keine Vertretungsbefugnis nach dem SGG für Rentenberater in Angelegenheiten der Pflegeversicherung
identische Auslegung nach dem RBerG und dem ab 01.08.2008 gültigen RDG
keine Verletzung der Berufsfreiheit gem. Art. 12 GG
Tatbestand:
Der Kläger begehrt, ihm Pflegegeld nach der Pflegestufe II auch für die Zeit vom 25. Mai 2007 bis 28. Februar 2009 zu zahlen.
Der am 1930 geborene Kläger, der versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten ist, leidet unter einer Stressinkontinenz
infolge einer im Jahr 1999 durchgeführten Prostatektomie, einem Schwindel mit Gangunsicherheit und einer coronaren Herzerkrankung
mit Belastungsminderung. Außerdem besteht bei ihm eine Seh- und Hörminderung, ein Restless legs Syndrom, ein Schlafapnoesyndrom,
eine Schwäche der linken Hand nach einem Schlaganfallereignis im Dezember 2006 und seit April 2009 eine erhebliche Bewegungseinschränkung
bei Verdacht auf Parkinson. Ab dem 01. Juni 2004 gewährte die Beklagte dem Kläger Pflegegeld nach Pflegestufe I. Der das Pflegegeld
gewährende Bescheid und die im Zusammenhang mit dem Antrag durch die Beklagte veranlassten Gutachten durch den Medizinischen
Dienst der Krankenversicherung (MDK), die vor dem am 09. August 2009 auf Veranlassung der Beklagten erstatteten Gutachten
der Pflegefachkraft R.-H., MDK, im Juli (Pflegestufe 0) und September 2004 (Pflegestufe I) erstattet wurden, befinden sich
nicht in der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte.
Unter dem 25. Mai 2007 beantragte der Kläger eine Höherstufung. Pflegefachkraft R.-H. nannte in ihrem Gutachten vom 09. August
2007 als pflegebegründende Diagnosen einen Zustand nach Prostatektomie bei Krebs 1999 mit seither bestehender Stressinkontinenz,
Schwindel mit Gangunsicherheit, coronare Herzerkrankung mit Belastungsminderung, Zustand nach Schlaganfall Dezember 2006 anamnestisch
ohne wesentliche Residuen, Seh- und Hörminderung, Restless legs-Syndrom und Schlafapnoesyndrom und schätzte den Zeitaufwand
für die Verrichtungen der Grundpflege auf 62 Minuten täglich (Körperpflege 37 Minuten, Mobilität 25 Minuten). Der Kläger habe
Mühe beim Aufstehen aus der niederen Sitzposition und bedürfe der Unterstützung. Das Gehen erfolge verzögert ohne Hilfsmittel.
Der Nackengriff sei knapp durchführbar, die Funktionstüchtigkeit der Hände beidseits alltagstauglich erhalten. Der Kläger
bedürfe der Hilfe beim Waschen und bei der Darm- und Blasenentleerung, beim An- und Auskleiden, Aufstehen und Zubettgehen,
beim Gehen und bei Transfers. Die ärztliche Versorgung erfolge durch Hausbesuche und durch - bei Bedarf in Begleitung - Praxisbesuche.
Die Beklagte lehnte den Höherstufungsantrag mit Bescheid vom 17. August 2007 ab. Hiergegen erhob der Kläger am 12. September
2007 Widerspruch. Bei der Begutachtung durch den MDK seien einige Aspekte nicht ausreichend oder gar nicht gewürdigt worden.
Der Zeitaufwand bei der Körperpflege (Ganzkörperwäsche, Teilwäsche des Unterkörpers, Duschen, Zahnprothesenpflege, Rasieren
und Wasserlassen) sowie bei der Mobilität (Aufstehen, Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung wegen Arztbesuchen [wenigstens
21 Minuten im Tagesdurchschnitt]) sei höher. Pflegefachkraft S., MDK, nannte in ihrem Gutachten nach Aktenlage vom 19. September
2007 als pflegebegründende Diagnosen eine Minderung der Belastbarkeit, Gang- und Standunsicherheit bei Schwindel, Stressinkontinenz
nach Prostatakrebsoperation und Schwäche der linken Hand nach Schlaganfallereignis. Sie schätzte den durchschnittlichen täglichen
grundpflegerischen Gesamthilfebedarf auf 95 Minuten (Körperpflege 55 Minuten, Mobilität 40 Minuten). Sie berücksichtigte aufgrund
der Kombination von eingeschränkter Belastbarkeit und Gang- und Standunsicherheit einen vermehrten Hilfebedarf im Bereich
der Körperpflege (Rasur und Zahnprothesenpflege, Pflege des Unterkörpers) und im Bereich der Mobilität. Der Pflegebedarf erreiche
dennoch nicht die Voraussetzungen der Pflegestufe II. Bei dem Kläger bestehe nur eine Teilinkontinenz, er könne bei der Mobilisation
mithelfen und habe bei erhaltener Funktionsfähigkeit der rechten Hand ein erhebliches Selbsthilfepotential. Die Begleitung
zum Hausarzt könne nicht anerkannt werden, da der Kläger nicht im Sinne des Pflegeleistungs-Ergänzungsgesetzes kognitiv eingeschränkt
sei. Mit Schreiben vom 10. Oktober 2007 übersandte die Beklagte dem Kläger dieses Gutachten, teilte mit, dass sie weiterhin
von Pflegestufe I ausgehe und bat um Mitteilung, ob der Widerspruch aufrecht erhalten werde oder als gegenstandslos betrachtet
werden könne. Sollte bis zum 07. November 2007 keine Nachricht des Klägers eingegangen sein, werde sie (die Beklagte) davon
ausgehen, dass ein formelles Widerspruchsverfahren nicht eingeleitet werden solle. Nachdem eine Äußerung des Klägers nicht
eingegangen war, teilte die Beklagte dem Kläger im Schreiben vom 12. November 2007 mit, dass sie davon ausgehe, ein formelles
Widerspruchsverfahren solle nicht eingeleitet werden, anderenfalls bitte sie um schriftliche oder telefonische Mitteilung.
Hierauf nahm die Ehefrau des Klägers ausweislich der Aktennotiz der Beklagten vom 14. November 2007 über ein Telefonat mit
der Ehefrau des Klägers am selben Tag den Widerspruch telefonisch zurück. Den am 19. November 2007 gestellten Höherstufungsantrag
nahm der Kläger, nachdem die Beklagte ihn unterrichtet hatte, dass sie den MDK mit der Erstellung eines neuen Gutachtens mit
Hausbesuch beauftragt habe, mit am 13. Dezember 2007 eingegangenem Schreiben vom 11. Dezember 2007 zurück. Die vom Kläger
am 08. Februar 2008 erhobene Untätigkeitsklage zum Sozialgericht Freiburg (SG) mit dem Antrag, die Beklagte zur Bescheidung seines Widerspruchs vom 12. September 2007 zu verurteilen, wies das SG mit Gerichtsbescheid vom 21. Januar 2009 ab (S 5 P 629/08). Mit der Rücknahme des zweiten Höherstufungsantrags sei das Begehren insgesamt erledigt gewesen. Die vom Kläger dagegen
eingelegte Berufung wies der Senat mit Urteil vom 12. Februar 2010 zurück (L 4 P 776/09). Der Senat ging davon aus, dass der Widerspruch am 14. November 2007 mündlich wirksam zurückgenommen, spätestens jedoch
zusammen mit dem erneuten Höherstufungsantrag zurückgenommen worden sei. Die Klage vom 08. Februar 2008 könne auch nicht als
erneuter Widerspruch angesehen werden, sie sei ausdrücklich auf Untätigkeit und Bescheidung des Widerspruchs vom 12. September
2007 gerichtet gewesen. Die hiergegen vom Kläger eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde verwarf das Bundessozialgericht (BSG) mit Beschluss vom 15. Juli 2010 als unzulässig (B 3 P 6/10 B).
Mit Schriftsatz vom 18. Februar 2009, bei der Beklagten eingegangen am 23. Februar 2009, stellte der Kläger einen weiteren
Höherstufungsantrag. Sein Gesundheitszustand habe sich seit der letzten Begutachtung außerordentlich und wesentlich verschlechtert.
Nachts werde ein Beatmungsgerät benötigt. Die Beklagte veranlasste hierauf eine weitere Begutachtung des Klägers durch Pflegefachkraft
S., die in ihrem Gutachten vom 20. April 2009 als pflegebegründende Diagnosen eine erhebliche Bewegungseinschränkung bei Verdacht
auf Parkinson-Syndrom, Harninkontinenz und körperliche Schwäche nannte und den Zeitaufwand für die Verrichtungen der Grundpflege
seit März 2009 auf 121 Minuten täglich (Körperpflege 78 Minuten, Ernährung acht Minuten, Mobilität 35 Minuten) schätzte. Seit
der letzten Begutachtung habe der Kläger in seinem Allgemeinzustand abgebaut und sei zunehmend depressiv geworden. Er könne
sich aus eigener Kraft nicht von einem normalen Sitzmöbel erheben, stehe mit gebeugten Knien und scheine regelrecht am Boden
zu kleben. Das Gangbild sei arrythmisch und sehr unsicher. Immer wieder komme es zu schüttelnden Tremorattacken der Hände,
Gegenstände würden ihm dann aus den Händen fallen. Wiederkehrend komme es auch zu heftigem Klopfen des Beines, das dann aktiv
von der Ehefrau unterdrückt werden müsse. Die Funktionsgriffe könnten im Sitzen knapp durchgeführt werden. Hierauf bewilligte
die Beklagte dem Kläger zum einen mit Bescheid vom 19. Mai 2009 Pflegegeld nach Pflegestufe I und zum anderen mit Bescheid
vom 20. Mai 2009 Pflegegeld nach der Pflegestufe II, jeweils ab 01. März 2009.
Der Kläger erhob mit Schreiben vom 25. und 26. Mai 2009, beide am 26. Mai 2009 bei der Beklagten eingegangen, jeweils Widerspruch
gegen die beiden Bescheide vom 19. und 20. Mai 2009. Er begehrte, das bewilligte (höhere) Pflegegeld mindestens ab dem Höherstufungsantrag
vom 25. Mai 2007 zu gewähren. Mit Blick auf die "Altbescheide" sei am 30. März 2009 ein Überprüfungsantrag gestellt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2010 hob der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Bescheid vom 19.
Mai 2009 insoweit auf, als er lediglich eine Zubilligung von Leistungen der Pflegestufe I enthalte, und wies den Widerspruch
gegen den Bescheid vom 20. Mai 2009 zurück. Zur Begründung mit Blick auf den Bescheid vom 20. Mai 2009 führte die Beklagte
aus, dass der Bescheid rechtmäßig sei, als er Leistungen der Pflegestufe II ab dem 01. März 2009 zubillige. Der MDK habe festgestellt,
dass die zeitlichen Voraussetzungen der Pflegestufe II mit 121 Minuten ab März 2009 erfüllt seien. Damit würden zu diesem
Zeitpunkt die notwendigen zeitlichen Voraussetzungen gerade erst knapp erfüllt. Schon aus diesem Gesichtspunkt habe eine weitere
Zubilligung von Leistungen der Pflegestufe II vor März 2009 nicht erfolgen können.
Mit Blick auf den zurückweisenden Teil des Widerspruchs erhob der Kläger am 05. Februar 2010 Klage zum SG mit dem Begehren "orientiert an dem wohl im Jahr 2007 gestellten Erhöhungsantrag" ihm Pflegegeld der Pflegestufe II zu zahlen.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Durch bestandkräftigen Bescheid sei dem Kläger über das Jahr 2007 hinaus die Pflegestufe
I zugebilligt worden. Der MDK habe in seinem Gutachten vom 20. April 2009 festgestellt, dass mit einem Hilfebedarf von 121
Minuten pro Tag im Bereich der Grundpflege die Voraussetzungen der Pflegestufe II erfüllt seien. In seinem Gutachten sei der
MDK davon ausgegangen, dass diese Voraussetzungen seit März 2009 erfüllt seien. Darüber hinausgehend lägen keine Feststellungen
vor, dass zu einem früheren Zeitpunkt die Voraussetzungen der Pflegestufe II, die mit 121 Minuten im März 2009 im untersten
Bereich gerade erfüllt gewesen seien, bereits erfüllt gewesen wären. Anhaltspunkte dafür, dass bereits zu einem früheren Zeitpunkt
Leistungen der Pflegestufe II hätten gewährt werden müssen, lägen nicht vor.
Mit Gerichtsbescheid vom 11. Juli 2011 wies das SG die Klage ab. Das erst im Widerspruchsverfahren geäußerte Zugunstenbegehren nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X - (vorher habe der Kläger eindeutig nur einen Neufeststellungsantrag nach § 48 SGB X verfolgt, dem die Beklagte in vollem Umfang stattgegeben habe), sei unbegründet, denn es spreche nichts dafür, dass die Beklagte
das Recht unrichtig angewandt hätte oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen wäre, als sie dem Kläger mit dem bindend
gewordenen Bescheid vom 17. August 2007 lediglich Leistungen nach Pflegestufe I bewilligt habe. Eine Rücknahme dieses Bescheides
nach § 44 Abs. 1 SGB X komme daher nicht in Betracht. Die früheren MDK-Gutachten seien nur zu einem Grundpflegebedarf von bis zu 60 Minuten am Tag
gelangt und damit weit entfernt von Pflegestufe II. Der Kläger selbst habe beim jetzigen Antrag vom März 2009 vorgetragen,
seither habe sich sein Gesundheitszustand außerordentlich und wesentlich verschlechtert. Damit sei kein Anhaltspunkt dafür
gegeben, den Hilfebedarf von jetzt (Frühjahr 2009) 121 Minuten am Tag, der gerade eben so Stufe II erreiche, in die Vergangenheit
hinein "zurückzuprojizieren".
Gegen den ihm am 15. Juli 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 11. August 2011 Berufung eingelegt. Der Höherstufungsantrag
im Mai 2007 wäre von ihm nicht gestellt worden, wenn nicht eine Substanz an dieser Sache dran wäre. Die Gutachten des MDK,
der keine neutrale Institution sondern Erfüllungsgehilfe der "Krankenkassen" sei, gehörten einer Überprüfung unterzogen. Bereits
am 19. September 2007, also fast zwei Jahre vor dem Zeitpunkt, ab dem jetzt erhöhtes Pflegegeld nach Pflegestufe II gezahlt
werden müsse, habe ein Grundpflegebedarf von 95 Minuten festgestellt werden können. Es sei daher überwiegend wahrscheinlich,
dass im Zeitraum zwischen Mai 2007 und der erhöht gezahlten Pflegestufe II ab März 2009 auf jeden Fall die Pflegestufe II
eingetreten sei. Parallel zum Höherstufungsantrag sei ein Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X gestellt worden. Das SG habe ihm gestützt auf das von Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin Dr. G. erstattete Gutachten vom 08. Juni 2011 mit
Gerichtsbescheid vom 11. Juni 2012 (S 1 SB 475/10) ab dem 04. März 2008 die Merkzeichen "H" (Hilflosigkeit) und "aG" (außergewöhnliche Gehbehinderung) zuerkannt. Auf Anforderung
des Senats hat der Kläger das von Dr. G. erstattete Gutachten vorgelegt. Dr. G. hat den Zeitaufwand für die Verrichtungen
der Grundpflege auf 147 Minuten täglich (Körperpflege 92 Minuten, Ernährung sechs Minuten, Mobilität 49 Minuten) geschätzt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 11. Juli 2011 und den Bescheid der Beklagten vom 20. Mai 2009 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Januar 2010 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm auch für die Zeit vom
25. Mai 2007 bis 28. Februar 2009 Pflegegeld nach der Pflegestufe II zu zahlen,
hilfsweise zur Frage, ab wann unter Berücksichtigung des Gutachtens des Dr. G. vom 08. Juni 2011 eine Pflegebedürftigkeit
anzunehmen ist, von Amts wegen ein Sachverständigengutachten bei Dr. G. einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Es sei nicht ersichtlich, dass für die Zeit in der Vergangenheit eine falsche Entscheidung getroffen worden sei. Auch das
Gutachten des MDK vom 19. September 2007 sei nur zu einem Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege von insgesamt 95 Minuten
pro Tag gekommen. Mit den fehlenden 25 Minuten liege noch eine erhebliche Differenz zu den mindestens erforderlichen 120 Minuten
pro Tag für die Zubilligung der Pflegestufe II vor. Wenn der MDK in seinem Gutachten vom 20. April 2009 dann einen Hilfebedarf
im Bereich der Grundpflege von insgesamt gerade einmal 121 Minuten pro Tag feststelle, so könne nicht ohne weiteres davon
ausgegangen werden, dass schon in der Zeit vor dem 01. März 2009 Leistungen der Pflegestufe II zugestanden hätten.
Der Senat hat vom SG den Gerichtsbescheid vom 11. Juni 2012 im Verfahren S 1 SB 475/10 beigezogen.
Beide Beteiligte haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte
der Beklagten und die Gerichtsakten in beiden Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach §§
153 Abs.
1,
124 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und auch
statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund des §
144 Abs.
1 SGG ist nicht gegeben. Denn der Kläger begehrt höhere Leistungen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (§
144 Abs.
1 Satz 2
SGG).
Gegenstand des Rechtstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 20. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.
Januar 2010. Mit diesem Bescheid hat die Beklagte auf den Höherstufungsantrag des Klägers vom 23. Februar 2009 dem Kläger
ab 01. März 2009 Pflegegeld der Pflegestufe II zugebilligt. Gegenstand des Rechtstreits ist - anders als vom SG angenommen - nicht der vom Kläger im Widerspruchsschreiben vom 26. Mai 2009 erwähnte Überprüfungsantrag vom 30. März 2009
bezogen auf die ablehnenden Bescheide aus 2007. Der Kläger hat damit auf ein parallel laufendes Überprüfungsverfahren hingewiesen
und im Widerspruchsschreiben auch ausdrücklich nur die Abänderung des Bescheids vom 20. Mai 2009 beantragt. Nur hierüber hat
auch der Widerspruchsausschuss der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2010 entschieden. Dies ergibt sich aus
den vorangestellten Verfügungssätzen. Etwas anderes lässt sich auch nicht der Begründung des Bescheids entnehmen. Die Begründung,
wonach die Beklagte bezugnehmend auf das Gutachten der Pflegefachkraft S. vom 20. April 2009 eine weitere Zubilligung von
Leistungen der Pflegestufe II vor März 2009 abgelehnt hat, lässt nicht darauf schließen, dass ein Überprüfungsverfahren gemäß
§ 44 SGB X durchgeführt wurde.
Die Klage des Klägers ihm auch für die Zeit vom 25. Mai 2007 bis 28. Februar 2009 Pflegegeld nach Pflegestufe II zu zahlen,
ist nicht begründet. Die Beklagte hat auf den Höherstufungsantrag des Klägers vom 18. Februar 2009 zu Recht mit Bescheid vom
20. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2010 dem Kläger ab 01. März 2009 Pflegegeld nach der
Pflegestufe II zugesprochen. Für die davorliegende Zeit hatte der Kläger keinen Anspruch auf Pflegegeld nach der Pflegestufe
II.
Gemäß § 48 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen
Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist die Änderung, soweit
der ursprüngliche Verwaltungsakt nach den nunmehr eingetretenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, so, wie er ergangen
ist, nicht mehr erlassen werden dürfte (BSG, Urteile vom 19. Februar 1986 - 7 RAr 55/84 - SozR 1300 § 48 Nr. 22 und 08. September 2010 - B 11 AL 4/09 R - in juris). Zu vergleichen sind nach § 48 Abs. 1 SGB X stets die zum Zeitpunkt der Aufhebung bzw. des Aufhebungstermins bestehenden tatsächlichen Verhältnisse mit jenen, die zum
Zeitpunkt der letzten Leistungsbewilligung, bei der die Anspruchsvoraussetzungen vollständig geprüft worden sind, vorhanden
gewesen sind (BSG, Urteil vom 07. Juli 2005 - B 3 P 8/04 R - SozR 4-1300 § 48 Nr. 6). Die letzte vollständige Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen und damit der maßgebliche Vergleichszeitpunkt
ist vorliegend die - mit nicht bekanntem Bescheid - ab 01. Juni 2004 erfolgte Bewilligung von Pflegegeld nach der Pflegestufe
I. Dieser Bewilligung lag das im Gutachten der Pflegefachkraft R.-H. vom 09. August 2009 erwähnte Gutachten vom September
2004 zugrunde. Dieses in den Verwaltungsakten der Beklagten nicht mehr vorhandene Gutachten ist damit das maßgebliche Vergleichsgutachten.
Einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung stellte hingegen nicht der nachfolgende Bescheid vom 17. August 2007 dar, denn hiermit
hat die Beklagte lediglich die vom Kläger begehrte Höherstufung abgelehnt. Damit hat die Beklagte die Anspruchsvoraussetzungen
der §§
14 und
15 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB XI) nicht vollständig neu geprüft und unabhängig von der Leistungsbewilligung im Jahr 2004 bejaht.
Nach §
37 Abs.
1 Satz 1
SGB XI können Pflegebedürftige anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Pflegebedürftig sind nach §
14 Abs.
1 SGB XI Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig
wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, die im Einzelnen in §
14 Abs.
4 SGB XI genannt sind, auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichem oder höherem Maß (§
15 SGB XI) der Hilfe bedürfen. Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) sind nach §
15 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren
Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen
Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson
benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen; hierbei müssen auf die
Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen (§
15 Abs.
3 Nr.
1 SGB XI). Pflegebedürftige der Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftige) sind nach §
15 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten
der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand,
den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen
der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe II
mindestens drei Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen (§
15 Abs.
3 Nr.
2 SGB XI). Die Grundpflege umfasst die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen aus den Bereichen der Körperpflege
(§
14 Abs.
4 Nr.
1 SGB XI), der Ernährung (§
14 Abs.
4 Nr.
2 SGB XI) und der Mobilität (§
14 Abs.
4 Nr.
3 SGB XI). Zur Grundpflege zählt ein Hilfebedarf im Bereich der Körperpflege beim Waschen, Duschen, Baden, der Zahnpflege, dem Kämmen,
Rasieren, der Darm- und Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung beim mundgerechten Zubereiten der Nahrung und der Aufnahme
der Nahrung sowie im Bereich der Mobilität beim selbstständigen Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, dem An- und Auskleiden, Gehen,
Stehen, Treppensteigen und dem Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung. Das Ausmaß des Pflegebedarfs ist nach einem objektiven
("abstrakten") Maßstab zu beurteilen. Denn §
14 SGB XI stellt allein auf den "Bedarf" an Pflege und nicht auf die unterschiedliche Art der Deckung dieses Bedarfs bzw. die tatsächlich
erbrachte Pflege ab (vgl. BSG, Urteil vom 21. Februar 2002 - B 3 P 12/01 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 19). Bei der Bestimmung des erforderlichen Zeitbedarfs für die Grundpflege sind als Orientierungswerte
die Zeitkorridore der Richtlinien der spitzenverbände der Pflegekassen zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem
SGB XI (Begutachtungs-Richtlinien) zu berücksichtigen. Diese Zeitwerte sind zwar keine verbindlichen Vorgaben; es handelt sich jedoch
um Zeitkorridore mit Leitfunktion (Abschnitt F Nr. 1 der Begutachtungs-Richtlinien; vgl. dazu BSG, Urteil vom 22. Juli 2004 - B 3 P 6/03 R - SozR 4-3300 § 23 Nr. 3 m.w.N.). Dabei beruhen die Zeitkorridore auf der vollständigen Übernahme der Verrichtungen durch
eine Laienpflegekraft. Die Zeiten für den Hilfebedarf bei den einzelnen Verrichtungen beruhen regelmäßig auf Schätzungen,
denen eine gewisse und auf wenige Minuten beschränkte Unschärfe nicht abgesprochen werden kann und die dennoch hinzunehmen
sind (vgl. BSG, Urteil vom 10. März 2010 - B 3 P 10/08 R - SozR 4-3300 § 15 Nr. 4).
Seit dem Jahr 2004 hat sich der tägliche Hilfebedarf für die Verrichtungen der Grundpflege beim Kläger insoweit verändert,
dass sich dieser erhöht hat und ab März 2009 ein solcher von mindestens 120 Minuten täglich besteht. Dies ergibt sich aus
dem Gutachten der Pflegefachkraft S. vom 20. April 2009 und ist im vorliegenden Verfahren nicht streitig.
Bei dem Kläger besteht eine erhebliche Bewegungseinschränkung bei Verdacht auf Parkinson-Syndrom, Harninkontinenz und eine
körperliche Schwäche. Er ist nicht mehr in der Lage, sich aus eigener Kraft von einem normalen Sitzmöbel zu erheben und steht
mit gebeugten Knien. Sein Gangbild ist arrhythmisch und sehr unsicher. Immer wieder kommt es zu schüttelnden Tremorattacken
der Hände und wiederkehrend zu heftigem Klopfen des Beines. Dies ergibt sich aus dem von Pflegefachkraft S. erstatteten Gutachten
vom 20. April 2009 und findet eine Bestätigung im Gutachten des Dr. G. vom 08. Juni 2011. Unter Berücksichtigung dieser beim
Kläger bestehenden Einschränkungen hält der Senat die Schätzung des Zeitaufwands für die Verrichtungen der Grundpflege auf
insgesamt 121 Minuten durch die Gutachterin S. für schlüssig und plausibel. Durch die Einschätzung des Dr. G., wonach sich
der Pflegebedarf auf 147 Minuten belaufe, wird diese Einschätzung nicht widerlegt. Abgesehen davon, dass den Schätzungen -
wie ausgeführt - eine gewisse Unschärfe nicht abgesprochen werden kann, diese jedoch hinzunehmen ist, darf insoweit nicht
außeracht gelassen werden, dass Dr. G. den Kläger nahezu zwei Jahre später (Pflegefachkraft S. am 15. April 2009, Dr. G. am
03. Februar 2011) begutachtete. Im Übrigen folgt aber auch aus einem Pflegebedarf von 147 Minuten weiterhin die Pflegestufe
II. Ein nicht verrichtungsbezogener Aufsichtsbedarf ("allgemeiner Aufsichtsbedarf- und Betreuungsbedarf") wegen einer Sturzgefahr
muss bei der Ermittlung des Pflegebedarfs außer Ansatz bleiben, da nur die bei den Katalogverrichtungen anfallenden notwendigen
Hilfeleistungen berücksichtigungsfähig sind (BSG, Urteil vom 26. November 1998 - B 3 P 13/97 R - SozR 3-3300 § 14 Nr. 8). Ein Hilfebedarf im Zusammenhang mit Arztbesuchen fällt, wobei dahingestellt bleiben kann, ob solche
wöchentlich stattfinden, nicht an, da ausweislich des Gutachtens vom 20. April 2009 Hausbesuche durchgeführt werden.
Dieser Hilfebedarf besteht jedoch erst ab März 2009. Dies wird zum einen dadurch bestätigt, dass der Antrag des Klägers vom
18. Februar 2009 auch nach dem Vorbringen des Klägers deshalb gestellt wurde, weil sich der Gesundheitszustand seit der letzten
Begutachtung außerordentlich und wesentlich verschlechtert habe. Insoweit war durch Pflegefachkraft S. auch ein Vergleich
möglich, da sie auch das Vorgutachten vom 19. September 2007 erstattet hat und in ihrem Gutachten vom 20. April 2009 nunmehr
ausführt, dass der Kläger seit der letzten Begutachtung in seinem Allgemeinzustand abgebaut habe und zunehmend depressiv geworden
sei. Anhaltspunkte dafür, dass sich der Hilfebedarf vor März 2009 auf Dauer voraussichtlich für mindestens sechs Monate in
erheblichem oder höherem Maß (§
14 Abs.
1 SGB XI) erhöht hat, gibt es nicht. Allein das Auftreten einer akuten Erkrankung (Jahr 2007 Operationen an den Augen, an der Galle
und drei Mal wegen eines Leisten- und Nabelbruchs) vermag keine Grundlage zu sein, einen (höheren) Hilfebedarf auf Dauer festzustellen.
Etwas anderes lässt sich insoweit auch nicht auf das von Pflegefachkraft S. am 19. September 2007 erstattete Gutachten stützen,
denn in diesem Gutachten wurde der Grundpflegebedarf des Klägers noch auf 95 Minuten täglich geschätzt und war damit noch
deutlich von der für die Pflegestufe II erforderlichen Zeit von 120 Minuten entfernt. Auch geht aus dem Gutachten von Pflegefachkraft
S. vom 19. September 2007 nicht hervor, dass eine schlechte Prognose bestehe. Es wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass
ein Termin für eine Wiederholungsbegutachtung nicht erforderlich sei. Des Weiteren nahm der Kläger den von ihm am 19. November
2007 gestellten Höherstufungsantrag nach Anmeldung eines Hausbesuchs durch die Gutachterin des MDK zurück, so dass auch hierauf
keine Erkenntnisse mit Blick auf eine Verschlechterung gestützt werden können; die Rücknahme des Antrags lässt vielmehr darauf
schließen, dass die Voraussetzungen für die Pflegestufe II noch nicht erreicht waren. Im Übrigen hat der Kläger weder im Widerspruchsverfahren
noch im gerichtlichen Verfahren näher dargelegt, inwiefern und wann sich sein Gesundheitszustand bereits vor März 2009 verschlechtert
haben soll und ab März 2009 wurde der für die Pflegestufe II erforderliche Hilfebedarf auch erst um eine Minute überschritten.
Auch aus dem von Dr. G. erstatteten Gutachten lässt sich nicht auf eine vor März 2009 erfolgte Verschlechterung dergestalt,
dass schon früher ein Hilfebedarf der Pflegestufe II erforderlich gewesen wäre, schließen. Dr. G. beschreibt den bei der am
03. Februar 2011 erfolgten Untersuchung erforderlichen Hilfebedarf, Rückschlüsse auf die Zeit vor März 2009 können daraus
nicht gezogen werden. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch darauf, dass Dr. G. die Gehfähigkeit des Klägers nur als
mittelgradig eingeschränkt beurteilt. Das Gehen sei dem Kläger mit Rollator und Unterstützung durch eine Pflegeperson möglich.
Die Bewegungs- und Gebrauchsfähigkeit der oberen Extremitäten sei wegen verminderter grober Kraft nur gering eingeschränkt.
Die Folgen des Schlaganfalls, insbesondere die Parese des rechten Arms und die Sprachstörungen, hätten sich gut zurückgebildet.
Diese Feststellungen des Dr. G. bestätigen insbesondere die Feststellungen der Pflegefachkraft S. in ihrem Gutachten vom 19.
September 2007, der Kläger habe bei erhaltener Funktionsfähigkeit der rechten Hand noch ein erhebliches Selbsthilfepotenzial.
Jedenfalls für die Zeit vor März 2009 lässt sich deshalb keine erhebliche Funktionseinschränkung der oberen Extremitäten festzustellen.
Ob sich dies danach geändert hat - Pflegefachkraft S. nannte im Gutachten vom 20. April 2009 Tremorattacken der Hände, während
Dr. G. in seinem Gutachten vom 08. Juni 2011 nur von einer gering eingeschränkten Bewegungs-und Gebrauchsfähigkeit der oberen
Extremitäten wegen verminderter grober Kraft ausging -, kann offenbleiben.
Bei dieser Sachlage war eine weitere Beweiserhebung von Amts wegen, insbesondere Einholung eines Gutachtens von Amts wegen
bei Dr. G., nicht notwendig. Der Sachverhalt ist mit dem Gutachten der Pflegefachkraft S., das der Senat für überzeugend hält,
auch unter Berücksichtigung des von Dr. G. im Verfahren S 1 SB 475/10 erstatteten Gutachtens geklärt. Die im Jahr 2007 aufgetretenen akuten Erkrankungen, die Krankenhausaufenthalte erforderlich
machten, hatte der Kläger im Höherstufungsantrag vom 06. März 2009 genannt. Sie waren bei den Begutachtungen bekannt. Der
Verwertung der von Pflegekassen erhobenen Gutachten im gerichtlichen Verfahren steht nicht entgegen, dass diese vom MDK erstattet
worden sind. Die Pflegekassen müssen vor ihrer Entscheidung zwingend eine Prüfung durch den MDK durchführen lassen (§
18 Abs.
1 SGB XI). Der MDK ist - dies verkennt der Kläger - nicht in die Verwaltungsorganisation der Pflegekassen eingebunden, sondern institutionell
von diesen getrennt. Es handelt sich auf Länderebene jeweils um eigenständige Körperschaften des öffentlichen Rechts (§
278 Abs.
1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch -
SGB V -). Um auch den Anschein eines Weisungsverhältnisses zwischen Kranken- oder Pflegekassen und den Ärzten des MDK auszuschließen,
stellt §
275 Abs.
5 SGB V ausdrücklich klar, dass die Ärzte des MDK bei der Wahrnehmung ihrer medizinischen Aufgaben nur ihrem ärztlichen Gewissen
unterworfen sind (vgl. BSG, Urteil vom 14. Dezember 2000 - B 3 P 5/00 R - SozR 3-3300 § 15 Nr. 11).
Unabhängig von der Beurteilung des Hilfebedarfs des Klägers hätte der Kläger aufgrund der Antragstellung im Februar 2009 aber
auch allenfalls für die Zeit ab Februar 2009 Anspruch auf Pflegegeld nach der Pflegestufe II. Nach §
33 Abs.
1 SGB XI erhalten Versicherte die Leistungen der Pflegeversicherung auf Antrag. Die Leistungen werden ab Antragstellung gewährt, frühestens
jedoch von dem Zeitpunkt an, in dem die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Wird der Antrag später als einen Monat nach Eintritt
der Pflegebedürftigkeit gestellt, werden die Leistungen vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt. Die Behauptung des
Klägers unterstellt, sein Pflegebedarf habe sich bereits ab Mai 2007 erhöht, würde das Pflegegeld nach der Pflegestufe II
damit erst ab 01. Februar 2009 gezahlt werden.
Einem Anspruch auf Pflegegeld ab 01. Februar 2009 stünde jedoch entgegen, dass der frühere Erhöhungsantrag vom 25. Mai 2007
bestandskräftig abgelehnt ist (Bescheid vom 17. August 2007). Ob der Kläger insoweit einen Antrag nach § 44 SGB X gestellt und die Beklagte - so das SG - über diesen auch bereits ablehnend entschieden haben sollte, kann der Senat indessen offenlassen. Denn auch dann ergäbe
sich für den Monat Februar 2009 nichts anderes. Denn der Kläger würde mit seinem Begehren auf Rücknahme des Bescheids vom
17. August 2007 nicht durchzudringen vermögen. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit
sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsakts das Recht zu Unrecht angewandt oder von einem Sachverhalt
ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder
Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Die Beklagte ist bei Erlass des Bescheids vom 17. August 2007 nicht von einem unrichtigen
Sachverhalt ausgegangen. Denn für die Zeit vor dem 01. März 2009 lagen - wie ausgeführt - die Voraussetzungen für die Pflegestufe
II noch nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.