Anspruch auf Arbeitslosengeld II, Deckung eines berufsbezogenen Bedarfs
Gründe:
I. Die Beschwerdeführer machen einen Anspruch auf höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zur Deckung
eines besonderen Bedarfs nach der neuen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geltend.
Der Beschwerdeführer war vor Jahren Inhaber eines Verlages, der insolvent wurde. In diesem Zusammenhang macht er auch in zivilrechtlichen
Verfahren urheberrechtliche Ansprüche und Ansprüche auf Schadensersatz geltend. Die miteinander verheirateten Beschwerdeführer
beziehen seit längerem Leistungen nach dem SGB II. Zuletzt wurden mit Bescheid vom 03.11.2010 laufende Leistungen für den
Zeitraum vom 01.01.2010 bis 30.06.2010 bewilligt. Am Sozialgericht München sind zahlreiche Klageverfahren der Beschwerdeführer
gegen die Beschwerdegegnerin anhängig.
Am 09.02.2010 entschied das Bundesverfassungsgericht (1 BvL 1/09), dass bis zur Neuregelung durch den Gesetzgeber ein Anspruch auf Leistungen zu Sicherstellung eines unabweisbaren, laufenden,
nicht nur einmaligen, besonderen Bedarfs, der zur Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums zwingend zu decken ist,
nach Maßgabe dieses Urteils unmittelbar aus dem
Grundgesetz geltend gemacht werden könne.
Ebenfalls am 09.02.2010 um 18:25 Uhr stellten die Beschwerdeführer beim Sozialgericht München einen Antrag auf einstweilige
Anordnung. Es gehe um die Sicherstellung eines unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen, besonderen Bedarfs. Es sei
ein allumfassender und unmittelbarer "Gesamtbedarf des Schadensersatzes und der Schmerzensgelder" zu den "nicht anzutastenden
Urheberrechten" der Beschwerdeführer zu leisten. Hinzu kämen "unmittelbar nötige Leistungen zur Wohnungsgröße und entsprechende
Energie-, Kommunikations-, Mobilitäts- und Geräte/Produktionsstätten Bedarfe sowie Mobilitätsfreiheiten auch zu Presserechten".
Ferner wurde verwiesen auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, insbesondere auf die aktive und passive Wahlfreiheit,
eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Handel mit Treibhausgas-Emissionszertifikaten (Beschluss vom 10.12.2009,
1 BvR 3151/07), eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zum Verbot der Diskriminierung wegen Alters zwischen Privatpersonen (C 555/07 vom 19.01.2010) und eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu einer Verurteilung wegen Geldwäsche (1 StR 95/09 vom 04.02.2010).
Auf die Frage des Sozialgerichts, welcher atypische Sonderbedarf geltend gemacht werde, teilten die Beschwerdeführer mit,
das die Frage darauf hindeute, dass das Sozialgericht möglicherweise die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland, die Menschenrechte
und die Grundrechte der Europäischen Union sowie das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 noch nicht ganz verstanden
habe. Benötigt würden Werkzeuge ("Profi-Computernetzwerke, Profi-Monitore, Profi-Fotoapparate, Profi-Zeichentische, Profi-Malmaterial,
Profi-Zeichenmaterial, Profi-Fachliteratur, Profi-Computerprogramme usw.") zu "Kreativitätsausübungen und Berufsweiterbildungen".
In Anlehnung an eine Entscheidung eines französischen Gerichts würden die Ansprüche wegen Urheberrechtsverletzungen auf mindestens
30.000,- bis 50.000,- Euro täglich geschätzt werden.
Mit Beschluss vom 22.02.2010 wies das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Es bereite Mühe,
einen laufenden Sonderbedarf zu erkennen. Eine Einschränkung des Existenzminimums sei ebenfalls nicht erkennbar. Der vom Bundesverfassungsgericht
bezeichnete Sonderbedarf betreffe das soziokulturelle Existenzminimum. Dieses bemesse sich nicht nach den individuellen gehobenen
Vorstellungen der Beschwerdeführer. Außerdem fehle es an einem Anordnungsgrund im Sinne einer besonderen Eilbedürftigkeit
der gerichtlichen Entscheidung.
Am 08.03.2010 haben die Beschwerdeführer Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts eingelegt. Es sei allumfassend
das soziokulturelle Existenzminimum zu gewähren inklusive Weiterbildungsmöglichkeiten und Werkzeuge in angemessenem Wohnraum
dazu. Dies habe die Beschwerdegegnerin zu ermitteln, festzustellen und zu gewähren.
Die Beschwerdeführer beantragen sinngemäß, den Beschluss des Sozialgerichts München vom 22.02.2010 aufzuheben und die Beschwerdegegnerin
vorläufig zu verpflichten, Leistungen für einen unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen, besonderen Bedarf, insbesondere
für Weiterbildungsmöglichkeiten und Profi-Ausstattungen (Werkzeuge) zu gewähren.
Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts wegen der Einzelheiten auf die Akte des Sozialgerichts und die Akte des Landessozialgerichts
verwiesen.
II. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§
173 Sozialgerichtsgesetz -
SGG). Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Das Beschwerdegericht schließt sich gemäß §
142 Abs.
2 S. 3
SGG der Begründung des Sozialgerichts an und weist die Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück. Ein
existenznotwendiger atypischer Bedarf ist weder vorgetragen noch sonst erkennbar.
Das Gericht weist ergänzend auf Folgendes hin:
Die Beschwerdeführer berufen sich auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010, weitere Entscheidungen unterschiedlicher
Gerichte und europäisches Recht. Die Ausführungen belegen durchwegs, dass die Beschwerdeführer weder das Rechtssystem, die
gesetzlichen Grundlagen des Sozialrechts noch die zitierten einzelnen Gerichtsentscheidungen zutreffend erfasst haben. Vor
diesem Hintergrund ist die von den Beschwerdeführern versuchte Belehrung des Sozialgerichts nicht nachvollziehbar.
Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende werden zur Sicherstellung des Existenzminimums erbracht. Damit haben vermeintliche
oder tatsächliche Ansprüche auf Verletzung von Urheberrechten überhaupt nichts zu tun. Die begehrten Computer-, Zeichen- und
Grafikausstattungen hängen eventuell mit der früheren beruflichen Tätigkeit der Beschwerdeführer zusammen, diese haben aber
mit einem Bedarf, der zur Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums zwingen zu decken ist, nichts zu tun. Der Beschluss
des Bundesverfassungsgerichts zum Emissionshandel (1 BvR 3151/07) betrifft die Abgrenzung der Entscheidungshoheit der Gerichte zu einem Prognosespielraum der Verwaltung - ein Bezug zum vorliegenden
Fall besteht nicht. Ein Zusammenhang zwischen der begehrten Leistung und einem aktiven und passiven Wahlrecht, einem Diskriminierungsverbot
wegen Alters oder dem Strafrecht ist nicht im Ansatz zu erkennen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe war abzulehnen, weil die Beschwerde keinerlei Erfolgsaussicht im Sinn von
§
73a Abs.
1 SGG i.V.m. §
114 Zivilprozessordnung hatte. Dieser Beschluss ist gemäß §
177 SGG unanfechtbar.