Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die beim Sozialgericht Augsburg am 12.10.2009 erhobene Klage einen ausreichend bestimmten
Klageantrag gemäß §
92 Abs.
1 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) enthält.
Die 1961 geborene Klägerin bezieht seit dem 1.1.2005 von der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach
dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Zum Zeitpunkt der Klageerhebung hatte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom
23.9.2009 Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1.8.2009 bis zum 31.1.2010 bewilligt. Aus den Verwaltungsakten des Beklagten
geht hervor, dass die Klägerin über kein Konto verfügt und die Leistungen nach dem SGB II, aufgrund eines Antrages vom 25.9.2009,
per Barscheck ausgezahlt werden.
Am 12.10.2009 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Augsburg gegen das Landratsamt L. und die Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigung
und Grundsicherung L. erhoben. Mit der Klage hat sie Kopien verschiedener Unteranlagen übersandt. Hierbei hat es sich u.a.
zum Teil um ältere Unterlagen aus der Beklagtenakte, aus Verfahren vor dem Landgericht B., dem Oberlandesgericht M., Korrespondenz
mit der DAK L. sowie Schreiben der ehemaligen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte gehandelt. Ein Bescheid des Beklagten
war in den Unterlagen nicht enthalten. Die Klägerin hat zu diesen Unterlagen keine weiteren Ausführungen gemacht.
Der Beklagte hat daraufhin beantragt, die Klage als unzulässig zu verwerfen, da ein Vorverfahren nach §
84 SGG nicht stattgefunden habe.
Das Sozialgericht hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass ihr Klageantrag zu unbestimmt sei. Sie werde gebeten auszuführen,
gegen welchen Widerspruchsbescheid des Beklagten sich ihre Klage richte. Daraufhin hat die Klägerin unverständliche Ausführungen
gemacht.
Am 26.11.2009 hat die Klägerin erneut verschiedene Unterlagen u.a. eine Taufbescheinigung, eine Gewerbeanmeldung, ein Schreiben
der IHK Schwaben sowie ein Anhörungsschreiben des Beklagten vom 24.10.2006 vorgelegt. Einen Klageantrag hat sie nicht formuliert.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht Augsburg die Klage vom 12.10.2009 mit Gerichtsbescheid vom 15.12.2009
abgewiesen. Die Klage sei unzulässig, da sie keinen bestimmten Klageantrag nach §
92 Abs.
1 SGG enthalte. Dem Gericht sei nicht möglich gewesen zu ermitteln, gegen welchen Bescheid des Beklagten sich die Klägerin wende
und welche Leistungen sie begehre.
Am 29.12.2009 hat die Klägerin eine Kopie des Gerichtsbescheides vom 15.12.2009 und verschiedenste Unterlagen an das Bayerische
Landessozialgericht übersandt. Zu diesen hat sie vorgetragen, dass ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, Grundrecht
auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme verletzt sei. Sie erhebe Fortsetzungsfeststellungsklage,
Rechtsweggarantie Art.
19 Abs.
4 Grundgesetz, Rechtsschutz gegen alle belastenden Akte staatlicher Gewalt Sozialgericht Augsburg, Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts.
Am 1.1.2010 hat die Klägerin erneut Unterlagen eingereicht. Am 8.1.2010 hat sie ausdrücklich Berufung gegen den Gerichtsbescheid
vom 15.12.2009 eingelegt, ohne diese näher zu begründen. Am 16.1.2010 hat die Klägerin Ausführungen zum Informationsfreiheitsgesetz,
zum Schutz der Privatsphäre, zum Datenschutzrecht, der Personenüberwachung, zur Pflegeversicherung und zur Rentenberechnung
gemacht. Am 23.1.2010 hat sie erklärt, es gehe ihr um Rentenbesteuerung/Rentenberechnung, Leibrente.
Die Klägerin hat im weiteren Verfahren erneut Unterlagen u.a. von der gesetzlichen Rentenversicherung, der Finanzverwaltung
und von privaten Versicherungen vorgelegt. Zuletzt hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie inzwischen berufsunfähig sei.
Trotz Aufforderung durch den Senat, hat die Klägerin ihr genaues Klageziel nicht mitgeteilt.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung als unbegründet zurückzuweisen
und hat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid verwiesen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird im Übrigen auf die beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten und die Gerichtsakten beider
Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§
143,
144,
151 SGG), in der Sache jedoch nicht begründet.
Das Sozialgericht hat zu Recht mit Gerichtsbescheid vom 12.10.2009 die Klage wegen fehlender hinreichender Bestimmtheit als
unzulässig verworfen.
Gemäß §
92 Abs.
1 SGG muss die Klage den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Nach Satz 3 dieser Vorschrift
soll die Klage einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben
werden. Entspricht die Klage diesen Anforderungen nicht, hat der Vorsitzende den Kläger zu der erforderlichen Ergänzung innerhalb
einer bestimmten Frist aufzufordern (§
92 Abs.
2, Satz 1
SGG).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist durch Auslegung zu ermitteln, ob und in welchem Umfang Klage
erhoben worden ist (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 9. Auflage 2008 §
92 Rn. 12) und ob der Klageantrag im Sinne von §
92 Abs.
1 SGG bestimmt genug ist. Für die Auslegung ist §
133 Bürgerlichen Gesetzbuches (
BGB) heranzuziehen (vgl BSG, Urteil vom 10.03.1994, 7 RAr 38/93, BSGE 74, 77, 79 = SozR 3-4100 § 104 Nr. 11 S 47) und der Grundsatz der Meistbegünstigung zu beachten (Leitherer, aaO.). Hierbei sind
die in der Klageschrift enthaltenen Angaben zu berücksichtigen. Eine wirksame Klageerhebung erfordert nicht, dass der Streitgegenstand
sowie der angefochtene Verwaltungsakt oder Widerspruchsbescheid bezeichnet und ein bestimmter Antrag gestellt wird, weil §
92 Abs.
1 Satz 3 und 4
SGG lediglich Sollvorschriften sind. Fehlt es an einer eindeutigen und zweifelsfreien Erklärung des Gewollten, hat das Gericht
darauf hinzuwirken, dass unklare Anträge erläutert und sachdienliche Anträge gestellt werden. Ist dies vor Ablauf der Klagefrist
nicht mehr rechtzeitig möglich, ist rechtlich maßgebender Erklärungsinhalt der Wille des Erklärenden, wenn er innerhalb der
Klagefrist in der Erklärung einen erkennbaren - wenn auch unvollkommenen - Ausdruck gefunden hat. Entscheidend ist der objektive
Erklärungswert, d.h. wie das Gericht und die übrigen Prozessbeteiligten bei Berücksichtigung aller ihnen erkennbaren Umstände
das Rechtsschutzbegehren verstehen müssen (so, BSG vom 09.08.2006, Az: B 12 KR 22/05 R, ZfS 2006, 267).
Unter Anwendung dieser Grundsätze war weder der Klageschrift noch dem weiteren Vortrag der Klägerin ein bestimmter Klageantrag
zu entnehmen. Das Klageziel der Klägerin bleibt auch unter Heranziehung des Meistbegünstigungsgrundsatzes und nach Auslegung
gemäß §
133 BGB unklar. Die Klägerin wurde nach §
92 Abs.
2 Satz 1
SGG aufgefordert, ihre Klageschrift zu ergänzen und vorzutragen, gegen welchen Widerspruchsbescheid sich ihre Klage richtet.
Die Klägerin hat trotz dieses Hinweises ihre Klage nicht konkretisiert. Auch im Berufungsverfahren hat sie ihr Klageziel nicht
benannt.
Weder aus der Klageschrift noch aus dem Berufungsverfahren ergibt sich das genaue Klageziel der Klägerin. Weder hat sie den
zu Grunde liegenden Lebenssachverhalt benannt noch hat sie einen bestimmten Antrag gestellt. Daher hat das Sozialgericht die
Klage zu Recht als unzulässig verworfen und die Berufung ist als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
Gründe in die Revision nach §
160 Abs.
2 SGG zuzulassen sind nicht ersichtlich.