Vergütung einer vorstationären Krankenhausbehandlung in der gesetzlichen Krankenversicherung
Auslegung des Begriffs der Erstuntersuchung
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Vergütung des Krankenhausaufenthalts eines bei der Beklagten gesetzlich Versicherten.
Die Klägerin ist Trägerin eines gemäß §
108 Nr. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) zur Versorgung gesetzlich Versicherter zugelassenen Krankenhauses.
Am 22.03.2009 wurde der 1938 geborene, bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte K. K. (im Folgenden: Versicherter)
vom ärztlichen Notfalldienst N. ins Krankenhaus eingewiesen. Der ärztliche Notfalldienst hatte folgende Diagnosen gestellt:
Apoplex, betont linksseitig, differenzialdiagnostisch hypertensive Krise. Auf dem Einweisungsschein ist zum Untersuchungsergebnis
angegeben: "geschwollene Beine, beidseitig, diskret, schwache, träge Lichtreaktion der Pupillen, Pulmo beidseitig auskul.
unauffällig; Puls 90 regelmäßig, leicht verwaschene Sprache; RR 210/110, nach 2 Hub Nitro RR 160/100, grobe Kraft OE + UE (obere und untere Extremitäten) links gemindert, Gleichgewichtsstörung". Dem Versicherten wurden vom
ärztlichen Notfalldienst neben der Anwendung von Nitro-Spray 1000 ml Ringerlösung intravenös verabreicht.
Am 22.03.2009 um 12.45 Uhr wurde der Versicherte in das Krankenhaus der Klägerin aufgenommen. Um 12.57 Uhr wurden Laborwerte
erhoben. Danach wurde eine Computertomographie des Schädels durchgeführt. Diese ergab eine Hirnmassenblutung von 6 x 3,5 x
4 cm Ausdehnung an untypischer Stelle, als deren Ursache der Verdacht auf einen Tumor, eine Metastase oder eine Gefäßfehlbildung
geäußert wurde. Gegen 13.00 Uhr wurde der Versicherte auf die Intensivstation M17 verlegt. Dort wurden die Vitalwerte (Blutdruck,
Puls, Sauerstoffsättigung) und die Urinausscheidung überwacht. Außerdem wurde dem Versicherten über den liegenden Zugang eine
physiologische Kochsalzlösung infundiert. Die Ärzte des Krankenhauses der Klägerin hielten - unter Übermittlung der CT-Aufnahmen
vom Schädel des Versicherten per Internet - Rücksprache mit Ärzten der Neurochirurgischen Klinik des Klinikum W.. Diese ergab,
dass ein operativer Eingriff nicht indiziert war. Um 16.00 Uhr wurde der Versicherte vom Krankenhaus der Klägerin in die Neurologische
Klinik des Klinikum am We., Wei., verlegt.
Mit Schlussrechnung vom 02.04.2009 rechnete die Klägerin gegenüber der Beklagten für die stationäre Behandlung des Versicherten
am 22.03.2009 auf der Grundlage der Fallpauschale für die Diagnosis-Related-Group (DRG) B70 (Apoplexie, ein Behandlungstag)
einen Gesamtbetrag i.H.v. 882,78 € ab. Die Beklagte beglich die Rechnung zunächst, beauftragte aber den Medizinischen Dienst
der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) mit der Erstellung eines Gutachtens. Im MDK-Gutachten vom 27.08.2009 führte
Dr. G. aus, die Krankenhausbehandlung des Versicherten sei wegen dessen Zustands notwendig gewesen. Unter Berücksichtigung
der Vorgaben des für Baden-Württemberg maßgeblichen Vertrags nach §
112 Abs.
2 Satz 1 Nr.
1 SGB V - Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung - (im Folgenden nur: Landesvertrag) - habe es sich um eine Eingangsuntersuchung
mit Verlegung in eine spezialisierte Abteilung gehandelt.
Die Klägerin erhob Widerspruch. Sie trug unter Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 28.02.2007 (- B 3 KR 17/06 R -, in [...]) vor, der Versicherte sei nach der Erstuntersuchung in der Liegendaufnahme ihres Krankenhauses auf die Intensivstation
verlegt worden. Nach der Rechtsprechung des BSG sei der Aufenthalt des Patienten auf der Intensivstation die nachhaltigste Form der Einbindung in den Krankenhausbetrieb;
er stelle den Prototyp einer stationären Behandlung dar.
Die Beklagte beauftragte den MDK mit der Erstellung eines weiteren Gutachtens. Im MDK-Gutachten vom 27.10.2012 führte Dr.
P. aus, die von der Klägerin angeführte Rechtsprechung des BSG sei nicht einschlägig; ihr stünden die landesvertraglichen Regelungen entgegen. Beim Versicherten habe die Aufnahmeuntersuchung
zur Festlegung der erforderlichen Fachabteilung für die weitere medizinisch notwendige Behandlung stattgefunden. Diese Krankenhausleistung
sei nach Maßgabe der Regelungen des Landesvertrags prästationär abzurechnen.
Am 13.03.2013 verrechnete die Beklagte einen Betrag i.H.v. 778,48 € mit einer anderen noch offenen Rechnung der Klägerin.
Am 22.05.2013 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG). Sie trug vor, nach der Rechtsprechung des BSG müsse bei Aufnahme des Versicherten in das Krankenhaus ein Krankheitszustand vorliegen, der die Verwendung der besonderen
Mittel des Krankenhauses notwendig mache. Die Beurteilung richte sich allein nach medizinischen Erfordernissen. Ausschlaggebend
sei die geplante und nicht die tatsächliche Aufenthaltsdauer des Versicherten (BSG, Urteil vom 04.03.2004, - B 3 KR 4/03 R -, in [...]). So habe das BSG für die Abgrenzung stationärer von ambulanten oder anderen stationsersetzenden Eingriffen in erster Linie auf die geplante
Aufenthaltsdauer abgestellt (vgl. auch Urteil vom 28.02.2007, - B 3 KR 17/06 R -, in [...]). Vollstationäre Behandlung liege danach vor, wenn ein zeitlich durchgehender Aufenthalt für mindestens einen
Tag und eine Nacht geplant sei. Dann sei eine physische und organisatorische Eingliederung des Versicherten in das spezifische
Versorgungssystem des Krankenhauses anzunehmen. Sei nach dem Behandlungsplan vorgesehen, dass der Versicherte über Nacht im
Krankenhaus bleiben solle, liege auch bei vorzeitigem Abbruch des Krankenhausaufenthalts eine stationäre Behandlung vor. Für
die Annahme einer stationären Behandlung sei notwendig, dass die für eine Krankenhausbehandlung typische intensive, aktive
und fortdauernde ärztliche Betreuung und Pflege mit Hilfe jederzeit verfügbaren Pflege-, Funktions- und medizinisch-technischen
Personals vorgelegen habe. § 5 des Landesvertrags sehe vor, dass die Erstuntersuchung des Versicherten Teil der jeweiligen
Art der Krankenhausbehandlung sei. Die Vergütung der Erstuntersuchung richte sich nach den dafür maßgeblichen Vergütungsregelungen.
Werde bei der Erstuntersuchung festgestellt, dass keine Krankenhausbehandlung erforderlich sei oder die Behandlung in einem
anderen Krankenhaus durchgeführt werden müsse (Verweisungsfall), richte sich die Vergütung der Erstuntersuchung nach der Vereinbarung
über die vorstationäre Krankenhausbehandlung gemäß §
115a Abs.
3 Satz 1
SGB V; abzurechnen sei dann eine Pauschale für vorstationäre Leistungen. Hier seien im Rahmen der intensivmedizinischen Aufnahme
des Versicherten aber ein Ruhe-EKG und ein CT durchgeführt worden, das eine Hirnmassenblutung gezeigt habe. Da nach Rücksprache
mit den Neurochirurgen des Klinikum Würzburg eine operative Intervention nicht indiziert gewesen sei, habe man den Versicherten
in die Neurologische Klinik des Klinikum am We., Wei., verlegt. Die in ihrem Krankenhaus durchgeführten Untersuchungen des
Versicherten hätten den Aufwand einer Erstanamnese deutlich überschritten. Nach § 6 des (beispielhaft angeführten) Landesvertrags
für das Land Sachsen sei unter Aufnahme-/Erstuntersuchung die Feststellung der Notwendigkeit und Art der Krankenhausbehandlung
vor der Aufnahme des Versicherten durch unverzügliche eingehende Untersuchung - auch bei Notfällen - unter Beachtung der Grundsätze
des §
39 SGB V zu verstehen. Die in ihrem Krankenhaus erbrachten Untersuchungsleistungen hätten die Notwendigkeit der stationären Krankenhausbehandlung
des Versicherten bestätigt. Die (eigentliche) Erstuntersuchung des Versicherten sei (zuvor) vom ärztlichen Notfalldienst vorgenommen
worden. Dieser habe auch therapeutische Maßnahmen eingeleitet, so dass über die Erstuntersuchung des Versicherten hinaus eine
Therapie stattgefunden habe. Das sodann in ihrem Krankenhaus angefertigte EKG und die CT-Untersuchung des Schädels gehörten
nicht zu einer üblichen Erstuntersuchung. Es seien damit weitergehende diagnostische Maßnahmen vorgenommen worden. Gerade
bei der Aufnahme eines neurologischen Notfalls könne eine Eingliederung des Versicherten in das spezifische Versorgungssystem
des Krankenhauses angenommen werden. Bei der vom ärztlichen Notfalldienst gestellten Diagnose (Apoplex, betont linksseitig;
DD hypertensive Krise mit Enzephalogie) habe die Notwendigkeit für eine intensive und fortdauernde ärztliche Betreuung und
Pflege des Versicherten mit Hilfe jederzeit verfügbaren Personals im Krankenhaus bestanden; die stationäre Behandlung sei
in jedem Fall angezeigt gewesen. Die Ärzte ihres Krankenhauses hätten keine Erstuntersuchung im Sinne des Landesvertrags durchgeführt,
den Versicherten vielmehr stationär (weiter-)behandelt. Auf eine Weiterbehandlung dieser Art sei der Landesvertrag nicht anzuwenden
(vgl. auch SG Dresden, Urteil vom 24.02.2005, - S 18 KR 180/02 -, in [...]). Mit der Behandlung des Versicherten auf der Intensivstation ihres Krankenhauses sei das Stadium der Krankenhausaufnahme
bereits weit überschritten gewesen, so dass § 6 Landesvertrag, wonach Notwendigkeit und Art der Krankenhausbehandlung vor
der Aufnahme festgestellt werden müssten, nicht mehr einschlägig sei. Die Notwendigkeit der Verlegung des Versicherten in
ein anderes Krankenhaus habe sich nicht bei der Erstuntersuchung, sondern erst zu einem Zeitpunkt gezeigt, als der Versicherte
bereits in die Intensivstation nach durchgeführten diagnostischen Maßnahmen eingegliedert gewesen sei.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie trug vor, nach § 5 Landesvertrag würden die Krankenhausleistungen über die vorstationären
Pauschalen vergütet, wenn bei einer Erstuntersuchung festgestellt werde, dass die Behandlung des Versicherten in einem anderen
Krankenhaus durchzuführen sei. Dass die Untersuchungsleistungen des Krankenhauses der Klägerin den Aufwand einer Erstuntersuchung
überschritten hätten, sei unerheblich. Für solche Fälle könne zusätzlich eine Großgerätepauschale (festgelegt <ebenfalls>
in der Gemeinsamen Empfehlung über die Vergütung für vor- und nachstationäre Behandlung nach §
115a SGB V) abgerechnet werden.
Die Klägerin trug abschließend vor, die Großgerätepauschale erfasse die intensivmedizinische Behandlung nicht. Diese habe
aber gerade den über die übliche Erstuntersuchung hinausgehenden Mehraufwand begründet.
Das SG erhob das Gutachten (nach Aktenlage) des Chirurgen und Sozialmediziners Dr. S. vom 28.05.2014. Der Gutachter führte aus,
das hier vorliegende - ihm seit langem gut bekannte - Problem betreffe keine medizinische Frage, sondern eine Rechtsfrage.
Beim Versicherten habe aufgrund der Erhebungen des ärztlichen Notfalldienstes der hochgradige Verdacht auf einen frischen
Schlaganfall bestanden. Der bei der klinisch-neurologischen Untersuchung im Krankenhaus der Klägerin aufgefallene, akut aufgetretene
Hemineglect nach links sei praktisch bereits beweisend hierfür gewesen. Die anschließend durchgeführte CT-Untersuchung des
Schädels habe sodann eine Massenblutung im Gehirn gezeigt. Aus der vorliegenden Verordnung für die Krankenhausbehandlung lasse
sich entnehmen, dass der ärztliche Notfalldienst diagnostisch eine klinische Untersuchung durchgeführt, Blutdruck und Puls
gemessen und die Lunge abgehört habe. Therapeutisch seien bei erhöhtem Blutdruck ein Nitro-Spray verabreicht, ein venöser
Zugang gelegt und darüber hinaus Flüssigkeit (Ringerlösung) gegeben worden. Im Krankenhaus der Klägerin habe man den Versicherten
in der Aufnahme klinisch-neurologisch untersucht und Laborwerte erhoben. Außerdem sei ein Ruhe-EKG angefertigt und eine CT-Untersuchung
des Schädels durchgeführt worden und man habe den Versicherten bis zur Verlegung auf der Intensivstation überwacht. Ob die
im Krankenhaus der Klägerin durchgeführten Maßnahmen nach Art und Umfang einer üblichen Erstuntersuchung entsprächen, könne
er nicht beantworten, da dieser Rechtsbegriff in § 5 Landesvertrag nicht definiert sei. Mit einer Erstanamnese werde die Erstuntersuchung
aber nicht gleichzusetzen sein, da die Anamnese nur die Krankenbefragung und keine Untersuchung darstelle. Die Untersuchung
des Versicherten zur Stellung einer Diagnose, die sich dann im Krankenhaus der Klägerin als nicht behandelbar erwiesen habe,
habe zweifellos auch ein EKG und ein CT umfasst. Die Frage, ob es sich dabei um eine Erstuntersuchung im Sinne des Landesvertrags
gehandelt habe oder nicht, könne er als medizinischer Sachverständiger nicht beantworten.
Die Klägerin trug hierzu vor, der Landesvertrag definiere den Begriff der Erstuntersuchung nicht. Die beim Versicherten durchgeführten
Maßnahmen seien bereits über eine "Untersuchung" weit hinausgegangen. Dafür spreche vor allem die Aufnahme des Versicherten
in die Intensivstation. Schon die dort vorgenommene Überwachung des Versicherten überschreite weit das Maß einer Erstuntersuchung.
Man habe Laborwerte erhoben, ein Ruhe-EKG angefertigt und eine CT-Untersuchung des Schädels durchgeführt. Außerdem sei der
Versicherte intravenös mit 1000 ml Kochsalzlösung und mit Ebrantil versorgt worden. Das stelle eine Behandlung auf der Intensivstation
dar und damit die nachhaltigste Form der Eingliederung eines Versicherten in den Krankenhausbetrieb. Es habe daher eine stationäre
Behandlung stattgefunden, bei der unabhängig von der Behandlungsdauer weder eine vorstationäre, noch eine teilstationäre oder
ambulante Abrechnung in Betracht komme. Es könne nicht angehen, eine letztendlich vollstationäre Krankenhausbehandlung wie
eine vorstationäre Behandlung zu vergüten. Dass für den Versicherten eine stationäre Krankenhausbehandlung notwendig gewesen
sei, sei unstreitig. Diese Krankenhausbehandlung habe man in ihrem Krankenhaus im Anschluss an die Diagnostik bis zur Verlegung
des Versicherten auf die Intensivstation durchgeführt. Da eine vollstationäre Behandlung nach §
39 SGB V erbracht worden sei, komme die Abrechnung nach §
5 Landesvertrag nicht mehr in Betracht. Landesvertragliche Regelungen könnten Gesetzesvorschriften nicht verdrängen.
Die Beklagte trug vor, der Regelung in § 5 Landesvertrag könne der Wille der Vertragspartner entnommen werden, dass eine Erstuntersuchung
gerade in den Fällen vorliegen solle, in denen keine Krankenhausbehandlung erforderlich oder die Behandlung in einem anderen
Krankenhaus durchzuführen sei. Andere Landesverträge enthielten insoweit klarere Regelungen; auf die entsprechenden Vorschriften
in den Landesverträgen Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz sei verwiesen.
Am 14.04.2015 fand eine Erörterungsverhandlung des SG statt. Die Beteiligten erklärten, eine vergleichsweise Regelung komme (angesichts der grundsätzlichen Bedeutung der streitigen
Rechtsfrage) nicht in Betracht.
Mit Gerichtsbescheid vom 11.05.2015 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zahlung weiterer 778,48 € für die Aufnahme
des Versicherten am 22.03.2009 in ihr Krankenhaus. Dort sei der Versicherte nicht behandelt, vielmehr sei lediglich eine Erstuntersuchung
durchgeführt worden, für die nur die prästationäre Pauschale abgerechnet werden könne. Das ergebe sich aus dem Geschehensablauf,
den Dr. S. in seinem Gutachten dargestellt habe. Der Versicherte sei zwar unmittelbar nach der Aufnahme in das Krankenhaus
der Klägerin auf die Intensivstation verlegt worden, was grundsätzlich dafür spreche, dass eine über die Erstuntersuchung
hinausgehende Behandlung stattgefunden habe. Ausschlaggebend sei jedoch, dass der Versicherte auch auf der Intensivstation
nicht wirklich behandelt worden sei. Vielmehr habe man Untersuchungen zur Diagnosestellung durchgeführt und dem Versicherten
im Übrigen lediglich Ringerlösung intravenös verabreicht. Vor der Verlegung auf die Intensivstation seien Laborwerte erhoben
worden, Außerdem sei ein CT des Schädels angefertigt worden. Das habe der Diagnostik gedient. Auf der Intensivstation seien
lediglich die Vitalwerte überwacht worden, weshalb von einer Behandlung des Versicherten nicht ausgegangen werden könne. Bei
dieser Sachlage sei die Vorschrift in § 3 Abs. 1 Nr. 2 Landesvertrag anzuwenden. Im Krankenhaus der Klägerin sei durch die
Erstuntersuchung festgestellt worden, dass die Behandlung des Versicherten in einem anderen Krankenhaus (hier im Klinikum
am We., Wei.) durchgeführt werden müsse. Der Umstand, dass der Versicherte aufgrund der Schwere seiner Krankheit bis zur tatsächlichen
Verlegung in das andere Krankenhaus auf der Intensivstation des Krankenhauses der Klägerin überwacht worden sei, rechtfertige
nicht die Annahme einer entsprechend zu vergütenden Krankenhausbehandlung. Die Beklagte habe daher zu Recht lediglich die
vorstationäre Pauschale i.H.v. 104,30 € angesetzt.
Gegen das ihr am 15.05.2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11.06.2015 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt
und bekräftigt sie ihr bisheriges Vorbringen. Dr. S. habe eine unabdingbar notwendige Überwachung des Versicherten auf der
Intensivstation bei jederzeit möglichen lebensbedrohlichen Komplikationen angenommen. Allein diese Überwachung gehe über das
Ausmaß einer Erstuntersuchung weit hinaus. Beim Versicherten habe eine stationäre Behandlung stattgefunden. Mit der Gabe von
Medikamenten und der Durchführung äußerst aufwändiger diagnostischer Maßnahmen seien Maßnahmen ergriffen worden, die den Rahmen
der Erstuntersuchung sprengten. Entgegen der Auffassung des SG sei der Versicherte auf der Intensivstation behandelt worden; man habe ihm das Medikament Ebrantil, ein Arzneimittel zur
Blutdrucksenkung in der Akutphase des Schlaganfalls, verabreicht. Neben diagnostischen Maßnahmen seien in ihrem Krankenhaus
daher auch therapeutische Behandlungsmaßnahmen vorgenommen worden. Die Abrechnungsbestimmungen in Landesverträgen seien streng
wortlautbezogen auszulegen. Vom Wortverständnis her könne eine "Erstuntersuchung" nicht mehr vorliegen, wenn das Krankenhaus
die Behandlung einer akuten und lebensbedrohenden Erkrankung durchführe. Im Fall des Versicherten seien bereits "ersttherapeutische"
Schritte eingeleitet worden; eine bloße "Erstuntersuchung" habe nicht mehr vorgelegen. Die Erstuntersuchung habe bereits der
ärztliche Notfalldienst vorgenommen. Dieser habe zudem ebenfalls bereits therapeutische Maßnahmen - durch Verabreichung von
Ringerlösung - eingeleitet. Überwachungsmaßnahmen auf der Intensivstation eines Krankenhauses verursachten ungleich höheren
Aufwand als eine Erstuntersuchung.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 11.05.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie (die Klägerin)
778,48 € nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 13.03.2013 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Dr. S. habe nicht festgestellt, dass die Überwachung des Versicherten
auf der Intensivstation über das Ausmaß einer Erstuntersuchung hinausgegangen sei; er habe diese Rechtsfrage als medizinischer
Sachverständiger nicht klären können. Der Zweck der Erstuntersuchung bestehe darin abzuklären, ob ein Patient in der eigenen
Klinik behandelt werden könne. Werde bei der Untersuchung festgestellt, dass dies nicht möglich sei, entweder, weil (gar)
keine Krankenhausbehandlung erforderlich oder die erforderliche Krankenhausbehandlung in einem anderen Krankenhaus durchzuführen
sei, richte sich die Vergütung nach der Vereinbarung zu der vorstationären Krankenhausbehandlung. Das zeige die Definition
des Begriffes der Erstuntersuchung in anderen Landesverträgen. Die Partner des hier maßgeblichen Landesvertrags hätten eine
davon gänzlich abweichende Regelung ersichtlich nicht treffen wollen. Aus dem Gutachten des Dr. S. gehe auch hervor, dass
die Untersuchung des Versicherten zweifellos auch ein EKG und ein CT umfasst habe. Nicht nachvollziehbar sei, weshalb andere
Untersuchungen keine Erstuntersuchung mehr darstellen sollten. Die Landesverträge wollten die Krankenhausbehandlung der Versicherten
pauschal regeln. Es komme daher nicht darauf an, dass in der vorliegenden Fallgestaltung der sonst übliche Rahmen einer Erstuntersuchung
überschritten worden sei. Die Regelungen des Landesvertrags zur Erstuntersuchung sollten für unterdurchschnittlich, durchschnittlich
und überdurchschnittlich aufwändige Fälle gleichermaßen gelten. Deshalb hätten sich die Partner des Landesvertrags für eine
pauschalierende Regelung entschieden und keine Sonderregelung für überdurchschnittlich aufwändige Fälle vorgesehen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. §§
153 Abs.
1,
124 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die
Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat gem. §§
153 Abs.
1,
124 Abs.
2 SGG im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist gemäß §§
143,
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG statthaft. Streitgegenstand des Klage- und des Berufungsverfahrens ist die Zahlung eines Vergütungsbetrags i.H.v. 778,48
€; der Beschwerdewert des §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG (750 €) ist überschritten. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und daher auch im Übrigen gemäß §
151 SGG zulässig.
II.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Klägerin steht zur Vergütung der Leistungen, die sie in ihrem Krankenhaus am
22.03.2009 für den Versicherten erbracht hat, (nur) die fachabteilungsbezogene Vergütungspauschale für vorstationäre Behandlungen
in der Intensivmedizin i.H.v. 104,30 € zu. Diese hat ihr die Beklagte (unstreitig) gezahlt. Die Zahlung eines weiteren Vergütungsbetrags
i.H.v. 778,48 € kann die Klägerin nicht beanspruchen. Die Beklagte, die zunächst einen von der Klägerin abgerechneten Vergütungsbetrag
von 882,78 € gezahlt hatte, hat in Höhe des streitigen Betrags zu Recht die Aufrechnung gegen andere unstreitige Vergütungsforderungen
der Klägerin erklärt (zu dieser Vorgehensweise näher BSG, Urteil vom 19.04.2016, - B 1 KR 23/15 R -; auch Landessozialgericht <LSG> Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.04.2015, - L 11 KR 5275/13 -, beide in [...]). Das SG hat die Klage (zur Zulässigkeit der <echten>Leistungsklage in Fällen der vorliegenden Art ebenfalls BSG, a.a.O., m.w.N.) zu Recht abgewiesen.
1.)
Rechtsgrundlage des von der Klägerin geltend gemachten Vergütungsanspruchs sind die Vorschriften in §
109 Abs.
4 Satz 2 und
3 SGB V i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und der Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2009 (Fallpauschalenvereinbarung <FPV>
2009), § 17b Satz 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) und den Bestimmungen des Krankenhausbehandlungsvertrags nach §
112 Abs.
2 Satz 1 Nr.
1 SGB V für das Land Baden-Württemberg (im Folgenden: Landesvertrag).
Gemäß §
109 Abs.
4 Satz 2
SGB V ist das (nach Maßgabe des Versorgungsvertrags nach §
109 Abs.
1 SGB V zugelassene) Krankenhaus zur Krankenhausbehandlung der gesetzlich Versicherten verpflichtet. Die Krankenhausbehandlung wird
nach §
39 Abs.
1 Satz 1
SGB V (neben ambulanter Leistungserbringung nach §
115b SGB V) voll- und teilstationär sowie vor- und nachstationär erbracht (zum Leistungsumfang der Krankenhausbehandlung etwa BSG, Urteil vom 27.11.2014, - B 3 KR 12/13 R -, in [...]). Eine stationäre Krankhausbehandlung, sei es voll- oder teilstationär, liegt bei der physischen und organisatorischen
Eingliederung des Patienten in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses vor (dazu jurisPK-SGB V/Wahl § 39 Rdnr.
33). Maßgeblich ist, in welchem Umfang neben der Dauer der Behandlung der Patient die Infrastruktur des Krankenhauses in Anspruch
nimmt (BSG, Urteil vom 28.02.2007, - B 3 KR 17/06 R -, in [...]). Vollstationäre Krankenhausbehandlung findet statt, wenn der Patient nach der Entscheidung des Krankenhausarztes
mindestens einen Tag und eine Nacht ununterbrochen im Krankenhaus versorgt werden soll (BSG, Urteil vom 19.09.2013, - B 3 KR 34/12 R -; Urteil vom 04.03.2004, - B 3 KR 4/03 R -, beide in [...]). Die vorstationäre (ebenso die nachstationäre) Krankenhausbehandlung bzw. - so die Überschrift zu §
115a SGB V -"Behandlung im Krankenhaus" (ohne Unterkunft und Verpflegung) stellt demgegenüber eine Sonderform der ambulanten Versorgung
dar, die wegen ihres funktionalen und zeitlichen Zusammenhangs mit der vollstationären Behandlung aber der Krankenhausbehandlung
zugeordnet worden ist (jurisPK-SGB V/Wahl § 39 Rdnr. 38; BSG, Urteil vom 17.07.2013, - B 6 KA 14/12 R -, in [...]). Gemäß §
115a Abs.
1 Satz 1
SGB V findet sie statt, um die Erforderlichkeit der vollstationären Krankenhausbehandlung zu klären oder diese vorzubereiten.
Die Vergütung der Krankenhausbehandlung richtet sich nach der Art der Leistungserbringung des Krankenhauses. Die allgemeinen
voll- und teilstationären Krankenhausleistungen werden gemäß 7 Satz 1 Satz 1 KHEntgG gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern
mit den in dieser Vorschrift abschließend aufgezählten Entgelten abgerechnet, namentlich nach Fallpauschalen (DRG) nach dem
auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 7 Satz 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 9 KHEntgG). Gemäß § 17b Abs. 1 Satz 3 KHG sind damit die allgemeinen vollstationären und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall vergütet.
Die vorstationäre (wie die nachstationäre) Krankenhausbehandlung wird gemäß §
1 Abs.
3 Satz 1 KHEntgG für alle Benutzer einheitlich nach §
115a SGB V vergütet. §
115a Abs.
3 SGB V sieht insoweit eine gesonderte Vergütungsregelung durch Normenvertrag bzw. Empfehlungen der Spitzenverbände vor. Maßgeblich
ist die Gemeinsame Empfehlung, die die Deutsche Krankenhausgesellschaft und die Krankenkassenspitzenverbände im Benehmen mit
der Kassenärztlichen Bundesvereinigung über die Vergütung für vor- und nachstationäre Behandlung nach §
115a Abs.
3 SGB V zum 01.01.1997 (im Folgenden: Gemeinsame Empfehlung; dazu BSG, Urteil vom 17.09.2013, - B 1 KR 21/12 R -, in [...]) vereinbart hat.
Weitere Regelungen zur Krankenhausbehandlung und deren Vergütung sind auf landesvertraglicher Ebene in §§ 3 und 5 Landesvertrag
festgelegt worden. § 3 Landesvertrag hat die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung und deren Feststellung, § 5 Landesvertrag
hat - damit zusammenhängend - die Vergütung der so genannten "Erstuntersuchung" des Patienten zum Gegenstand.
Gemäß § 3 Abs. 1 Landesvertrag wird die voll- oder teilstationäre Krankenhausbehandlung durchgeführt, wenn sie - von Notfällen
abgesehen - von einem an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt oder einer ermächtigten ärztlich geleiteten
Einrichtung (§
95 SGB V) verordnet ist und nach Art und Schwere der Krankheit die medizinische Versorgung gemeinsam mit der pflegerischen Leistung
nicht (u.a.) durch vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung, jeweils einschließlich häuslicher Krankenpflege, erreicht
werden kann. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 Landesvertrag wird vor der Aufnahme des Patienten zur vollstationären Behandlung von
einem Krankenhausarzt entschieden, welche Behandlungsform nach § 3 Abs. 1 Landesvertrag notwendig und ausreichend ist. Gemäß
§ 5 Abs. 1 Landesvertrag ist die Erstuntersuchung Teil der jeweiligen Art der Krankenhausbehandlung (Satz 1). Die Vergütung
richtet sich nach den hierfür maßgeblichen Vergütungsregelungen (Satz 2). Wird bei der Erstuntersuchung festgestellt, dass
keine Krankenhausbehandlung erforderlich ist, oder die Behandlung in einem anderen Krankenhaus durchzuführen ist (Verweisung),
richtet sich die Vergütung gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Buchstaben a und b Landesvertrag nach der Vereinbarung zu der vorstationären
Krankenhausbehandlung nach §
115a Abs.
3 Satz 1
SGB V.
Das in § 5 Landesvertrag für die Vergütung der Erstuntersuchung des Patienten vereinbarte vertragliche Vergütungsrecht nimmt
auf das gesetzliche Vergütungsrecht, namentlich im KHEntgG und in §
115a SGB V, Bezug. §
5 Abs.
1 Landesvertrag enthält eine allgemeine Regelung. Die Vorschrift ordnet die Erstuntersuchung des Patienten der jeweiligen Art
der Krankenhausbehandlung (§
39 Abs.
1 Satz 1
SGB V) zu. Nach deren Vergütung soll sich gemäß §
5 Abs. 1 Satz 2 Landesvertrag auch die Vergütung der Erstuntersuchung richten. § 5 Abs. 1 Landesvertrag erfasst daher insbesondere
diejenigen Fälle, in denen sich an die Erstuntersuchung eine voll- oder teilstationäre Behandlung in dem Krankenhaus anschließt,
in dem die Erstuntersuchung stattgefunden hat. Die Erstuntersuchung ist dann nach Maßgabe des hierfür geltenden Vergütungsrechts
(mit der entsprechenden Fallpauschale) zu vergüten. § 5 Abs. 2 Landesvertrag enthält eine Sonderregelung. Sie betrifft diejenigen
Fälle, in denen sich an die Erstuntersuchung eine Krankenhausbehandlung (gar) nicht anschließt, weil sie sich als nicht erforderlich
erwiesen hat (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Buchstabe 2 Landesvertrag: "Abweisung" des zur Krankenhausbehandlung eingewiesenen Patienten),
und diejenigen Fälle, in denen die Krankenhausbehandlung zwar erforderlich, aber in einem anderen Krankenhaus durchzuführen
ist (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Buchstabe b Landesvertrag: "Verweisung" des zur Krankenhausbehandlung eingewiesenen Patienten). Beide
Fallgestaltungen werden vergütungsrechtlich der vorstationären Krankenhausbehandlung i.S.d. §
115a SGB V zugeordnet. Es hat dann zwar keine (vorstationäre) "Behandlung im Krankenhaus", aber eine der Sache nach in vergleichbarer
Weise dem ambulanten Versorgungsbereich zugeordnete "Untersuchung im Krankenhaus" stattgefunden. Sowohl bei der vorstationären
Behandlung wie bei der Erstuntersuchung im Krankenhaus ohne nachfolgende Krankenhausbehandlung (im gleichen Krankenhaus) werden
die Einrichtungen und das Personal des Krankenhauses ohne Unterkunft und Verpflegung in Anspruch genommen, was die vergütungsrechtliche
Gleichstellung der zur Ab- bzw. Verweisung des Patienten führenden Erstuntersuchung mit der vorstationären Behandlung in §
5 Abs. 2 Satz 1 Landesvertrag nahelegt. Rechtlich zulässig ist eine vertragsrechtliche Vergütungsregelung dieser Art freilich
nur dann, wenn sie dem höherrangigen gesetzlichen Vergütungsrecht nicht widerspricht. Der Landesvertrag kann die Geltung des
Vergütungsrechts der vorstationären Krankenhausbehandlung nur in Einklang mit dem einschlägigen Gesetzesrecht anordnen. Notwendig
ist daher, dass die in Rede stehenden Maßnahmen des Krankenhauses (nur) eine Untersuchung und nicht (schon) eine (Krankenhaus-)Behandlung
des Patienten darstellen. Maßnahmen des Krankenhauses, die nach den eingangs dargestellten Rechtsgrundsätzen - wegen der physischen
und organisatorischen Eingliederung des Patienten in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses bzw. wegen des Umfangs
der Inanspruchnahme der Infrastruktur des Krankenhauses - (eigentlich) als stationäre (Krankenhaus-) Behandlung eingestuft
werden müssen, können - vorbehaltlich abweichender Regelungen im Gesetz (dazu sogleich im Hinblick auf Maßnahmen in der Intensivstation
des Krankenhauses) - dem Vergütungsrecht der vorstationären Krankenhausbehandlung durch vertragliche Regelung nicht unterworfen
werden. Für sie ist das Vergütungsrecht der stationären Krankenhausbehandlung, und damit die Vergütung nach den einschlägigen
Fallpauschalen, maßgeblich. Stellt die in Rede stehende Maßnahme keine stationäre Krankenhausbehandlung, aber auch keine Untersuchung,
sondern eine vorstationäre Behandlung im Krankenhaus i.S.d. §
115a SGB V dar, kommt die Anwendung des Vergütungsrechts der vorstationären Krankenhausbehandlung gemäß §
115a Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB V nur in Betracht, wenn die Behandlungsmaßnahme dazu bestimmt ist, die Erforderlichkeit einer vollstationären Krankenhausbehandlung
zu klären oder diese vorzubereiten.
Von diesen Maßgaben ausgehend ist der Begriff der "Erstuntersuchung" in § 5 Landesvertrag auszulegen. Da § 5 Landesvertrag
eine Regelung des Vergütungsrechts darstellt, ist die streng wortlautbezogene Auslegung der Vorschrift geboten (vgl. etwa
BSG, Urteil vom 13.11.2012, - B 1 KR 14/12 R - m.w.N., in [...]).
Danach ist in gegenständlicher Hinsicht unter der ärztlichen "Untersuchung" die Anwendung diagnostischer Tätigkeiten und Verfahren
zu verstehen, wie die körperliche Untersuchung des Patienten ohne Hilfsmittel (etwa durch Inspektion oder Abtasten), mit einfachen
Hilfsmitteln (wie Stethoskop) und mit technischem Gerät (wie Röntgen- Ultraschall- oder EKG-Gerät, Computer- oder Positronen-Emissions-Tomograph,
Magnet-Resonanz-Gerät) oder durch den Einsatz laborchemischer Verfahren (vgl. etwa Roche-Medizinlexikon zum Begriff der "Untersuchung").
Teil der Untersuchung ist auch die Beobachtung und ggf. Überwachung des Patienten während der Untersuchung, um sogleich noch
vor Abschluss der Untersuchung notwendig werdende Behandlungsmaßnahmen einleiten zu können. Auf Art oder Umfang des Untersuchungsaufwands
kommt es für den Untersuchungsbegriff nicht an. Auch (äußerst) aufwändige Untersuchungsmaßnahmen, wie die diagnostische Anwendung
von Großgeräten (Computertomograph u.ä.), sind im Rechtssinne "Untersuchung" und nicht "Behandlung" des Patienten. Das gilt
auch für die "Erstuntersuchung" im Krankenhaus nach § 5 Landesvertrag. Die Vertragspartner des Landesvertrags haben eine gegenständliche
Beschränkung im Hinblick auf den Untersuchungsaufwand nicht vereinbart, vielmehr eine alle Untersuchungsmaßnahmen gleichermaßen
(pauschal) erfassende Regelung getroffen und namentlich besonders aufwändige Untersuchungen aus dem Begriff der "Erstuntersuchung"
nicht ausgenommen. Dagegen ist aus Rechtsgründen nichts zu erinnern, zumal für den Einsatz medizinisch-technischer Großgeräte
ggf. die in der Gemeinsamen Empfehlung hierfür vorgesehene Großgerätepauschale angesetzt werden kann. In zeitlicher Hinsicht
ist unter "Erst"-Untersuchung i.S.d. § 5 Landesvertrag die erste Untersuchung des Patienten durch Krankhausärzte im Krankenhaus
zu verstehen. Der Landesvertrag hat nur die Krankenhausbehandlung bzw. die Untersuchung im Krankenhaus zum Gegenstand, nicht
jedoch eine ihr vorausgehende vertragsärztliche Untersuchung - auch im Rahmen des ärztlichen Notfalldienstes -, als deren
Ergebnis der Patient zur Krankenhausbehandlung in das Krankenhaus eingewiesen worden ist.
Maßnahmen, die auf der Intensivstation des Krankenhauses - einer apparativ und personell besonders ausgestatteten Krankenhausabteilung
- vorgenommen werden, werden regelmäßig nicht als (bloße) Untersuchung des Patienten und damit auch nicht als "Erstuntersuchung"
i.S.d. § 5 Abs. 2 Landesvertrag einzustufen sein. Muss ein Patient, namentlich im Rahmen eines medizinischen Notfalls, und
sei es auch nur für kurze Zeit, etwa bis zur Verlegung in ein anderes Krankenhaus, in die Intensivstation des Krankenhauses
aufgenommen werden, sind dort regelmäßig Maßnahmen der Krankenhausbehandlung zu erbringen, die über die bloße Untersuchung
des Patienten (weit) hinausgehen. Auf der Intensivstation geht es, ganz im Vordergrund stehend, darum, durch Behandlungsmaßnahmen
der Intensivmedizin mit besonderem apparativem und personellem Aufwand elementare Vitalfunktionen (Atmung, Kreislauf, Homöostase,
Stoffwechsel) zu erhalten, wiederherzustellen oder zu ersetzen sowie - diesen Zwecken dienend - zu überwachen, um Zeit für
die Behandlung des Grundleidens zu gewinnen (vgl. BSG, Urteil vom 28.02.2007, - B 3 KR 17/06 R - m.N., in [...]). Der Aufenthalt des Patienten auf der Intensivstation des Krankenhauses stellt (so BSG, a.a.O.) daher die nachhaltigste Form der Einbindung in einen Krankenhausbetrieb und damit den Prototyp der stationären Behandlung
dar, weshalb das BSG die Möglichkeit einer "ambulanten Behandlung auf der Intensivstation eines Krankenhauses" im Grundsatz verworfen hat (Urteil
vom 28.07.2007, a.a.O.). Deswegen ist aber (in einem ersten Schritt) nicht zwingend ausgeschlossen, eine vorstationäre Behandlung
"im Krankenhaus" - ungeachtet ihrer sachlichen Zuordnung zum ambulanten Versorgungsbereich - auch in der Intensivstation des
Krankenhauses durchzuführen. Das ist Folge der gesetzlichen Etablierung der vorstationären Krankenhausbehandlung in §
115a SGB V. Diese Vorschrift gilt für das Krankenhaus als Einrichtung (i.S.d. §
107 SGB V); eine Unterscheidung nach Fachabteilungen des Krankenhauses und ihrer Eigenart findet nicht statt. Das ist ersichtlich auch
die Auffassung der Deutschen Krankenhausgesellschaft und der Spitzenverbände der Krankenkassen, die in der Gemeinsamen Empfehlung
fachabteilungsbezogene Vergütungspauschalen für praktisch alle Fachabteilungen des Krankenhauses, auch für die Fachabteilung
"Intensivmedizin" (Pauschale i.H.v. 104,30 €), vorgesehen haben. Im Hinblick darauf ist es (in einem zweiten Schritt) ungeachtet
der angeführten Rechtsprechung des BSG zum Vorliegen stationärer Krankenhausbehandlung, namentlich auf der Intensivstation eines Krankenhauses, auch nicht von vornherein
aus Rechtsgründen auszuschließen, dass auf der Intensivstation des Krankenhauses nicht nur eine vorstationäre "Behandlung"
im Krankenhaus (§
115a SGB V) sondern auch eine Untersuchung "im Krankenhaus" erbracht werden kann. Einer landesvertraglichen Regelung, die - wie § 5
Abs. 2 Landesvertrag mit der Bezugnahme auf die Gemeinsame Empfehlung mit ihrer fachabteilungsbezogenen Vergütungspauschale
auch für die Intensivmedizin - hiervon ausgeht, steht höherrangiges Gesetzesrecht nach Auffassung des Senats daher nicht entgegen.
Maßnahmen auf der Intensivstation des Krankenhauses können aber nur dann als (bloße) Untersuchung im Rechtssinne eingestuft
werden, wenn sie (nur) der noch stattfindenden (eigentlichen) Diagnostik im Krankenhaus funktional-dienend zugeordnet sind.
Das ist der Fall, wenn es ganz im Vordergrund nur um die Überwachung des Patienten bzw. seiner Vitalfunktionen geht, um ggf.
sogleich erforderlich werdende Behandlungsmaßnahmen zu deren Aufrechterhaltung einleiten zu können. Die intensivmedizinische
Überwachung stellt dann der Sache nach (nur) eine besondere (intensive) Art der Beobachtung des Patienten in der Untersuchungssituation
dar, die, wie eingangs dargelegt worden ist, als solche Teil der Untersuchung im Rechtssinne ist. Begleitmaßnahmen, wie bspw.
der Ausgleich eines Flüssigkeitsmangels durch Infusion von Kochsalzlösung, oder auch die Fortführung einer schon im Vorfeld
dem Grunde nach durchgeführten (Dauer-)Behandlung, wie die Blutdrucksenkung durch Gabe entsprechender Arzneimittel, sind dem
untergeordnet und stehen der Einstufung der intensivmedizinischen Überwachung (Beobachtung) des Patienten als Maßnahme der
Untersuchung ("Untersuchungsbeobachtung") nicht entgegen.
2.)
Davon ausgehend hat im zugelassenen Krankenhaus der Klägerin am 22.03.2009 nur eine Erstuntersuchung des Versicherten, bei
dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Krankenhausbehandlung vorlagen, i.S.d. § 5 Landesvertrag
stattgefunden, bei der festgestellt worden ist, dass die Behandlung in einem anderen Krankenhaus durchzuführen ist. Der Versicherte
ist demzufolge am Nachmittag des 22.03.2009 in das Klinikum am We., Wei., verlegt worden. Dabei hat es sich um eine Verweisung
nach Erstuntersuchung i.S.d. § 5 Abs. 2 Satz 1 Buchstabe b Landesvertrag gehandelt, deren Vergütung sich nach dem für vorstationäre
Krankenhausbehandlungen geltenden Vergütungsrecht richtet und die nicht als vollstationäre Krankenhausbehandlung mit der entsprechenden
Fallpauschale vergütet werden kann. Die im Krankenhaus der Klägerin durchgeführten Maßnahmen stellen eine "Untersuchung" i.S.d.
§ 5 Landesvertrag dar. Dass man eine aufwändige gerätegestützte Diagnostik vorgenommen hat und auch hat vornehmen müssen,
ist, wie eingangs ausgeführt worden ist, unerheblich. Gleiches gilt für die Aufnahme des Versicherten in die Intensivstation
des Krankenhauses der Klägerin. Die dort durchgeführten Maßnahmen sind (noch) Teil der Untersuchung gewesen. Sie haben sich
in der intensivmedizinischen Überwachung und damit in der (intensiven) Patientenbeobachtung als Teilmaßnahme der Untersuchung
erschöpft. Der Versicherte ist kurze Zeit nach der Aufnahme in das Krankenhaus der Klägerin (um 12.45 Uhr) um 13.00 Uhr in
die Intensivstation aufgenommen worden. Zu dieser Zeit sind die Untersuchungsmaßnahmen im Übrigen noch nicht abgeschlossen
gewesen, zumal in der Folgezeit noch eine Besprechung mit Ärzten des Klinikum Würzburg zur Beurteilung der erhobenen Befunde
bzw. der vorliegenden CT-Aufnahmen als Teil der Untersuchung stattgefunden hat. Dass dem Versicherten auf der Intensivstation
Kochsalzlösung zum Flüssigkeitsausgleich infundiert worden ist und man ihm ein Medikament zur Blutdrucksenkung (und sei es
auch ein für die Blutdrucksenkung in der Akutphase eines Schlaganfalls vorgesehenes Medikament) verabreicht hat, ist unerheblich.
Diese Maßnahmen sind der ganz im Vordergrund stehenden Überwachung bzw. Beobachtung des Versicherten untergeordnet gewesen
und ändern nichts daran, dass auf der Intensivstation im Kern (nur) eine Patientenbeobachtung stattgefunden hat, die nach
den vorstehend dargestellten Rechtsgrundsätzen unbeschadet der Eingliederung des Versicherten in das Versorgungssystem des
Krankenhauses bzw. der Inanspruchnahme seiner Infrastruktur auf der Intensivstation rechtlich als Teilmaßnahme der Untersuchung
einzustufen ist. Auch Dr. S. hat in seinem Gutachten vom 28.05.2014 dargelegt, der Versicherte sei bis zur Verlegung in ein
anderes Krankenhaus auf der Intensivstation des Krankenhauses der Klägerin "überwacht" worden. Weitergehende Maßnahmen der
Intensivmedizin, insbesondere zur Erhaltung, Wiederherstellung oder Ersetzung elementarer Vitalfunktionen, die als von den
Maßnahmen der Untersuchung (der "Untersuchungsbeobachtung") zu unterscheidende Behandlungsmaßnahmen eingestuft werden müssten,
sind nicht durchgeführt worden. Die auf die Erstuntersuchung im Krankenhaus der Klägerin folgende und (unstreitig) notwendige
vollstationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten hat nach dessen Verweisung i.S.d. § 5 Abs. 2 Satz 1 Buchstabe b Landesvertrag
sodann im Klinikum am We., Wei., stattgefunden. Unerheblich ist schließlich, dass der Versicherte vor der Einweisung in das
Krankenhaus der Klägerin vertragsärztlich - durch den ärztlichen Notfalldienst - untersucht worden ist und dabei auch erste
(Notfall-)Behandlungsmaßnahmen ergriffen worden sind. All das ist dem Bereich der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung
zuzuordnen und für den Bereich der Versorgung im Krankenhaus, der Gegenstand der hier maßgeblichen gesetzlichen und landesvertraglichen
Regelungen ist, nicht von Belang.
III.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG).
Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu (§
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG). Der Rechtsbegriff der "Erstuntersuchung", dessen Auslegung höchstrichterlicher Klärung bedarf, wird bewusst und gewollt
inhaltlich gleich nicht nur in § 5 Landesvertrag, sondern auch in entsprechenden Vorschriften der Landesverträge anderer Bundesländer
verwendet (vgl. dazu Meyer/Ladewig, Keller, Leitherer,
SGG § 160 Rdnr 9c, § 162 Rdnr. 5a m.w.N.; BSG, Urteil vom 18.07.2013, - B 3 KR 21/12 R -, in [...] ).