Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II; Verwaltungsaktseigenschaft einer Kostensenkungsaufforderung
Gründe
I.
Streitig ist, ob das Schreiben des Antraggegners (Kostensenkungsaufforderung) vom 25.07.2014 einen Verwaltungsakt darstellt.
Die Antragstellerin wohnt zusammen mit ihrem 1991 geborenen Sohn. Beide bezogen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes
(Arbeitslosengeld II -Alg II-) gemäß dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Ab 11.04.2014 trat der Sohn der Antragstellerin eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten an. Mit Schreiben
vom 18.06.2014 forderte der Antragsgegner die Antragstellerin auf, Gründe dafür vorzutragen, ob die bislang für einen 2-Personenhaushalt
anfallenden und vom Antragsgegner übernommenen Unterkunfts- und Heizungskosten auch weiterhin für einen 1-Personenhaushalt
angemessen seien. Nachdem die Antragstellerin sich hierzu nicht geäußert hatte, wies der Antragsgegner mit Schreiben vom 25.07.2014
darauf hin, dass die tatsächlichen Mietkosten nur noch für sechs Monate gezahlt würden. Den dagegen eingelegten Widerspruch
wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 28.11.2014 als unzulässig zurück. Das Schreiben vom 25.07.2014 stelle
lediglich eine Information darüber dar, dass nach sechs Monaten geplant sei, "die Mietobergrenze festzusetzen". Es handle
sich nicht um einen Verwaltungsakt.
Dagegen hat die Antragstellerin Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) begehrt. Das Schreiben vom 25.07.2014 stelle einen Verwaltungsakt
dar. Es enthalte die Regelung, dass die Kosten der Unterkunft maximal in Höhe des Richtwertes übernommen würden. Auf die Entscheidung
des Bundessozialgerichts (BSG) im Urteil vom 27.02.2008 - B 14/7b AS 70/06 R - komme es nicht an.
Das SG hat mit Beschluss vom 03.06.2015 den Antrag auf Bewilligung von PKH mangels hinreichender Erfolgsaussicht abgelehnt. Nach
der Rechtsprechung des BSG werde eine Regelung zur Angemessenheit der Unterkunftskosten erst im Rahmen eines späteren Bewilligungsbescheides getroffen.
Die Kostensenkungsaufforderung selbst stelle keinen Verwaltungsakt dar, darin werde keine bindende Regelung getroffen.
Dagegen hat die Antragstellerin Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) erhoben. Bei dem Schreiben vom 25.07.2014
handle es sich nicht um ein bloßes Hinweisschreiben.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte des Antraggegners sowie die Gerichtsakten erster und zweiter
Instanz Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde (§§
172,
173 Sozialgerichtsgesetz -
SGG-) ist nicht begründet. Nach §
73a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
114 Zivilprozessordnung (
ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht,
nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht
auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht
nicht überspannt werden. Es reicht für die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit
für sich hat (vgl. BSG, Urteil vom 17.02.1998 - B 13 RJ 83/97 R (Rn.26) - SozR 3-1500 § 62 Nr.19). Diese gewisse Wahrscheinlichkeit ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn das Gericht
den Rechtsstandpunkt des Beteiligten aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder
zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit des Obsiegens des PKH- Beantragenden ebenso wahrscheinlich
ist wie sein Unterliegen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl. §
73a Rn.7). Schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen sind nicht im PKH- Verfahren zu entscheiden, sondern müssen auch
von Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt werden können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.07.1993 - 1 BvR 1523/92 - NJW 1994, 241f). PKH muss jedoch nicht schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch
nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die
durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als "schwierig" erscheint
(vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88 (Rn. 29) - BVerfGE 81, 347ff). Ist dies dagegen nicht der Fall und steht eine höchstrichterliche Klärung noch aus, so ist
es mit dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit nicht zu vereinbaren, der unbemittelten Partei wegen der fehlenden Erfolgsaussichten
ihres Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuenthalten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.02.2008 - 1 BvR 1807/07 - NJW 2008, 1060ff).
Vorliegend fehlt es an einer solchen hinreichenden Erfolgsaussicht. Der Antragsgegner hat den Widerspruch zu Recht als unzulässig
abgewiesen. Das Schreiben vom 25.07.2014 stellt keinen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) dar. Es enthält keine Regelung eines Einzelfalles. Mit dem Schreiben vom 18.06.2014 hat der Antragsgegner Umstände bei der
Antragstellerin erfragen wollen, die eine weitere Angemessenheit der Unterkunftskosten hätten ergeben können. Da die Antragstellerin
solche Gründe nicht vorgetragen hat, war sie auf das Erfordernis der Kostensenkung spätestens nach Ablauf von sechs Monaten
mit Schreiben vom 25.07.2014 hingewiesen worden. Dabei handelt es sich auch nicht deshalb um eine Regelung eines Einzelfalles,
weil der Antragsgegner davon spricht, es würden die tatsächlichen Mietkosten nur noch für sechs Monate übernommen werden.
Diese Formulierung lag auch der Entscheidung des BSG vom 27.02.2008 - B 14/7b AS 70/06 R - zugrunde. Weshalb es auf diese Entscheidung nach Auffassung der Antragstellerin nicht ankomme, ist für den Senat nicht
ersichtlich. Dass es sich bei der Kostensenkungsaufforderung, die erst nach Prüfung der Unangemessenheit der Unterkunftskosten
bzw. der Unzumutbarkeit einer Kostensenkung erfolgt, nicht um einen Verwaltungsakt handelt, steht nach allgemeiner Auffassung
fest (vgl. hierzu BSG a.a.O.; Bayer. LSG, Urteil vom 19.05.2015 - L 11 AS 90/15 -, LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.01.2015 - L 2 AS 1848/14 B -, alle veröffentlich in [...]; vgl. dazu auch: BSG, Urteil vom 22.11.2011 - B 4 AS 219/10 R - veröffentlich in [...]; Kraus in Hauck/Noftz, SGB II, Stand Oktober 2012, § 22 Rn. 146, Berlit in LPK-SGB II, 5. Auflage, § 22 Rn. 94, Luik in Eicher, SGB II, 3. Auflage, § 22 Rn. 120, 122).
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar (§
177 SGG).