzung zum vom BSG entschiedenen Fall sei auch der Erstkontakt zu den Patienten durch die Beigeladene selbst erfolgt und sie sei von der Klägerin
auch nicht angewiesen worden, bestimmte Behandlungen zu übernehmen. Dass teilweise Anrufe von Patienten für die Beigeladene
in Empfang und Termine in ihrem Terminbuch eingetragen genommen worden seien, trete dagegen zurück. Das Vertragsverhältnis
sei dahingehend auszulegen, dass die hilfsweise Entgegennahme von Telefonaten durch die 30-prozentige Pauschale von der Beigeladenen
mitvergütet worden sei, ohne dass dadurch eine Zusammenarbeit im engeren Sinne vorgelegen habe. Die Patienten hätten zudem
auch die Möglichkeit gehabt, die Beigeladene über deren eigenes Telefon zu erreichen.
Es werde nicht übersehen, dass als für eine abhängige Beschäftigung sprechende Anhaltspunkte die Beigeladene den Ort ihrer
Tätigkeit nicht frei wählen konnte, sondern an die Praxis der Klägerin und bei entsprechender Verordnung von Hausbesuchen
bei den Patienten vor Ort gebunden gewesen sei. Die örtliche Gebundenheit sei jedoch nicht Ausfluss eines Weisungsrechtes
der Klägerin, sondern Folge der gesetzlichen Regelung, die vorgebe, dass die Zulassung zur Erbringung von Leistungen der physikalischen
Therapie an bestimmte Räumlichkeiten gebunden sei (§
124 Abs.
2 Nr.
2 SGB V). Würde dem Umstand gleichwohl entscheidende Bedeutung zukommen, könnte ein/e Physiotherapeut/in ohne eigene Praxis nie selbständig
tätig sein (Hinweis auf LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.10.2015 - Az. L 4 R 3874/14 -, Rn. 56 - [...]).
Hinsichtlich eines Unternehmerrisikos - Einsatz eigenen Kapitals oder der eigenen Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes
- sei zu berücksichtigen, dass die Beigeladene eigene Mittel - wenn auch in vergleichsweise geringem Umfang - eingesetzt habe
(Terminplan, Bälle, Thera-Bänder, Gurte, Handy, Pkw, Kleidung, die Haftpflichtversicherung und die Beiträge an die Berufsgenossenschaft).
Im Sinne eines gewissen Unternehmerrisikos sei auch zu werten, dass die Beigeladene einen Vergütungsanspruch nur erlangt habe,
wenn es tatsächlich zu Behandlungen von Patienten gekommen sei, der Erfolg des Einsatzes der persönlichen Mittel also ungewiss
gewesen sei. Dass ein unternehmerisches Risiko nur in geringem Umfang bestanden habe, bestimme die Einordnung der Tätigkeit
nicht maßgeblich. Das (Nicht-)Vorliegen eines Unternehmerrisikos sei nicht schlechthin entscheidend (BSG, Beschluss vom 16.8.2010, Az. B 12 KR 100/09 B -, Rn. 10 m.w.N. - [...]).
Im Rahmen der Gesamtabwägung der tatsächlichen Umstände überwögen diejenigen, die für eine selbständige Tätigkeit sprächen.
Es sei daher festzustellen, dass zwischen der Klägerin und der Beigeladenen kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis und damit
keine Sozialversicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung
bestanden habe.
Gegen das der Beklagten gegen Empfangsbekenntnis am 7.11.2016 zugestellte Urteil hat sie am gleichen Tag schriftlich beim
Landessozialgericht Baden-Württemberg Berufung eingelegt und vorgetragen, dass die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden
Merkmale im Rahmen der Gesamtabwägung überwiegen dürften. Das Geschäftsmodell der Beigeladenen sei in Praxen als Urlaubs-,
Krankheitsvertretung und bei temporären Personalmangel tätig zu sein. Sie sei bei der Klägerin zur Überbrückung personeller
Engpässe eingesetzt worden. Das bedeute, dass die Klägerin eigene festangestellte Physiotherapeuten für die Dauer des erhöhten
Personalbedarfs durch die Tätigkeit der Beigeladenen ersetzt habe, um letztlich dem Therapiebedarf ihrer Patienten nachzukommen.
Die Vergabe des Ersttermins sei sowohl durch die Beigeladene selbst als auch durch die Klägerin erfolgt. Selbst bei eigenständiger
Terminierung durch die Beigeladene dürfte es sich überwiegend um Patienten gehandelt haben, die Erstkontakt mit der Praxis
aufgenommen hätten, um entsprechend behandelt zu werden. Die Klägerin habe auf Nachfrage der Patienten diesen erklärt, dass
die Möglichkeit bestehe sich bei der Beigeladenen behandeln zu lassen. Die Zulassung der von der Beigeladenen ausgeführten
Therapien sei für die Praxis erfolgt, die außerhalb von Hausbesuchen übernommenen Behandlungen in den Räumlichkeiten der Praxis,
die gesetzliche Zuzahlung habe die Beigeladene auf dem an die Praxis weiterzureichenden Rezept vermerkt und das Forderungsmanagement
sei durch die Praxis erfolgt. Mithin dürfte die Beigeladene ihre Leistungen im Namen der Praxis erbracht haben und dürfte
von den Patienten nicht als selbstständige Physiotherapeutin wahrgenommen worden sein.
Der Umstand, dass die Beigeladene hinsichtlich der therapeutischen Maßnahmen keine Weisungen der Klägerin erhalten habe, trete
bei der Gesamtabwägung in den Hintergrund, da die Leistungen auf ärztliche Anordnung erbracht wurden und bereits aus diesem
Grunde festgelegt waren.
Ein wesentliches unternehmerisches Risiko, nämlich das Kostenrisiko für Praxismiete und Personal auch in Zeiten mangelnder
Nachfrage trage allein die Klägerin.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. Oktober 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend führt sie aus, dass die zulässige vertragliche Regelung eindeutig
im Sinne von Selbstständigkeit und auch so gelebt worden sei. Sämtliche vom BSG im Urteil vom 24.3.2016 in einem zweiten Schritt geprüften Aspekte für eine selbstständige Tätigkeit lägen vor hinsichtlich
Arbeitszeiten, Vertretungsregelungen, Bindung an Öffnungszeiten, Entgelt, freie Behandlungsentscheidung, Bestimmung des Umfangs
beim Einsatz der eigenen Arbeitszeit und Ausübung in einer konkreten Betriebsstätte. Demgegenüber seien nahezu sämtliche Aspekte,
die im angesprochenen BSG-Urteil als Aspekte einer abhängigen Tätigkeit gewertet worden sein, im vorliegenden Fall gerade nicht gegeben.
Die Beklagte hat noch ergänzt, dass auch das Fehlen von Regelungen zu sozialen Leistungen, wie Lohnfortzahlung im Urlaubs-
und im Krankheitsfall einer abhängigen Beschäftigung nicht entgegenstehe. Die Überbürdung sozialer Risiken von der das Arbeitsrecht
prägenden Risikoverteilung sei nur dann ein gewichtiges Indiz für unternehmerisches Handeln, wenn damit auch tatsächliche
Chancen eine Einkommenserzielung verbunden seien, also eine Erweiterung der unternehmerischen Möglichkeiten stattfinde (Hinweis
auf LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.11.2012 - L 8 R 900/11; BSG Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R -). Hierfür sei vorliegend nichts ersichtlich. Das Tragen eigener Arbeitskleidung und eines eigenen Namenschildes spreche
ebenfalls nicht für eine selbstständige Tätigkeit, sondern betreffe nur Umstände am Rande und weniger die Eingliederung in
Arbeitsabläufe. Der Hinweis auf die Tätigkeit der Beigeladenen durch Aufsteller und Visitenkarten in der Praxis sei zwar ein
gewisses Maß an werbendem Auftreten. Dies genüge jedoch nicht um eine selbstständige Tätigkeit zu begründen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten
der Beklagten sowie die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Die Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
Formell ist der angefochtene Bescheid rechtmäßig. Er ist nach erfolgter Anhörung der Beteiligten ergangen. Die Beklagte hat
zudem die Anforderungen an eine Statusfeststellung erfüllt, die das Bundessozialgericht in seiner Rechtsprechung aufstellt
(BSGE, Urteil vom 11.3.2009 - B 12 R 11/07R -, BSGE 103,17 ff.), und nicht nur eine isolierte Entscheidung über das Vorliegen
einer abhängigen Beschäftigung "dem Grunde nach", sondern auch über das Vorliegen von Versicherungspflicht in den einzelnen
Zweigen der Sozialversicherung getroffen.
Ergänzend wird hierzu ausgeführt, dass aus dem Umstand, dass die Klägerin sich der Beigeladenen zur Überbrückung eines personellen
Engpasses bedient hat, kein zwingender Rückschluss auf eine abhängige Beschäftigung gezogen werden kann, nachdem die Tätigkeit
der Beigeladenen als Physiotherapeutin sowohl selbständig als auch abhängig ausgeübt werden kann. Die Klägerin hat sich eben
ausdrücklich nicht weiter durch die Einstellung zusätzlichen Personals binden wollen und deshalb die Variante durch den Abschluss
eines "Freiberuflervertrages" gewählt.
Soweit die Beklagte auf ein fehlendes unternehmerische Risiko der Beigeladenen mangels eigener Betriebstätte abstellt, ist
dies vorliegend - ebenso wie bei Lehrern - kein valides Abgrenzungskriterium, sondern ergibt sich aus der Natur der Sache,
dass die Behandlungen in den Praxisräumen der Klägerin durchgeführt wurden (vgl. dazu LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.10.2014
- L 11 R 4761/13 - und vom 24.2.2015-L 11 R 2016/13 - [...]). Als gewisses Unternehmerrisiko ist zu werten, dass die Beigeladene einen Vergütungsanspruch nur erlangte, wenn
es tatsächlich zu Behandlungen von Patienten kam. Den Ausfall der Vergütung bei Nichteinhalten eines Termins hatte sie zu
tragen.