Statthaftigkeit der Verhängung eines Ordnungsgeldes im sozialgerichtlichen Verfahren, ordnungsgemäße Ladung
Gründe:
I. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen ihm auferlegtes Ordnungsgeld.
Im Hauptsacheverfahren vor dem Sozialgericht Augsburg (SG) zum Az.: S 17 R 4357/07 begehrt der Beschwerdeführer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01.01.2004. Er habe seinen Betrieb zum 01.01.2004
aufgegeben. Einkünfte, wie sie sich aus dem Einkommensteuerbescheid für 2004 ergäben, rührten aus aktivem Einkommen bis 2003
her. Erlöse aus 1997, 2000 bis 2003 habe er rückwirkend zu versteuern gehabt. Die Beklagte wandte ein, für das Jahr 2004 ergebe
sich wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze kein zahlbarer Rentenanspruch.
Das SG forderte am 17.01.2008 weitere Nachweise, insbesondere darüber, dass im Einkommensteuerbescheid 2004 Veräußerungsgewinne
aus früheren Jahren berücksichtigt worden seien. Der Beschwerdeführer legte weitere Unterlagen sowie seine Zustimmung und
die Zustimmung seiner Ehefrau zur Beiziehung der Steuerunterlagen vor.
Am 27.06.2008 verfügte das SG die Ladung der Beteiligten zum Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 29.07.2008. Es ordnete hierzu das persönliche Erscheinen
des Beschwerdeführers an. Laut Ladungsverfügung wurde der Beschwerdeführer auf Folgen des Nichterscheinens hingewiesen.
Mit Postzustellungsurkunde vom 01.07.2008 wurde ihm die Ladung zugestellt. Der Zusteller vermerkte, er habe den Adressaten
nicht persönlich angetroffen und das Schriftstück in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten eingelegt.
Im Termin vom 29.07.2008 erschien der Beschwerdeführer nicht. Das SG legte ihm 150,00 Euro Ordnungsgeld auf. Es führte aus, der Kläger sei trotz ordnungsgemäßer Ladung ohne Entschuldigung nicht
erschienen. Unter Berücksichtigung seiner Einkommensverhältnisse sei Ordnungsgeld in Höhe von 150,00 Euro angemessen. Der
Beschluss wurde ihm mit Postzustellungsurkunde vom 07.08.2008 zugestellt.
Dagegen legte der Beschwerdeführer am 14.08.2008 Beschwerde ein. Er könne sich gar nicht erklären, wie es zu dem Versäumen
des Termins gekommen sei, da er selbst an einem schnellen Termin interessiert sei. Es müsse wohl so gewesen sein, dass er
und seine Ehefrau am 01.07.2008 in A. gewesen seien. Sie könnten sich beide nicht erinnern, an diesem Tag einen gelben auffälligen
Umschlag im Briefkasten vorgefunden zu haben. Erklärungsversuche, wie Nichteinwurf in den eigenen, sondern in einen fremden
Briefkasten, Diebstahl aus dem Briefkasten, Übersehen, weil der Briefkasten mit Reklame voll war usw., seien reine Spekulation.
Allerdings sei es in der Vergangenheit vorgekommen, dass für ihn bestimmte Post in den Briefkasten von Nachbarn gelangt sei.
Der Beschwerdeführer beantragt,
den Ordnungsgeldbeschluss des SG vom 29.07.2008 aufzuheben.
Das SG legte die Beschwerde dem Bayer. Landessozialgericht zur Entscheidung vor.
Einem gemäß §
111 Abs.
1 SGG i. V. m. §
141 Abs.
3 Zivilprozessordnung (
ZPO) mit der Anordnung des persönlichen Erscheinens geladenen Kläger, der der Ladung ohne genügende Entschuldigung nicht Folge
leistet, kann Ordnungsgeld zwischen 5,00 Euro und 1.000,00 Euro auferlegt werden.
Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen zum Festsetzen von Ordnungsgeld erfüllt. Der Beschwerdeführer wurde ordnungsgemäß
zum Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 29.07.2008 geladen.
Für die Anordnung des persönlichen Erscheinens genügt gemäß §§
111 SGG,
141 Abs.
2 ZPO an sich die formlose Ladung der Partei selbst. War wie hier die Ladung mit Postzustellungsurkunde verfügt, so genügt gemäß
§
175 ZPO das Einlegen der zu übergebenden Schriftstücke in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten, wenn der Empfänger nicht angetroffen
wird. Die Postzustellungsurkunde ist eine öffentliche Urkunde i. S. d. §
418 ZPO. Sie bezeugt die darin festgehaltenen Tatsachen, u. a. das Datum der Zustellung. Die Richtigkeit der bezeugten Tatsachen
kann durch bloßes Bestreiten nicht in Zweifel gezogen werden. Allein die Vermutung des Beschwerdeführers, die Briefsendung
könnte in einen falschen Briefkasten eingelegt worden sein, reicht nicht aus, um die Angaben in der öffentlichen Urkunde zu
widerlegen. Damit ist davon auszugehen, dass die Ladung zum Termin ordnungsgemäß am 01.07.2008 erfolgte. Ferner steht fest,
dass der Beschwerdeführer im Termin zur mündlichen Verhandlung am 29.07.2008 nicht erschienen war. Damit sind die Voraussetzungen
zur Auferlegung von Ordnungsgeld erfüllt.
Die Festsetzung von Ordnungsgeld gegen einen nicht erschienenen Beteiligten ist zwar in das Ermessen des Gerichts gestellt.
Eine solche Anordnung hat zu unterbleiben, wenn dem Beteiligten wegen zu großer Entfernung vom Verhandlungsort eine Teilnahme
unzumutbar ist. Solche Gründe liegen nicht vor. Aus dem Sachverhalt ergibt sich auch, ohne dass das SG hierzu Ausführungen gemacht hätte, dass die Mitwirkung des Beschwerdeführers gemäß §
103 2. Halbsatz
SGG angezeigt war zur Aufklärung des Sachverhalts. Ebenso geht aus der Prozessakte hervor, dass eine Entscheidung ohne Mitwirkung
des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung am 29.07.2008 nicht ergehen konnte. Damit kommt der Senat zum Ergebnis, dass
das SG sein Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt hat.
Auch die Höhe des verhängten Ordnungsgeldes begegnet keinen Bedenken. Es bedarf dann keiner Begründung der Ermessensausübung
zur Höhe des Ordnungsgeldes, wenn sich dieses im unteren Bereich des von Art. 6 des Einführungsgesetzes zum
Strafgesetzbuch vorgegebenen Rahmens zwischen 5,00 Euro und 1.000,00 Euro hält. Dies trifft hier zu. Der Beschwerdeführer hat keine Gründe
vorgetragen, die zu einer anderen Entscheidung Veranlassung gäben.
Damit kommt der Senat zum Ergebnis, dass der Ordnungsgeldbeschluss vom 29.07.2008 der Sach- und Rechtslage entsprochen hat.
Die Beschwerde dagegen war zurückzuweisen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).