Gründe:
I. Der Kläger und hiesige Beschwerdeführer ist schwerbehindert i.S. von §§
2 Abs.2, 69 Abs.1 des Sozialgesetzbuches - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (
SGB IX). Streitig ist zwischen den Parteien die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) als 80.
Der Beklagte und hiesige Beschwerdegegner hat mit dem streitgegenständlichen Bescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales
Region Niederbayern vom 30.10.2006 den GdB wie bisher mit 80 festgestellt und die Merkzeichen "G", "B" unverändert zuerkannt.
Hierbei sind nachstehende Gesundheitsstörungen berücksichtigt worden:
Ataktische Gangstörung, Funktionsbehinderung des Kniegelenks rechts, Coxarthrose mit Osteoporose, Sprunggelenksarthrose links
(Einzel-GdB 60);
Anfallsleiden bei Alkoholkrankheit in Heilungsbewährung (Einzel-GdB 40);
Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Spinalkanalstenose, Schulter-Arm-Syndrom, LWK-1-Fraktur (Einzel-GdB 30);
Versteifung des linken Daumengrundgelenks (Einzel-GdB 10).
Der hiergegen gerichtete Widerspruch vom 30.11.2006 ist mit Widerspruchsbescheid des Zentrums Bayern, Familie und Soziales
vom 27.02.2007 zurückgewiesen worden.
In dem sich anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht München nach Beiziehung weiterer ärztlicher Unterlagen bereits
ein Gutachten auf orthopädischem Fachgebiet von Dr.V. F. vom 29.05.2007 gemäß §
106 Abs.3 Nr.5 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) eingeholt. Dr.V. F. hat abschließend die Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens dringlich befürwortet.
Zwischenzeitlich hat das Sozialgericht München mit Beschluss vom 16.05.2007 den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe
abgelehnt. Vorliegend müsse darauf hingewiesen werden, dass der zu prüfende Sachverhalt im wesentlichen einfach gelagert und
leicht überschaubar sei. Es gehe um die Aufklärung, Abklärung und Erklärung medizinischer Sachverhalte, die nur durch medizinische
Sachverständige erfolgen könnten, nicht aber durch Rechtsanwälte, deren Fachkunde hier nicht ausreiche. Mit der umfassenden
Aufklärungspflicht des Sozialgerichts, die sowohl durch das zu gewährende rechtliche Gehör als auch Hilfen bei der Stellung
sachdienlicher Anträge und Vervollständigung ungenügender Angaben ergänzt werde, werde den materiell-rechtlichen Interessen
des Antragstellers im Schwerbehindertenverfahren in einem umfassenden Sinne Rechnung getragen.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde vom 08.06.2007 ging am selben Tag beim Sozialgericht München ein, welches der Beschwerde
nicht abhalf und den Gesamtvorgang dem BayLSG zur Entscheidung vorlegte.
Zur Begründung verwies die Bevollmächtigte des Beschwerdeführers darauf, dass dieser im Hinblick auf das vorliegende Anfallsleiden
anwaltschaftlicher Hilfe bedürfe. So befinde sich der Beschwerdeführer aufgrund seiner ganz ausgeprägten Ataxie noch immer
in regelmäßiger nervenärztlicher Behandlung. Weiterhin könne die Würdigung eines medizinischen Sachverständigengutachtens
von dem Beschwerdeführer selbst als juristischen Laien in keiner Weise geleistet werden. Nur über einen im Bereich des Sozialrechts
tätigen Rechtsanwalt könne eine rechtliche Überprüfung von Sachverständigengutachten anhand der auf diesem Gebiet zur Verfügung
stehenden umfangreichen Literatur und Rechtsprechung vorgenommen werden. Darüber hinaus sei anzunehmen, dass im vorliegenden
Fall die Einholung weiterer Sachverständigengutachten insbesondere auf dem Fachgebiet der Nervenheilkunde erforderlich sein
werde.
Entsprechend dem Hinweis des BayLSG vom 05.03.2009 übermittelten die Bevollmächtigten des Klägers den aktuellen Bescheid der
Landeshauptstadt A-Stadt vom 18.12.2008 über die Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch - Zwölftes Buch (SGB XII).
Danach erhält der Beschwerdeführer derzeit laufende Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von monatlich 953,93 EUR.
Der Beklagte und hiesige Beschwerdegegner wurde mit Nachrichten des BayLSG vom 22.06.2007 und 05.03.2009 entsprechend in Kenntnis
gesetzt.
Das Sozialgericht München hat mit Beschluss vom 16.05.2007 - S 35 SB 296/07 - grundsätzlich zutreffend darauf abgestellt, dass im Verfahren nach dem Schwerbehindertengesetz (nunmehr:
SGB IX) die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß §
121 Abs.2
ZPO regelmäßig nicht erforderlich ist. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des BayLSG (vgl. zuletzt Beschluss vom 03.11.2008
- L 15 B 899/08 SB PKH -).
Die Beiordnung eines Rechtsanwalts kommt in Verfahren wie dem vorliegenden nur in Ausnahmefällen in Betracht. Das Bundesverfassungsgericht
hat seinen Beschluss vom 18.12.2001 - 1 BvR 391/01 - mit Beschluss vom 22.06.2007 - 1 BvR 681/07 - fortgeführt. Ob die Beiordnung eines Rechtsanwalts erforderlich i.S. des §
121 Abs.2
ZPO erscheine, beurteile sich nicht nur nach Umfang und Schwierigkeit der Sache, sondern auch nach der Fähigkeit des Beteiligten,
sich mündlich und schriftlich auszudrücken. Entscheidend sei, ob ein Bemittelter in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise
einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte. Davon sei regelmäßig dann auszugehen, wenn im Kenntnisstand
und in den Fähigkeiten der Prozessparteien ein deutliches Ungleichgewicht bestehe. Bewertungsmaßstab für die Frage der Beiordnung
eines Rechtsanwalts sei, ob die besonderen persönlichen Verhältnisse dazu führten, dass der Grundsatz der "Waffengleichheit"
zwischen den Parteien verletzt sei. Angesichts dessen hätte es insbesondere eines Eingehens auf die Frage bedurft, ob die
festgestellten Beeinträchtigungen des Beschwerdeführers zu einem derartigen Ungleichgewicht zwischen den Parteien führten
und wie weit dieses Ungleichgewicht ggf. durch andere gerichtliche Maßnahmen - etwa nach §
186 des Gerichtsverfassungsgesetzes (
GVG) - behoben werden könnte.
Hiervon ausgehend ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem Beschwerdeführer um einen Alkoholkranken handelt. Dies ergibt
sich zweifelsfrei aus dem Reha-Entlassungsbericht der Fachklinik F. vom 22.08.2005 sowie dem nervenärztlichen Attest von Dr.H.P.K.
vom 05.07.2006. Diagnostisch handele es sich um eine ganz ausgeprägte Ataxie bei anamnestischem Alkoholmissbrauch. Trotz umfangreicher
therapeutischer Bemühungen im ambulanten sowie stationären Rahmen sei es zu keiner signifikanten Besserung gekommen. Bezüglich
der Gehstörungen sei es in den letzten Monaten zu einer Exazerbation der Symptomatik gekommen.
Ausweislich des streitgegenständlichen Bescheides des Zentrums Bayern Familie und Soziales Region Niederbayern vom 30.10.2006
besteht darüber hinaus ein Anfallsleiden bei Alkoholkrankheit in Heilungsbewährung. Zuletzt hat Dr.V. F. mit orthopädischem
Gutachten vom 29.05.2007 die Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens dringlich für erforderlich gehalten.
Die Gesamtschau der vorstehend bezeichneten ärztlichen Unterlagen ergibt, dass hier ein Ausnahmefall vorliegt, der es gebietet
in Beachtung des Grundsatzes der "Waffengleichheit", wie er von dem Bundesverfassungsgericht entwickelt worden ist, hier dem
Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Sozialgericht München Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter gleichzeitiger
Beiordnung von Frau Rechtsanwältin M. H. zu bewilligen.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist nicht anfechtbar (§§
177,
193 SGG).