Anordnung des persönlichen Erscheinens eines Beteiligten im sozialgerichtlichen Verfahren; Ermessensausübung des Vorsitzenden
Gründe:
I. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Auferlegung von Ordnungsgeld.
Im Ausgangsverfahren vor dem Sozialgericht München (SG) ist streitig, ob der Klägerin - jetzt Beschwerdeführerin - vom Rentenversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
zu gewähren sind. Sie meint, sie könne nur noch bis zu fünf Stunden täglich sitzende Tätigkeiten verrichten. Der beklagte
Rentenversicherungsträger hatte solche Leistungen abgelehnt, weil nach seinen Feststellungen das Leistungsvermögen der Beschwerdeführerin
noch für leichte bis mittelschwere Arbeiten bis zu sechs Stunden täglich ausreiche.
Nach Beiziehen verschiedener ärztlicher Berichte und der Akte des Zentrums Bayern Familie und Soziales, Region Niederbayern,
lud das SG die Beschwerdeführerin zum Erörterungstermin auf den 31.10.2008 und ordnete hierzu ihr persönliches Erscheinen an. Der Bitte
der Beschwerdeführerin, den Termin zu verlegen, da sie sich am 31.10.2008 zu einer stationären Untersuchung einfinden müsse,
entsprach das SG. Es lud dann zum Erörterungstermin auf den 14.01.2009, ordnete das persönliche Erscheinen der Beschwerdeführerin an und wies
auf die Möglichkeit hin, dass Ordnungsgeld auferlegt werden könne, falls die Beschwerdeführerin nicht zum Termin erscheinen
würde. Nach der Postzustellungsurkunde vom 20.12.2008 wurde die Ladung der Beschwerdeführerin selbst ausgehändigt. Im Erörterungstermin
am 14.01.2009 erschien die Beschwerdeführerin nicht. Das SG legte ihr Ordnungsgeld in Höhe von 50,00 EUR auf, da sie unentschuldigt dem Termin fern geblieben war. In den Gründen heißt
es, für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden könne, werde Ordnungshaft von drei Tagen festgesetzt. Der
Beschluss wurde der Beschwerdeführerin am 19.01.2009 zugestellt.
Dagegen legte sie am 27.01.2009 Beschwerde ein. Zu Unrecht werde ihr unentschuldigtes Fernbleiben zur Last gelegt. Sie habe
lediglich einen Brief erhalten, aber mit einem Inhalt von Dezember 2008. Sie wende sich gegen die Auferlegung von Ordnungsgeld
bzw. Ordnungshaft.
Das SG legte die Beschwerde dem Bayer. Landessozialgericht zur Entscheidung vor.
Auf den Hinweis des Senats vom 25.02.2009, dass ihr die Ladung zum 14.01.2009 am 20.12.2008 übergeben worden war, sie diese
also erhalten und ihr Ausbleiben weder vor noch nach dem Termin ausreichend entschuldigt habe, erklärte die Beschwerdeführerin,
sie nehme die Beschwerde nicht zurück und bitte um Nachsicht.
Die Beschwerdeführerin beantragt,
den Ordnungsgeldbeschluss des SG vom 14.01.2009 aufzuheben.
Nach §§
111,
202 SGG in Verbindung mit §
141 Zivilprozessordnung (
ZPO) kann das persönliche Erscheinen eines Beteiligten zur mündlichen Verhandlung bzw. zum Erörterungstermin angeordnet werden
und derjenige, der der Anordnung nicht Folge leistet, mit Ordnungsgeld wie ein im Vernehmungstermin nicht erschienener Zeuge
belegt werden. Ob der Vorsitzende eine Anordnung nach §
111 SGG treffen will, steht in seinem Ermessen. Hält er zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung vor der gesamten Kammer eine
Erörterung und Beweiserhebung für notwendig, so kann er hierzu das persönliche Erscheinen eines Beteiligten anordnen. Zwar
lässt sich der Ladung und der Begründung des Ordnungsgeldbeschlusses nicht entnehmen, inwieweit die Kammervorsitzende die
Erörterung des Sachverhalts mit der Beschwerdeführerin für nötig gehalten hat, jedoch ist die Klageerhebung selbst ein Indiz
dafür, dass Erörterungsbedarf bestanden hat. Die Beschwerdeführerin hat die Klage zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle
des SG erhoben und zur Begründung lediglich angegeben, sie könne eine sitzende Tätigkeit nur bis zu fünf Stunden täglich verrichten.
Eine gerichtliche Überprüfung ihrer Angelegenheit solle stattfinden. Darin sieht der Senat einen Hinweis, dass die Beschwerdeführerin
offenbar nicht in der Lage ist, sich hinreichend schriftlich auszudrücken, so dass eine mündliche Erörterung geboten war.
Insoweit lässt sich anhand der Akten die Ermessenserwägung der Kammervorsitzenden nachvollziehen. Das persönliche Erscheinen
der Beschwerdeführerin konnte angeordnet werden. In der Ladung war sie auf die Folgen eines unentschuldigten Fernbleibens,
nämlich auf Auferlegung von Ordnungsgeld bis zu 1.000,00 EUR hingewiesen worden. Unbestritten war sie im Termin vom 14.01.2009
nicht erschienen.
Die Voraussetzungen zur Verhängung von Ordnungsgeld gemäß §
111 SGG in Verbindung mit §
141 Abs.3
ZPO, der seinerseits auf die Vorschriften der Zeugenvernehmung gemäß §§
380 ff.
ZPO verweist, lagen damit vor. Nach §
380 ZPO sind einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten sowie ein Ordnungsgeld
aufzuerlegen. Das Ordnungsgeld kann unterbleiben bzw. nachträglich aufgehoben werden, wenn hierfür hinreichende Gründe vorliegen.
Dies ist dann der Fall, wenn der Beteiligte sein Ausbleiben genügend entschuldigen kann. Entschuldigt er sein Fernbleiben
rechtzeitig, d.h. so rechtzeitig, dass der Termin aufgehoben und die übrigen Beteiligten hiervon noch unterrichtet werden
können, so hat die Festsetzung eines Ordnungsmittels zu unterbleiben. Erfolgt die Entschuldigung nicht rechtzeitig, so entfällt
die Festsetzung von Ordnungsgeld nur dann, wenn glaubhaft gemacht wird, dass den Betroffenen an der Verspätung der Entschuldigung
kein Verschulden trifft und die Entschuldigung hinreichend ist.
Was als hinreichende Entschuldigung gilt, entscheidet das Gericht nach freiem Ermessen und unter Würdigung der Gesamtumstände
des Einzelfalles. Für die genügende Entschuldigung müssen Umstände vorliegen, die das Ausbleiben nicht als pflichtwidrig erscheinen
lassen.
Die Beschwerdeführerin hat hierzu nichts vorgetragen. Ihre zunächst aufgestellte Behauptung, sie habe lediglich einen Brief
erhalten mit einem Inhalt von Dezember 2008, kann ihr Ausbleiben im Termin nicht entschuldigen. Denn die ihr mit Postzustellungsurkunde
am 20.12.2008 persönlich übergebene Ladung zum Termin am 14.01.2009 stammt vom 17.12.2008 und entspricht der ordnungsgemäßen
Ladung. Die Äußerung der Beschwerdeführerin auf den Hinweis des Senats vom 25.02.2009, dass ihr Vorbringen nicht verständlich
sei und sie ordnungsgemäß geladen worden sei, enthält nicht den Ansatz einer Entschuldigung für ihr Fernbleiben von der mündlichen
Verhandlung. Es steht nicht im freien Ermessen des Senats, ordnungsgemäß festgesetztes Ordnungsgeld aufzuheben. Vielmehr kann
die Aufhebung nur dann erfolgen, wenn eine genügende Entschuldigung vorgetragen und glaubhaft gemacht wird. Hierzu hat die
Beschwerdeführerin nichts vorgetragen und noch weniger etwaige Entschuldigungsgründe glaubhaft gemacht.
Damit kommt der Senat zum Ergebnis, dass der Ordnungsgeldbeschluss vom 14.01.2009 rechtmäßig ist. Er ist lediglich insoweit
zu korrigieren, als in den Gründen auf die Möglichkeit der Ordnungshaft im Falle, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben
werden könne, hingewiesen wird. §
141 Abs.3 Satz 1
ZPO, der gemäß §
202 SGG Anwendung findet, beschränkt das Ordnungsmittel auf die Festsetzung von Ordnungsgeld (Thomas/Putzo,
ZPO, 24. Auflage, §
142 Rdnr.5).
Da sich das Ordnungsgeld mit 50,00 EUR im unteren Bereich des Rahmens von 5,00 EUR bis 1.000,00 EUR bewegt und die Beschwerdeführerin
keine Gründe vorgetragen hat, die ein Ordnungsgeld in dieser Höhe als ermessensfehlerhaft erscheinen ließe, ist der Beschluss
vom 14.01.2009 auch insoweit nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf analoger Anwendung des §
193 SGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§
177 SGG).