Gründe:
I. Streitig sind höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch
Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der ASt bezieht Alg II vom Ag. Er teilte dem Ag am 01.09.2010 mit, drei seiner Kinder seien am 30.08.2010 nach Thailand ausgewandert.
Mit Bescheid vom 07.02.2011 idF des Änderungsbescheides vom 26.03.2011 bewilligte der Ag dem ASt vorläufig Alg II iHv monatlich
331,31 EUR für die Zeit vom 01.02.2011 bis 31.07.2011. Dagegen legte der ASt Widerspruch ein und brachte vor, landwirtschaftliche
Aufwendungen seien nicht berücksichtigt worden. Zudem würden für das Umgangsrecht mit seinen Kindern Kosten für Telefon und
einen Besuch entstehen. Wegen verschiedener notwendiger Reparaturen sei die Anrechnung der Pachteinnahmen falsch. Die im Zusammenhang
mit Unterkunft und Heizung anfallenden Kosten seien nicht hinreichend berücksichtigt. Über den Widerspruch ist nach Aktenlage
bislang nicht entschieden.
Am 04.05.2011 hat der ASt beim Sozialgericht Bayreuth (SG) einstweiligen Rechtsschutz beantragt (Az S 15 AS 547/11 ER). Die ihm bewilligten Leistungen von 331,31 EUR würden bei weitem nicht ausreichen. Es sei eine Regelleistung iHv 364
EUR zu gewähren, Telefonkosten zu seinen Kindern in Thailand und die Kosten eines Besuchs der Kinder sowie weitere Kosten
der Unterkunft und Heizung seien zu berücksichtigen. Schließlich sei die Einkommensberechnung im Bescheid vom 07.02.2011 nicht
korrekt. Die Pachtanrechnung sei nicht in Ordnung und die Kosten für die Unterhaltung des Traktors, Inserate im Zusammenhang
mit den Grundstücken und Reparaturkosten am Dach des Holzlagers seien zu berücksichtigen.
Mit Beschluss vom 25.05.2011 hat das SG die Forderung von Übernahme der Telefonkosten nach Thailand (Az S 15 AS 650/11 ER) und die Forderung von Übernahme der Kosten für eine Reise nach Thailand, um die Kinder zu besuchen, (Az S 15 AS 651/11 ER) abgetrennt. Unter dem Az S 15 AS 547/11 ER sollte das Verfahren wegen der Höhe der Regelleistung und weiterer Kosten der Unterkunft verbleiben.
Das SG hat den Antrag des ASt auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wegen der Höhe der Regelleistung und weiterer Kosten der
Unterkunft mit Beschluss vom 26.05.2011 (Ziffern I. und II.) abgelehnt. Es sei weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund
glaubhaft gemacht worden. Regelleistung und Unterkunftskosten seien in vollem Umfang berücksichtigt worden. Weitere Unterkunftskosten
wie Kosten für den Zuschnitt des Brennholzes oder Erhaltungsaufwendungen seien vom ASt weder substantiiert vorgetragen, geschweige
denn nachgewiesen bzw glaubhaft gemacht. Die Kosten für einen Traktor stünden in keinem Zusammenhang mit den Pachteinnahmen.
Für die vorgetragenen Inseratskosten fehle jeglicher Nachweis. Der pauschale Verweis auf bevorstehende Zwangsvollstreckungsmaßnahmen
reiche nicht, eine besondere Eilbedürftigkeit zu begründen.
Dagegen hat der ASt Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben. Er begehre die Berücksichtigung der Quadratmeterzahl
der Wohnung seiner Mutter mit dem Ofen bei der Berechnung der Kosten der Unterkunft. Die Beschaffungskosten für Holz, Traktor,
sonstige Geräte und Energiekosten seien ebenfalls zu gewähren. Zudem seien von Amts wegen die kompletten Hausanschlüsse zu
überprüfen, da die öffentliche Versorgung nicht mehr gewährleistet sei.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte des Antragsgegners sowie die Gerichtsakten erster und zweiter
Instanz Bezug genommen.
Streitgegenstand sind höhere Leistungen im Hinblick auf den vom Bewilligungsbescheid vom 07.02.2011 idF des Änderungsbescheides
vom 26.03.2011 umfassten Zeitraum vom 01.02.2011 bis 31.07.2011 (maßgeblich ist insofern der Gegenstand eines entsprechenden
Hauptsacheverfahrens, das dem Eilverfahren zugrunde liegen könnte, vgl Beschluss des Senats vom 25.05.2011 - L 11 AS 328/11 B ER). Der ASt hat deutlich gemacht, dass er mit den ihm bewilligten Leistungen nicht auskomme und neben einer Regelleistung
von 364 EUR zusätzliche Kosten im Zusammenhang mit seinen Kindern in Thailand und bezüglich der Unterkunft gefordert sowie
sich gegen die Einkommensberechnung gewandt. Bei einem Streit um höhere Leistungen sind grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen
dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen (BSG, Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 9/06 R - SozR 4-4300 § 428 Nr 3; Urteil vom 16.05.2007 - B 11b AS 29/06 R; zu Ausnahmen bei KdU BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 - SozR 4-4200 § 22 Nr 1; BSG, Urteil vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 5/07 R - SozR 4-4200 § 24 Nr 1; BSG, Urteil vom 06.12.2007 - B 14/7b AS 62/06 R). Eine weitergehende Beschränkung des Anspruchs ist nicht möglich (BSG, Urteil vom 25.06.2008 - B 11b AS 35/06 R - juris).
Folglich sind im vorliegenden Verfahren - auch nach der vorgenommenen Abtrennung der geltend gemachten Kosten im Zusammenhang
mit den Kindern in Thailand - Streitgegenstand immer noch höhere Leistungen nach dem SGB II. Eine Trennung der Regelleistung
von den Telefon- und Besuchskosten ist nicht möglich. Zwar kann ein Bescheid im Einzelfall mehrere abtrennbare Verfügungen
(Verwaltungsakte iSd § 31 SGB X) enthalten (vgl BSG, Urteil vom 18.08.2005 - B 7a AL 4/05 R - SozR 4-1500 § 95 Nr 1). Das BSG hat zu den Leistungen der Grundsicherung
für Arbeitssuchende bereits entschieden, dass eine Entscheidung über die Unterkunftskosten im Rahmen einer Alg II - Bewilligung
eine derartige eigenständige, abgrenzbare Verfügung darstellt (vgl BSG, Urteil vom 07.11.2006 aaO.).
Für eine Abgrenzung ist jedoch nicht die optische Aufspaltung entscheidend; vielmehr ergibt sich die rechtliche Abtrennbarkeit
dieser Verfügungen von den übrigen Verfügungen eines Bewilligungsbescheides aus § 6 Abs 1 SGB II. Danach sind Träger der Leistungen
nach dem SGB II die Bundesagentur für Arbeit (BA) und die kreisfreien Städte und Kreise für bestimmte in der Norm selbst bezeichnete
Leistungen. Die Zuständigkeit der kommunalen Träger gilt insbesondere für die Leistungen des § 22 SGB II, die nach der Gesetzessystematik
von einem anderen Leistungsträger zu gewähren sind als der BA.
Soweit daher eine Grenze für die Aufteilbarkeit des "Gesamtanspruches" in einzelne Verfügungen gezogen werden kann, verläuft
diese Grenze zwischen den Zuständigkeitsbereichen der Träger, jedoch nicht innerhalb dieser Zuständigkeitsbereiche. Dies hat
auch das BSG in der Entscheidung vom 18.06.2008 (B 14/7b AS 44/06 R) zum Ausdruck gebracht, indem es darauf hingewiesen hat, dass bei der Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft
und Heizung die Rechtsprechung des BSG zur Berücksichtigung der Warmwasserkosten zu beachten ist, obgleich dies von den Beteiligten
im dortigen Verfahren zu keinem Zeitpunkt thematisiert worden war, so dass auch hieraus der Schluss zu ziehen ist, dass über
die Leistungen eines Trägers nur einheitlich, ohne Möglichkeit einer rechtlichen Trennung, entschieden werden kann.
Bei den vom ASt geltend gemachten Kosten im Zusammenhang mit der Forderung von Übernahme der Kosten für eine Reise nach Thailand,
um die Kinder zu besuchen, und der Kosten, die hinsichtlich des Telefonierens mit diesen Kindern entstehen, handelt es sich
um Leistungen für einen Mehrbedarf nach § 21 Abs 6 SGB II (zu den Kosten im Zusammenhang mit der Ausübung des Umgangsrechts
vgl Schmidt in Oestreicher, SGB II/SGB XII, Stand Juni 2010, § 21 Rn 62), für die die nach § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB II die
Bundesagentur Leistungsträger ist. Eine Loslösung dieser Kosten von der Regelleistung, für die ebenfalls die Bundesagentur
Leistungsträger ist, ist somit nicht möglich. Eine Abtrennung - wie vom SG vorgenommen - nach §
202 SGG iVm §
145 Abs
1 Zivilprozessordnung (
ZPO) mach keinen Sinn, da Regelleistung einerseits und der Mehrbedarf andererseits nicht in getrennten Verfahren hätten geltend
gemacht werden können.
Das SG hat im vorliegenden Verfahren damit nicht über den vollständigen Streitgegenstand entschieden und einen Anspruch auf höhere
Leistungen im Hinblick auf die vom ASt geltend gemachten Kosten für Telefonate nach Thailand und einen Besuch der dort lebenden
Kinder nicht geprüft. Eine Zurückverweisung an das SG (zur entsprechenden Anwendung von §
159 SGG im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG 9. Aufl, §
159 Rn 1 aE) ist aber vorliegend nicht angezeigt, da die Sache entscheidungsreif ist (vgl Keller aaO. Rn 5b mwN). Der Senat kann
somit in der Sache selbst entscheiden.
Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz im Hinblick auf höhere Leistungen bezüglich der geltend gemachten Kosten für Telefonate
nach Thailand und einen Besuch der dort lebenden Kinder ist nicht mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Zum einen ist
- wie bereits ausgeführt - die Höhe des Alg II unter allen denkbaren Gesichtspunkten zu prüfen, zum anderen hat der ASt sein
diesbezügliches Begehren auch im Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 07.02.2011 vor Einleitung des vorliegenden
Verfahrens vorgebracht und damit entgegen der Auffassung des SG in den abgetrennten Verfahren bereits beim Ag beantragt.
Der ASt hat im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes aber keinen Anspruch auf höheres Alg II für den streitgegenständlichen
Bewilligungszeitraum von Februar bis einschließlich Juli 2011.
Rechtsgrundlage für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges
Rechtsverhältnis ist §
86b Abs
2 Satz 2
SGG. Hiernach ist eine Regelung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der
Fall, wenn dem ASt ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren
Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1998 BVerfGE 79, 69 (74); vom 19.10.1997 BVerfGE 46, 166 (179) und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; Niesel/Herold-Tews, Der Sozialgerichtsprozess, 5. Aufl, Rn 652).
Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen
eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den der ASt sein Begehren stützt - voraus. Die
Angaben hierzu hat der ASt glaubhaft zu machen (§
86b Abs
2 Satz 2 und
4 SGG iVm §
920 Abs
2, §
294 Zivilprozessordnung -
ZPO-; Keller aaO. § 86b Rn 41).
Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes
sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom BVerfG vorgegebenen
Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich
unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Sind hierbei die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenzsichernde
Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen.
In diesem Fall ist ggf. auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange der Ast zu entscheiden
(vgl BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59 und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; zuletzt BVerfG vom 15.01.2007 - 1 BvR 2971/06). In diesem Zusammenhang ist eine Orientierung an den Erfolgsaussichten nur möglich, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend
geklärt ist, denn soweit schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das
Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, darf die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern sie muss abschließend
geprüft werden (vgl BVerfG vom 12.05.2005 aaO.).
Ein Anordnungsgrund ist vorliegend nicht gegeben.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Anordnungsgrundes, also der Eilbedürftigkeit der Sache, ist in jeder Lage des
Verfahrens, insbesondere auch noch im Beschwerdeverfahren, der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Zu diesem Zeitpunkt
ist aber der maßgebliche Bewilligungszeitraum am 31.07.2011 bereits abgelaufen. Das Gericht war daran gehindert, vor Ablauf
des Bewilligungsabschnitts zu entscheiden, da die Beschwerde des ASt zwar am 24.06.2011 beim LSG eingegangen ist, die Verwaltungsakten
des Ag aber erst am 04.08.2011 vorgelegt wurden. Diese waren für den Senat zur Entscheidungsfindung notwendig.
Im Rahmen einer Regelungsanordnung ist der Anordnungsgrund die Notwendigkeit, wesentliche Nachteile abzuwenden, um zu vermeiden,
dass der ASt vor vollendete Tatsachen gestellt wird, ehe er wirksamen Rechtsschutz erlangen kann (vgl. Keller aaO. § 86b Rn.
27a). Charakteristisch ist daher für den Anordnungsgrund die Dringlichkeit der Angelegenheit, die in aller Regel nur in die
Zukunft wirkt. Es ist rechtlich zwar nicht auszuschließen, dass auch für vergangene Zeiträume diese Dringlichkeit angenommen
werden kann; diese überholt sich jedoch regelmäßig durch Zeitablauf. Ein Anordnungsgrund für Zeiträume vor einer gerichtlichen
Entscheidung ist daher nur ausnahmsweise anzunehmen, wenn ein noch gegenwärtig schwerer, irreparabler und unzumutbarer Nachteil
glaubhaft gemacht wird, und ein besonderer Nachholbedarf durch die Verweigerung der Leistungen in der Vergangenheit auch in
der Zukunft noch fortwirkt oder ein Anspruch eindeutig besteht (vgl Beschluss des Senates vom 12.04.2010 - L 11 AS 18/10 B ER - juris). Beides ist vorliegend nicht der Fall. Insbesondere wurden vom ASt auch im Beschwerdeverfahren keinerlei konkretere
Angaben zu den aufgezählten Bedarfspositionen gemacht, obwohl das SG dies dem ASt in seinen Beschlüssen bereits vorgeworfen hat.
Nach alledem ist die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).