Tatbestand
Streitig ist die Meldung von Anrechnungszeiten an den Rentenversicherungsträger ab 28.09.1997.
Laut einer Rentenauskunft des Rentenversicherungsträger vom 10.11.2008 fehlen im Versicherungsverlauf des Klägers Anrechnungszeiten
vom 28.09.1997 bis 03.05.2000, 27.09.2000 bis 20.05.2001, 01.09.2001 bis 30.05.2002 und ab 03.12.2002. Auf Anfrage des Klägers
teilte die Deutsche Rentenversicherung (DRV) mit Schreiben vom 18.12.2008 u.a. mit, die Anrechnung von Zeiten der Arbeitslosigkeit
im Zeitraum vom 01.01.1998 bis 31.12.2006 sei nur möglich, wenn in dieser Zeit eine Arbeitslosmeldung bei einem deutschen
Arbeitsamt erfolgt sei oder eine Arbeitssuche nachgewiesen werde. Hierauf erwiderte der Kläger, hinsichtlich der nicht berücksichtigten
Zeiten ab 28.09.1997 sei eine Übermittlung durch das Arbeitsamt C. offensichtlich nicht erfolgt. Er bestehe aber auf einer
Anrechnung. Die DRV teilte dem Kläger daraufhin mit, eine weitere Klärung des Versicherungskontos werde bis zum Abschluss
eines anhängigen Klageverfahrens zurückgestellt. Verschiedene Klagen des Klägers u.a. wegen der Erstattung von Rentenversicherungsbeiträgen,
eines früheren Renteneintrittsalters, einer höheren Altersrente und der Anrechnung von Kindererziehungszeiten wurden vom Sozialgericht
Karlsruhe abgewiesen.
Am 27.06.2008 hat der Kläger eine beim Sozialgericht Nürnberg (SG) erhobene Klage auf Kindergeld erweitert und die Verurteilung der Beklagten zur "Anerkennung von Arbeitslosenzeiten ohne
Leistungsbezug und ohne Meldepflicht seit 28.09.1997" beantragt. Verschiedene Schreiben an das örtlich zuständige Jobcenter
C. seien diesbezüglich unbeantwortet geblieben. Das SG hat die Klage gegen die Beklagte abgetrennt und unter dem Az: xy fortgesetzt. Die Beklagte hat vorgetragen, es lägen bei
ihr keine Unterlagen über den Kläger vor. Akten würden zehn Jahre nach dem letzten Vorgang vernichtet, so dass davon auszugehen
sei, der Kläger habe sich seit zehn Jahren nicht mehr bei ihr gemeldet. Anrechnungszeiten für die Rentenversicherung könnten
nur gemeldet werden, wenn die Voraussetzungen für Arbeitslosigkeit erfüllt seien. Dies sei beim Kläger nicht der Fall.
Mit Gerichtsbescheid vom 02.06.2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Eine Meldung von Anrechnungszeiten setze die Arbeitsuchendmeldung des Klägers voraus, wofür keine Hinweise
vorlägen. Weder lägen Unterlagen vor, noch habe der Kläger dazu Angaben gemacht. Damit seien die gesetzlichen Voraussetzungen
nicht aufklärbar.
Dagegen hat der Kläger beim Bayerischen Landessozialgericht Berufung eingelegt. Die Beklagte habe ihm seinerzeit schriftlich
mitgeteilt, eine Vorsprache von Arbeitslosen ohne Leistungsbezug sei nicht notwendig. Seine Stammnummer laute xxx.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 02.06.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Anrechnungszeiten
vom 28.09.1997 bis 03.05.2000, 27.09.2000 bis 20.05.2001, 01.09.2001 bis 30.05.2002 und ab 03.12.2002 an den Rentenversicherungsträger
zu melden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 02.06.2009 zurückzuweisen.
Auch unter der vom Kläger genannten Stammnummer könne keine Zuordnung erfolgen. Vermittlungsgesuche habe man bei Nichtleistungsbeziehern
für drei Monate bearbeitet. Sofern sich die Nichtleistungsbezieher nicht alle drei Monate unaufgefordert gemeldet hätten,
seien die Beratungsunterlagen für zehn Monate gespeichert und danach gelöscht worden. In der Geschäftsstelle C. seien keinerlei
den Kläger betreffenden Unterlagen mehr vorhanden.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Akten der Deutschen Rentenversicherung und
die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerechte Berufung (§§
143,
144,
151 Sozialgerichtsgesetz -
SGG-) ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Meldung von Anrechnungszeiten
an den Rentenversicherungsträger für die Zeiten vom 28.09.1997 bis 03.05.2000, 27.09.2000 bis 20.05.2001, 01.09.2001 bis 30.05.2002
und ab 03.12.2002. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Eine Beiladung der DRV im Verfahren war nicht geboten, denn die Meldung der Beklagten bindet diese nicht und greift nicht
unmittelbar und zwangsläufig in ihre Rechtssphäre ein (vgl BSG, Urteil vom 09.02.1994 - 11 RAr 49/93 - veröffentlicht in [...] - Rn 17; Urteil des Senats vom 22.07.2010 - L 10 AL 194/08)
Es kann dahinstehen, ob die vom Kläger erhobene allgemeine Leistungsklage zulässig ist. Auch wenn die begehrte Meldung von
Anrechnungszeiten von der Beklagten für den Rentenversicherungsträger nicht bindend wäre, entfällt damit nicht bereits das
Rechtsschutzbedürfnis (vgl eingehend Sächsisches LSG, Urteil vom 21.04.2010 - L 1 AL 175/09 04 - veröffentlicht in [...]; Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 27.05.2005 - L 3 AL 97/04 - veröffentlicht in [...]; Urteil des Senats aaO). Es erscheint fraglich, ob es sich bei den bisher vom Kläger durchgeführten
Klageverfahren gegen die DRV tatsächlich (auch) um eine Klage wegen der Feststellung von Anrechnungszeiten nach §
58 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) gehandelt hat, so dass insofern nicht erkennbar ist, ob deshalb vom Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses der vorliegenden
Klage auszugehen wäre (vgl dazu BSG, Beschluss vom 17.01.2011 - B 11 AL 100/10 B - veröffentlicht in [...]; offen gelassen im Beschluss des Senats aaO). Zweifel am Rechtsschutzbedürfnis könnten auch deshalb
bestehen, weil unklar ist, ob der Kläger sich vor Erhebung seiner Klage zunächst mit seinem Begehren an die Beklagte gewandt
hat. Dies wäre der einfachere Weg zu versuchen, das angestrebte Ergebnis zu erreichen (vgl BayLSG, Urteil vom 12.07.2011 -
L 11 AS 333/10; allgemein zum Rechtsschutzbedürfnis Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Aufl, vor §
51 Rn 16a).
Eine Umdeutung der Klage in eine Untätigkeitsklage ist nicht möglich. Nach §
88 Abs
1 Satz 1
SGG kann nach Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts Klage erhoben werden, wenn über den
Antrag ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden ist. Bei dem klägerischen Begehren der
Meldung von Anrechnungszeiten durch die Beklagte handelt es sich um einen bloßen Realakt und nicht um einen Verwaltungsakt.
Begehrt wird ein tatsächliches Handeln der Beklagten. Diese trifft im Falle der Meldung von Anrechnungszeiten an den Rentenversicherungsträger
auch keine eigenständige Entscheidung mit Regelungswirkung, wie sie für einen Verwaltungsakt nach § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) Vorraussetzung wäre, da bei der Entscheidung über die Berücksichtigung der gemeldeten Zeiten durch den Rentenversicherungsträger
keine Bindungspflicht besteht (siehe dazu Sächsisches LSG aaO und Schleswig-Holsteinisches LSG aaO). Nach originärer Prüfung
trifft dieser dann die rechtlich verbindliche Entscheidung über eine Anerkennung von anrechnungsrelevanten Zeiten. Insofern
gehen das LSG Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 22.06.2010 - L 11 AL 27/08 - veröffentlicht in [...]) und nachfolgend auch das BSG (aaO) von der für Realakte statthaften allgemeinen Leistungsklage aus. Auch eine bloße Ablehnung der Beklagten, Zeiten zu
melden, stellt folglich keinen Verwaltungsakt dar. Von einer eventuellen Möglichkeit dennoch durch Verwaltungsakt über ein
entsprechendes Begehren zu entscheiden hat die Beklagte erkennbar keinen Gebrauch gemacht.
Die allgemeine Leistungsklage ist aber jedenfalls mangels Anspruchs des Klägers gegen die Beklagte auf Meldung weiterer Zeiten
wegen Arbeitslosigkeit nach §
58 SGB VI (28.09.1997 bis 03.05.2000, 27.09.2000 bis 20.05.2001, 01.09.2001 bis 30.05.2002 und ab 03.12.2002) nicht begründet. Nach
§§
193,
195 SGB VI i.V.m. § 39 Abs 2 der Verordnung über die Erfassung und Übermittlung von Daten für die Träger der Sozialversicherung (DEÜV) hat die Beklagte dem zuständigen Rentenversicherungsträger u.a. Anrechnungszeiten nach §
58 Abs
1 Satz 1 Nr
3 und (ab 01.05.2003) Nr
3a SGB VI zu melden. Es ist aber nicht ersichtlich, dass der Kläger für die von ihm begehrten Zeiträume die diesbezüglichen Voraussetzungen
erfüllt hat. Eine Anrechnungszeit nach §
58 Abs
1 Satz 1 Nr
3 SGB VI würde vorliegen, wenn der Kläger wegen Arbeitslosigkeit bei einem deutschen Arbeitsamt bzw Agentur für Arbeit als Arbeitsuchender
gemeldet war und eine öffentlich-rechtliche Leistung bezogen oder nur wegen des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens
nicht bezogen hat, eine Anrechnungszeit nach §
58 Abs
1 Satz 1 Nr
3a SGB VI würde vorliegen, wenn der Kläger bei einem deutschen Arbeitsamt bzw Agentur für Arbeit als Ausbildungsuchender gemeldet war
(§§
15,
122 SGB III). In der Zeit vom 01.01.1998 bis 31.07.1999 erlosch die Arbeitslosmeldung mit Ablauf eines Zeitraums von drei Monaten nach
der letzten persönlichen Meldung des Arbeitslosen, wenn der Arbeitslose die Meldung nicht vor Ablauf dieses Zeitraums erneuerte,
§
122 Abs
2 Nr
3 SGB III idF des Gesetzes zur sozialrechtlichen Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen vom 06.04.1998 (BGBl I 688).
Es ist nicht nachgewiesen, dass der Kläger in den Zeiten vom 28.09.1997 bis 03.05.2000, 27.09.2000 bis 20.05.2001, 01.09.2001
bis 30.05.2002 und ab 03.12.2002 bei der Beklagten arbeitsuchend gemeldet war. Entsprechende Unterlagen sind dort nicht vorhanden.
Auch der Kläger hat - trotz des Hinweises durch das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid - keine weiteren Nachweise oder Unterlagen dazu vorgelegt. Die vom ihm im Berufungsverfahren
angegebene Stammnummer konnte von der Beklagten nicht zugeordnet werden. Irgendwelche Schreiben, die eine Meldung bei der
Beklagten nahelegen würde, hat er ebenfalls nicht vorgelegt. Für den Senat sind darüber hinaus auch keine Möglichkeiten ersichtlich,
weitere Ermittlungen in diesem Zusammenhang anzustellen. Die Erfüllung der Voraussetzungen des §
58 Abs
1 Satz 1 Nr
3 SGB VI ist damit nicht belegt. Ebenso finden sich keine Anhaltspunkte für die Meldung des Klägers als Ausbildungssuchender iSv §
58 Abs
1 Satz 1 Nr
3a SGB VI. Auch wenn in der Rentenauskunft bis 02.12.2002 mit Unterbrechungen Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug bereits
vorhanden sind, so finden sich - unabhängig von der nicht mehr erforderlichen 3-Monats-Meldung - keine Hinweise, dass der
Kläger außerhalb der in der Rentenauskunft genannten Zeiträume weiter als arbeitsuchend gemeldet gewesen war.
Im Hinblick auf die Nichterweislichkeit der Erfüllung der Voraussetzungen für eine Meldung rentenrechtlicher Zeiten trifft
den Kläger die Feststellungslast. Ist eine Tatsache unerweislich, so geht dies im Zweifel zu Lasten des Beteiligten, der aus
ihr eine ihm günstige Rechtsfolge herleiten möchte. Wer ein Recht in Anspruch nimmt, trägt im Zweifel die Beweislast für die
rechtsbegründenden Tatsachen, wer ein Recht bestreitet, die Beweislast für die rechtsverhindernden, rechtsvernichtenden oder
rechtshemmenden Tatsachen (vgl LSG des Saarlandes, Urteil vom 07.05.2004 - L 8 AL 65/03 - veröffentlicht in [...] - mwN). Hieraus folgt die Nachweispflicht des Klägers für das Vorliegen der Voraussetzungen für
die Meldung rentenrechtlich relevanter Zeiten im maßgeblichen Zeitraum (LSG des Saarlandes aaO; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil
vom 08.02.2006 - L 22 R 1242/05 - veröffentlicht in [...]; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 24.02.2011 - L 1 R 27/08 - veröffentlicht in [...]).
Das SG hat somit die Klage im Hinblick auf die mangelnde Aufklärbarkeit des Vorliegens der Voraussetzungen für die Anerkennung von
Anrechnungszeiten zu Recht abgewiesen. Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.