LSG Bayern, Urteil vom 12.05.2011 - 19 R 864/08
Vorinstanzen: SG Würzburg 09.09.2008 S 6 R 418/07
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 09.09.2008 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zur Nachentrichtung
freiwilliger Beiträge nach erfolgter Beitragserstattung wegen Heirat berechtigt ist.
Die 1939 geborene Klägerin beantragte bei der Beklagten am 24.03.2004 die Gewährung von Regelaltersrente wegen Vollendung
des 65. Lebensjahres. Mit Rentenbescheid vom 26.03.2004 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab dem 01.07.2004 Regelaltersrente
in Höhe von 98,03 EUR monatlich (zuletzt ab dem 01.07.2010 in Höhe von 102,04 EUR).
Am 31.08.2006 stellte die Klägerin bei der Auskunfts- und Beratungsstelle-Stelle (A- und B-Stelle) der Deutschen Rentenversicherung
in B-Stadt einen Überprüfungsantrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und trug zur Begründung vor, dass aufgrund eines Beratungsgespräches bei der LVA Unterfranken (heute: Deutsche Rentenversicherung
Nordbayern) im November 1993 der Versicherten geraten worden sei, freiwillige Beiträge in Höhe von monatlich 92,75 DM für
12 Kalendermonate nachzuzahlen (Heiratserstattung). Der Name des Beraters sei leider nicht mehr erinnerlich, er habe aber
während des Gesprächs die Füße auf dem Tisch gehabt. Die hier erteilte Auskunft sei so gesehen nicht korrekt gewesen. Mit
Bescheid vom 06.12.1993 sei dann die Nachzahlung für 10 Kalendermonate mit 92,75 DM monatlich bewilligt und es sei dann der
Betrag auch so überwiesen worden. Bei einem Telefonat mit dem Sachbearbeiter Herrn W. am 10.12.1993 habe dieser nochmals bestätigt,
dass der Bescheid so richtig sei und es nicht anders ginge. Die Versicherte hätte aber auch für mehr Monate zahlen können
und hätte dies auch gewollt; dies sei ihr aber nicht näher erläutert worden. Bei einem Beratungsgespräch in der LVA Unterfranken
Anfang 2004 bei Herrn N. sei aufgedeckt worden, dass ein Informationsschreiben bezüglich der Nachentrichtungsmöglichkeiten
nicht an die Versicherte abgeschickt worden sei, sondern noch in der Akte geschlummert habe. Es sei aber daraufhin nichts
weiter von dem Berater veranlasst worden. Es werde nun im Rahmen des § 44 SGB X um Überprüfung der Angelegenheit und im Hinblick auf den sozialrechtlichen Wiederherstellungsanspruch um Einräumung einer
weiteren Nachzahlungsmöglichkeit gebeten.
Die Beklagte lehnte mit streitgegenständlichem Bescheid vom 22.12.2006 den Antrag auf Nachzahlung von weiteren freiwilligen
Beiträgen im Rahmen des § 44 SGB X ab. Die im Jahr 1993 angeblich erteilte Auskunft könne aus den Akten nicht mehr nachvollzogen werden. Aus den vorliegenden
Terminsbüchern ergebe sich am 09.11.1993 ein Gespräch zum Thema Heiratserstattung. Ferner sei am 19.11.1993 der Antrag auf
Nachzahlung nach § 282 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch ( SGB VI) aF an der Pforte abgegeben worden. Hierbei sei auch der Bescheid über die Erstattung der Beiträge wegen Heirat vom 13.01.1961
der Deutschen Rentenversicherung Unterfranken im Original vorgelegt und von einem Mitarbeiter der Auskunfts- und Beratungsstelle
kopiert worden. Welche Auskünfte am 09.11.1993 bezüglich einer möglichen Nachzahlung gegeben worden seien, lasse sich nicht
mehr nachvollziehen. Das damals üblicherweise den Versicherten ausgehändigte Informationsblatt könne aber im Jahr 2004 - entgegen
dem Sachvortrag der Klägerin - nicht mehr in der Akte vorhanden gewesen sein, da die Beitragsakte am 14.05.1996 vernichtet
und im Rahmen des Rentenverfahrens eine neue Akte angelegt worden sei. Aus dem damaligen Verfahren sei die am 19.11.1993 angefertigte
Kopie des Erstattungsbescheides und der Nachweis über die Zahlung der Beiträge aufgehoben worden. Diese seien in der vorliegenden
Akte auch noch vorhanden. Da der Klägerin der Erstattungsbescheid aus dem Jahre 1961 zumindest bei Beantragung der Nachzahlung
noch vorgelegen habe und aus diesem auch die Zeiträume der erfolgten Erstattung ersichtlich gewesen seien, sei ihr bekannt
gewesen, dass eine Nachzahlung für mehr als 12 Monate möglich gewesen wäre. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch aufgrund
einer mangelnden Beratung komme somit nicht in Betracht und die Nachzahlung weiterer Beiträge nach § 282 SGB VI aF sei abzulehnen.
Hiergegen legte die Klägerin zur Niederschrift der A- und B-Stelle B-Stadt am 09.01.2007 Widerspruch ein. Sie gehe von einem
Beratungsmangel aus. Sie könne der Darstellung nicht folgen, dass das nicht abgesandte Schreiben im Jahr 2004 nicht mehr in
der Akte habe sein können. Sie seien in dem damaligen Beratungsgespräch zu Zweit gewesen und Herr N. habe die Akte aus dem
Archiv kommen lassen und gesagt, das Schreiben könnten sie ja nicht haben, weil es noch hier in der Akte sei. Im Rahmen eines
weiteren Gesprächs am 08.05.2007 in der A- und B-Stelle B-Stadt, bei dem die Klägerin zusammen mit ihrem Ehemann erschienen
war, wurde nochmals vorgetragen, dass weder im persönlichen Beratungsgespräch am 09.11.1993 noch im Verlauf des Telefongesprächs
vom 10.12.1993 die Möglichkeit der Nachzahlung über 10 bzw. 12 Monate hinaus erläutert worden sei. Die Klägerin hätte jedoch
für mehrere Monate zahlen können und wollen. Hierüber sei sie eindeutig nicht ausreichend beraten worden.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 22.06.2007 den Widerspruch gegen den Bescheid vom 22.12.2006 als unbegründet
zurück. Ein Beratungsmangel sei nicht ersichtlich. Durch die Nachzahlung für 10 Monate sei die allgemeine Wartezeit von 5
Jahren erfüllt worden. Es spreche deshalb einiges dafür, dass die Nachzahlung von freiwilligen Beiträgen bei Heiratserstattung
lediglich zur Erfüllung der allgemeinen Wartezeit gewünscht gewesen sei.
Hiergegen hat die Klägerin am 24.07.2007 Klage zum Sozialgericht (SG) Würzburg erhoben und zur Begründung vorgetragen, dass der Klägerin durch den damaligen Berater im Jahr 1993 in Anwesenheit
ihres Ehemannes erklärt worden sei, dass sie eine Nachzahlung in Höhe von 12 Monatsbeiträgen leisten könne. Dann würde ihr
eine Rente in Höhe von etwa 450,00 DM nach derzeitigem Sachstand zustehen. Diese Höhe wäre eher als Mindesthöhe anzusehen,
da erfahrungsgemäß immer wieder Rentenerhöhungen vorgenommen würden. Die Klägerin habe sodann den Bescheid der Beklagten vom
06.12.1993 erhalten, mit dem die Nachzahlung freiwilliger Beiträge zugelassen worden sei. Entgegen der Auskünfte des Beraters
im vorherigen Gespräch sei die Nachzahlung von insgesamt 10 Monatsbeiträgen in Höhe von insgesamt 927,50 DM zugelassen worden.
Die Klägerin sei damals davon ausgegangen, dass der Mitarbeiter bei der Auskunft, es könnten 12 Monate nachbezahlt werden,
sich geirrt habe und dass gemäß dem nun vorliegenden Bescheid lediglich eine Nachzahlung in Höhe von 10 Monaten zulässig sei.
Bei dem Beratungsgespräch im Jahr 1993 sei die Klägerin nicht darauf hingewiesen worden, dass sie auch freiwillig noch eine
höhere Zahlung leisten könne. Sie habe sich außerdem darauf verlassen, dass die Angaben in dem Gespräch über die etwa zu erwartende
Rentenhöhe ordnungsgemäß gewesen seien. Die Klägerin und ihr Ehemann hätten die damaligen Informationen ihrer weiteren Planung
für ihre Altersrenten zugrunde gelegt und hätten sich insoweit auf diese Angaben verlassen. Wäre die Klägerin im Jahr 1993
ordnungsgemäß darauf hingewiesen worden, dass auch eine höhere Nachzahlung in ihrem Fall möglich gewesen wäre und dass eine
Rentenhöhe von etwa 450,00 DM durch die geleistete Nachzahlung noch nicht erreicht sei, hätte die Klägerin noch entsprechende
weitere Zahlungen geleistet. Der Name des Mitarbeiters, mit dem das Gespräch 1993 geführt worden sei, sei der Klägerin nicht
mehr erinnerlich. Ihr Ehemann habe aber am 10.12.1993 nach Erhalt des Bescheides vom 06.12.1993 noch ein Telefonat mit dem
Mitarbeiter der Beklagten W. geführt, der den Bescheid auch unterzeichnet habe. Hierbei habe der Ehemann der Klägerin nochmals
nachgefragt, ob nach Nachzahlung eines Betrages von 927,50 DM mit einer Rente in Höhe von 450,00 DM gerechnet werden könne.
Dies habe Herr W. dem Ehemann der Klägerin bestätigt. Der Ehemann der Klägerin werde hierfür als Zeuge benannt. Als die Klägerin
im Jahr 2003 ihren Rentenantrag gestellt habe, habe ein Gespräch mit dem Mitarbeiter N. der Beklagten stattgefunden. Bei diesem
Gespräch sei eine vorläufige Rentenberechnung vorgenommen worden, wobei die Rentenhöhe mit ca. 90,00 EUR angegeben worden
sei. Der Ehemann der Klägerin habe dann sofort vorgetragen, dass er und seine Ehefrau aufgrund der früheren Beratung von einer
wesentlich höheren Rente ausgegangen seien. Der Mitarbeiter der Beklagten N. habe der Klägerin dann gesagt, sie hätte ja ein
Informationsschreiben über Nachzahlungsmöglichkeiten bekommen müssen. Der Ehemann der Klägerin habe hierauf erwidert, dass
er sich ganz sicher sei, dass dies nicht der Fall gewesen sei. Er habe alle Unterlagen, die Altersrente seiner Ehefrau betreffend,
in einem Aktenordner aufbewahrt. Dieses Schreiben sei nie bei ihm eingegangen. Der Mitarbeiter der Beklagten N. habe daraufhin
die Akte der Klägerin holen lassen und habe noch während des Gespräches festgestellt, dass ein Informationsschreiben sich
zwar in der Akte befinde, aber nicht an die Klägerin übermittelt worden sei. Dies habe er der Klägerin und ihrem Ehemann auch
mitgeteilt. Der Klägerin sei aufgrund der falschen Beratung durch die Beklagte ein Schaden entstanden. Die Beklagte habe ihre
Pflicht zur ordnungsgemäßen Aufklärung der Klägerin verletzt. Die Klägerin sei nunmehr so zu stellen, dass ihr nachträglich
noch eine Nachzahlung ermöglicht werde, aufgrund der die Rente auf 230,00 EUR monatlich festgesetzt werden könne. Dabei sei
die Nachzahlung ausgehend von den rechnerischen Verhältnissen im Jahr 1993 zu errechnen, sodass die Klägerin aus der verspäteten
Nachzahlung keinen Nachteil zu erleiden habe. Soweit sich die Beklagte darauf berufe, die Klägerin hätte wissen müssen, dass
eine Nachzahlung für mehr als 12 Monate möglich gewesen sei und dies aus dem Erstattungsbescheid aus dem Jahr 1961 hätte erschließen
müssen, sei dies unzutreffend. Als juristischer Laie habe die Klägerin keinesfalls aus dem Erstattungsbescheid aus dem Jahr
1961 herleiten können, für welchen Zeitraum ihr eine Nachzahlung möglich gewesen sei. Deswegen habe sie ja im Jahr 1993 auch
die Beklagte aufgesucht, um sich dort entsprechend beraten zu lassen. Auf die Richtigkeit der erfolgten Beratung habe sie
vertraut. Soweit im Widerspruchsbescheid vermutet werde, die Klägerin könne sich nach so langer Zeit nicht mehr an den Inhalt
des Beratungsgespräches erinnern, sei dies unzutreffend. Die Frage einer künftigen Rentengewährung und deren Höhe seien für
die Klägerin und ihren Ehemann so entscheidend gewesen, dass sie die wichtigsten Inhalte des Beratungsgespräches im Jahr 1993
in Erinnerung behalten hätten. Soweit sich die Beklagte darüber hinaus darauf berufe, dass ein im Jahr 1993 üblicherweise
den Versicherten ausgehändigtes Informationsblatt früher vorhanden gewesen sei, dann aber vernichtet worden wäre, werde dies
bestritten. Wie bereits vorgetragen habe der Ehemann der Klägerin gewissenhaft alle Schriftstücke, die seitens der Beklagten
bezüglich der Altersrente der Klägerin an diese übermittelt worden seien, in einem Aktenordner gesammelt. Er habe sich mit
diesen Schriftstücken auch jeweils beschäftigt. Er könne ausschließen, dass im Jahr 1993 oder auch später ein Informationsblatt
an seine Ehefrau übersandt worden sei.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 09.07.2008 erwidert, dass aus den Akten keine konkreten Unterlagen mehr über die Umstände
der Antragstellung auf Nachentrichtung der Beiträge vorgelegt werden könnten. Grundsätzlich sei eine Nachzahlung gemäß § 282 SGB VI aF nur auf Antrag möglich gewesen, der bis zum 31.12.1995 bei dem Versicherungsträger habe gestellt werden müssen, zu dem
der letzte Beitrag gezahlt worden sei. Es sei auch vorliegend sicherlich eine schriftliche Antragstellung erfolgt, auch wenn
der diesbezügliche Antrag in Anbetracht der durchgeführten Aktenvernichtung nicht mehr Aktenbestandteil sei. Die Antragstellerin
habe im Rahmen der Nachzahlung auch nicht die gesamte in Betracht kommende Zeit mit Beiträgen belegen müssen. Möglich sei
auch eine wiederholte Antragstellung gewesen, weshalb eine Ratenzahlung nicht zulässig gewesen sei. Die Höhe der Beiträge
habe im Rahmen des z.Z. der Nachzahlung geltenden Beitragssatzes selbst bestimmt werden können, wobei die für die jeweiligen
Kalenderjahre geltenden Höchstbeiträge zu beachten gewesen wären. Die Nachzahlung sei mit dem Beitragssatz durchgeführt worden,
der im Zeitpunkt des Nachzahlungsantrages gegolten habe. Der Nachzahlungsbetrag habe in der Regel innerhalb von 3 Monaten
nach Bekanntgabe des Bescheides überwiesen werden müssen. Hier sei - ausweislich der Kassenanweisung - am 04.03.1994 (Buchungstag)
der für 1993 (Antragstellung) geltende Mindestbeitrag in Höhe von monatlich 92,75 DM für 10 Monate entrichtet worden. Insoweit
entspreche die vorgenommene Nachzahlung einer Gestaltungsmöglichkeit - nämlich der Nachentrichtung noch notwendiger Beiträge
zur Erfüllung der Wartezeit für einen Rentenanspruch mit dem gültigen Mindestbeitrag. Aus Sicht der Beklagten liege für einen
sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nach wie vor kein Anwendungsfall vor.
Das SG hat sodann mit Urteil vom 09.09.2008 die Klage gegen den Bescheid vom 22.12.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
22.06.2007 abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass die Voraussetzungen für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch vorliegend nicht gegeben seien. Selbst
wenn unterstellt werde, dass 1993 tatsächlich erklärt worden sei, dass lediglich für 12 bzw. 10 Monate Beiträge nachentrichtet
werden könnten und dass sich bereits mit der Nachentrichtung dieser Beiträge eine Rente in Höhe von 450,00 DM ergeben würde,
seien die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches nicht erfüllt, denn ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch
setze die Kausalität der Pflichtverletzung zum eingetretenen sozialrechtlichen Schaden voraus, konkret also, dass die unterstellte
falsche Beratung dann, wenn sie korrekt vorgenommen worden wäre, dazu geführt hätte, dass die Klägerin tatsächlich entsprechende
Beiträge nachentrichtet hätte. Davon könne aus mehreren Gründen nicht ausgegangen werden. Mit der Auskunft über die zurückgelegten
rentenrechtlichen Zeiten sowie über die Voraussetzungen für eine Rentenzahlung vom 16.03.1994 sei der Klägerin mitgeteilt
worden, dass für Zeiten, für die Beiträge wegen Heirat erstattet worden seien, freiwillige Beiträge nachgezahlt werden könnten,
soweit die Zeiten nicht bereits mit Beiträgen belegt seien. Die Nachzahlung sei spätestens bis zum 30.12.1995 zu beantragen.
Aus dem als Anlage beigefügten Versicherungsverlauf sei hinreichend deutlich hervorgegangen, dass die Zeit vom 01.10.1955
bis 01.05.1961 nicht mit Beiträgen belegt gewesen sei. Für die Zeit davor habe der Versicherungsverlauf den Vermerk "freiwilliger
Beitrag nachgezahlt" ausdrücklich aufgeführt. Ein objektiver Dritter in der konkreten Situation der Klägerin hätte diese Ausführungen
nur dergestalt verstehen können und müssen, dass eine Nachentrichtung möglich sei, soweit sie noch nicht vorgenommen worden
sei. Daher stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Klägerin bereits im Jahr 1994 bekannt gewesen sei bzw. hätte
bekannt sein müssen, dass sie über die bereits geleistete Nachzahlung von freiwilligen Beiträgen weitere Beiträge hätte nachzahlen
können. Zur Überzeugung des Gerichts stehe auch fest, dass die vorgetragene irrige Annahme, mit den nachgezahlten Beiträgen
werde eine Rente in Höhe von 450,00 DM monatlich erreicht, tatsächlich nicht gegeben gewesen sei. Denn der Klägerin sei am
12.10.2001 eine Rentenauskunft erteilt worden, auf deren 1. Seite die monatliche Altersrente mit 180,23 DM angegeben worden
sei - ausgehend von dem bis zum 30.07.2002 maßgebenden aktuellen Rentenwert. Wäre die Klägerin tatsächlich der irrigen Annahme
unterlegen, eine Rente in Höhe von 450,00 DM als Altersrente bekommen zu können, hätte sie sich bereits damals an die Beklagte
gewandt. Zur Überzeugung des Gerichts stehe fest, dass die Klägerin die mit der Rentenauskunft vom 12.10.2001 prognostizierte
Rentenhöhe zur Kenntnis genommen habe. Denn mit ihrem Schreiben vom 30.09.2002, das Bezug genommen habe auf das Schreiben
der Beklagten vom 05.09.2002, habe sich die Klägerin wegen der Möglichkeit, die Rente bereits ab dem 63. Lebensjahr ausgezahlt
zu bekommen, an die Beklagte gewandt. Ausdrücklich habe sie um Überprüfung gebeten, ob, ab wann und in welcher Höhe (Rentenzahlung)
für sie die Möglichkeit hierzu bestehe. Zeitgleich mit ihrem Schreiben, höchstens jedoch einige wenige Tage später müsse ihr
die Rentenauskunft vom 27.09.2002 zugegangen sein, worin ausgeführt werde, dass sich eine Altersrente von monatlich 97,03
EUR ergeben würde. Gleiches sei der Rentenauskunft vom 10.10.2002 zu entnehmen, die aufgrund des Schreibens der Klägerin vom
30.09.2002 erteilt und auf der ausdrücklich handschriftlich vermerkt worden sei, dass die Wartezeit für eine Altersrente wegen
Vollendung des 63. Lebensjahres nicht erfüllt sei. Wenn sich die Klägerin aber mit ihrem Schreiben vom 30.09.2002 ausdrücklich
nach der Rentenhöhe für eine Rente ab Vollendung des 63. Lebensjahres erkundigt habe, sei es völlig ausgeschlossen, dass sie
die in den Rentenauskünften dargelegte Höhe für eine Altersrente gerade nicht zur Kenntnis genommen habe. Daher könne es nach
Überzeugung des Gerichts auch nicht zutreffen, dass die Klägerin erstmals anlässlich der Rentenantragstellung im Jahre 2004
von der zu erwartenden Rente Kenntnis genommen habe. Die aufgeführten Rentenauskünfte belegten genau das Gegenteil. Von einer
Kausalität der angeblichen Pflichtverletzung zum eingetretenen sozialrechtlichen Schaden könne im Übrigen auch deswegen nicht
ausgegangen werden, weil der Klägerin schließlich mit Rentenbescheid vom 26.03.2004 ab dem 01.07.2004 Rente in Höhe von 88,67
EUR als Zahlbetrag gewährt worden sei und sie diese bis zur erstmaligen Äußerung ihres Herstellungsbegehrens am 30.08.2006
über mehr als 2 Jahre in dieser Höhe auch tatsächlich bezogen habe. Das heißt die Klägerin habe mehr als 2 Jahre monatlich
auf einem entsprechenden Kontoauszug die tatsächliche Höhe der Rente zur Kenntnis nehmen müssen. Trotz dieser monatlichen
Kenntnisnahme auf ihren Kontoauszügen habe die Klägerin bis zum 30.08.2006 nichts unternommen.
Zur Begründung der hiergegen am 10.11.2008 zum Bayer. Landessozialgericht eingelegten Berufung wird unter Wiederholung des
bereits im Verwaltungsverfahren und im sozialgerichtlichen Verfahren vorgetragenen Sachvortrags ergänzend ausgeführt, dass
die Kausalität der Pflichtverletzung in Form der fehlerhaften Beratung durch die Beklagte im Jahr 1993 weder durch die Rentenauskunft
vom 16.03.1994 noch durch spätere Rentenauskünfte oder gar die Bewilligung der Altersrente unterbrochen worden sei. Die Tatsache,
dass die Klägerin eventuell früher hätte erkennen können, dass ihr ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch zustehe, habe
nichts zu tun mit der Kausalität zwischen der Pflichtverletzung der Beklagten und dem sozialrechtlichen Schaden. Die Klägerin
sei bis zum Jahr 2004 berufstätig gewesen und habe die vorläufigen Rentenauskünfte im Jahr 2001 und 2002 noch nicht als endgültig
betrachtet. Die Rentenauskünfte hätten auch jeweils die Information enthalten, dass sich der aktuelle Rentenwert jährlich
entsprechend der allgemeinen Einkommensentwicklung verändere und sich dadurch auch die Höhe der Regelaltersrente verändern
werde. Deshalb sei der Klägerin nach Vorlage dieser vorläufigen Auskünfte noch nicht bewusst gewesen, dass die im Jahr 1993
erteilte Auskunft falsch gewesen sei. Am 24.03.2004 habe im Beisein des Ehemanns der Klägerin ein weiteres Gespräch mit dem
Mitarbeiter der Beklagten, Herrn N. stattgefunden. Vor Erlass des schriftlichen Rentenbescheides habe dieser der Klägerin
die künftige Rentenhöhe mitgeteilt, die 98,00 EUR betragen werde. Der Ehemann der Klägerin habe sofort bei diesem Gespräch
eingewandt, dass bei der Beratung im Jahr 1993 eine ganz andere Rentenhöhe errechnet worden sei. Dies zeige, dass die Klägerin
und ihr Ehemann noch im Jahr 2004 erwartet hätten, dass die Rentenhöhe etwa 230,00 EUR betrage. Der Mitarbeiter der Beklagten
habe dann bei dem genannten Gespräch geäußert, rückwirkend könne man hier nichts mehr tun. Erst bei einer weiteren Beratung
im August 2006 in der Rentenstelle der Beklagten, die die Klägerin auf Anraten von Bekannten aufgesucht habe, sei es dann
zur Stellung des Antrag auf Nachzahlung von freiwilligen Beiträgen bei Heiratserstattung gekommen. Die Klägerin habe erst
zu diesem Zeitpunkt Kenntnis von der Möglichkeit gehabt, im Rahmen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs den früheren
Anspruch geltend zu machen. Soweit der Mitarbeiter der Beklagten N. am 24.03.2004 erklärt habe, rückwirkend könne man hier
nichts mehr tun, stelle dies eine weitere falsche Auskunft dar. Insoweit hätte Herr N. die Klägerin richtigerweise informieren
müssen, dass sie Ansprüche aufgrund des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs geltend machen könne. Soweit die Beklagte
den Sachverhalt wegen der Vernichtung früherer Akten nicht mehr rekonstruieren könne, müsse dies zur Beweiserleichterung zugunsten
der Klägerin führen. Ferner werde bestritten, dass die Berufungsklägerin nur für die zur Erfüllung der Wartezeit fehlenden
Monate habe nachentrichten wollen. Bestritten werde auch, dass dies etwa in einer nicht ausreichenden finanziellen Liquidität
oder wegen des drohenden Wegfalls für den Verbleib in der Familienkrankenversicherung begründet gewesen wäre. Vielmehr sei
die Klägerin zum damaligen Zeitpunkt durchaus in der Lage gewesen, einen höheren Betrag nach zu entrichten und hätte dies
auch getan, wenn sie richtig beraten worden wäre. Da die Klägerin auf die Richtigkeit der Auskünfte bei der Beratung im Jahr
1993 vertraut habe, habe sie keine Notwendigkeit gesehen, sich später nochmals über Nachzahlungsmöglichkeiten zu informieren.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 09.09.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22.12.2006
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.06.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin im Wege
des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches auf der Rechtslage von 1993 eine Nachentrichtung freiwilliger Beiträge bei Heiratserstattung
in der Höhe zuzulassen, dass sich eine Altersrente in Höhe von 230,08 EUR monatlich ergibt.
Die Beklagte beantragt, die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 09.09.2008 zurückzuweisen.
Sie verweist darauf, dass die behauptete Falschberatung anlässlich des am 09.11.1993 stattgefundenen Beratungsgespräches sich
weder belegen lasse noch eine solche als wahrscheinlich anzusehen sei. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass von dieser
Nachzahlungsmöglichkeit wegen der außergewöhnlich hohen Rendite der hierfür aufgewandten Beiträge für die spätere Rentenhöhe
gerade in der Zeit bis zu ihrem Außerkrafttreten zum 31.12.1995 rege Gebrauch gemacht worden sei und eine diesbezügliche Beratung
für jeden Auskunftsmitarbeiter zur täglichen Routine gehört habe, erscheine es als sehr unwahrscheinlich, dass ein Mitarbeiter
in diesem Zusammenhang eine so unrichtige Auskunft wie behauptet erteilt haben solle. Vielmehr sei es naheliegend, dass die
Berufungsklägerin - wie im Übrigen andere Versicherte auch - von der ihr zustehenden Gestaltungsmöglichkeit, Beiträge nur
für die zur Erfüllung der Wartezeit fehlenden Monate nach zu entrichten, Gebrauch gemacht hätte. Gründe hierfür könnten z.B.
eine zu diesem Zeitpunkt nicht ausreichende finanzielle Liquidität oder der drohende Wegfall der Voraussetzungen für den Verbleib
in der kostenfreien Familienkrankenversicherung durch eine entsprechende Rentenerhöhung infolge einer Nachzahlung von Beiträgen
gewesen sein. Zudem sei eine Nachzahlung der wegen Heirat erstatteten Beiträge auch mehrfach für Teilzeiträume möglich gewesen,
so dass im November 1993 die Zahlung nicht zwingend für den gesamten in Frage kommenden Zeitraum hätte erfolgen müssen. Der
Klägerin sei im Anschluss an die teilweise Nachzahlung der wegen Heirat erstatteten Beiträge mit Bescheid vom 16.03.1994 eine
Auskunft über die zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten erteilt worden. Auch in diesem Zusammenhang sei sie nochmals auf
die weiterhin bestehende Nachzahlungsmöglichkeit hingewiesen worden. Ebenso sei die Öffentlichkeit gerade in der Zeit vor
dem Außerkrafttreten des § 282 SGB VI durch zahlreiche Medienberichte auf die nur noch für kurze Zeit bestehende Nachentrichtungsmöglichkeit hingewiesen worden.
Auch für den Fall, dass die Klägerin sich in der Folge des im November 1993 stattgefundenen Beratungsgespräches über dessen
Inhalt bzw. über die Voraussetzungen für die Zulässigkeit und den Umfang einer Nachzahlung nach § 282 SGB VI im Irrtum befunden hätte, hätte sie bis zum Wegfall dieser Vorschrift noch hinreichend Gelegenheit gehabt, sich über die
Nachzahlungsmöglichkeiten zu informieren sowie eventuell bestehende Unklarheiten aus dem Weg zu räumen.
Im Rahmen eines am 22.03.2011 durchgeführten Erörterungstermins wurde von der Sitzungsvertreterin der Beklagten eine Wartezeitaufstellung
nach SGB VI sowie ein Gesamtkontospiegel übergeben, aus dem sich ergibt, dass die Klägerin am 05.12.1960 einen Antrag auf Beitragserstattung
gestellt hatte und dass ihr aufgrund des Bescheides vom 13.01.1961 die Beiträge für die Zeit vom 01.12.1954 bis 28.10.1960
in Höhe von 853,50 DM erstattet wurden. Eine Nachentrichtung von Beiträgen ist für die Zeit vom 01.12.1954 bis 30.09.1955
vermerkt. Ferner ist im Gesamtkontospiegel ein Vermerk über eine "Dokumentation vorhandener Vorgänge - Vernichtung/Verfilmung"
enthalten. Danach ist am 11.05.1989 sowie am 14.05.1996 eine Aktenvernichtung durchgeführt worden.
Bezüglich der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Rentenakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster
und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig. Sie ist jedoch unbegründet, da die Klägerin keinen Anspruch auf Nachentrichtung freiwilliger Beiträge gegen
die Beklagte hat. Das SG B-Stadt hat mit Urteil vom 09.09.2008 zu Recht die Klage gegen den Bescheid vom 22.12.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 22.06.2007 abgewiesen. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch steht der Klägerin nicht zu.
Gemäß § 282 Abs 1 SGB VI in der bis zum 31.12.1997 geltenden Fassung konnten Frauen, denen anlässlich der Eheschließung Beiträge erstattet worden
sind, auf Antrag für Zeiten, für die Beiträge erstattet worden sind, bis zum 01.01.1924 zurück freiwillige Beiträge nachzahlen,
sofern die Zeiten nicht bereits mit Beiträgen belegt sind. Nach bindender Bewilligung einer Vollrente wegen Alters nach Vollendung
des 65. Lebensjahres oder bei Bezug einer Versorgung nach Erreichen einer Altersgrenze, die zur Versicherungsfreiheit führte,
war eine Nachzahlung nicht mehr zulässig. Gemäß § 282 Abs 2 Satz 1 SGB VI aF konnte der Antrag nur bis zum 31.12.1995 gestellt werden. Für die Berechnung der Beiträge war die Beitragsbemessungsgrenze
des Jahres anzusetzen, für das die Beiträge gezahlt wurden, für die Zeiten vor dem 01.01.1957 jedoch die Beitragsbemessungsgrenze
dieses Jahres.
Aus dem vorliegenden Gesamtkontospiegel sowie aus den beigezogenen Rentenakten der Beklagten ergibt sich, dass der Klägerin
aufgrund eines Antrages vom 05.12.1960 mit Bescheid vom 13.01.1961 Beiträge wegen Heirat erstattet wurden, und zwar für die
Zeit vom 01.12.1954 bis einschließlich 28.10.1960 in Höhe von 853,46 DM. Mit weiterem Bescheid vom 30.06.1968 sind der Klägerin
die Beiträge für die Zeit vom 01.07.1964 bis 30.06.1966 in Höhe von 570,42 DM erstattet worden. Ferner ist in der Rentenakte
die Kassenanweisung vom 07.03.1994 vorhanden, nach der die Klägerin eine Nachentrichtung nach § 282 SGB VI (nach Beitragserstattung wegen Heirat) in Höhe von 927,50 DM eingezahlt hat, wobei handschriftlich vermerkt ist, dass es
sich bei dem Betrag von 92,75 DM um den Mindestbeitrag für 1993 handelt.
Aus den vom Ehemann der Klägerin im sozialgerichtlichen Verfahren übergebenen Unterlagen ergibt sich, dass der Klägerin mit
Bescheid vom 06.12.1993 auf ihren Antrag vom 19.11.1993 hin die Nachentrichtung freiwilliger Beiträge nach § 282 SGB VI gestattet wurde, und zwar für die Zeit vom 01.12.1954 bis 30.09.1955. Vorab wurde der Klägerin mit Schreiben vom 23.11.1993
der Antragseingang auf Wiedereinzahlung nach Beitragserstattung bestätigt. In den Unterlagen des Ehemannes der Klägerin findet
sich auch eine Rentenauskunft vom 16.03.1994, in der ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass bei der Klägerin gegenwärtig
60 Monate Beitragszeit vorliegen sowie 193 Monate Berücksichtigungszeit. Ferner wurde über die erforderlichen Wartezeiten
bei den unterschiedlichen Altersrenten bzw. Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrenten informiert, und ausdrücklich der Hinweis
gegeben, dass für Zeiten, für die Beiträge wegen Heirat erstattet worden seien, freiwillige Beiträge nachgezahlt werden können,
sofern die Zeiten nicht bereits mit Beiträgen belegt sind. Die Nachzahlung wäre spätestens bis zum 31.12.1995 zu beantragen.
Der Bescheid vom 06.12.1993 über die Zulassung der Nachentrichtung der Beiträge für die Zeit vom 01.12.1954 bis 30.09.1955
ist bestandskräftig geworden. Ein weiterer Antrag auf Nachentrichtung freiwilliger Beiträge ist von der Klägerin bis Ende
1995 nicht gestellt worden.
Damit steht fest, dass der Klägerin auf ihren Antrag hin Beiträge für die Zeit vom 01.12.1954 bis einschließlich 28.10.1960
sowie für die Zeit vom 01.07.1964 bis 30.06.1966 erstattet wurden. Die Klägerin hat jedoch trotz ausführlicher und leicht
verständlicher Hinweise der Beklagten in den Erstattungsbescheiden sowie im Bescheid vom 06.12.1993 nur in dem Umfang von
der Möglichkeit zur Nachentrichtung von Beiträgen Gebrauch gemacht, dass sie die bis zur Erfüllung der allgemeinen Wartezeit
von 5 Jahren nach § 50 Abs 1 Nr 1 SGB VI, die für einen Anspruch auf Regelaltersrente notwendig wäre, noch fehlenden 10 Kalendermonate durch Zahlung freiwilliger
Beiträge in Höhe des damals geltenden Mindestbeitrages von 92,75 DM monatlich nachentrichtet hat. Der Bescheid vom 06.12.1993,
mit dem die Nachzahlung "zugelassen" wurde, wurde von der Klägerin nicht angefochten. Vielmehr hat die Klägerin hier im Verfahren
angegeben, ihr Ehemann habe nochmals bei der Beklagten nachgefragt, weshalb nur noch 10 Monatsbeiträge und nicht 12 Monatsbeiträge
gezahlt werden müssten und hat sich mit der erhaltenen Auskunft zufrieden gegeben. In der nachfolgenden Zeit bis 31.12.1995
hat die Klägerin weder weitere Beiträge nachentrichtet noch hat sie bei der Beklagten nachgefragt, ob eine weitere Nachzahlung
für noch nicht belegte Zeiten möglich wäre. Eine Nachentrichtung von Beiträgen ist aufgrund des Zeitablaufs jetzt nicht mehr
möglich.
Die Klägerin ist jedoch auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches so zu stellen, dass ihr nachträglich
die Nachentrichtung freiwilliger Beiträge auf der Basis des Rechtszustandes von 1993 gestattet wird, denn die Voraussetzungen
des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches liegen nicht vor.
Der von der Rechtsprechung entwickelte sozialrechtliche Herstellungsanspruch ist auf die Vornahme einer Amtshandlung zur Herstellung
des Zustandes gerichtet, der bestehen würde, wenn der Versicherungsträger die ihm aus dem Versicherungsverhältnis erwachsenden
Pflichten, insbesondere zur Betreuung und Beratung, ordnungsgemäß wahrgenommen hätte (vgl. BSG, Urteil vom 06.03.2003 - B
4 RA 15/02 R = USK 2003-37; BSG, Urteil vom 11.03.2004 - B 13 RJ 16/03 R = SozR 4-2600 § 58 Nr 3; BayLSG, Urteil vom 21.10.2010 - L19 R 548/04 - zit. nach juris). Grundlage der Beratungspflicht
ist § 14 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB I -. Danach hat jeder Anspruch auf Beratung und Belehrung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetz. In der Regel
wird die Beratungspflicht durch ein entsprechendes Begehren ausgelöst. Aber auch wenn ein konkretes Beratungsbegehren nicht
vorliegt, ist der Versicherungsträger gehalten, den Versicherten bei Vorliegen eines konkreten Anlasses von sich aus "spontan"
auf klar zu Tage tretende Gestaltungsmöglichkeiten zu Gunsten des Versicherten hinzuweisen, die sich offensichtlich als zweckmäßig
aufdrängen und die von jedem verständigen Versicherten mutmaßlich genutzt würden (vgl. BSG, Urteil vom 05.04.2000 - B 5 RJ 50/98 R = SozR 3-1200 § 14 Nr 29). Entsprechend gilt dies, wenn die vom Versicherten gewählte Gestaltungsmöglichkeit evident unzweckmäßig
ist (BSG, Urteil vom 24.04.1980 - 1 RA 33/79 = BSGE 50, 88, 93 f.).
Das SG Würzburg hat in seinen Entscheidungsgründen zutreffend darauf hingewiesen, dass Inhalt und Umstände des Beratungsgespräches
vom 09.11.1993 nicht mehr aufklärbar sind. Es gibt in den vorliegenden Akten keinerlei objektivierbare Anhaltspunkte für den
Inhalt der konkreten Beratungssituation. Es liegt kein Gesprächsvermerk, keine Telefonnotiz und auch kein schriftlicher Antrag
mehr vor. Insbesondere ist nicht objektivierbar, ob im Zusammenhang mit der Beratung wegen der Nachentrichtung von freiwilligen
Beiträgen nach Heiratserstattung tatsächlich seitens der Klägerin nachgefragt wurde, wie viele Beiträge zu zahlen wären, um
eine monatliche Altersrente in Höhe von 450,00 DM zu erhalten. Vielmehr dürfte davon auszugehen sein, dass dies gerade nicht
der Fall war, weil seitens der Klägerin und ihres Ehemannes im Verwaltungsverfahren nur vorgetragen wurde, dass sie mehr als
nur 10 Beiträge habe nachentrichten wollen, dass sie hierüber aber nicht aufgeklärt worden seien. Dieser Umstand ging aber
sowohl aus dem Bescheid vom 06.12.1993 hervor als auch aus der Rentenauskunft vom 16.03.1994. Zumindest hätte die Klägerin
aufgrund dieser Bescheide sich veranlasst sehen müssen bei der Beklagten nochmals nachzufragen, um dann noch innerhalb der
möglichen Zeit bis zum 31.12.1995 die weiteren Beiträge nachzuzahlen, wenn sie dies tatsächlich gewollt hätte. In diesem Falle
wäre ein - unterstelltes - Beratungsverschulden der Beklagten nicht kausal für den geltend gemachten Nachteil gewesen. Die
Argumentation, dass die Klägerin als erklärtes Ziel ihrer Altersversorgung eine monatliche Rente von 450,00 DM im Beratungsgespräch
vom 09.11.1993 vorgebracht haben will, wurde erstmals im sozialgerichtlichen Verfahren vorgetragen. Es hätte sich der Klägerin
im Übrigen auch aufdrängen müssen, dass allein aufgrund einer Nachentrichtung für 10 Kalendermonate mit dem Mindestbeitrag
von 92,75 DM unter Berücksichtigung ihrer sonstigen Versicherungszeiten selbst bei Unterstellung der hervorragenden Rendite
dieser Nachzahlungen nicht eine Altersrente von 450,00 DM monatlich sichergestellt würde. Hier widerspricht sich die Klägerin
auch selbst, wenn sie vorträgt, sie habe bis zur Erreichung des Rentenalters noch erwerbstätig sein wollen und habe die im
Jahr 2001, 2002 und 2003 erhaltenen Rentenauskünfte noch nicht für endgültig gehalten. Die Klägerin hat in den Jahren nach
1993 nur noch in geringfügigem Umfang gearbeitet und insoweit keine für die Rentenhöhe relevanten weiteren rentenrechtlichen
Zeiten angesammelt. Bei einer Rentenauskunft von ca. 180,00 DM statt angeblich erwarteten 450,00 DM im Jahr 2001 bei nur noch
möglichen drei Jahren Berufstätigkeit hätte sich sicherlich eine Nachfrage bei der Beklagten aufgedrängt.
Die von der Klägerin gewählte Gestaltungsmöglichkeit hinsichtlich der Nachentrichtung freiwilliger Beiträge im Jahr 1993 war
auch nicht offensichtlich unzweckmäßig, so dass hieraus auch kein besonderer Beratungsbedarf der Klägerin abgeleitet werden
kann. Die Klägerin hatte im Zeitpunkt der Antragstellung auf Nachentrichtung von Beiträgen nach Heiratserstattung keinen Anspruch
auf Regelaltersrente. Durch die Nachentrichtung von 10 Monatsbeiträgen mit dem Mindestbeitrag hat die Klägerin einen Anspruch
auf Regelaltersrente erworben, weil hierdurch die allgemeine Wartezeit von 5 Jahren mit Beiträgen erfüllt worden ist. Der
Nachzahlbetrag entsprach nominell in etwa der Summe, die der Klägerin im Jahr 1961 erstattet wurde. Diese Umstände sprechen
doch eher für den von der Beklagten vorgetragenen Geschehensablauf, dass die Klägerin - wie viele andere Versicherte zur damaligen
Zeit auch - durch Einzahlung eines relativ niedrigen Betrages sich den Anspruch auf eine Regelaltersrente sichern wollte,
ohne eine konkrete Rentenhöhe im Auge zu haben bzw. diese als zwingend notwendiges Entscheidungskriterium bei dem Beratungsgespräch
vom 09.11.1993 auch für die Beklagte deutlich zu machen. Hierfür spricht auch, dass die Klägerin bei den später erhaltenen
Rentenauskünften im Jahr 2001, 2002 und 2003 sowie bei der Anfrage wegen vorzeitiger Altersrente trotz der mitgeteilten deutlich
niedrigeren Altersrente nicht bei der Beklagten vorstellig wurde und um Überprüfung bat, wenn ihr angeblich bereits im Jahr
1993 ein monatlicher Altersrentenbetrag von 450,00 DM als Mindestsumme seitens der Beklagten versprochen worden sein soll.
Auf die zutreffenden Ausführungen der SG Würzburg hierzu wird ergänzend verwiesen.
Selbst wenn jedoch - wovon der Senat nicht ausgeht - die Klägerin bei der Beratung am 09.11.1993 ausdrücklich nachgefragt
hätte, wie viele Beiträge für eine derartige Altersrente nachgezahlt werden müssten, und der Beklagten insoweit ein Beratungsfehler
unterlaufen wäre, wäre dieser Fehler für den geltend gemachten Nachteil nicht kausal geworden. Das SG hat hier ebenfalls mit ausführlicher und zutreffender Begründung die fehlende Kausalität zwischen einer möglichen Pflichtverletzung
und dem eingetretenen Nachteil dargelegt. Die Klägerin hatte aus dem Bescheid vom 06.12.1993 sowie der Rentenauskunft vom
16.03.1994 den Umfang der Beitragsnachentrichtung sowie die weiterhin nicht belegten Zeiten erkennen können und hätte sich
bis zum 31.12.1995 insoweit um eine weitere Nachentrichtung bemühen können. Dies war aber nicht der Fall, so dass eine fehlerhafte
Beratung nicht mehr als wesentliche Ursache für den eingetretenen Nachteil gewertet werden kann. Auch die Rentenauskünfte,
die der Klägerin zeitlich lange vor der Beantragung der Regelaltersrente nachweislich zugingen und die die Klägerin auch zur
Kenntnis nahm, hätten sie noch vor Antragstellung im Jahr 2004 dazu veranlassen müssen, die Beklagte um eine Überprüfung zu
bitten, wenn sie tatsächlich von einer fehlerhaften Auskunft der Beklagten über eine Rentenhöhe von monatlich 450,00 DM ausgegangen
wäre. Dabei wäre es nicht erforderlich gewesen, die rechtliche Anspruchsgrundlage für eine Nachentrichtung von Beiträgen zu
kennen und diese bei der Beklagten einzufordern. Ein Antrag auf Überprüfung hätte genügt. Die Beklagte hätte dann überprüfen
können, ob und inwieweit der Klägerin eine weitere Nachentrichtung hätte gewährt werden müssen. Damit kommt aber einem - unterstellten
- Beratungsfehler im Gespräch am 09.11.1993 keine wesentliche Ursache für den eingetretenen Nachteil mehr zu. Aufgrund der
fehlenden Kausalität einer möglichen Falschberatung konnte auch die schriftsätzlich beantragte Einvernahme des Ehemannes der
Klägerin als Zeuge zu den Vorfällen im Jahr 1993 unterbleiben.
Das SG hat deshalb die Klage gegen den Bescheid vom 22.12.2006 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 22.06.2007 zu Recht als unbegründet
abgewiesen. Die Berufung gegen dieses Urteil war deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
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