Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 23.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 02.07.2009, mit dem die Beklagte eine Umwandlung der von der Klägerin bezogenen Altersrente für Frauen in eine Altersrente
für langjährig Versicherte ab dem 01.11.2008 abgelehnt hat.
Die 1944 geborene Klägerin beantragte am 06.07.2004 bei der Beklagten die Gewährung einer Altersrente für Frauen nach §
237a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) ab dem 01.10.2004, die ihr mit Bescheid vom 07.10.2004 in Höhe von 771,44 EUR monatlich bewilligt wurde. Hiergegen legte
die Klägerin mit Schreiben vom 12.10.2004 zur Fristwahrung Widerspruch ein. Mit Schreiben vom 27.11.2004 wurde der Widerspruch
dahingehend begründet, dass sich der Widerspruch gegen die Beiträge zur Pflegeversicherung richte. Die Erhöhung der Beiträge
von 0,85 % auf 1,7 % durch die gesetzliche Neuregelung sei verfassungswidrig, weil sie dem Gleichheitsgrundsatz aller Versicherten
nicht gerecht werde. Pflichtversicherte Beschäftigte hätten nur den Beitragssatz von 0,85 % zu entrichten. Der Gesetzgeber
wäre gehalten gewesen, für rentennahe Jahrgänge Übergangsregelungen zu treffen. Eine Entscheidung der Beklagten über diesen
Widerspruch ist nicht erfolgt.
Mit weiterem Schreiben vom 27.11.2004 bat die Klägerin um Auskunft, in welcher Weise sich Rentenversicherungsbeiträge aus
einer geringfügigen Beschäftigung unter Verzicht auf die Versicherungsfreiheit auf die Berechnung der Entgeltpunkte für die
Altersrente zum 65.Lebensjahr auswirken würde. Mit Schreiben vom 30.12.2004 teilte die Beklagte daraufhin mit, dass die Klägerin
ja bereits eine Vollrente wegen Alters seit dem 01.10.2004 beziehe und somit nach §
5 Abs
4 Nr
1 SGB VI versicherungsfrei sei. Auf diese Versicherungsfreiheit könne nicht verzichtet werden. Ggf. zu Unrecht gezahlte Beiträge seien
zu erstatten. Es werde empfohlen, sich diesbezüglich mit dem Arbeitgeber in Verbindung zu setzen. Hiergegen legte die Klägerin
mit Schreiben vom 10.01.2005 Widerspruch ein. Sie beziehe keine Vollrente, da ihre Altersrente wegen Abschlägen um 17,1 %
gekürzt sei. Die Regelung des §
8 Abs
3 SGB VI sei neueres Recht. Geringfügig entlohnte Beschäftigte könnten auf die Versicherungsfreiheit verzichten. Dies habe die Klägerin
getan. Mit dem Verzicht auf die Versicherungsfreiheit sei Versicherungspflicht eingetreten. Es müsse ihr als Rentenbezieherin
mit einer erheblichen Kürzung der Altersrente gestattet sein, ihre Rente durch Zahlung von weiteren Pflichtbeiträgen bis zum
65.Lebensjahr (Rente für die Regelaltersrente) zu verbessern. Sofern dies nicht möglich sei, existiere eine Gesetzeslücke,
die durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auszufüllen wäre. Nach Kontaktaufnahme der Beklagten mit der Minijobzentrale
bezüglich der zu Unrecht entrichteten Beiträge aus der geringfügigen Beschäftigung wies die Beklagte schließlich den Widerspruch
"gegen den Bescheid vom 30.12.2004" mit Widerspruchsbescheid vom 31.03.2006 als unbegründet zurück. Die von der Klägerin ab
01.10.2004 bezogene Altersrente für Frauen sei eine Vollrente wegen Alters und führe damit zur Versicherungsfreiheit nach
§
5 Abs
4 Nr
1 SGB VI. Für die Zeiten der geringfügigen Beschäftigung ab dem 01.10.2004 sei daher die Zahlung von Aufstockungsbeiträgen nicht mehr
zulässig. Die hiergegen am 12.04.2006 zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhobene Klage, die unter dem Az. S 2 R 4117/06 geführt wurde, hat das SG mit Urteil vom 23.04.2007 als unbegründet abgewiesen. Die Klägerin beziehe eine Altersrente für Frauen als Vollrente, so
dass gemäß §
5 Abs
4 Nr.
1 SGB VI Versicherungsfreiheit bestünde. Es liege keine Gesetzeslücke vor, da die Klägerin die Möglichkeiten zur Inanspruchnahme einer
Teilrente oder zur Aufstockung der Beiträge vor Inanspruchnahme einer Altersrente nach §
187 a SGB VI hätte nutzen oder durch einen späteren Rentenbeginn die Abschläge hätte reduzieren können. Hiergegen legte die Klägerin am
25.05.2007 Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht ein, die zunächst unter dem Az. L 18 R 415/07 geführt wurde. Im Rahmen eines Erörterungstermins vom 08.10.2008 wurde das Ruhen des Verfahrens angeordnet und insbesondere
darauf hingewiesen, dass das Schreiben der Beklagten vom 30.12.2004 wohl nicht als Verwaltungsakt angesehen werden könne.
Auf Antrag der Beklagten vom 04.08.2009 wurde das Verfahren unter dem Aktenzeichen L 20 R 729/09 fortgeführt und die Berufung im Erörterungstermin vom 03.08.2011 von der Klägerin schließlich zurückgenommen.
Die Klägerin hatte nach Durchführung des Erörterungstermins vom 08.10.2008 bei der Beklagten am 10.10.2008 einen Antrag auf
Umwandlung der Altersrente für Frauen in eine Altersrente für langjährige Versicherte ab dem 01.11.2008 beantragt. Die Beklagte
lehnte mit hier streitgegenständlichem Bescheid vom 23.10.2008 den Antrag ab, da ein Wechsel der Altersrente wegen §
34 Abs
4 SGB VI i.d.F. ab dem 01.01.2008 ausgeschlossen sei. Die Klägerin beziehe seit dem 01.10.2004 eine Altersrente für Frauen nach §
237 a SGB VI. Die beantragte Altersrente für langjährig Versicherte habe am 01.11.2008 beginnen sollen. Dieser Zeitpunkt liege nach dem
Beginn der derzeitigen Altersrente. Der Bescheid über die derzeitige Altersrente sei zwar durch das eingelegte Rechtsmittel
nicht bindend geworden, die Klägerin habe aber ihre derzeitige Altersrente bereits bezogen. Ein Wechsel in die beantragte
Altersrente sei ausgeschlossen. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20.07.2009 als unbegründet
zurückgewiesen.
Die hiergegen am 06.08.2009 beim Arbeitsgericht Würzburg eingelegte und an das SG Würzburg weitergeleitete Klage hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 05.07.2010 abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass ein Anspruch auf Rente nach §
34 Abs
1 SGB VI bestehe, wenn die für die jeweilige Rente erforderliche Mindestversicherungszeit (Wartezeit) erfüllt sei und die jeweiligen
besonderen versicherungsrechtlichen und persönlichen Voraussetzungen vorlägen. Nach §
34 Abs
4 Nr
3 SGB VI i.d.F. ab dem 01.08.2004 und ebenso in der ab dem 01.01.2008 geltenden Fassung sei nach bindender Bewilligung einer Rente
wegen Alters der Wechsel in eine andere Rente wegen Alters ausgeschlossen. Somit wäre die von der Klägerin begehrte Altersrente
für langjährige Versicherte nur dann nicht ausgeschlossen, wenn sie am oder vor dem 01.10.2004 beginnen würde. Denn die der
Klägerin mit Bescheid vom 07.10.2004 für die Zeit ab dem 01.10.2004 bewilligte und geleistete Altersrente für Frauen sei eine
Rente wegen Alters (§
33 Abs
2 Nr
6 SGB VI), so dass ein Wechsel im Sinne des §
34 Abs
4 SGB VI nur dann nicht vorliege, wenn die andere Rente (hier: Altersrente für langjährig Versicherte) nach §
33 Abs
2 Nr
2 SGB VI vor oder gleichzeitig mit der Rente wegen Alters beginne. Die Altersrente für Frauen sei der Klägerin mit Bescheid vom 07.10.2004
bindend bewilligt worden, da sich ihr Widerspruch vom 12.10.2004 nur gegen die volle Tragung der Pflichtbeiträge zur Pflegeversicherung
durch die Klägerin gerichtet habe, nicht aber gegen den Rentenanspruch als solchen. Für die Zeit ab dem 01.01.2008 sei zu
beachten, dass die Klägerin in dieser Zeit eine Rente wegen Alters für Frauen im Sinne des §
34 Abs
4 2.Alternative
SGB VI bezogen habe. Die von der Klägerin beantragte Altersrente für langjährig Versicherte sei erst am 10.10.2008 beantragt worden,
der diesbezügliche Rentenbeginn könne wegen §
99 Abs
1 SGB VI zeitlich erst nach der bindend gewordenen Bewilligung der Altersrente für Frauen liegen.
Zur Begründung der hiergegen am 14.07.2010 zum Bayer. Landessozialgericht eingelegten Berufung trägt die Klägerin vor, dass
der Bewilligungsbescheid über die Gewährung der Altersrente für Frauen ab dem 01.10.2004 aufgrund des eingelegten Widerspruchs
nicht bestandskräftig geworden sei. Der Klägerin müsse es gestattet sein, bei der vorliegenden erheblichen Kürzung ihrer Altersrente
um 17,1 % ihre Rente durch Zahlung von weiteren Pflichtbeiträgen (hier: Aufstockungsbeiträgen) bis zum 65.Lebensjahr zu verbessern.
§
5 Abs
4 SGB VI, der eine Versicherungsfreiheit wegen Bezugs einer Vollrente anordne, betreffe Fälle, in denen ein Sicherungsbedürfnis in
der Rentenversicherung wegen Erreichens des Sicherungszieles oder wegen der Unwahrscheinlichkeit, dieses Ziel in der Rentenversicherung
noch zu erreichen, nicht mehr gegeben sei. Wegen der erheblichen Rentenabschläge, die die Klägerin hinzunehmen habe, könne
jedoch von einer derartigen Sicherung nicht gesprochen werden. Das Sicherungsziel einer Regelaltersrente ab dem 65.Lebensjahr
könne der Klägerin auch aus dem Verbot der Diskriminierung wegen Alters (AGG) nicht verweigert werden. Im Übrigen sehe §
187a SGB VI eine Möglichkeit zur Zahlung weiterer Beiträge bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters vor. Die Klägerin
sei von der Beklagten zu keinem Zeitpunkt (auch nicht aus Anlass des Rentenantrags) auf diese Möglichkeit hingewiesen worden.
Es läge ferner eine Ungleichbehandlung zu den Fällen mit Bezug einer Teilrente bei Hinzuverdienst vor. In diesen Fällen sei
die Rente bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses neu zu berechnen. Teilrenten ermöglichten im Rentenrecht einen gleitenden
Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand. Die Versicherten könnten einerseits einen Teil der ihnen zustehenden Altersrente
in Anspruch nehmen, andererseits aber weiterhin innerhalb bestimmter Grenzen hinzuverdienen. Sie hätten somit die Wahlmöglichkeit,
entweder die ihnen zustehende Vollrente zu beantragen oder lediglich ein Drittel, die Hälfte oder zwei Drittel je nach Vollrente
zu beanspruchen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 05.07.2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23.10.2008 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 20.07.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 01.11.2008 Altersrente für
langjährig Versicherte nach §
236 SGB VI aufgrund ihres Antrags vom 10.10.2008 und unter Berücksichtigung der Aufstockungsbeiträge aus der geringfügigen Beschäftigung
(Zeitraum vom 01.10.2004 bis 31.10.2008) zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 05.07.2010 zurückzuweisen.
Bezüglich der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Rentenakten der Beklagten, die Akten des SG Würzburg
(Az. S 2 R 4117/06), die Akten des Bayer. Landessozialgerichts (Az. L 20 R 729/09) sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen. Die Beteiligten erklärten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung
ohne mündliche Verhandlung (§
124 Abs
2 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -).
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§
143,
144,
151 SGG). Sie ist jedoch unbegründet, denn das SG Würzburg hat im Ergebnis zu Recht die Klage gegen den Bescheid vom 23.10.2008 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.07.2009 als unbegründet abgewiesen.
Gemäß §
34 Abs
4 Nr.
3 SGB VI in der ab dem 01.01.2008 geltenden Fassung ist ein Wechsel in eine andere Rente wegen Alters ausgeschlossen, wenn eine Rente
wegen Alters bindend bewilligt worden ist oder für Zeiten des Bezuges einer solchen Rente. Der Klägerin wurde mit Bescheid
vom 07.10.2004 ab dem 01.10.2004 eine Altersrente für Frauen nach §
237a SGB VI bewilligt. Diese Rente hatte sie als Vollrente beantragt und hat sie auch als Vollrente in Anspruch genommen. Hiergegen hat
die Klägerin mit Schreiben vom 12.10.2004 "zur Fristwahrung" Widerspruch eingelegt und diesen dann mit weiterem Schreiben
vom 27.11.2004 in Hinblick auf die Höhe der Pflegeversicherungsbeiträge begründet. Eine Entscheidung der Beklagten über diesen
Widerspruch ist nicht erfolgt. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob die Klägerin nur eine teilweise Anfechtung des Bewilligungsbescheides
ausschließlich wegen der Höhe der Pflegeversicherungsbeiträge erklären wollte und die Bewilligung der Altersrente für Frauen
nach §
237a SGB VI im übrigen unangefochten bleiben sollte, wie dies das SG im Gerichtsbescheid vom 05.07.2010 angenommen hat. In diesem Fall wäre ein Wechsel zwischen den Renten wegen Alters bereits
aufgrund der Bestandskraft des Bewilligungsbescheides vom 07.10.2004 ausgeschlossen. Die Einlegung des Widerspruchs gegen
den Bescheid vom 07.10.2004 durch die Klägerin mit Schreiben vom 12.10.2004 erfolgte allerdings ohne Einschränkung bzw. zunächst
nur "zur Fristwahrung", so dass im Zweifel davon auszugehen ist, dass der Betroffene - hier die Klägerin - eine Überprüfung
in vollem Umfang begehrt (BSG SozR Nr 7 zu §
84 SGG). Allein die Beschränkung in der Widerspruchsbegründung auf einzelne Gesichtspunkte bietet für sich noch keinen hinreichenden
Anhaltspunkt für eine Beschränkung des Widerspruchs und damit für eine bloße Teilanfechtung. Wenn aber keine Teilanfechtung
im rechtlichen Sinne vorliegt, ist der Bewilligungsbescheid vom 07.10.2004 mangels Entscheidung der Beklagten hierüber nicht
bestandskräftig geworden und könnte einem Wechsel in der Rentenart grundsätzlich nicht entgegengehalten werden.
Gleichwohl scheitert der Wechsel von der Altersrente für Frauen in eine am 10.10.2008 von der Klägerin beantragte Altersrente
für langjährig Versicherte ab dem 01.11.2008 an der zweiten Alternative des §
34 Abs
4 Nr.
3 SGB VI, nämlich dem tatsächlichen Bezug der Altersrente für Frauen.
§
34 Abs
4 SGB VI ist mit Wirkung zum 01.01.2008 dahingehend geändert worden, dass ein Wechsel von einer Rentenart in eine andere nicht nur
dann ausgeschlossen ist, wenn eine Rente bereits bestandskräftig bewilligt wurde, sondern auch für Zeiten des Bezuges. Diese
Vorschrift ist auf den Antrag der Klägerin vom 10.10.2008 anzuwenden (§
300 Abs
1 SGB VI). Weitere Übergangsvorschriften bestehen diesbezüglich nicht.
Die Neufassung des §
34 Abs
4 SGB VI erfolgte durch das Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenzen an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen
der gesetzlichen Rentenversicherung - RV-Altersgrenzenanpassungs-gesetz - vom 20.04.2007 (BGBl I 554). Erklärtes Ziel des
Gesetzgebers war es, mit den dort vorgenommenen Neuregelungen vor dem Hintergrund der weiter steigenden Lebenserwartung und
sinkender Geburtenzahlen wichtige rentenpolitische Maßnahmen zu ergreifen, um die gesetzlichen Beitragssatz- und Niveausicherungsziele
einhalten zu können (BR-Drcks 2/07, S 2). Zur Änderung des §
34 Abs
4 Nr
3 SGB VI wird in der gesetzlichen Begründung ausgeführt, dass durch diese Änderung sichergestellt werden solle, dass der Wechsel von
einer Altersrente in eine andere Rente auch dann ausgeschlossen ist, wenn bereits eine Altersrente bezogen wird und zu einem
späteren Zeitpunkt die Voraussetzungen für eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Erziehungsrente oder eine andere
Altersrente erfüllt werden. Nach der (bis dahin) geltenden Regelung greife der Ausschluss des Wechsels in den Fällen nicht,
in denen durch Einlegung eines Rechtsbehelfs der Rentenbescheid noch nicht bindend geworden ist. Nicht betroffen von der jetzt
vorgesehenen Änderung sei der Anspruch auf eine andere Rente, wenn diese vor oder gleichzeitig mit der Altersrente beginne,
etwa weil das Vorliegen von Schwerbehinderung erst nachträglich festgestellt worden sei. In diesen Fällen liege - wie schon
nach geltendem Recht - kein Wechsel vor (vgl. BR-Drcks. 2/07, S. 84 f.). Mit dieser Regelung sollte also sichergestellt werden,
dass ein Versicherter an seine Entscheidung, sich vorzeitig aus dem Erwerbsleben zurückzuziehen und lieber eine vorzeitige
Altersrente in Anspruch zu nehmen, dauerhaft auch Bezieher dieser Leistung bleibt, die u. a. in der Regel mit erheblichen
Rentenabschlägen durch eine Absenkung des Zugangsfaktors verbunden ist (vgl. §
77 SGB VI). Durch die bloße Einlegung eines Widerspruchs gegen den Bewilligungsbescheid konnte der Versicherte den Eintritt der Bestandskraft
des Bescheides verhindern, gleichwohl Altersrente beziehen und bei späterem Eintritt des Leistungsfalles einer anderen Rentenart
diese Rente in Anspruch nehmen, die oftmals mit deutlich niedrigeren Abschlägen verbunden war (vgl. auch Fichte, in: Hauck/Noftz,
SGB VI, Stand Juli 2009, §
34 SGB VI, Rdnr. 85; Gürtner, in: Kasseler Kommentar, Stand April 2011, §
34 SGB VI, Rdnr. 50 ff. m. w. N.). Gerade diese Vorgehensweise sollte durch die Neuregelung des §
34 Abs
4 SGB VI in der Fassung ab dem 01.01.2008 vermieden werden. Die Klägerin hat aufgrund des Bescheides vom 07.10.2004 ab dem 01.10.2004
durchgehend Altersrente für Frauen nach §
237a SGB VI von der Beklagten tatsächlich und auch rechtlich bezogen. Die Voraussetzungen für diese Rentengewährung lagen auch über den
01.11.2008 hinaus vor, so dass kein Grund für einen Wegfall der Altersrente für Frauen gegeben war und die beantragte Altersrente
für langjährig Versicherte nach §
236 SGB VI einen Wechsel von einer Rente wegen Alters in eine andere Rente wegen Alters darstellt. Dem steht jedoch der tatsächliche
und durchgehende Bezug der Altersrente für Frauen ab dem 01.10.2004 wegen §
34 Abs
4 Nr.
3 SGB VI entgegen.
§
34 Abs
4 SGB VI kann nach Überzeugung des Senats auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass ein Wechsel nur für Zeiten des Bezuges einer
Altersrente ausgeschlossen sei, für die Zukunft jedoch weiterhin möglich sein müsse. Dies ergibt sich weder aus dem Zweck
der Neuregelung, noch ist hierfür unter dem Aspekt der eigentumsrechtlich geschützten Rentenanwartschaften nach Art.
14 Abs
1 Grundgesetz (
GG) eine entsprechende Auslegung vorzunehmen. Zwar ist der Wortlaut der Neuregelung zum 01.01.2008 insoweit nicht ganz eindeutig,
weil ein Wechsel nur für Zeiten des Bezuges ausgeschlossen ist. Bei der Auslegung der Vorschrift ist jedoch nicht nur der
Wortlaut maßgebend, sondern entscheidend ist auch Sinn und Zweck der Regelung unter Beachtung des vom Gesetzgeber selbst artikulierten
Regelungszieles. Ergänzend zu der oben bereits dargelegten gesetzgeberischen Begründung, dass gerade die Umgehung von Rentenabschlägen
durch den späteren Wechsel in eine andere Rentenart wegen Alters ausgeschlossen sein sollte, die durch die bloße Einlegung
eines Rechtsbehelfs und damit durch Verhinderung des Eintritts der Bestandskraft des Bewilligungsbescheides erreicht werden
konnte, geht insbesondere aus den den Gesetzentwurf einleitenden Überlegungen des Gesetzgebers hervor, dass die im Rahmen
des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenzen an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen
der gesetzlichen Rentenversicherung ergriffenen Maßnahmen in erster Linie dem Zweck dienen, die Finanzierungsgrundlage der
gesetzlichen Rentenversicherung zu stabilisieren und damit die Funktionsfähigkeit des Systems als solchem weiterhin zu gewährleisten.
Entschließt sich ein Versicherter, Versichertenrente zum denkbar frühesten Zeitpunkt in Anspruch zu nehmen, der gesetzlich
möglich ist, hat er aufgrund der damit - zumindest statistisch - zu erwartenden längeren Rentenlaufzeit auch erhebliche Rentenabschläge
in Kauf zu nehmen. Die Rentenlaufzeit verkürzt sich nicht durch den bloßen Wechsel in eine andere Rentenart wegen Alters.
Dass die Rentenabschläge, die §
77 SGB VI vorsieht, als solche nicht verfassungswidrig sind, hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zwischenzeitlich mehrfach entschieden
(vgl. zuletzt BVerfG Beschluss vom 11.01.2011 - 1 BvR 3588/08 und 1 BvR 555/09). Die Neuregelung des §
34 Abs
4 SGB VI in der Fassung ab dem 01.01.2008 ist sicherlich nur eine von vielen Maßnahmen, die der Gesetzgeber zur Stabilisierung der
Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung ergriffen hat, sie ist aber sicherlich ein geeignetes und auch
verhältnismäßiges Instrument, um die Finanzierungsgrundlagen des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung vor übermäßiger
Inanspruchnahme durch Versicherte zu schützen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Neuregelung des §
34 Abs
4 SGB VI können insoweit auch unter dem Aspekt des Art.
14 Abs
1 GG nicht gesehen werden.
Nachdem unter Beachtung der obigen Ausführungen ein Wechsel von einer Altersrente in die andere Altersrente wegen §
34 Abs
4 Nr
3 SGB VI nicht möglich ist, kommt es auf die Frage, ob und inwieweit nach Bezug einer Vollrente wegen Alters entgegen §
5 Abs
4 SGB VI noch Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet werden können, ebenso wenig an wie auf die Frage, ob
die Klägerin die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Altersrente für langjährig Versicherte überhaupt erfüllt
hätte und welches Verhältnis zwischen der Versicherungsfreiheit kraft Gesetzes nach §
5 Abs
2 SGB VI bei geringfügiger Tätigkeit und §
5 Abs
4 SGB VI besteht. Im übrigen hätte die Klägerin die Möglichkeit gehabt, statt einer Vollrente wegen Alters auch eine Teilrente wegen
Alters nach §
42 SGB VI in Anspruch zu nehmen und unter Beachtung der Hinzuverdienstgrenzen weitere Beitragszeiten zu sammeln, um so die vollen Abschläge
beim Zugangsfaktor zu vermeiden. Eine Versicherungsfreiheit nach §
5 Abs
4 SGB VI wäre hierbei nicht eingetreten. Aus dem Umstand heraus, dass die Klägerin diese rechtlich zulässige Gestaltungsmöglichkeit
als unwirtschaftlich erachtet und deswegen hiervon keinen Gebrauch gemacht hatte, kann eine regelwidrige Gesetzeslücke oder
ein verfassungsrechtlich relevanter Gesetzeswiderspruch oder gar ein Verstoß gegen das Antidiskriminierungsgesetz nicht abgeleitet
werden. Soweit die Klägerin pauschal darauf hinweist, dass die Beklagte sie über bestehende Gestaltungsmöglichkeiten hätte
informieren müssen, ist nicht ersichtlich, wann die Klägerin bei der Beklagten einen entsprechenden Beratungsbedarf, etwa
auch im Hinblick auf die Möglichkeit nach §
187a SGB VI, geltend gemacht haben könnte. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, von sich aus auf alle denkbaren Handlungsmöglichkeiten
hinzuweisen.
Nach alledem war die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG Würzburg vom 05.07.2010 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Revision wird zugelassen, weil die hier entschiedene Rechtsfrage grundlegende Bedeutung hat und hierüber eine höchstrichterliche
Entscheidung noch nicht vorliegt (§
160 Abs
2 Nr.
1 SGG).