Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II; Zulässigkeit der Aufhebung eines Eingliederungsverwaltungsaktes
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen einen Eingliederungsverwaltungsakt des Beklagten vom 20.05.2014 sowie den diesen Eingliederungsverwaltungsakt
"ersetzenden" Eingliederungsverwaltungsakt vom 01.08.2014.
Nach erfolglosen Verhandlungen über eine Eingliederungsvereinbarung erließ der Beklagte am 20.05.2014 einen Eingliederungsverwaltungsakt
für die Dauer vom 20.05.2014 bis einschließlich 19.11.2014, "soweit zwischenzeitlich nichts anderes vereinbart werde". Darin
wurde der Kläger verpflichtet, monatlich sechs Bewerbungen nachzuweisen, insbesondere durch eine monatliche Auflistung der
Bewerbungen. Auf Antrag würden angemessene Kosten der Bewerbung erstattet. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte
mit Widerspruchsbescheid vom 21.05.2014 zurück.
Hiergegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Augsburg. Der Erlass eines Eingliederungsverwaltungsaktes sei verfassungswidrig.
Die Pflichten im Zusammenhang mit Bewerbungen seien rechtswidrig.
Während des laufenden Klageverfahrens vor dem Sozialgericht verhandelte der Beklagte mit dem Kläger erneut über eine Eingliederungsvereinbarung.
Mit der neuen Eingliederungsvereinbarung sollte der Kläger verpflichtet werden, Bewerbungen auf Stellenangebote des Beklagten
nicht nur beim potentiellen Arbeitgeber, sondern gleichzeitig zur besseren Kontrolle beim Beklagten einzureichen, nachdem
der Beklagte festgestellt hatte, dass angebliche Bewerbungen potentielle Arbeitgeber nicht erreicht hatten. Ab Unterschriftsdatum
der neuen Eingliederungsvereinbarung sollte diese wieder für sechs Monate gelten. Nachdem der Kläger hierauf nicht einging,
erließ der Beklagte einen neuen Eingliederungsverwaltungsakt mit Datum vom 01.08.2014 mit Geltungsdauer vom 01.08.2014 bis
31.01.2015. In dem Eingliederungsverwaltungsakt vom 01.08.2014 hieß es ausdrücklich, dass hierdurch der Eingliederungsverwaltungsakt
vom 20.05.2014 "ersetzt" werde. Bewerbungen auf Stellenangebote seien künftig dadurch nachzuweisen, dass die Bewerbungen beim
Beklagten parallel einzureichen seien. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 13.08.2014 zurückgewiesen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht gab der Beklagte ein Teilanerkenntnis dahingehend ab, dass der Eingliederungsverwaltungsakt
vom 01.08.2014 für die Zeit nach dem 19.11. 2014 aufgehoben werde. Der Kläger nahm das Teilanerkenntnis nicht an.
Mit Urteil vom 30.10.2014 entschied das Sozialgericht Augsburg, dass der Verwaltungsakt vom 20.05.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 21.05.2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 01.08.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.08.2014
entsprechend dem Teilanerkenntnis des Beklagten aufgehoben werde, soweit der Geltungszeitraum des Eingliederungsverwaltungsaktes
über den 19.11.2014 hinaus verlängert wurde. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen.
Streitgegenstand des Klageverfahrens sei zunächst der Eingliederungsverwaltungsakt vom 20.05.2014 in Gestalt des Widerspruchs
vom 21.05.2014 gewesen (Laufzeit 20.05.2014 bis 19.11.2014). Der Bescheid vom 01.08.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 13.08.2014 habe den ursprünglichen Bescheid vom 20.05.2014 für die Zeit ab 01.08.2014 abgeändert (Laufzeit ursprünglich
01.08.2014 bis 31.01.2015) und sei damit gemäß §
96 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Ein weiteres Widerspruchsverfahren sei daher nicht erforderlich, aber unschädlich
gewesen. Die Regelung im Bescheid vom 01.08.2014, die eine Verlängerung der Gültigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes
über den 19.11.2014 hinaus bis 31.01.2015 beinhalte, sei allerdings inzwischen nicht mehr streitgegenständlich, da der Beklagte
den Eingliederungsverwaltungsakt insoweit in der mündlichen Verhandlung am 30.10.2014 aufgehoben und ein entsprechendes Teilanerkenntnis
abgegeben habe.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Instrument des Eingliederungsverwaltungsaktes bestünden nicht. Der Kläger sei nicht
zum Abschluss einer Vereinbarung verpflichtet gewesen. Die Obliegenheit zum Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung sei
im Unterschied zur früheren Rechtslage nicht mehr sanktionsbewehrt und verstoße damit gerade nicht mehr gegen das Kontrahierungsverbot.
Bei der Weigerung des Leistungsberechtigten bleibe es bei der Möglichkeit des Leistungsträgers, einen entsprechenden Verwaltungsakt
zu erlassen, wie hier geschehen.
Inhaltliche Bedenken bestünden gegen den Eingliederungsverwaltungsakt nicht. Der Eingliederungsverwaltungsakt vom 01.08.2014
sei rechtmäßig, soweit er den Eingliederungsverwaltungsakt vom 20.05.2014 innerhalb des ursprünglichen Geltungszeitraums bis
zum 19.11.2014 vom 01.08.2014 bis 19.11.2014 abgeändert habe. Es sei eine Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne
von § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X eingetreten, welche den Beklagten zur Änderung des Verwaltungsaktes vom 20.05.2014 berechtigt habe, nachdem sich herausgestellt
habe, dass vom Kläger abgegebene Bewerbungen nicht beim potentiellen Arbeitgeber eingegangen waren, und der Kläger sich geweigert
habe, eine neue Eingliederungsvereinbarung abzuschließen. Gegen die nunmehr im Eingliederungsverwaltungsakt getroffene Regelung
bezüglich der parallelen Einreichung von Bewerbungen beim potentiellen Arbeitgeber und zusätzlich auch beim Beklagten bestünden
keine Bedenken.
Gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 30.10.2014 hat der Kläger Berufung am 11.11.2014 zum Bayer. Landessozialgericht
eingelegt.
Aus der Niederschrift der Sitzung des Sozialgerichts Augsburg vom 30.10.2014 ergibt sich, dass der Beklagte in der mündlichen
Verhandlung ein Teilanerkenntnis für den Zeitraum ab 20.11.2014 abgegeben hat. Mit Schreiben vom 10.11.2014 hat der Beklagte
zudem aufgrund des Hinweises des Sozialgerichts bei der Verhandlung am 30.10.2014 mitgeteilt, dass der Verwaltungsakt vom
20.05.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 01.08.2014 in Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 13.08.2014 insoweit aufgehoben werde, als der Geltungszeitraum über den 19.11.2014 hinaus verlängert
wurde.
Zur Begründung seiner Berufung trägt der Kläger im Wesentlichen vor, der Erlass eines Eingliederungsverwaltungsaktes an sich
sei schon verfassungswidrig, wie auch § 31 SGB II verfassungswidrig sei, was sich aus dem vorlegten 49-seitigen Gutachten ergebe. Die in den ihn betreffenden Eingliederungsverwaltungsakten
festgelegten Verpflichtungen seien schon deshalb rechtswidrig. Konkret seien darüber hinaus die Bestimmungen zur Anzahl und
zum Nachweis von Bewerbungen rechtswidrig. Im Übrigen trägt der Kläger im Berufungsverfahren erstmals vor, dass Sanktionen
gegen ihn verhängt worden seien. Er beantrage daher im Berufungsverfahren zusätzlich die "Rückerstattung" aller Sanktionen,
die bereits ausgesprochen worden seien.
Der Kläger und Berufungskläger beantragt sinngemäß,
1.
festzustellen, dass der Eingliederungsverwaltungsakt vom 20.05.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2014 für
den Zeitraum vom 20.05.2014 bis einschließlich 31.07.2014 rechtswidrig war,
2.
festzustellen, dass der Eingliederungsverwaltungsakt vom 20.05.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2014 in
der Fassung des Änderungsbescheides vom 01.08.2014, dieser wiederum in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.08.2014 für
den Zeitraum vom 01.08.2014 bis 19.11.2014 rechtswidrig war,
3.
festzustellen, dass der Bescheid vom 01.08.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.08.2014 für den Geltungszeitraum
vom 20.11.2014 bis einschließlich 31.01.2015 rechtswidrig war,
4.
sämtliche während der Geltungsdauer der beiden angefochtenen Eingliederungsverwaltungsakte verhängten Sanktionen aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
Die Berufung zu Ziffer 3 als unzulässig zu verwerfen, bezüglich der Ziffern 1 und 2 die Berufung zurückzuweisen und bezüglich
Ziffer 4 Klageabweisung.
Die Berufung sei in Ziffer 3 unzulässig, da der Kläger nach dem erstinstanzlichen Urteil, das den damals noch geltenden Eingliederungsverwaltungsakt
für die Zeit ab 20.11.2014 aufgehoben hat, nicht mehr beschwert sei. Bezüglich der Ziffern 1 und 2 sei die Berufung unbegründet.
Der Inhalt des ursprünglichen Verwaltungsaktes vom 20.05.2014, der bis zum 31.07.2014 gegolten habe, sei in allen Einzelpunkten
unbedenklich. Auch der Abänderungsbescheid vom 01.08.2014 sei für die Zeit bis zum 19.11.2014 inhaltlich unbedenklich. Nachdem
neue Verhandlungen über eine den geltenden Eingliederungsverwaltungsakt ersetzende Eingliederungsvereinbarung stattgefunden
hatten und der Kläger nicht bereit gewesen sei, Bewerbungen parallel an den Beklagten weiterzugeben, habe der Beklagte nach
§ 48 SGB X den ursprünglichen Eingliederungsverwaltungsakt aufheben dürfen. Zwar habe der Beklagte immer behauptet, sich bei Arbeitgebern
beworben zu haben; die Arbeitgeber hätten jedoch auf Anfrage jeweils bestätigt, dass Bewerbungen nicht eingegangen seien.
Deshalb sei die Regelung, dass der Kläger verpflichtet wurde, parallel Bewerbungen beim Beklagten einzureichen, notwendig
gewesen. Durch sein Verhalten habe der Beklagte eine Änderung der Verhältnisse bewirkt, die nach § 48 SGB X zur Änderung des Verwaltungsaktes für die Zukunft habe führen können. Nachdem die Abänderung den ursprünglichen Eingliederungsverwaltungsakt
betroffen habe, habe der Beklagte den Abänderungsbescheid im Verfahren vor dem Sozialgericht auch auf den Zeitraum bis zum
19.11.2014 beschränkt.
Die Klageerweiterung im Berufungsverfahren auf Sanktionsbescheide sei nicht statthaft. Soweit der Kläger sich nunmehr im Berufungsverfahren
zusätzlich gegen Sanktionsbescheide wende, könnten diese nicht im Rahmen des Berufungsverfahrens aufgehoben werden, wie dies
vom Kläger beantragt werde. Gegen die aktuellen Sanktionsbescheide vom 15.11.2014 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom
13.11.2014 wegen Meldeversäumnissen vom 24.09.2014 sowie vom 05.11.2014 mit einer Absenkung des Regelbedarfs um jeweils 10
% und einer Sanktion wegen der Nichtteilnahme an einem Bewerbungsmanagement mit einer Absenkung des Regelbedarfs um 60 % (wegen
wiederholender Pflichtverletzung) sei der Klageweg zum erstinstanzlichen Sozialgericht eröffnet und vom Kläger insoweit entsprechend
der zutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung auch zu beschreiten. Dies gelte umso mehr, als diese Sanktionen sich nicht auf die
streitgegenständlichen Eingliederungsverwaltungsakte gründeten. Soweit der Kläger frühere Sanktionen, also solche, die vor
dem 20.05.2014 liegen, habe angreifen und zum Gegenstand des Berufungsverfahrens machen wollen, sei dies nicht möglich, da
die früheren Sanktionen alle bestandskräftig seien und ebenfalls auch nicht auf den Eingliederungsverwaltungsakten beruht
hätten.
Entscheidungsgründe
1. Die Berufung ist, was den Zeitraum ab 20.11.2014 bis 31.01.2015 anbetrifft (Ziffer 3 des Antrags), unzulässig und demgemäß
zu verwerfen.
Für den Zeitraum vom 20.11.2014 bis 31.01.2015 war Streitgegenstand ausschließlich der Eingliederungsverwaltungsakt vom 01.08.2014
in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.08.2014. Soweit der Kläger im Berufungsverfahren seine Klage auf diesen Zeitraum
über den Geltungszeitraum bis 19.11.2014 hinaus auf die Zeit ab 20.11.2014 bis 31.01.2015 ausgedehnt hat, kommt §
96 SGG nicht zur Anwendung und der Widerspruchsbescheid vom 13.08.2014 durfte insoweit auch zur Sache ergehen. Allerdings hat sich
der Beklagte im Klageverfahren vor dem Sozialgericht auf die erweiterte Klage eingelassen mit der Folge, dass der Bescheid
vom 01.08.20914 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.08.2014 über §
99 SGG Streitgegenstand auch für den Zeitraum vom 20.11.2014 bis 31.01.2015 wurde.
Dieser Eingliederungsverwaltungsakt ist inzwischen nicht mehr existent, da zum einen der Zeitraum zum Zeitpunkt der Entscheidung
des Senats abgelaufen ist, zum anderen der Beklagte durch Bescheid vom 10.11.2014 in Umsetzung des Anerkenntnisses des in
der mündlichen Verhandlung vom 30.10.2014 abgegebenen Anerkenntnisses den Bescheid insoweit aufgehoben hat.
Im Rahmen des Berufungsverfahrens kommt insoweit keine Fortsetzungsfeststellungsklage mehr in Betracht. Nachdem der Kläger
das Teilanerkenntnis des Beklagten nicht angenommen hat, hat das Sozialgericht mit Urteil vom 30.10.2014 den zu diesem Zeitpunkt
noch geltenden Eingliederungsverwaltungsakt mit Wirkung ab 20.11.2014 aufgehoben. Es kann dahingestellt bleiben, ob eine Fortsetzungsfeststellungsklage
noch möglich gewesen wäre, wenn die Behörde von sich aus einen Verwaltungsakt für die Zukunft aufhebt. Zumindest dann, wenn
wie hier das Gericht einen Verwaltungsakt für die Zukunft aufhebt, ist der Kläger nicht mehr beschwert. Der Verwaltungsakt
wurde durch die Gerichtsentscheidung beseitigt. Ein Fortsetzungsfeststellungsklage im Hinblick auf eine mögliche Rechtswidrigkeit
des aufgehobenen Verwaltungsakt - ggf. auch bzgl. weiterer, in der gerichtlichen Entscheidung nicht mehr weiter geprüfter
Aspekte - ist nicht mehr möglich, da die Feststellungsklage gegenüber der gerichtlichen Entscheidung über die Aufhebung des
Verwaltungsaktes ein Minus darstellt, das in der Aufhebungsentscheidung enthalten ist.
2. Soweit die Berufung zulässig ist, ist sie unbegründet.
a) Berufung ist, was den Zeitraum vom 20.05.2014 bis 31.07.2014 anbetrifft (Ziffer 1 des Antrags), unbegründet.
Streitgegenstand war zunächst der Eingliederungsverwaltungsakt vom 20.05.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2014
mit einer Geltungsdauer vom 20.05.2014 bis einschließlich 19.11.2014. Dieser Eingliederungsverwaltungsakt wurde für diese
Zeit durch den neuen Eingliederungsverwaltungsakt vom 01.08.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.08.2014 auch
nicht "ersetzt". Unabhängig davon, ob die "Ersetzung" durch den nachfolgenden Eingliederungsverwaltungsakt vom 01.08.2014
rechtmäßig war oder nicht, wurde der Eingliederungsverwaltungsakt vom 20.05.2014 durch den neuen Eingliederungsverwaltungsakt
nicht rückwirkend aufgehoben. Vielmehr hatte er sich gemäß § 39 Abs. 2 SGB X durch Zeitablauf erledigt. Insoweit ist eine Berufung mit dem Ziel der Aufhebung des Eingliederungsverwaltungsaktes vom 20.05.2014
für diesen Zeitraum nicht mehr zulässig.
In Betracht kommt im Rahmen des Berufungsverfahrens für diesen Zeitraum nur noch eine Fortsetzungsfeststellungsklage mit dem
Ziel festzustellen, dass der Eingliederungsverwaltungsakt vom 20.05.2014 für den Zeitraum vom 20.05.2014 bis einschließlich
31.07.2014 rechtswidrig war.
Eine solche Feststellungsklage ist hier zulässig. Insbesondere ist das Feststellungsinteresse schon deshalb gegeben, weil
der Beklagte im nachfolgenden Eingliederungsverwaltungsakt vom 01.08.2014 dem Kläger zum Teil gleiche Pflichten auferlegte
und zudem die Anforderungen an den Nachweis von Bewerbungen dahingehend verschärfte, dass der Kläger Bewerbungen bei potentiellen
Arbeitgebern gleichzeitig auch beim Beklagten einzureichen habe.
Die zulässige Feststellungsklage ist jedoch unbegründet. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Instrument des Eingliederungsverwaltungsaktes
nach § 15 Abs. 6 SGB II bestehen nicht. Soweit der Kläger vorträgt, es bestehe hier ein verfassungsrechtlicher Kontrahierungszwang, geht dieser Vortrag
ins Leere, da es sich gerade nicht um den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II handelt. Der Abschluss einer solchen Vereinbarung steht jedem frei. Bei Scheitern der Verhandlungen ergibt sich dann die
Möglichkeit, einen Eingliederungsverwaltungsakt zu erlassen. Dieses Instrument ist verfassungsrechtlich unbedenklich im Hinblick
darauf, dass hierdurch Pflichten eines Leistungsberechtigten durch Verwaltungsakt konkretisiert werden (vgl. LSG NRW Beschluss
vom 31.05.2014 L 19 AS 404/14 B ER Rz 35 ff mwN). Wer Sozialleistungen beantragt und haben möchte, unterwirft sich dem rechtlichen Rahmen, innerhalb dessen
die Gewährung der Sozialleistung erfolgt. Hierzu gehört es auch, dass einem Leistungsberechtigten Pflichten auferlegt werden
können und Obliegenheiten, damit dieser die Leistung erhält. Das
Grundgesetz gebietet nicht die Gewährung voraussetzungsloser Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (vgl. z.B. BVerfG Nichtannahmebeschluss
vom 07.07.2010 - 1 BvR 2556/09). Das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum gewährleistet keinen von Mitwirkungsobliegenheiten und Eigenaktivitäten
unabhängigen Anspruch auf Sicherung eines Leistungsniveaus. Die Regelung des § 15 Abs. 1 S. 6 SGB II als Ermächtigungsgrundlage für den Erlass eines Eingliederungsverwaltungsakts verstößt auch nicht - der der Kläger meint
- gegen die in Art.
2 GG garantierte Vertragsfreiheit (zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Eingliederungsvereinbarung als Instrument zur
Förderung der Eingliederung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in Arbeit vgl. LSG NRW Beschluss vom 20.03.2014 - L 19 AS 373/14 B ER m.w.N.). Ergeht die Eingliederungsvereinbarung als Verwaltungsakt, hat der Leistungsberechtigte die Möglichkeit, die
getroffenen Regelungen gerichtlich überprüfen zu lassen. Insoweit liegt ein anfechtbarer Verwaltungsakt vor; ein Eingriff
in die Vertragsfreiheit des Klägers ist damit nicht verbunden (vgl. LSG Hamburg Urteil vom 15.11.2012 - L 4 AS 73/12; LSG Sachsen-Anhalt Beschluss vom 10.02.2014 - L 5 AS 997/13 B). Der Eingliederungsverwaltungsakt schränkt darüber hinaus die freie Berufswahl bzw.-ausübung (Art.
12 GG) eines Leistungsberechtigten nicht rechtswidrig ein (vgl. hierzu LSG Hamburg Urteil vom 15.11.2013 - L 4 AS 73/12 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 14.05.2012 - L 7 AS 557/12 B ER). Dies gilt insbesondere für die Obliegenheit, monatlich mindestens sechs Bewerbungen nachzuweisen, als auch für die
Obliegenheiten, sich zeitnah auf Vermittlungsvorschläge zu bewerben und die damit verbundenen Sanktionsandrohungen. § 2 Abs. 1 SGB II, wonach erwerbsfähige Leistungsberechtigte alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen
und an allen Maßnahmen zu ihrer Eingliederung aktiv mitzuwirken haben, ist ungeachtet der Frage, ob überhaupt ein Eingriff
in den Schutzbereich von Art.
12 GG vorliegt (verneinend LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 14.05.2012 - L 7 AS 557/12 B ER) mit dem Gesetzesvorbehalt in Art.
12 GG und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar. Als Kehrseite der aus dem Sozialstaatsprinzip folgenden staatlichen
Verpflichtung zur Sicherung des Existenzminimums ist der Gesetzgeber berechtigt, den Leistungsberechtigten auf zumutbare Selbsthilfemöglichkeiten
zu verweisen. Der Senat schließt sich insoweit im Übrigen der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts an, das bereits zu
den entsprechenden Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes festgestellt hat, dass die Regelungen über gemeinnützige Arbeit in § 19 Abs. 2 BSHG und über den Verlust des Anspruchs auf Sozialhilfe bei Weigerung, zumutbare Arbeit zu leisten, mit höherrangigem Recht vereinbar
sind und insbesondere nicht in Widerspruch zu Art.
12 Abs.
2 und
3 GG stehen (vgl. BVerwG Beschluss vom 23.02.1979 - 5 B 114/78;).
Soweit der Kläger sich konkret dagegen wendet, dass er sechs Bewerbungen im Monat hatte nachweisen müssen, hat dies keinen
Erfolg. Das BSG (BSGE 95, 108) hat zwei Bewerbungen pro Woche als Umfang von Eigenbemühungen im
SGB III als zumutbar anerkannt, also hochgerechnet acht Bewerbungen im Monat. Diese Vorgabe ist auch im Bereich des SGB II möglich (BayLSG Urteil vom 30.11.2014, L 16 AS 32/14). Sechs Bewerbungen liegen unterhalb dieser Grenze. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger sechs Bewerbungen
aus irgendwelchen besonderen Gründen unzumutbar gewesen wären; der Kläger hat hierfür auch nichts vorgetragen.
b) Die Berufung ist, was den Zeitraum vom 01.08.2014 bis 19.11.2014, anbetrifft (Ziffer 2 des Antrags), ebenfalls unbegründet.
Für den Zeitraum vom 01.08.2014 bis einschließlich 19.11.2014 ist als Streitgegenstand allein relevant der neue Eingliederungsverwaltungsakt
vom 01.08.2014. Denn aufgrund des neuen Eingliederungsverwaltungsaktes vom 01.08.2014 ist der ursprüngliche Eingliederungsverwaltungsakt
vom 20.05.2014 für diesen Zeitraum gemäß § 39 Abs. 2 SGB X ersetzt worden und damit nicht mehr existent. Über §
96 SGG wurde der ersetzende Bescheid Streitgegenstand des anhängigen Klageverfahrens, mit der Folge, dass der Widerspruch insoweit
unzulässig und der Widerspruchsbescheid vom 13.08.2014, der in der Sache entschieden hat, für den Zeitraum vom 01.08.2014
bis einschließlich 19.11.2014, hätte aufgehoben werden müssen. Durch Zeitlauf haben sich inzwischen der ersetzenden Bescheid
und der Widerspruchsbescheid, soweit beide bis 19.11.2014 gegolten haben, erledigt. In Betracht kommt insoweit nur noch eine
Fortsetzungsfeststellungsklage.
Eine solche Feststellungsklage ist zulässig. Ein Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass der Kläger sich weiter im
Leistungsbezug befindet und der Beklagte beabsichtigt, Eingliederungsverwaltungsakte gleichen Inhalts zu erlassen, wenn eine
Eingliederungsvereinbarung mit dem Kläger nicht zustande kommt. Insbesondere ist eine Wiederholungsgefahr vorliegend zu bejahen,
denn der Verlauf des Verfahrens zeigt, dass der Beklagte wiederholt versucht hat, den Kläger in Eingliederungsmaßnahmen einzubeziehen
(BSG Urteil vom 14.02.2013, B 14 AS 195/11 R Rz 16).
Die Feststellungsklage ist jedoch unbegründet.
Zutreffend hat das Sozialgericht entschieden, dass ein Eingliederungsverwaltungsakt während seiner Geltungsdauer nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X für die Zukunft aufgehoben werden kann, wenn die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X vorliegen (vgl. BSG Urteil vom 06.12.2012, B 11 AL 15/11 R Rz 48; Kador in Eicher, SGB II, 3. Aufl. § 15 Rz. 62). Eine solche Aufhebung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X sieht der Senat im Bescheid vom 01.08.2014, mit dem der Bescheid vom 20.5.2014 "ersetzt" wurde.
Soweit mit dem neuen Eingliederungsverwaltungsakt die Geltungsdauer über den Zeitraum des ursprünglichen Eingliederungsverwaltungsaktes
vom 20.05.2014 hinaus verlängert wurde, bestehen hiergegen keine Bedenken. Denn der ursprüngliche Eingliederungsverwaltungsakt
wurde rechtmäßig nach § 48 SGB X für die Zukunft wegen wesentlicher (vgl. dazu LSG BW Beschluss vom 02.08.2011, L 7 AS 2367/11 ER-B) Veränderung der Verhältnisse (vgl. zur Kündigung einer Eingliederungsvereinbarung wegen Änderung de Verhältnisse, BSG Urteil vom 06.12.2012, B 11 AL 15/11 R) aufgehoben.
§ 48 Abs. 1 SGB X ist insbesondere dann anwendbar, wenn während eines Geltungszeitraums eines Eingliederungsverwaltungsakts dieser durch einen
neuen Bescheid für den verbleibenden Geltungszeitraum ersetzt werden soll (LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 02.08.2011,
L 7 AS 2367/11 ER-B).
Eine Änderung der Verhältnisse im Sinn von § 48 SGB X liegt immer dann vor, wenn aus begründetem Anlass während der Geltungsdauer eines Eingliederungsverwaltungsaktes mit dem
Leistungsberechtigten wieder in Verhandlungen über eine Eingliederungsvereinbarung eingetreten wird. Hier wurden solche Verhandlungen
mit dem Kläger seitens des Beklagten angestrebt, die der Kläger jedoch ablehnte. Dadurch ist eine Änderung der Verhältnisse
eingetreten. Für den Eintritt in neue Verhandlungen über eine Eingliederungsvereinbarung bestand auch begründeter Anlass.
Denn der Beklagte hatte festgestellt, dass entgegen der Angaben des Klägers bei potentiellen Arbeitgebern keine Bewerbungen
eingegangen waren. Daher bestand Bedarf an einer Konkretisierung des Eingliederungsverwaltungsaktes im Hinblick auf die Nachweispflicht
des Klägers bezüglich seiner Eigenbemühungen. Da es sich um einen neuen Eingliederungsverwaltungsakt aufgrund neuer - gescheiterter
- Verhandlungen über eine Eingliederungsvereinbarung handelt, konnte der sechsmonatige Geltungszeitraum erneut ausgeschöpft
werden.
Gegen die dem Kläger mit dem neuen Eingliederungsverwaltungsakt vom 01.08.2014 auferlegte Pflicht, Bewerbungen nicht nur beim
potentiellen Arbeitgeber einzureichen, sondern diese auch parallel dem Beklagten zur Kenntnis zu schicken, bestehen keine
inhaltlichen Bedenken. Die Forderung nach Vorlage von Kopien der Bewerbungen ist zulässig (LSG Sachsen Beschluss vom 27.02.2014,
L 3 AS 639/ 10 Rz 47). Die Anforderungen an die Nachweise im Einzelnen halten sich im Rahmen des gesetzgeberischen Programmes.
Soweit gefordert wird, bei schriftlichen Bewerbungen die Kopie des Bewerbungsschreibens vorzulegen, dient dies verschiedenen
Zwecken. Zum einen soll damit ermöglicht werden zu kontrollieren, ob der Kläger seinen Verpflichtungen aus der Eingliederungsvereinbarung
oder dem sie ersetzenden Verwaltungsakt ordnungsgemäß nachgekommen ist (LSG Sachsen a.a.O). Dadurch kann bereits im Vorfeld
einem etwaigen Versuch zu "pro forma"-Aktivitäten entgegengewirkt werden. Bei einem Verdacht, es könne eine Pflichtverletzung
im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II vorliegen - die für eine Annahme der Verfassungswidrigkeit gegen § 31 SGB II vorgebrachten Argumente sind im Übrigen nicht überzeugend (vgl. BSG Beschluss vom 25.02.2014, B 4 AS 417/13 B Rz 7) -, können die Nachweise dazu dienen, den Verdacht zu entkräften oder andernfalls die Tatsachengrundlage für eine
Sanktionsentscheidung zu bilden. Schließlich sind bei jeder folgenden Eingliederungsvereinbarung die bisher gewonnenen Erfahrungen
zu berücksichtigen. Die Nachweise über die bisherigen Bewerbungsaktivitäten und deren Ergebnisse können hierfür eine hilfreiche
Erkenntnisgrundlage sein.
Durch die Forderung nach einem parallelen Nachweis von Bewerbungen wird nicht die sozialverwaltungsverfahrensrechtliche Darlegungs-
bzw. Beweis(führungs-)last auf den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten abgewälzt und es bleibt im Ergebnis beim Amtsermittlungsgrundsatz
nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Verbindung mit § 20 SGB X (vgl. Kador in Eicher, SGB II, 3. Aufl. § 15 Rz. 54). Dem Beklagten wird es vielmehr ohne weitere Mitwirkung des Leistungsberechtigten durch die parallele Zuleitung der
Bewerbungsunterlagen ermöglicht, zeitnah zu überprüfen, ob tatsächlich eine Bewerbung erfolgt ist. Diese Nachweisform ist
dem Leistungsberechtigten auch zumutbar (vgl. Kador a.a.O. Rz. 54). Denn die Abschrift einer Bewerbung bzw. die Mitteilung
einer erfolgten Bewerbung stellt keinen besonderen Mehraufwand für einen Leistungsberechtigten dar. Dies gilt um so mehr,
als der Leistungsberechtigte insoweit die Kosten für Bewerbungsunterlagen gegenüber dem Jobcenter entsprechend dem Inhalt
des Eingliederungsverwaltungsaktes geltend machen können und der Beklagte im Hinblick auf die dadurch entstehenden Bewerbungskosten
sein Ermessen bei der Erstattung von Bewerbungskosten im Ergebnis auf Null reduziert hat. Die Übernahme von Bewerbungskosten
musste in der Eingliederungsverwaltungsakt nicht weiter konkretisiert werden (vgl. BayLSG Beschluss vom 05.06.2011, L 11 AS 272/13 B ER Rz 13).
Der Senat sieht im Ergebnis keine Gründe, die gegen die erfolgte Veränderung der Nachweispflichten des Klägers bzgl. höherer
Nachweisanforderungen für Bewerbungen sprechen könnten. Denn der Kläger hat hierfür einen konkreten Anlass geliefert (BayLSG
Beschluss vom 14.05.2009, L 8 AS 215/09 B ER Rz 20).
Im Ergebnis ist die Berufung in Ziffern 1 und 2 unbegründet und demgemäß zurückzuweisen.
3. Die in der Berufungsinstanz erstmals erhobene Klage gegen die während des Geltungszeitraums der streitgegenständlichen
Eingliederungsverwaltungsakte stellt eine nach §
99 SGG unzulässige Klageerweiterung dar und ist demgemäß als unzulässig abzuweisen. Der Beklagte hat der Klageerweiterung widersprochen.
Die Erweiterung ist auch nicht sachdienlich, weil die Sanktionen nicht wegen Verletzung von Pflichten, die sich aus den Eingliederungsverwaltungsakten
ergeben, erfolgten.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG unter Erwägung, dass der Kläger mit seinen Begehren erfolglos blieb.
Die Revision wird zugelassen, §
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG.