Rente wegen Erwerbsminderung
Fibromyalgie-Erkrankung
Restleistungsvermögen des Versicherten
Funktionseinschränkungen für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes
Tatbestand
Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1966 geborene Klägerin hat den Beruf der Erzieherin erlernt und zuletzt seit Dezember 2012 als Teamassistentin in Teilzeit
gearbeitet. Seit dem 29.04.2013 war sie in dieser Tätigkeit arbeitsunfähig erkrankt und ihr ist noch in der Probezeit gekündigt
worden. Vom 01.03.2016 bis 14.06.2016 war sie erneut versicherungspflichtig beschäftigt und anschließend bis 28.08.2016 arbeitslos
gemeldet ohne Leistungsbezug.
Am 24.06.2013 stellte die Klägerin Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung. Sie gab an, an Fibromyalgie, Depressionen, Angstzuständen
und einer Wirbelsäulenversteifung zu leiden und legte u.a. Berichte der Dr. S. Klinik für psychosomatische Medizin und Psychotherapie
vom 11.01.2010 sowie des Klinikums M-Stadt vom 24.05.2013 vor. Im Auftrag der Beklagten wurde sie am 19.08.2013 durch den
Neurologen und Psychiater Dr. Sch. untersucht, der u.a. eine depressive Störung und eine chronische Schmerzstörung mit somatischen
und psychischen Faktoren diagnostizierte und die medizinischen Voraussetzungen einer Rehabilitationshandlung, nicht aber die
einer quantitativen Leistungsminderung feststellte. Am 09.10.2013 erfolgte eine Untersuchung durch den Chirurgen Dr. S., der
ebenfalls zur Feststellung eines noch 6-stündigen Leistungsvermögens gelangte. Mit Bescheid vom 28.10.2013 lehnte die Beklagte
den Antrag ab.
Mit ihrem Widerspruch legte die Klägerin Stellungnahmen ihrer behandelnden Ärzte G. und J. vor. Darin wird ausgeführt, dass
sich seit 2009 bei hoher Leistungsbereitschaft der Klägerin eine abnehmende Belastbarkeit und zunehmend eine therapieresistente
depressive Entwicklung gezeigt habe. Trotz zwischenzeitlich erreichter Stabilisierung bestehe eine große Anfälligkeit zu Dekompensation.
Vom 13.02.2014 bis 10.03.2014 befand sich die Klägerin zur stationären psychosomatischen Reha im A. Klinikum I. (S-Stadt).
Im Entlassungsbericht vom 28.03.2014 wurde das Leistungsvermögen sowohl bezüglich der letzten Tätigkeit als auch bezüglich
des allgemeinen Arbeitsmarktes mit mindestens 6 Stunden täglich angegeben. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.08.2014 wurde daraufhin
der Widerspruch zurückgewiesen.
Am 12.09.2014 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht München erhoben. Sie hat u.a. Atteste des behandelnden Psychotherapeuten
Dr. N., der Nervenfachärztin C., das nach Aktenlage erstellte Gutachten der Agentur für Arbeit vom 15.07.2014 sowie die Beurteilung
ihres letzten Arbeitgebers zu den zur Kündigung führenden Gründen vom 23.05.2014 vorgelegt und erklärt, dass neben dem Fibromyalgie-Syndrom
mit dauerhaften erheblichen Schmerzen auch die Migränesymptomatik sowie die degenerative Wirbelsäulenveränderung außer Acht
gelassen worden seien.
Das Sozialgericht hat Befundberichte der behandelnden Hausärztin H., des Neurologen Dr. A. und des Orthopäden B. angefordert.
Es hat anschließend den Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie Dr. P. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt
worden. Dr. P. hat in seinem Gutachten vom 23.05.2015 als Diagnosen festgestellt:
- Wirbelsäulenabhängige Beschwerden mit Cervicalsyndrom leichten sowie Lumbalsyndrom leichten bis mittleren Schweregrades
bei Z.n. lumbaler Bandscheibenoperation, keine neurologischen Ausfälle und kein Nachweis von Nervenwurzelreizzeichen
- Migräne
- Depressive Verstimmung leichten Grades, multifaktorielle Genese mit depressiven Reaktionen bei Anpassungs- und Belastungsstörungen,
dysthyme Störungen sowie unterlagernden rezidivierenden depressiven Störungen wechselnden Schweregrades, überlagernd Somatisierungsstörungen
und beginnende somatoforme Schmerzstörungen. Beginnende tendenzielle Instrumentalisierung des Beschwerdebildes.
Die Klägerin könne noch vollschichtig leichte Arbeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen, überwiegend sitzend, ohne
Heben und Tragen von Lasten, ohne Arbeiten in Zwangshaltung der Wirbelsäule, ohne Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten oder
in Zwangshaltungen an Maschinen verrichten. Vermieden werden müssten außerdem Arbeiten unter Zeitdruck, unter besonderer psychischer
Belastung, oder Nachtarbeiten.
Da die Klägerin ist diesen Feststellungen entgegengetreten, da erneut sowohl die Fibromyalgie als auch die Schmerzen unberücksichtigt
geblieben seien. Sie hat außerdem angegeben, inzwischen wieder in orthopädischer Behandlung zu sein. Das Sozialgericht hat
daraufhin bei der orthopädischen Gemeinschaftspraxis A., Dr. N. einen aktuellen Befundbericht angefordert und Dr. P. um ergänzende
Stellungnahme gebeten. Dr. P. hat in seiner Stellungnahme vom 25.09.2015 zu den von der Klägerin erhobenen Vorwürfen Stellung
genommen und u.a. darauf hingewiesen, dass es nicht entscheidend darauf ankomme, ob eine Fibromyalgie bestehe, sondern welche
funktionellen Beeinträchtigungen bestehen würden. Anschließend ist der Facharzt für Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie
Dr. R. mit der Erstellung eines Gutachtens auf orthopädischem Gebiet beauftragt worden. Dr. R. hat in seinem Gutachten vom
21.11.2015 als Gesundheitsstörungen festgestellt:
- Rezidivierendes HWS
- Syndrom ohne sensomotorische Ausfälle mit aktuell rechts betonter zervikobrachialer Ausstrahlung bei degenerativen Veränderungen
C4-C6 sowie TH1/TH2 mit Osteochondrosen, Retrospondylosen und gemäßigter diskogener Bedrängung der Neuroforamina
- Rezidivierendes LWS- Syndrom ohne sensomotorische Ausfälle bei Z.n. Laminektomie und dorsoventraler Versteifung L5/L6
- Z.n. operativ behandeltem Carpaltunnelsyndrom beidseits mit verbliebener Pelzigkeit linker Daumen radial polar.
Die Klägerin könne noch leichte Arbeiten mit häufigem Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen mindestens sechs Stunden täglich
verrichten. Vermieden werden müssten das Heben und Tragen von Lasten, häufiges Bücken, Arbeiten in Zwangshaltungen unter beengten
räumlichen Verhältnissen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten. Leichte Tätigkeiten an einem Büroarbeitsplatz oder in einem ähnlichen
Arbeitsbereich mit der Möglichkeit des Wechsels zwischen sitzender und stehender Position sowie gelegentlichem Laufen seien
grundsätzlich ohne Einschränkungen auszuführen.
Die Klägerin hat hierzu in einer umfangreichen Erklärung ausgeführt, dass sie aufgrund ihrer psychischen Vorbelastung auch
mit Hilfe langjähriger Psychotherapie nicht mehr in der Lage sei, einer Tätigkeit nachzugehen. Hinzu komme die Fibromyalgie
mit massiver Einschränkung der Lebensqualität und Leistungsfähigkeit. Unabhängig davon sei sie auch orthopädisch durch eine
angeborene Steilstellung des Schenkelhalses beeinträchtigt. Da dem Gutachten Dr. P. eine gewisse Voreingenommenheit zum Thema
Fibromyalgie zu entnehmen sei, hat sie weiterführende Veröffentlichungen zum Thema Fibromyalgie vorgelegt und an ihrer Auffassung
festgehalten, dass sie nicht ausreichend und zutreffend begutachtet worden sei.
Mit Urteil vom 19.02.2016 hat das Sozialgericht unter Berufung auf das Ergebnis der Beweisaufnahme die Klage abgewiesen. Letztlich
könne dahinstehen, ob das Beschwerdebild der Klägerin als Fibromyalgie oder als somatoforme Schmerzstörung bezeichnet werde.
Entscheidend sei das sozialmedizinische Leistungsvermögen, das der Klägerin trotz ihrer Erkrankungen verbleibe. Neurologisch
sei abgesehen von Muskelverspannungen ein regelrechter Befund erhoben worden. Die an der Hals- und Lendenwirbelsäule festgestellten
degenerativen Veränderungen führten bei freier Beweglichkeit der Halswirbelsäule (HWS) und belastungsstabiler Situation an
der Lendenwirbelsäule (LWS) nur zu qualitativen Einschränkungen. Eine depressive Erkrankung liege nicht vor, auch keine Summierung
ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen. Die Mehrzahl der Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erfordere keine der Klägerin
nicht mehr möglichen Arbeiten.
Am 24.03.2016 hat die Klägerin Berufung eingelegt. Bei der aus ihrer Sicht nicht zutreffend bewerteten Fibromyalgieerkrankung
handle es sich gerade nicht nur um eine somatoforme Schmerzstörung, sondern um ein komplexes Krankheitsbild mit zahlreichen
weiteren Symptomen, das unter einem eigenen Diagnoseschlüssel aufgeführt werde. Sie hat den Bericht des Universitätsklinikums
W-Stadt vom 28.04.2016 vorgelegt, in dem der Verdacht auf ein Fibromyalgie-Syndrom geäußert worden ist.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 13.06.2016 zu Berufung Stellung genommen und erklärt, dass nach wie vor kein wissenschaftlicher
Konsens über Ursachen und Entstehung des in der Schulmedizin umstrittenen Fibromyalgie-Syndroms bestehe, was aber im Rentenverfahren
keine Rolle spiele, da es für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit im Wesentlichen darauf ankomme, ob das Schmerzsyndrom
bereits die Lebensführung übernommen habe. Konkret sei hierzu von einem nervenärztlichen Gutachter anhand des klinischen Befundes,
der Vorbefunde und der Anamnese herauszuarbeiten, inwieweit krankheitsbedingte, arbeitsrelevante, psychologische Funktionen
wie Konzentration, Reaktionsschnelligkeit, Ausdauer, Zuverlässigkeit, abstraktes Denkvermögen, perspektivisches Handeln, Umstellungsfähigkeit,
Kritikfähigkeit, Anpassungsfähigkeit, Teamfähigkeit etc. neben somatischen Funktionen beeinflusst würden.
Der Senat hat auf Antrag der Klägerin Dr. L., Facharzt für Orthopädie, Physikalische und Rehabilitative Medizin, Sozialmedizin
und Chirotherapie, gemäß §
109 SGG mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dr. L. hat mit freiem orthopädischen Gutachten vom 03.08.2016 festgestellt,
dass bei der Klägerin ein ausgeprägtes generalisiertes Fibromyalgie-Syndrom mit allen dazugehörigen typischen Erscheinungsformen
vorliegen würde, insbesondere der muskulären Dauerleistungseinbußen, der chronischen Müdigkeit und der chronischen Schmerzerkrankung
im Stadium Gerbershagen III, wie dies bereits eindeutig durch diverse Vorbefunde bestätigt worden sei. Die Klägerin könne
aufgrund dieser Einschränkungen nur noch leichte Arbeiten unter 3 Stunden täglich verrichten, wobei weitere Einschränkungen
zu berücksichtigen seien. So könnten auch die noch zumutbaren Arbeiten nur mit zusätzlichen unüblichen Pausen von jeweils
10 Minuten, die alle 10-15 Minuten einzuhalten wären, verrichtet werden. Die Pausen dienten dazu, die entstandene Muskelschmerzhaftigkeit
abklingen zu lassen. Einschränkungen der Wegefähigkeit bestünden keine. Zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit
sei die Durchführung von Heilmaßnahmen in einer psychosomatisch orientierten Klinik angezeigt.
Nachdem sich die Beklagte diesen Feststellungen nicht angeschlossen hat, hat der Senat einen aktuellen Befundbericht der behandelnden
und Psychotherapie C. vom 06.03.2017 angefordert und anschließend Dr. B. mit der Erstellung eines nervenärztlichen Gutachtens
von Amts wegen beauftragt. Dr. B. hat mit Gutachten vom 29.03.2017 als Gesundheitsstörungen der Klägerin festgestellt:
1. Chronifizierte Schmerzstörung mit körperlichen und psychischen Faktoren bei
- degenerativem LWS-Syndrom ohne nervenwurzelbezogenes sensibles oder motorisches Defizit, aktuell auch ohne Nervenwurzelreizerscheinungen,
- degenerativem HWS-Syndrom ohne nervenwurzelbezogenes sensibles oder motorisches Defizit, aktuell auch ohne Nervenwurzelreizerscheinungen,
- habitueller Hüftdysplasie links,
- anhaltender somatoforme Schmerzstörung
2. Einfache Migräne
3. Mischsymptomatik bestehend aus einer rezidivierenden depressiven Störung wechselnder Ausprägung (aktuell remittiert) und
einer Angststörung mit zum Teil phobischer Prägung.
Die Klägerin könne leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten, die möglichst wechselweise im Gehen, Stehen und Sitzen
zu verrichten seien, im Umfang von mindestens 6 Stunden täglich verrichten. Das Heben und Tragen schwerer Lasten, Tätigkeiten,
die häufiges Bücken erforderten, Tätigkeiten unter Zeitdruck bzw. in einem hektischen Arbeitsumfeld sowie Nachtschichttätigkeiten
sollten der Klägerin nicht mehr zugemutet werden. Zusätzliche Arbeitspausen seien nicht erforderlich, auch nicht die Durchführung
stationärer Heilmaßnahmen.
Die Klägerin ist mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 22.05.2017 dem Gutachten entgegengetreten. Sie hat die fachärztliche
Stellungnahme der und Psychotherapie Dr. C. vom 11.05.2017 sowie den Befund des Diplom-Psychologen Dr. N. vom 05.05.2017 vorgelegt
und u.a. ausgeführt, dass auf die von diesen und anderen Ärzten festgestellten Krankheiten im Gutachten nicht eingegangen
worden sei, so die Diagnosen einer gegenwärtig mittel- bis schwergradigen depressiven Störung sowie einer posttraumatischen
Belastungsstörung, die von Dr. N. und Dr. C. bereits mit Attesten vom 06.03.2016 und 12.12.2016 als gesichert diagnostiziert
worden seien. Auch fehlten Ausführungen zu den gesundheitlichen Umständen, die zur Auflösung der letzten Arbeitsverhältnisse
geführt hätten. Bereits mit Attesten vom Januar 2014 hätten die behandelnde Ärzte G. und Dr. J. beschrieben, dass die Klägerin
schon reduzierten Anforderungen nicht mehr gewachsen sei. Die Feststellung eines quantitativ nicht eingeschränkten Leistungsvermögens
sei von Dr. B. ebenso wenig begründet worden wie die Aussage, dass die Umstellungsfähigkeit nicht eingeschränkt sei, was im
Widerspruch zum Entlassungsbericht vom 06.05.2014 stehe. Tatsächlich hätten die gesundheitlichen Beschwerden immer dann zugenommen,
wenn es zu Veränderungen in ihrem Lebensumfeld gekommen sei. Insofern stellten die Aussagen von Dr. B. lediglich eine Momentaufnahme
dar. Dabei sei möglicherweise auch hinsichtlich des als relativ umfangreich beschriebenen Aktivitätenspektrums ein falsches
Bild entstanden. Tatsächlich sei sie nicht einmal mehr in der Lage, eine Strecke von 500 m in weniger als 20 Minuten zurückzulegen.
Ihre emotionale Betroffenheit sei nur abgemildert wiedergegeben worden. Dies gelte auch für die Beziehung zum Stiefvater,
die lediglich als schwieriger Kontakt wiedergegeben worden sei, tatsächlich aber mit erheblichen psychischen Belastungen bis
hin zu Morddrohungen und versuchten Einbrüchen verbunden gewesen sei. Während Aussagen aus anderen ärztlichen Berichten oder
Gutachten zu ihrem Nachteil ungefiltert übernommen worden seien, sei die Diagnoseerstellung durch die Uniklinik W-Stadt mit
der Bemerkung einer "Fragebogen-Diagnostik" abgewertet worden, obwohl dort im Rahmen der durchgeführten Untersuchungen viele
beschädigte und zerstörte Nervenfasern identifiziert worden, was der eindeutige Beweis für die Diagnose der Fibromyalgie sei.
Daneben bestünden Unrichtigkeiten, so hinsichtlich des Beginns der Konzentrationsstörungen und der wöchentlichen Arbeitszeit
während der Tätigkeit für die Onlineredaktion der OVB 24 GmbH, die sie erneut krankheitsbedingt wieder verloren habe. Auch
seien jegliche Versuche, das Gewicht zu reduzieren, in der Vergangenheit gescheitert. Die Ausübung von Sport sei ihr nicht
mehr möglich und die pharmakologische Geschichte hinsichtlich der Jahre 2011/2012 sei unkorrekt wiedergegeben worden.
Es werde beantragt, gemäß §
106 SGG, hilfsweise gemäß §
109 SGG, ein psychologisches Gutachten einzuholen, zumal die Neutralität des Gutachters zu hinterfragen sei, wenn er ihr eine erhebliche
Klagsamkeit unterstelle und sich zu ihrem Körperschmuck und ihrer Tätowierung äußere. Mit Schreiben vom 22.06.2017 hat die
Klägerin die für die gesetzliche Krankenkasse erstellte ärztliche Stellungnahme des Schmerzzentrums I. vom 08.06.2017 vorgelegt,
wo sie sich zur Kontrolle vorgestellt habe. Darin wird auf die Medikation eingegangen, zuletzt Duloxetin 60 mg, was wie andere
Medikamente entweder keine Wirkung zeige oder nicht vertragen werde. Daher werde der Vorschlag einer Canabinoid-Testung unterstützt.
Dr. B. hat mit ergänzender Stellungnahme vom 26.07.2017 zu den Einwendungen der Klägerin und den neu vorgelegten Befundberichten
Stellung genommen. Die von Dr. C. festgehaltenen Diagnosen würden im Wesentlichen den bereits gestellten entsprechen. Lediglich
die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung und einer Fibromyalgie sei von ihm nicht gestellt worden. Die Klägerin
habe im Rahmen der Untersuchung aber auch kein Trauma beschrieben, welches geeignet wäre, eine posttraumatische Belastungsstörung
hervorzurufen. Allerdings sei die Diagnose in den Attesten von Dr. C. und Dr. N. auch nicht nachvollziehbar entsprechend den
ICD-Kriterien begründet worden. Soweit Dr. C. auf dramatische Erlebnisse in der Kindheit hingewiesen habe, möglicherweise
das schwierige Verhältnis der Klägerin zu ihrem Vater oder die mehrmonatige Unterbringung bei einem Onkel und dessen Ehefrau,
sei auch er in seinem Gutachten darauf eingegangen. Abgesehen davon, dass eine posttraumatische Belastungsstörung zum Zeitpunkt
seiner Untersuchung noch nicht bekannt gewesen sei, sei aber ein belastendes Ereignis, das geeignet wäre, eine solche posttraumatische
Belastungsstörung hervorzurufen, weiterhin nicht erkennbar. Hinsichtlich der Diagnose eines Fibromyalgie-Syndroms handle sich
nach seiner Auffassung um eine spezielle Ausgestaltung einer Somatisierungsstörung bzw. einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung.
Allerdings hätten sich hinsichtlich der letztlich entscheidenden funktionellen Einschränkungen im Rahmen seiner Untersuchung
keine entsprechenden Einschränkungen gezeigt. Das Bewegungsverhalten der Klägerin sei weitgehend ungestört gewesen, auch eine
über das normale Maß wesentlich hinausgehende Drucküberempfindlichkeit habe nicht festgestellt werden können. Eine mittelgradige
bis schwere depressive Episode entsprechend der ICD Kodierung habe er ebenfalls nicht feststellen können. Die Klägerin habe
zwar mit erheblicher Eindringlichkeit über ihre Beschwerden berichtet und sich insoweit auch als erheblich betroffen dargestellt,
sei jedoch während des weitaus überwiegenden Zeitraums der Untersuchung in einer indifferenten Gestimmtheit und affektiv schwingungsfähig
gewesen. Eine von Dr. C. beschriebene Antriebsminderung habe die Klägerin bei der Beschreibung ihrer Tagesaktivitäten zumindest
nicht zum Ausdruck gebracht, wobei sie angegeben habe, morgens eine Stunde mit dem Hund spazieren zu gehen und dabei 2-3 km
zurückzulegen. Vorbefunde zu filtern sei nicht üblich. Das direkte Abfragen (weiterer) funktioneller Beeinträchtigungen sei
wegen der Suggestivwirkung nicht ratsam. Jedenfalls habe die Klägerin ausreichend Zeit gehabt, ihre Einschränkungen darzulegen,
was sie auch getan habe. Die Formulierung zur Fibromyalgie-Diagnostik beziehe sich auf den Befundbericht vom 28.04.2016 und
die darin getroffenen Feststellungen. Gesundheitliche Einschränkungen, die einer Steigerung der sportlichen Aktivitäten oder
einer Verrichtung leichter Tätigkeiten im Sinne einer fehlenden Umstellungsfähigkeit entgegenstehen würden, seien nicht erkennbar.
Mit Schriftsatz vom 04.09.2017 hat die Klägerin daran festgehalten, dass ausschließlich Dr. L. das komplexe Krankheitsbild
der Fibromyalgie ausreichend erfasst habe, und gerügt, dass ihr alleine durch die Chronologie die Möglichkeit abgeschnitten
werde, nachfolgend noch einen Antrag nach §
109 SGG zu stellen. Sie hat beantragt, das Gutachten des Dr. B. mit ergänzender Stellungnahme dem Gutachter nach §
109 SGG zur Stellungnahme und Bewertung vorzulegen, anschließend Termin zur mündlichen Verhandlung zu bestimmen und zu diesem die
beiden Sachverständigen zu laden, damit eine Erläuterung des Gutachtens im Hinblick auf die beiden sich widersprechenden Ergebnisse
erfolgen könne. Schließlich stelle sich die Frage, ob nicht ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen sei, um bestehende
Widersprüchlichkeiten auszuräumen (BSG, Urteil vom 29.05.2015 - B 13 R 129/15 B). Die Klägerin sei aufgrund der am schwerwiegendsten anzusehenden Diagnose der Fibromyalgie Probandin einer an der Uniklinik
W-Stadt durchgeführten Fibromyalgie-Studie. Dabei seien auch krankhafte Veränderungen des untersuchten Gewebes an für Fibromyalgie-Erkrankungen
typischen Fasern erkennbar gewesen. Daher sei die Einordnung der Diagnose gerade nicht unerheblich, was auch das BSG in der Vergangenheit bereits festgestellt habe. Tatsächlich sei die Fibromyalgie durch weit verbreitete Lokalisation in der
Muskulatur nicht nur von Schmerzen geprägt, sondern auch von psychischen Beeinträchtigungen wie Übermüdung durch Schlafstörungen,
Wetterfühligkeit, Ängstlichkeit, Depression, Müdigkeit, Konzentrationsstörungen und Empfindlichkeit gegenüber Licht, Lärm
und Kälte. Schließlich habe Dr. B. auch die medikamentöse Schmerztherapie nicht korrekt erfasst und als unbedeutend/gelegentlich
abgetan, obwohl die Leberwerte der Klägerin bereits durch die mehrmals wöchentliche Einnahme von Iboprofen 800 mg bis zu dreimal
täglich erheblich belastet seien. Es werde außerdem beantragt, eine fachkundige Stellungnahme der Verantwortlichen Ärztin
der Universitätsklinik W-Stadt einzuholen, um Fragen zum Inhalt der Studie und gegebenenfalls auch zur Abgrenzung der Fibromyalgie
von der somatoforme Schmerzstörung oder anderen psychisch bedingten Schmerzsymptomen zu beantworten und für den Fall, dass
das Gericht dem nicht nachkomme, die sachkundigen Zeuginnen PD Dr. Ü. und/oder Prof. Dr. S. über die Universitätsklinik W-Stadt
zu der Anerkennung der Fibromyalgie als eigenständiger Krankheitsdiagnose und der bei Fibromyalgie-Erkrankungen auftretenden
gesundheitlichen Beschwerden sowie deren Auswirkungen auf die körperliche Leistungsfähigkeit der Betroffenen zu laden.
Der Senat ist dem Antrag, gemäß §
109 SGG Dr. L. um ergänzende Stellungnahme zu bitten, nachgekommen. Mit ergänzender Stellungnahme vom 09.10.2017 hat Dr. L. an seiner
Einschätzung festgehalten. Im Vordergrund des Streitverfahrens stehe als Dreh-und Angelpunkt die Bewertung einer Fibromyalgie,
wobei trotz 2 Millionen Fibromyalgie-Betroffener nur wenige Gerichtsgutachter offensichtlich eigene Erfahrung gesammelt hätten.
Im Vordergrund der Fibromyalgie stehe der großflächige chronische Schmerz im muskulutalen System, der in der Alltagsdiagnostik
nicht zu messen sei, allenfalls in aufwändigen Untersuchungen mit Messung der Substanz P, die sich bei allen chronischen Schmerzpatientin
in erhöhter Form finde. Die fehlende Objektivierbarkeit von Schmerzen führe immer wieder dazu, den Schmerz zu negieren, so
auch im Gutachten Dr. B ... Dabei komme den Tender Points nicht mehr die Bedeutung zu, die ihnen früher zugesprochen worden
sei. Entscheidend seien die Auswirkungen der chronischen Schmerzen auf die Dauerleistung der Muskulatur. Allerdings würden
sich Fragen zu muskulären Dauerleistung im Alltag, dem Schlafverhalten, der Tagesmüdigkeit und chronischen Erschöpfung im
Gutachten Dr. B. nicht finden. Stattdessen sei auf das formale Denken abgestellt worden.
Mit weiterer ergänzender Stellungnahme 14.12.2017 hat Dr. B. ausgeführt, dass sich die Diagnosen eines Fibromyalgie-Syndroms
und einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung keinesfalls widersprechen würden, da die Fibromyalgie lediglich eine spezielle
Ausgestaltung der somatoformen Schmerzstörung darstelle, wobei beiden Fällen keine nachvollziehbaren körperlichen Ursachen
zu Grunde liegen würden. Angesichts der bei der Untersuchung festgestellten Einschränkungen und der Anamneseerhebung mit einem
relativ umfangreichen täglichen Aktivitätenspektrum sei nicht nachvollziehbar, warum die Klägerin nicht in der Lage sein sollte,
einer körperlich leichten Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig nachzugehen.
Mit Schriftsatz vom 13.03.2018 hat die Bevollmächtigte der Klägerin erneut beantragt, im Termin zur mündlichen Verhandlung
beide Sachverständigen zur Erläuterung ihrer jeweiligen Gutachten anzuhören und diese hierfür persönlich zu laden. Die Feststellungen
von Dr. B. stünden in eklatantem Widerspruch zu denen von Dr. L., der als für das die Leistungsfähigkeit der Klägerin prägende
Krankheitsbild der Fibromyalgie renommierter Gutachter anerkannt sei, während die Äußerungen von Dr. B. deutlich machten,
dass er die Auswirkungen der Fibromyalgie im Alltag der Klägerin nicht einschätzen könne bzw. nicht bereit sei, diese in ihrem
tatsächlichen Ausmaß anzuerkennen. Dabei maße er sich an, aus beiläufig erhobenen Informationen nach diversen Aktivitäten
einen Rückschluss auf die Frage der Erwerbsminderung zu ziehen, wobei er es versäumt habe, konkret zu erheben, in welchem
zeitlichen Umfang diese Aktivitäten von der Klägerin überhaupt ausgeübt würden. Mit ihren täglichen Spazierrunden mit dem
Hund folge die Klägerin den Empfehlungen der behandelnden Ärzte, wobei sie anders als möglicherweise im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses
das Tempo selbst bestimmen könne. Sie hat außerdem auf ihren Antrag auf ergänzende Begutachtung nach §
109 SGG hingewiesen, wobei zunächst eine psychologische Begutachtung durchgeführt werden sollte und beantragt, gemäß §
109 SGG ein schmerztherapeutisches Sachverständigengutachten durch Dr. K. zu erholen. Bei widersprechenden Gutachten habe das Gericht
zu überprüfen, welche gutachterlichen Aussagen überzeugend erscheinen und welche nicht, ob und inwieweit gegebenenfalls das
eine Gutachten aus dem Argument des anderen Gutachtens widerlegt werden könne bzw. ob sich anhand der erstatteten Gutachten
bereits eine endgültige und widerspruchsfrei Beantwortung der Gutachtensfrage ergebe. Erst wenn das nicht der Fall sei, müsse
ein weiteres Gutachten eingeholt werden. Nach aktuellem Kenntnisstand liege der Schwerpunkt der Beschwerden der Klägerin auf
den stetigen Schmerzen, die von Dr. B. negiert worden seien. Es könne nicht angehen, dass der Klägerin aufgrund eines mangelhaften
Gutachtens nach §
106 SGG die zustehende Erwerbsminderungsrente versagt werde. Selbst wenn man die Ausführungen von Dr. L. im Hinblick auf seine Schwerpunktsetzung
im Bereich der Orthopädie trotz entsprechender Fachkunde nicht für geeignet ansähe, müsse daher noch eine Aufklärung der Schmerzsymptomatik
erfolgen. Schließlich dürfe nicht vergessen werden, dass die Klägerin nicht nur an der streitigen Diagnose einer Fibromyalgie
mit all ihren Begleiterscheinungen leide, sondern dass noch weitere, im Einzelnen aufgeführte Krankheitsbilder bestünden,
die von mehreren unabhängigen Medizinern auch im Rahmen des hier geführten Verfahrens diagnostiziert worden seien.
In der mündlichen Verhandlung am 21.03.2018 hat die Prozessbevollmächtigte ihren Antrag auf
1. die Einholung eines schmerztherapeutischen Sachverständigengutachten durch Dr. K. nach §
109 SGG sowie
2. die Anhörung der Sachverständigen Dr. L. und Dr. B. zur Erläuterung ihrer jeweiligen Gutachten in einem Termin zur mündlichen
Verhandlung wiederholt.
In der Sache hat sie den Antrag gestellt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 19. Februar 2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom
28.Oktober 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. August 2014 zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung
zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der vom Senat beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider
Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid vom 28.10.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 12.08.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Rente
wegen voller Erwerbsminderung gemäß §
43 Abs.
2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (
SGB VI) bzw. Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gemäß §
43 Abs.
1 SGB VI zu. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß §§
43 Abs.
1,
240 SGB VI besteht schon deshalb nicht, weil die Klägerin nicht vor dem 02. Januar 1961 geboren ist.
1.Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Versicherte haben gemäß §
43 Abs.
1, Abs.
2 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie
1. voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung
oder Tätigkeit haben und
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter
den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert
sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen
des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter
den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist
die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§
43 Abs.
3 SGB VI).
Die Voraussetzungen des §
43 Abs.
1 und Abs.
2 SGB VI können bei der Klägerin zur Überzeugung des Senats nicht festgestellt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die objektive
Beweislast für das Vorliegen einer Erwerbsminderung auf Seiten der Klägerin liegt. Objektive Beweislast bedeutet, dass jeder
Beteiligte die Beweislast für diejenigen Tatsachen trägt, welche die von ihm geltend gemachte Rechtsfolge begründen (Schmidt
in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Auflage, §
103 Rn. 19a). Dies gilt für das Vorhandensein positiver wie für das Fehlen negativer Tatbestandsmerkmale. Bezogen auf die hier
streitige Rente wegen Erwerbsminderung bedeutet dies, dass Zweifel am Eintritt des Versicherungsfalles zu Lasten der Klägerin
gehen (vgl. BSG, Urteil vom 28.08.1991 - 13/5 RJ 47/90).
Allerdings kann die Klägerin nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme weiterhin mindestens 6 Stunden täglich Arbeiten auf dem
allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten. Der Senat schließt sich insoweit den übereinstimmenden Feststellungen von Amts wegen
eingeholten Gutachten der Sachverständigen Dr. P., Dr. R. und Dr. B. an. Dem Gutachten von Dr. L. lassen sich zur Überzeugung
des Senats ebenfalls keine Einschränkungen entnehmen, die geeignet wären, einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung
zu begründen.
Die Klägerin leidet danach an gewissen Einschränkungen auf orthopädischem Fachgebiet, die im sozialgerichtlichen Verfahren
insbesondere von Dr. R. mit Gutachten vom 21.11.2015 untersucht und gewürdigt worden sind. Danach bestehen ein rezidivierendes
HWS-Syndrom sowie - nach einer operativen Versteifung im Bereich L5/L6 - ein rezidivierendes LWS-Syndrom, jeweils ohne sensormotorische
Ausfälle. Die Klägerin leidet außerdem nach einem operativ behandelten Karpaltunnelsyndrom beidseits an einer verbleibenden
Pelzigkeit des linken Daumens. Die damit in Verbindungen stehenden funktionellen Einschränkungen sind aber vergleichsweise
gering und begründen keine zeitliche Limitierung des Leistungsvermögens.
Die Klägerin hat bei der Untersuchung durch Dr. R. ein sicheres, raumgreifendes und hinkfreies Gangbild demonstriert und konnte
sich rasch und selbstständig entkleiden, wobei keine auffälligen Einschränkungen in den Bewegungsabläufen aufgefallen sind.
Auch das Aufrichten und Hinlegen im Bauch- und Rückenlage auf die Untersuchungsliege erfolgte zügig und ohne maßgeblich auffällige
Beeinträchtigungen. Lediglich im unteren Bereich der LWS hat Dr. R. eine Bewegungseinschränkung festgestellt, die übrigen
Abschnitte waren in alle Bewegungseinrichtungen frei beweglich, so auch im Bereich der HWS. Die Klägerin konnte sowohl den
Schürzen- als auch den Nackengriff beidseits sicher zeigen und auch in die tiefe Hocke gehen. Die Ansatzpunkte der Rückenmuskulatur
am Hinterhaupt waren diskret druckschmerzhaft und insgesamt hat Dr. R. im Bereich der Wirbelsäule einen mäßigen Klopf-, Druck-,
Erschütterungs- und Stauchungsschmerz festgestellt, allerdings keine hiermit in Verbindung zu bringenden Verspannungen. Die
Situation im Bereich der Versteifung wird als stabil beschrieben. Dr. R. hat aufgrund der angegebenen Hüftgelenksdysplasie
auch die Hüftbeweglichkeit überprüft und als altersentsprechend eingeordnet. Er hat weder pathologische Gelenksgeräusche noch
sonstige Reizerscheinungen oder eine Schmerzhaftigkeit festgestellt. Lediglich die Oberschenkelmuskulatur war rechts diskret
schwächer zu messen als auf der linken Seite. Die Kniegelenke waren frei beweglich bei fester Führung durch die Kreuz- und
Seitenbänder.
Dass nachfolgend eine Verschlechterung auf orthopädischem Gebiet eingetreten wäre, wird von der Klägerin nicht vorgetragen.
Auch Dr. L. und anschließend Dr. B. haben nur eine allenfalls endgradig eingeschränkte Beweglichkeit der HWS bei degenerativen
Veränderungen und Druckschmerzen und Bewegungseinschränkungen im Bereich der LWS festgestellt. Die oberen Extremitäten waren
frei beweglich und auch im Bereich der BWS haben sich keine schwerwiegenden Funktionsstörungen gezeigt. Die Hüftgelenke wie
auch die oberen und unteren Gliedmaßen waren in alle Richtungen frei beweglich. Der Finger-Boden-Abstand ist mit 5 cm dokumentiert.
Die Klägerin hat ein normales Schritttempo demonstriert, Zehen- und Fersengang waren ebenso möglich wie der Einbeinstand und
die Hocke. Auch Dr. L. hat bei diesem Befund ausdrücklich von einer völlig normalen orthopädischen Funktionalität gesprochen.
Praktisch uneingeschränkt ist nach übereinstimmender Feststellung der Gutachter auch die Funktionsfähigkeit beider Hände nach
operativer Behandlung des Karpaltunnelsyndroms. Auch im Bereich des linken Daumens haben keine über die operationsbedingten
Sensibilitätsstörungen hinausgehenden Ausfallerscheinungen festgestellt werden können. Die Narben an den Handgelenken waren
reizlos und kaum noch erkennbar. Die feinmotorischen und Grifffunktionen gelangen ebenso wie eine vollständige Streckung der
Langfinger und ein vollständiger und kräftiger Faustschluss. Auch die Durchblutungsverhältnisse beider Beine waren ungeachtet
des leichten Umfangsunterschiedes von 1 cm regelrecht. Neurologische Auffälligkeiten sind, abgesehen von der leichten Sensibilitätsstörung
im Daumenbereich, ebenfalls bei keiner Begutachtung zu Tage getreten.
Nachvollziehbar sind bei diesem Befund die Einschränkungen auf orthopädischem Gebiet nicht geeignet, die von der Klägerin
beklagten Beschwerden und Schmerzen zu erklären oder eine zeitliche Limitierung des Leistungsvermögens zu begründen. Fest
steht allerdings, dass die Klägerin aufgrund der Aufbraucherscheinungen nur noch leichte Arbeiten mit häufigem Wechsel zwischen
Stehen, Gehen und Sitzen verrichten kann. Auch das Heben und Tragen von Lasten, häufiges Bücken, Arbeiten in Zwangshaltungen,
unter beengten räumlichen Verhältnissen oder auf Leitern und Gerüsten können der Klägerin nicht mehr zugemutet werden. Entsprechend
steht auch im Vordergrund des Beschwerdebildes der Klägerin die Schmerzerkrankung, von Dr. P. beschrieben als Somatisierungsstörung
bzw. beginnende somatoforme Schmerzstörung und von Dr. B. als chronifizierte Schmerzstörung mit körperlichen und psychischen
Faktoren bei degenerativen Veränderungen und anhaltender somatoforme Schmerzstörung. Nach Dr. L. handelt es sich um ein ausgeprägtes
generalisiertes Fibromyalgie-Syndrom mit allen dazugehörigen typischen Erscheinungsformen, insbesondere der muskulären Dauerleistungseinbuße,
der chronischen Müdigkeit und der chronischen Schmerzerkrankung im Stadium Gerbershagen III.
Entscheidend ist aber, was das Sozialgericht zutreffend festgestellt hat, nicht die Diagnose, sondern die Frage, welche Leistungseinschränkungen
hieraus resultieren. Auch das Bundessozialgericht (BSG) hat gerade im Zusammenhang mit dem Vorliegen einer Fibromyalgie-Erkrankung immer wieder darauf hingewiesen, dass es nicht
genügt, sich mit der Frage des Vorliegens einer Fibromyalgie-Erkrankung auseinanderzusetzen, sondern dass konkrete Leistungseinschränkungen
festzustellen sind (vgl. etwa Beschluss vom 26.01.2017 - B 13 R 337/16 B -). Insoweit kommt es darauf an, ob unter Berücksichtigung der üblichen Anforderungen der Tätigkeiten auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt ein Versicherter trotz vorliegender Erkrankungen noch mindestens 6 Stunden täglich tätig sein kann, wenn auch
unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen. Ob ein derartiges Leistungsvermögen noch besteht oder nicht, ist aber
nicht anhand der subjektiven Überzeugung des Versicherten festzustellen, sondern durch ärztliche Sachverständige, die die
objektiv vorliegenden, aus den gesundheitlichen Erkrankungen folgenden Funktionseinschränkungen für Tätigkeiten des allgemeinen
Arbeitsmarktes festzustellen und subjektive Angaben und Überzeugungen des Versicherten in diesen objektiv festzustellenden
Rahmen einzuordnen haben.
Diesen Ansprüchen genügen im Ergebnis die von Amts wegen eingeholten Gutachten, zuletzt von Dr. B., nicht aber das Gutachten
von Dr. L., der seine Einschätzung eines praktisch aufgehobenen Leistungsvermögens ausschließlich auf die Diagnose einer Fibromyalgie-Erkrankung
stützt, in deren Bild er die subjektiven Angaben der Klägerin im Ergebnis als schlüssig einordnet.
Fest steht, dass die Klägerin nach eigenen Angaben seit Jahren an einer Schmerzerkrankung leidet; 2013 wurde erstmals eine
Fibromyalgie diagnostiziert. Jedenfalls im Entlassungsbericht der A. Klinik vom 28.03.2014 ist diese Diagnose übernommen worden
und um die Diagnose einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren ergänzt worden. Als subjektive
Funktionseinschränkungen sind darin schnelles Ermüden und Einschränkungen aufgrund von Rücken- und Armschmerzen angegeben
worden, aber keine konkrete Bezugnahme auf zeitliche Einschränkungen. Der Klägerin ist neben der Fortsetzung einer ambulanten
Psychotherapie eine Gewichtsreduktion empfohlen worden. Dies deckt sich mit dem Feststellungen der Klinik der Universität
M-Stadt vom 31.01.2014, wo der Klägerin ausgehend von der Verdachtsdiagnose Fibromyalgie-Syndrom eine Mischung aus Bewegung,
psychotherapeutischer und einer medikamentösen Schmerzbehandlung empfohlen worden ist. Im Bericht des Schmerzzentrums I. vom
09.10.2014 wird der Schmerz entsprechend der Angaben der Klägerin als in den Beinen brennend, in der Schulter stechend und
bei Stress und Müdigkeit zunehmend beschrieben. Im Rahmen der körperlichen Untersuchung konnte der angegebene Schmerz aber
nur zum Teil reproduziert werden. Der Klägerin wurde anschließend eine stationäre multimodale Schmerztherapie empfohlen.
Gegenüber Dr. P. hat die Klägerin angegeben, dass sie überall Schmerzen habe mit schwankender Intensität, darunter auch verschiedene
Arten von Kopfschmerz. Im Rahmen der Untersuchung war aber lediglich die lumbale Operationsnarbe nach Angabe druckschmerzhaft.
Konstant reproduzierbare Druckpunkte wie bei einer Fibromyalgie waren nicht festzustellen. Auch Dr. B. konnte keine nennenswerten
Druckdolenzen im Bereich der Körperoberfläche feststellen. Dr. L. hat die Schmerzschilderung der Klägerin wörtlich im Gutachten
aufgeführt. Danach hat die Klägerin über im Prinzip permanente Schmerzen wechselnder Lokalisation geklagt, die insbesondere
bei längerer Beanspruchung der Muskulatur zunehmen würden. Auch sei der Nachtschlaf durch Schmerzen beeinträchtigt. Im Rahmen
seiner Untersuchung hat er verschiedene Schmerzbeobachtungen festgehalten, so deutlich schmerzhafte Druckpunkte (Tenderpoints)
am rechten Schultergelenk, am rechten Ellenbogengelenk und am linken Handgelenk, Triggerpunke im lateralen Bizepsbauch mit
der Erzeugung ausstrahlender Schmerzen und Druckschmerzen im Bereich der HWS sowie ein Bewegungsschmerz im Bereich der Iliosacralfugen.
Auch die gesamte Rückenstreckermuskulatur war nach seinen Angaben druckschmerzhaft. Er hat diese Schmerzen als fibromyalgietypisch
eingeordnet und entsprechend die Diagnose einer Fibromyalgie-Erkrankung gestellt. Allerdings hat er sich in der Folge darauf
beschränkt, das Beschwerdebild der Klägerin mit dem typischen Beschwerdebild einer Fibromyalgie-Erkrankung zu vergleichen
und eingeräumt, dass weder der Schmerzpegel noch eine fehlende Dauerleistungsfähigkeit im Rahmen einer Untersuchung überprüft
werden könnten und auch den Tenderpoints nach inzwischen gefestigter Auffassung keine relevante Bedeutung mehr zukomme.
Das bedeutet, dass alle Gutachter, auch Dr. P. und Dr. B., sich mit den Schmerzangaben der Klägerin auseinandergesetzt und
diese auch in ihre Untersuchung einbezogen haben, weswegen bei ausreichender Befundlage auch weitere Ermittlungen entbehrlich
sind. Eine rentenrechtliche relevante Einschränkung kann hieraus allerdings nicht festgestellt werden. Die Begutachtung von
Schmerzen ist grundsätzlich eine interdisziplinäre Aufgabe, die sowohl die Kompetenz zur Beurteilung körperlicher als auch
psychischer Störungen erfordert. Entsprechend sind vorliegend Gutachten sowohl auf orthopädischem Gebiet als auch auf neurologisch-psychiatrischem
Gebiet eingeholt worden. Vom Senat wird auch nicht verkannt, dass chronischer Schmerz, auch wenn er nicht mit einer körperlichen
Erkrankung in Verbindung gebracht werden kann, zu einem eigenständigen Dauerleiden und unter Umständen auch zu einer rentenrechtlichen
relevanten Leistungseinschränkung führen kann. Allerdings handelt es sich stets um ein subjektives Phänomen, bei dem hinsichtlich
des Schmerzempfindens zahlreiche weitere Faktoren der aktuellen Lebenssituation sowie biographische Einflüsse eine Rolle spielen,
weswegen im Rahmen einer leitliniengerechten Begutachtung solche Faktoren zwingend zu ermitteln sind. Dazu gehören neben der
Biographie auch der Tagesablauf und die Erfassung außerberuflicher Aktivitäten sowie die Intensität und die Ergebnisse bisheriger
Behandlungsversuche (Müller in Francke/Gagel/Bieresborn, Der Sachverständigenbeweis im Sozialrecht, 2. Aufl., S. 376). Anschließend
sind die Angaben einer strengen Konsistenzprüfung zu unterziehen. Dazu sind nicht nur Widersprüche in den Angaben zu hinterfragen,
sondern auch die Beobachtungen in der Untersuchungssituation, dazu gehört auch die Art und Weise, in der Beschwerden geschildert
werden, mit einzubeziehen.
Diesen Anforderungen sind die Gutachter Dr. B. und Dr. P. gerecht geworden, indem sie einerseits die Beschwerdeschilderung
der Klägerin erhoben haben, andererseits aber auch erhaltene Aktivitäten abgefragt haben. Sie haben überprüft, inwieweit danach
die Angaben der Klägerin als konsistent angesehen werden können. Schließlich haben sie eine abschließende Wertung auch unter
Berücksichtigung des psychopathologischen Befunds und der Vorbefunde abgegeben. Insoweit ist es auch nicht zu beanstanden,
sondern geradezu zwingend, dass Dr. B. überprüft hat, ob und inwieweit die Klägerin tatsächlich in ihrer Konzentration und
Aufmerksamkeit beeinträchtigt ist. Zum einen ist die Angabe einer eingeschränkten Konzentration, die in der Vergangenheit
auch zu Fehlern und dem Verlust des Arbeitsplatzes geführt habe, von der Klägerin selbst gemacht worden. Zum anderen ist dies
im Rahmen einer Konsistenzprüfung ein weiterer wichtiger Aspekt. Wäre die Klägerin tatsächlich durch dauerhafte Schmerzen
und Schlaflosigkeit derart beeinträchtigt, dass sie nicht mehr in der Lage wäre, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, müsste
sich dies auch im psychischen Befund und ihrem Konzentrationsvermögen niederschlagen, zumal dieses nach der Feststellung von
Dr. L. schon aufgrund seiner Diagnose einer Fibromyalgie-Erkrankung erheblich eingeschränkt sein müsste. Tatsächlich hat aber
keiner der Gutachter, auch nicht Dr. L., einen Befund erhoben, der diesen Schluss zulassen würde. Auch im Rahmen der 3-stündigen
Exploration bei Dr. B., der gezielte Testungen durchgeführt hat, sind entsprechende Einschränkungen nicht zu Tage getreten.
Insoweit kommt auch dem von Dr. B. erhobenen Tagesablauf Bedeutung zu, der gerade nicht den Eindruck erweckt, dass die Klägerin
schmerzbedingt derart eingeschränkt wäre, dass sie nicht mehr berufstätig sein könnte. Die Klägerin führt einen Haushalt mit
ihrem Mann und mehreren Haustieren, die sie versorgt. Sie geht regelmäßig mit den Hunden spazieren, pflegt jedenfalls telefonisch
noch einen Freundeskreis und hat Hobbies wie Malen und Lesen. Dabei ist unerheblich, dass sie in der mündlichen Verhandlung
diese Angaben insofern relativiert und dem Eindruck eines danach ungestörten Alltags einschränkend entgegengetreten ist, indem
sie angegeben hat, dass ihr diese Tätigkeiten schmerzbedingt nicht immer möglich wären. Entscheidend ist, was Dr. B. betont
hat, das erhaltene Spektrum an Aktivitäten, das gegen die Annahme spricht, der Alltag der Klägerin wäre von den Schmerzen
bestimmt und dominiert. Auch der psychische Befund war jeweils unauffällig. Die Klägerin wirkte bis auf eine außerordentliche
Klagsamkeit hinsichtlich der angegebenen Schmerzen und der Schlafstörungen ausgeglichen. Die affektive Schwingungsfähigkeit
war ungestört.
Demgegenüber hat Dr. L. die Feststellung des seiner Meinung nach nur noch unter dreistündigen Leistungsvermögens der Klägerin
im Wesentlichen mit der subjektiven Beschwerdeschilderung der Klägerin und der von ihm mithilfe der Tenderpoints gestellten
Diagnose einer Fibromyalgie und deren typischen Erscheinungsformen begründet, wobei er in seiner ergänzenden Stellungnahme
selbst eingeräumt hat, dass den Tenderpoints nicht mehr die Bedeutung zukomme, die man ihnen in der Vergangenheit gegeben
habe. Zur Untermauerung dieser Feststellung hat er weiter ausgeführt, dass im Gegensatz zu den übrigen Gutachter nur er über
die Qualifikation verfüge, das Krankheitsbild der Fibromyalgie, die eine eigenständige Erkrankung darstelle, und deren Auswirkungen
auf das Leistungsvermögen zu beurteilen. Weder im Rahmen seines Gutachtens noch in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 09.10.2017
hat er aber diese Leistungseinschränkungen bezogen auf den Fall der Klägerin konkret beschrieben, noch hat er die Beschwerden
der Klägerin einer Konsistenzprüfung unterzogen, was angesichts des von ihm selbst eingeräumten weitgehend unauffälligen Befundes
während der Untersuchung angezeigt und im Sinne einer leitliniengerechten Begutachtung auch zwingend erforderlich gewesen
wäre. Soweit Dr. L. kritisiert, dass Dr. B. sich nicht mit der Frage der Auswirkungen der chronischen Schmerzen auf die Dauerleistung
der Muskulatur und der Tagesmüdigkeit und chronischen Erschöpfung auseinandergesetzt habe und stattdessen auf das formale
Denken der Klägerin beim Lösen verschiedener Aufgaben abgestellt habe, bleibt festzustellen, dass Dr. L. nicht einmal den
Versuch unternommen hat, die Angaben der Klägerin zu ihrem unzureichenden Schlafverhalten und den Auswirkungen auf ihre Leistungsfähigkeit
im Alltag einer Objektivierung oder Konsistenzprüfung zu unterziehen. Soweit Dr. L. darüber hinaus einen ungewöhnlichen Pausenbedarf
festgestellt hat, ist auch dieser im Gutachten nur mit der von ihm gestellten Diagnose und damit üblicherweise verbundenen
Symptomen, nicht aber mit konkret von ihm festgestellten Leistungseinschränkungen der Klägerin begründet worden. Eine seelische
Störung von Krankheitswert, die die Klägerin noch an der Ausübung leidensgerechter Tätigkeiten hindern würde, liegt ebenfalls
nicht vor. Die Klägerin leidet an einer rezidivierenden depressiven Störung wechselnden Ausmaßes. Vom Gutachter im Rentenverfahren
Dr. Sch. ist eine mittelgradige Episode beschrieben worden, so auch im Entlassungsbericht der A. Klinik vom März 2014 und
dem Arztbrief des Schmerzzentrums I. vom 09.10.2014. Eine schwere depressive Episode ist mit Befundbericht vom 10.06.2014
von der behandelnden Psychiaterin C. mitgeteilt worden. Zuletzt hat Dr. C., bei der die Klägerin seit Januar 2017 in Behandlung
ist, mit Befundbericht vom 11.05.2017 erneut eine mittelgradige depressive Episode beschrieben, nachdem es offensichtlich
im Jahr 2016 und wieder im April 2017 vorübergehend zu einer krisenhaften Verschlechterung gekommen war. Als verbleibende
Symptome hat sie eine depressive Verstimmung mit dauerhafter Erschöpfung, Antriebsminderung, sozialem Rückzug, Schlafstörungen
und Grübelneigung im Sinne einer Dysthymie beschrieben und hinsichtlich der Einbrüche in der Vergangenheit Bezug genommen
auf traumatische Erfahrungen in der Kindheit, Überlastungserfahrungen und Schmerzbelastung bei Fibromyalgieschüben. Bei Dr.
P. im Mai 2015 wirkte die Klägerin nur leicht depressiv verstimmt. Dr. B. hat im Zeitpunkt seiner Untersuchung im Februar
2017, also nach der ersten von Dr. C. beschriebenen Krise, keine wirkliche depressive Symptomatik festgestellt und auch -
unter Bezugnahme auf das erhaltene Aktivitätenspektrum, nicht den Umfang - nachvollziehbar eine Antriebsminderung ausgeschlossen.
Allerdings hat auch Dr. C. ungeachtet der Diagnose einer gegenwärtig mittelgradigen Episode keine Einschränkungen beschrieben
hat, die über eine depressive Verstimmung im Sinne einer Dysthymie hinausgehen würden. Eine seit vielen Jahren bestehende
Angststörung phobischer Ausprägung im Zusammenhang mit Trennungssituationen besteht zwar noch, ist aber nach den Feststellungen
von Dr. B. derzeit nur gering ausgeprägt. Auch ist die Klägerin von allen Gutachtern zu ihrer Kindheit und dem Verhältnis
zu ihrer Familie befragt worden, ohne dass dabei ein Trauma, zumal im Sinne einer posttraumatischen Belastungsstörung zutage
getreten wäre. Dass die Klägerin in ihrer Kindheit negative Erfahrungen gemacht hat, die sie prägen (etwa im Sinne der von
Dr. B. beschriebenen Trennungsängste) bedeutet nicht zwangsläufig, dass deswegen eine seelische Erkrankung relevanten Ausmaßes
vorliegen würde. Tatsächlich kann eine solche auch mit den aktuellen Befunden der behandelnden Ärzte derzeit nicht festgestellt
werden.
Schließlich ist bei dem Krankheitsbild der Klägerin ungeachtet der Bezeichnung zu berücksichtigen, dass für die Feststellung
einer hierauf gestützten Erwerbsminderung feststehen muss, dass alle Behandlungsmöglichkeiten bereits ausgeschöpft sind. Nach
ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts werden psychische Erkrankungen erst dann rentenrechtlich relevant, wenn
trotz adäquater Behandlung (medikamentös, therapeutisch, ambulant und stationär) davon auszugehen ist, dass ein Versicherter
die psychischen Einschränkungen dauerhaft nicht überwinden kann - weder aus eigener Kraft, noch mit ärztlicher oder therapeutischer
Hilfe (BSG, Urteil vom 12.09.1990 - 5 RJ 88/89 -; BSG, Urteil vom 29.02.2006 - B 13 RJ 31/05 R -). Nichts anderes gilt ungeachtet der Diagnose und ihrer systematischen Einordnung für die Schmerzerkrankung der Klägerin.
So ergibt sich aus allen vorgelegten Befundberichten, darunter zuletzt die ärztliche Stellungnahme der Schmerzzentrums I.,
dass auch die schmerztherapeutischen Behandlungsmöglichkeiten noch nicht ausgeschöpft sind, und auch die behandelnde Fachärztin
für Neurologie und Psychiatrie C. hat mit Attest vom 11.05.2017 geschildert, dass sich die Klägerin sich nach einer krisenhaften
Verschlechterung im November 2016 unter Fortführung der antidepressive Medikation wieder stabilisieren konnte und ein weiteres
suizidales Stimmungstief im April 2017 durch intensive psychotherapeutische und psychiatrische Behandlung habe gebessert werden
können. Eine konsequente schmerztherapeutische Behandlung, zu der nach den Empfehlungen der Universitätsklinik München bei
einer Fibromyalgie-Erkrankung neben einer medikamentösen Behandlung auch eine konsequente Psychotherapie sowie regelmäßiger
Bewegung gehören würde, ist bisher nicht beschrieben worden. Aufgrund welcher Einschränkungen der Klägerin, die ja selbst
angibt, regelmäßig mit ihren Hunden spazieren zu gehen, drüber hinaus nicht auch gezielte körperliche physiotherapeutische
Maßnahmen möglich sein sollten, wie sie von den behandelnden Ärzten seit Jahren empfohlen wurden, ist nicht erkennbar.
Eine Beschränkung der Wegefähigkeit auf eine Gehstrecke von unter 500m ist von keinem Gutachter, auch nicht von Dr. L. festgestellt
worden. Dem widersprechen auch die eigenen Angaben der Klägerin, die mit ihren Hunden regelmäßig größere Strecken spazieren
geht, mag sie dabei auch Pausen einlegen.
2.Der Senat ist bei der vorliegenden Befund- und Gutachtenslage nicht gehalten, von Amts wegen erneut in die Beweisaufnahme
einzutreten. Insbesondere ist es ungeachtet der im Ergebnis nicht als ausreichend und verwertbar angesehenen Feststellungen
von Dr. L. nicht erforderlich, ein weiteres Gutachten bei einem auf das Vorliegen von Fibromyalgie-Erkrankungen spezialisierten
Gutachter in Auftrag zu geben. Entscheidend für die Qualifikation eines Gutachters ist im Zusammenhang mit der Beurteilung
von Schmerzstörungen nicht, ob er von Haus aus Internist, Rheumatologe, Orthopäde, Neurologe oder Psychiater ist. Entscheidend
ist ob der Gutachter im Ergebnis in der Lage ist Schmerzerlebnis, Schmerzverhalten und Schmerzverarbeitung des Versicherten
zu erfassen und zu bewerten (BSG, Beschluss vom 09.04.2003 - B 5 RJ 80/02 B). Diesen Anforderungen genügen die von Amts wegen eingeholten Gutachten und auch Dr. L. verfügt als Orthopäde und aufgrund
seiner langjährigen Erfahrung und Expertise mit dem Krankheitsbild der Fibromyalgie über die Kompetenz, deren Auswirkungen
zu beurteilen. Allerdings hat er keine Feststellungen getroffen, die es erlauben würden, auch im Fall der Klägerin auf entsprechende
Leistungseinschränkungen zu schließen. Da es für die Beurteilung des rentenrechtlich relevanten Leistungsvermögens der Klägerin
außerdem weder auf die Diagnoseerstellung als solche noch auf die Klassifizierung nach ICD-10 sondern ausschließlich auf die
bei der Klägerin vorliegenden Leistungseinschränkungen ankommt, ist der Senat ist auch nicht gehalten, dem Antrag der Klägerin
auf Einholung fachkundiger Stellungnahmen zur Anerkennung der Fibromyalgie als eigenständiger Krankheitsdiagnose sowie der
bei Fibromyalgie-Erkrankungen üblicherweise auftretenden gesundheitlichen Beschwerden sowie deren Auswirkungen auf die körperliche
Leistungsfähigkeit der Betroffenen nachzukommen. Nach den Unterlagen, die von der Klägerin über die an der Universitätsklinik
W-Stadt durchgeführte Studie vorgelegt worden sind, hat diese Studie ausschließlich die Untersuchung eines Zusammenhangs zwischen
geschädigten Nervenzellen und einer Fibromyalgie-Erkrankung im Sinne neuer Diagnosemethoden zum Gegenstand, nicht aber die
Erfassung konkreter Einschränkungen der Probanden. Welche Erkenntnisse hieraus bezogen auf das im vorliegenden Verfahren streitige
Leistungsvermögen der Klägerin gewonnen werden sollen, ist nicht ersichtlich. Dies hat die Klägerin auch in der mündlichen
Verhandlung nicht dargelegt. Für die Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin kommt es aber auch nicht entscheidend
darauf an, ob abstrakt ein bestimmter Prozentsatz von Patienten vermeintlich unter den gleichen Symptomen leidet wie die Klägerin
oder wie hoch dieser Prozentsatz ist oder ob nach neuesten medizinisch-wissenschaftlichen Studien neue Wirkungszusammenhänge
gesehen werden und ob sich hierzu in der medizinischen Fachliteratur bereits mehrheitliche Ansichten gebildet haben (Bayerisches
Landessozialgericht, Urteil vom 22.11.2017 - L 19 R 365/14 -, juris).
3.Da aufklärungsbedürftige Widersprüche zwischen den Gutachten von Dr. B. und Dr. L. nicht bestehen, ist auch dem Antrag auf
Anhörung beider Gutachter nicht nachzukommen. Zwar kann ein Antrag auf mündliche Erläuterung des Sachverständigengutachtens
nicht allein deshalb abgelehnt werden, weil das schriftliche Gutachten dem Gericht überzeugend und nicht weiter erörterungsbedürftig
erscheint (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 17.01.2012 - 1 BvR 2728/10 -, juris). Einem Beteiligten steht im Rahmen des verfassungsrechtlich verbürgten Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs
(§
62 SGG, Art
103 Abs.
1 Grundgesetz) das Recht zu, dem Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die er zur Aufklärung der Sache für dienlich erachtet
(BSG, Beschluss vom 12.12.2006 - B 13 R 427/06 B - juris Rn. 7). Allerdings muss der Antrag rechtzeitig gestellt werden und darf nicht rechtsmissbräuchlich sein; vgl. auch
BVerfG NJW 1998, 2273; BGH NJW 1998, 162, 163 alle mwN). Schließlich verlangt auch Art.
103 Abs.
1 GG nicht, einem rechtzeitigen und nicht missbräuchlichen Antrag auf Anhörung der Sachverständigen ausnahmslos Folge zu leisten.
Die mündliche Anhörung des Sachverständigen ist zwar die nächstliegende, aber nicht die einzig mögliche Behandlung eines derartigen
Antrags (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 03.02.1998, a.a.O.; vgl. BGH, Urteil vom 10.12.1991 - VI ZR 234/90 -, NJW 1992, S. 1459 f.). Eine Form für die Befragung ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, sodass sie sowohl mündlich als auch schriftlich erfolgen
kann (BSG, Beschluss vom 05.02.2009 - B 13 R 561/08 B -, juris). Einwendungen in diesem Sinn sind dem Gericht außerdem rechtzeitig mitzuteilen (vgl. §
411 Abs.
4 ZPO).
Die Voraussetzungen für eine mündliche Anhörung der Sachverständigen sind danach nicht erfüllt. Die Einwendungen der Klägerin
gegen das Gutachten von Dr. B. in den Schriftsätzen vom 22.05.2017 und 04.09.2017 sind bereits mit den ergänzenden Stellungnahmen
von Dr. B. vom 26.07.2017 und 14.12.2017 beantwortet worden. Diesen Feststellungen ist die Klägerin anschließend nicht mit
Einwendungen entgegengetreten, die eine neuerliche Befragung oder gar mündliche Anhörung erforderlich gemacht hätten. Zum
einen bezieht sich ihre Kritik nicht auf die von Dr. B. erhobenen Angaben und den Befund, denen sie lediglich relativierend
entgegengetreten ist, sondern im Kern auf die ihrer Meinung nach unrichtige Schlussfolgerung eines danach nicht erheblich
eingeschränkten Leistungsvermögens. Auch soweit sie zuletzt noch gerügt hat, dass Dr. B. die medikamentöse Schmerztherapie
nicht korrekt erfasst und als unbedeutend/gelegentlich abgetan habe, ist sie auch insofern nicht den tatsächlich aufgrund
der Angaben der Klägerin wiedergegebenen Ausführungen zur Medikation entgegengetreten (Ibuprofen 800 mg 2 x wöchentlich),
sondern lediglich der Bewertung dieser Einnahme durch Dr. B. als gelegentlich. Die Feststellung, dass dieses Medikament von
ihr nur "gelegentlich" genommen wurde, beruht also auf den Angaben der Klägerin. Soweit Dr. B. auf bestehende Verbesserungsmöglichkeiten
durch geeignete Medikation hingewiesen hat, betrifft dies die Frage einer möglichen Verbesserung des derzeitigen Zustandes,
nicht aber die Beurteilung der Leistungsfähigkeit, die unter Berücksichtigung der derzeitigen Medikation erfolgt ist. Auch
unterscheiden sich die von Amts wegen eingeholten Gutachten, insbesondere das Gutachten von Dr. B., und das Gutachten von
Dr. L. nicht in den erhobenen Befunden. Diese unterscheiden sich allenfalls dadurch, dass Dr. L. gegenüber der Gutachten von
Amts wegen bei seiner Untersuchung eine etwas stärkere Druck- und auch Bewegungsschmerzhaftigkeit festgestellt hat. Der entscheidende
Unterschied liegt aber in den hieraus gezogenen Schlüssen, die zu würdigen Aufgabe des Senats ist. So hat Dr. L. die Auffassung
vertreten, bei der Klägerin zweifelsfrei eine Fibromyalgie-Erkrankung im Sinne einer körperlich manifesten Erkrankung nachgewiesen
zu haben, woraus sich seiner Meinung nach bestimmte, auch im Fall der Klägerin vorliegende Symptome ergeben würden, die der
Ausübung einer Berufstätigkeit entgegenstehen würden. An dieser Auffassung, die der Senat aus rechtlichen Gründen nicht teilt,
hat er auch mit seiner ergänzenden Stellungnahme vom 09.10.2017 ausdrücklich festgehalten Dr. B. hat dagegen wie die übrigen
Gutachter von Amts wegen untersucht, inwieweit sich hieraus objektivierbare Leistungseinschränkungen ergeben, allerdings ohne
entsprechende Leistungseinschränkungen feststellen zu können. Die Klägerin hat auch im Termin nicht dargelegt, welche konkreten
Fragen ergänzend aus ihrer Sicht noch an einen der Sachverständigen zu stellen wären.
4.Der erst mit Schriftsatz vom 13.03.2018 und damit verspätet gestellte Antrag nach §
109 SGG steht einer Entscheidung in der Sache ebenfalls nicht entgegen.
Gemäß §
109 Abs.
1 SGG ist im sozialgerichtlichen Verfahren auf Antrag des Versicherten ein bestimmter Arzt gutachtlich zu hören. Die Anhörung kann
von der Einzahlung eines Kostenvorschusses abhängig gemacht werden (§
109 Abs.
1 Satz 2
SGG). Der Antrag kann abgelehnt werden, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und
der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit
nicht früher vorgebracht worden ist (§
109 Abs.
2 SGG). Grobe Nachlässigkeit ist das Versäumen jeder prozessualen Sorgfalt. Sie liegt regelmäßig dann vor, wenn der Versicherte
oder sein Bevollmächtigter den Antrag auf gutachtliche Anhörung eines bestimmten Arztes nach §
109 SGG nicht in angemessener Frist stellt, obwohl er erkennt oder erkennen muss, dass die von Amts wegen durchzuführende Beweisaufnahme
beendet ist (BSG, Urteil vom 24.03.1961, Az.: 10 RV 303/5). Das war vorliegend der Fall. Der Klägerin ist mit Schriftsatz vom 04.01.2018 die
ergänzende Stellungnahme von Dr. B. übersandt und mitgeteilt worden, dass weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht vorgesehen
sind. Der rechtskundigen Bevollmächtigten der Klägerin musste danach bewusst sein, dass ein Antrag gemäß §
109 SGG nur innerhalb angemessener Frist, i.d.R. von einem Monat, möglich ist (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
12. Aufl., §
109 SGG, Rn. 11). Das BSG hat eine Frist von sechs Wochen sogar als unnötig lang angesehen (Beschluss vom 10.12.1958 - 4 RJ 143/58 -). Ein formgerechter Antrag nach §
109 SGG mit Benennung eines Arztes ist aber erst im Schriftsatz vom 13.03.2018 und damit verspätet gestellt worden. Der Senat ist
daher nicht gehalten, diesem Antrag nachzukommen.
5.Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und berücksichtigt im Sinne des Erfolgsprinzips den Ausgang des Verfahrens.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG).