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LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.03.2018 - 5 KR 3247/16
Kein Anspruch auf Übernahme der Kosten einer operativen Behandlung mit penisverlängernder Wirkung in der gesetzlichen Krankenversicherung
Die Größe eines funktionell nicht eingeschränkten männlichen Penis ist, jedenfalls soweit kein Mikropenis vorliegt, eine körperliche Anomalie ohne Krankheitswert im krankenversicherungsrechtlichen Sinne. Krankenkassen sind nicht verpflichtet, die Kosten der Entfernung einer Bauchfettschürze zu übernehmen, die deswegen durchgeführt werden soll, damit der Versicherte wieder in die Lage versetzt wird, seinen Penis sehen und greifen zu können. Die geltend gemachte anatomiebedingte Unfähigkeit, den Geschlechtsverkehr ausüben zu können bedingt auch im Lichte des Art. 6 GG keinen Anspruch auf Entfernung einer Bauchfettschürze.
1. Der krankenversicherungsrechtliche Krankheitsbegriff ist enger als der Krankheitsbegriff im allgemein-medizinischen Sinne, der jede Störung der Lebensvorgänge in Organen oder im gesamten Organismus mit der Folge von subjektiv empfundenen bzw. objektiv feststellbaren körperlichen, geistigen oder seelischen Veränderungen bzw. das Vorhandensein typischer ätiologisch, morphologisch oder symptomatisch beschreibbarer Erscheinungen, die als eine bestimmte Erkrankung verstanden werden, umfasst.
2. Krankheitswert i.S.d. § 27 SGB V kommt hiernach nicht jeder körperlichen Anomalität zu; erforderlich ist vielmehr, dass der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder dass er an einer Abweichung vom Regelfall leidet, die entstellend wirkt.
3. Abweichungen von der morphologisch idealen Norm, die noch befriedigende körperliche Funktionen zulassen, stellen hingegen keine Krankheit i.S.d. § 27 SGB V dar, weswegen die Korrektur zwar normabweichender, aber nicht funktionsbeeinträchtigender Körperzustände nicht beansprucht werden kann.
4. Kosmetische Beeinträchtigungen sind zwar nicht vollständig ungeeignet zur Begründung einer Krankheit im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung herangezogen zu werden, sie müssen aber ein extremes und unzumutbares Ausmaß erreicht haben.
5. Um eine Entstellung annehmen zu können, genügt nicht jede körperliche Anomalität; vielmehr muss es sich objektiv um eine so erhebliche Auffälligkeit handeln, die naheliegende Reaktionen der Mitmenschen wie Neugier oder Betroffenheit auslöst und die damit zugleich erwarten lässt, dass der Betroffene ständig viele Blicke auf sich zieht, zum Objekt besonderer Betrachtung anderer wird und sich deshalb aus dem Leben in der Gemeinschaft zurückzieht oder zu vereinsamen droht, sodass Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gefährdet ist.
Normenkette: ,
GG Art. 6
Vorinstanzen: SG Stuttgart 17.03.2016 S 16 KR 5889/13
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 17.03.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

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