Antrag auf Erlass einer auf die vorläufige Zahlung von Krankengeld gerichteten einstweiligen Anordnung; Prüfung der Erfolgsaussicht
in der Hauptsache
Krankengeld gehört nicht zu den existentiell bedeutsamen Leistungen der GKV. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ist deshalb
eine ledilgich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage ausreichend (st. Rspr. des Senats; vgl Beschlüsse vom 22. Dezember
2009, L 11 KR 5547/09 ER-B, 16. Oktober 2008, L 11 KR 4447/08 ER-B, veröffentlicht in Juris). Für den Erlass einer auf die (vorläufige) Zahlung von Krankengeld gerichtete einstweilige
Anordnung fehlt es an einem Anordnungsgrund, wenn der Versicherte (Antragsteller) seinen Lebensunterhalt durch Arbeitslosengeld
bzw eine Rentennachzahlung sicherstellen kann.
Im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ist den Gerichten in den Fällen, in denen es um existentiell bedeutsame Leistungen
der Krankenversicherung geht, eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage im einstweiligen Rechtsschutzverfahren
verwehrt. Sie haben unter diesen Voraussetzungen die Sach- und Rechtslage abschließend zu prüfen (hier verneint für den Antrag
auf Erlass einer auf die vorläufige Zahlung von Krankengeld gerichteten einstweiligen Anordnung). [Amtlich veröffentlichte
Entscheidung]
Gründe:
Die unter Beachtung der Vorschrift des §
173 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 14. Juli
2010 ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht (SG) hat es zu Recht abgelehnt, dem Antragsteller Krankengeld (Krg) im Wege einer einstweiligen Anordnung zuzusprechen.
Gemäß §
86b Abs
2 Satz 1
SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Absatzes 1 der Vorschrift vorliegt, eine einstweilige Anordnung
in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die
Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen
sind nach §
86b Abs
2 Satz 2
SGG auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung
zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die
- summarische - Prüfung der Erfolgsaussicht in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung.
Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen
Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§
86b Abs
2 Satz 4
SGG iVm §
920 Abs
2 Zivilprozessordnung -
ZPO).
Dabei begegnet es grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sich die Gerichte bei der Beurteilung der Sach-
und Rechtslage an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren (vgl BVerfG [Kammer], Beschluss vom 2. Mai 2005, 1 BvR 569/05, BVerfGK 5, 237, 242). Im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ist ihnen allerdings in den Fällen, in denen es um existentiell
bedeutsame Leistungen der Krankenversicherung für den Antragsteller geht, eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und
Rechtslage verwehrt. Sie haben unter diesen Voraussetzungen die Sach- und Rechtslage abschließend zu prüfen (vgl. BVerfG [Kammer],
Beschluss vom 29. Juli 2003, 2 BvR 311/03, BVerfGK 1, 292, 296; Beschluss vom 22. November 2002, 1 BvR 1586/02, NJW 2003, S 1236 f). Ist dem Gericht in einem solchen Fall eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren
nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (vgl BVerfG [Kammer], Beschluss vom 2. Mai 2005, aaO., mwN);
die grundrechtlichen Belange des Antragstellers sind umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend
und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl BVerfG [Kammer], Beschluss vom 22. November 2002, aaO., S 1237;
Beschluss vom 29. November 2007, 1 BvR 2496/07, NZS 2008, 365).
Der hier streitgegenständliche Anspruch auf Krg gehört nicht zu den existenziell bedeutsamen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung.
Dies folgt schon daraus, dass nicht jeder gesetzlich Krankenversicherte einen solchen Anspruch hat (vgl §
44 Abs
1 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch -
SGB V). Geboten und ausreichend ist damit eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage (st Rpsr des Senats, vgl
Beschlüsse vom 22. Dezember 2009, L 11 KR 5547/09 ER-B, und vom 16. Oktober 2008, L 11 KR 4447/08 ER-B, veröffentlicht in Juris).
Für den geltend gemachten Anspruch auf Zahlung von Krg ab dem 2. Juni 2010 fehlt es bereits an einem Anordnungsgrund. Denn
der Kläger erhält seit dem 3. Juni 2010 Arbeitslosengeld, weswegen die ihm mit Bescheid vom 22. Juni 2010 bewilligte Rente
wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht zur Auszahlung gelangt, und kann somit seinen Lebensunterhalt sicherstellen, zumal
er eine Rentennachzahlung von 6.982,60 € erhalten hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§
177 SGG).