LSG Bayern, Urteil vom 08.10.2008 - 12 KA 354/07
Vorinstanzen: SG München 29.01.2007 S 28 KA 295/06
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 29. Januar 2007 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über den Entzug der Zulassung des Klägers als Vertragspsychotherapeut.
Der 1946 geborene Kläger ist Dipl.-Psychologe.
Vom 01.01.1978 bis 31.03.1994 arbeitete er als Leiter der Psychosozialen Beratungsstelle der C. in A-Stadt. Während dieser
Zeit, am 04.06.1986, erteilte ihm die Stadt A-Stadt die Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde nach dem Heilpraktikergesetz.
Am 18.06.1993 fand in der Universität A-Stadt ein Vortrag über sexuellen Missbrauch in der Psychotherapie statt. In der Folgezeit
dieses Vortrags erhoben verschiedene Personen, darunter auch Patientinnen anderer Psychotherapeuten, die zuvor beim Kläger
behandelt worden waren, Vorwürfe gegen den Kläger im Hinblick auf sexuelle Übergriffe. Der Kläger wertet diese Vorgänge als
mobbing gegen seine Person.
Am 03.02.1994 war ihm von der Arbeitgeberin, der C. in A-Stadt, eine fristlose Kündigung erklärt worden wegen angeblicher
sexueller Übergriffe im Rahmen der psychotherapeutischen Arbeit, sowie wegen Belästigung von Mitarbeiterinnen. In einem arbeitsgerichtlichen
Vergleich einigte man sich daraufhin auf ein Ende des Beschäftigungsverhältnisses zum 31.03.1994. Seit 1995 nahm der Kläger
- nunmehr offenbar in eigener Praxis - am sogenannten Delegationsverfahren teil. Mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom
24. Februar 1999 erhielt er schließlich die Zulassung als psychologischer Psychotherapeut in A-Stadt.
Im Juni 2001 wandte sich eine Frau E. H. zunächst telefonisch, später auch schriftlich mit zwei längeren Schreiben, eingegangen
am 2. Juli und am 24. August 2001, an die Beigeladene zu 1., die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns, und teilte Folgendes
mit: Sie habe sich vom Frühjahr 1996 bis Sommer 1997 bei dem Kläger in Psychotherapie befunden. Anfangs sei die Therapie nicht
auffällig gewesen. Nach einiger Zeit habe der Kläger mehrfach versucht, sie mit ihrem Spitznamen "E." anzureden. Sie hätten
anfangs vereinbart gehabt, dass er sie mit "Sie" und "E." anreden dürfe. In der Therapie habe der Kläger ihr auffällig oft
das Gefühl gegeben, dass er sie bewundere, und dass sie eine tolle Frau sei. Es habe häufig Situationen gegeben, in denen
er ihr zu nahe getreten sei und in denen sie sich gegen seine verbalen Äußerungen habe wehren müssen. Im Laufe der Therapie
habe sie sich sodann in den Kläger verliebt. Dieser habe sich in ihrer Zuneigung gesonnt, zumal sie viel jünger (29) gewesen
sei als er. Da ihre Verliebtheit vom Kläger auch angefacht worden sei, habe sich in ihr der Wunsch entwickelt, auch mit ihm
Kaffee trinken zu gehen. Ab diesem Zeitpunkt sei ihr die Situation aus den Händen geglitten. Der Kläger habe ihr gesagt, dass
er sich vorstellen könne, dass viele Männer gerne mal mit ihr schlafen wollten und dass dies auch mit ihm möglich wäre. Dadurch
habe sie sich vor den Kopf geschlagen gefühlt und sie habe gemerkt, dass sie die Therapie unbedingt abbrechen müsse. Das habe
sie dem Kläger auch telefonisch mitgeteilt. Dieser habe jedoch auf einem klärenden Gespräch in der Praxis bestanden. Daran
hätten außer dem Kläger auch dessen Ehefrau und dessen Schwester teilgenommen. Während dieses Gespräches habe er versucht,
ihr die Schuld an dem Vorfall zu geben. Er habe gesagt, dass sie das schließlich von ihm gewollt habe. Ein Mitarbeiter der
Telefonseelsorge, an den sie sich daraufhin gewandt hatte, habe ihr erzählt, dass sie nicht die erste sei, der es beim Kläger
so ergangen sei. Sie habe damals große Angst vor dem Kläger gehabt und deshalb die Sache nicht der Polizei gemeldet.
Der Kläger hat dazu gegenüber der Beigeladenen zu 1., der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns, schriftlich ausgeführt, Frau
H. habe sich im Delegationsverfahren vom 10.05.1996 bis 15.07.1997 in seiner verhaltenstherapeutischen Behandlung befunden.
Nachdem die Sitzung am 15.07., die letzte im Rahmen der Kurzzeittherapie, abgeschlossen war, habe er mit Frau H. diskutiert,
ob an dieser Stelle die Behandlung beendet oder die Umwandlung in eine Langzeittherapie beantragt werden solle, und wenn,
mit welchem therapeutischen Ziel dies geschehen solle. Sie hätten gemeinsam beschlossen, einen Umwandlungsantrag zu stellen.
Als therapeutisches Ziel sei die Behandlung "sexueller Hemmungen" vereinbart worden. Ein oder zwei Tage nach dieser Sitzung
habe Frau H. ihm telefonisch vorgehalten, er hätte sie verbal zum Geschlechtsverkehr aufgefordert. Über diesen Vorwurf sei
er entsetzt gewesen und habe sich dagegen verwehrt. In dem persönlichen Gespräch am 21.07.1997 in der Praxis, an dem auch
seine Ehefrau und seine Sprechstundenhilfe teilgenommen hätten, habe er den Sachverhalt richtiggestellt. Frau H. habe ihm
definitiv keinen ihre Vorwürfe stützenden Satz zitieren können, so dass ihm unklar geblieben sei, auf welche seiner Aussagen
sie ihre Interpretation stütze. Das Gespräch sei insgesamt relativ harmonisch verlaufen. Gleichwohl habe er sich des Eindrucks
nicht erwehren können, dass diese unzutreffende Annahme von ihr weiterhin aufrecht erhalten würde. Die zunächst vorgesehene
Weiterbehandlung habe er nach Rücksprache mit seinem damaligen Supervisor abgelehnt. In diesem Schreiben an die Beigeladene
zu 1. hat der Kläger sodann noch zum Arbeitsverhältnis mit der C. ausgeführt, dessen Beendigung sei einvernehmlich erfolgt
und unter anderem durch massives mobbing gegen ihn initiiert gewesen. Dabei hätten Lügen und Halbwahrheiten eine große Rolle
gespielt. Er habe nicht gewollt, dass dieses mobbing durch die von der Beigeladenen zu 1. gewünschte Nachfrage bei der C.
nun auch noch in seine vertragspsychotherapeutische Tätigkeit weitergetragen werde, weshalb er auch der Bitte der Beigeladenen
zu 1. nicht entsprechen könne, hierzu beim C. nachfragen zu dürfen.
Am 17.02.2004 erstattete die 1985 geborene und somit damals 19 Jahre alte Zeugin R. W. gegen den Kläger bei der Polizei Strafanzeige.
Bei der polizeilichen Zeugenvernehmung am 24.02.2004 gab sie im Wesentlichen Folgendes an: Sie sei seit Mai 2003 beim Kläger
wegen Depressionen in Behandlung gewesen. Dieser habe mit ihr zu Anfang eine sogenannte Gesprächstherapie gemacht, in der
u.a. auch über die sexuellen Probleme der Zeugin mit ihrem Freund geredet worden sei. Der Kläger habe daraufhin eine Sexualtherapie
in Verbindung mit einer Kommunikationstherapie vorgeschlagen. Die Kommunikationstherapie habe zu dritt, also mit dem Freund
der Zeugin und dem Kläger stattgefunden. Bei der Sexualtherapie sei der Freund ebenfalls oft mit anwesend gewesen, aber nicht
immer. Hauptsächlich sei über die Sexualität der Zeugin gesprochen worden. Der Kläger habe sie darüber regelrecht ausgefragt.
Ihrem Freund und ihr sei damals aufgefallen, dass sich der Kläger über die Sexualpraktiken im Allgemeinen gerne und - nach
ihrer Meinung - teilweise sehr ordinär ausgedrückt habe. Das sei der Zeugin persönlich sehr unangenehm gewesen und dies habe
auch ihren Freund gestört. Ende Sommer oder Anfang Herbst 2003, als die Zeugin wieder einmal in dem Therapiezimmer des Klägers
auf einem Stuhl gesessen habe - ihr Freund sei damals nicht dabei gewesen - habe der Kläger zu ihr gesagt, dass er jetzt schauen
werde, ob sie verspannt sei. Er sei dafür auf sie zugegangen, habe seine Hand, ohne sie vorher darüber zu informieren, unter
ihrem Bekleidungsoberteil auf ihren nackten Bauch gelegt. Danach habe er seine Finger in ihre Hose geschoben. Er habe mit
seiner Hand ihren Bauch abgedrückt und zu ihr gesagt, dass es ihm lieber sei, wenn sie nun die Hose öffnen würde. Dies habe
sie getan und er habe seine Hand weiter in Richtung Geschlechtsbereich geschoben. Sie sei sich heute nicht mehr ganz sicher,
ob er damals ihre Schamhaare berührt habe oder nicht. Es sei ihr sehr unangenehm gewesen, dass der Kläger mit seiner Hand
auf ihrem Bauch herumgefahren sei. Nachdem er aber der Therapeut gewesen sei, habe sie gedacht, dass das schon in Ordnung
sei. Sie habe sich nicht dagegen gewehrt. Dazu wäre sie damals emotional nicht in der Lage gewesen. Sie habe gehofft, dass
dieser Teil der "Therapie" so schnell wie möglich vorbei sei, und sie sei total angespannt auf dem Stuhl gesessen. Solche
Übungen habe der Kläger in Zukunft jedes Mal dann ausgeführt, wenn sie allein in seinem Therapieraum gewesen sei, wenn ihr
Freund also nicht dabei war. Im November 2003 habe ihr der Kläger zum letzten Mal seine Hand auf den Bauch gelegt. Auch damals
sei sie allein bei ihm und auf der Liege gewesen. Der Kläger habe damals wörtlich zu ihr gesagt: "Jetzt probieren wir aus,
wie weit ich gehen kann, ohne dass es Ihnen unangenehm ist. Wenn es Ihnen momentan auch unangenehm ist, versuchen Sie, dass
sie es trotzdem aushalten können, das Gefühl geht nämlich wieder vorbei." Dabei habe er seine Hand auf ihren Bauch gelegt,
also unter das Oberteil und unter den Hosenbund. Die Jeans sei zu diesem Zeitpunkt bereits offen gewesen und der Kläger habe
seine Hand unter ihre Unterhose geführt, dies immer weiter bis zu den Schamhaaren. Seine Finger seien kurz vor ihrer Scheide
gewesen. Dann habe er gesagt: "Jetzt versuchen wir, dass ich noch weiter gehe", wobei sie aber mit Nein geantwortet habe.
Daraufhin habe er seine Hand langsam wieder Richtung Nabel geführt und von ihrem Bauch weggenommen. Der Kläger habe zwar während
der gesamten Therapie immer wieder zu ihr gesagt, dass nichts geschehen werde, was sie nicht wolle, er habe sie aber gleichzeitig
zu diesen Handlungen gedrängt. Sie habe immer das Gefühl gehabt, dass er seine Grenzen in der Therapie entschieden überschritt.
Weil er solche Übungen immer nur dann gemacht habe, wenn der Freund nicht dabei war, habe sie sich schwach und ungeschützt
gefühlt und eine emotionale Erniedrigung empfunden. Der Kläger habe seine Handlungen immer als Therapie deklariert, weshalb
sie auch lange Zeit gedacht habe, dass dies normal sei. Es sei ihr aber von Anfang an unangenehm gewesen.
Am 29. Mai 2004 erschien in der "P." unter der Überschrift "Wenn der Therapeut das Vertrauen missbraucht" ein umfangreicher
Artikel über sexuelle Grenzverletzungen in der Psychotherapie, der u.a. einen Aufruf enthielt, die Frauen, die davon betroffen
seien, sollten sich bei der Polizei melden.
Unter Bezugnahme auf diesen Zeitungsartikel erschien nun am 16.06.2004 bei der Polizei in A-Stadt die 1962 geborene Frau A.
D., geborene N., und gab im Wesentlichen Folgendes an: Sie sei im Juli 1982 wegen eines Alkoholproblems zur P. psychosozialen
Beratungsstelle gegangen, deren Leiter der Kläger damals war. Sie wisse noch genau, dass sie immer allein mit dem Kläger in
seinem Therapiezimmer war. Die Stunden seien meist nachmittags und abends gewesen, weil sie damals berufstätig gewesen sei.
Beide hätten sich in Stühlen gegenübergesessen. Von Anfang an habe der Kläger ihr das Gefühl vermittelt, dass sie gut bei
ihm aufgehoben sei. Während des ersten halben Jahres habe es zwischen ihr und dem Kläger nur zur Begrüßung und Verabschiedung
einen Handschlag gegeben. Mehr Körperkontakt habe nicht bestanden. Auch der Abstand der Sessel sei so distanziert gewesen,
dass sie kein Gefühl von Unwohlsein bekommen habe. Es sei ihr gelungen, aufgrund der therapeutischen Ratschläge des Klägers
auf Alkohol zu verzichten.
Etwa nach einem Jahr habe der Kläger begonnen, ihr zu schmeicheln. Er habe ihr erklärt, dass sie ein besonderer Fall sei,
weil sie eigentlich noch keine richtige Alkoholikerin gewesen sei. Er habe sie gelobt, weil sie vom Alkohol so schnell weggekommen
sei und ihr erklärt, dass er ihren Fall in seine Vorträge mit eingebaut habe. Sie habe sich sehr von ihm geschmeichelt und
zu ihm hingezogen gefühlt. Damals habe sie einen festen Freund gehabt, mit dem sie eine sexuelle Beziehung aufrecht erhalten
habe. Allerdings sei dieser Freund selten da gewesen, weil er auf Montage unterwegs gewesen sei. Die zu Beginn der Therapie
20-jährige Zeugin führte gegenüber der Polizei weiter aus, dass sie beim Kläger bald ein Gefühl entwickelt habe, ihm dafür
irgendetwas geben zu müssen, weil er ihr so sehr geholfen habe. Daraus habe ein Abhängigkeitsgefühl resultiert. Der Kläger
habe darauf geachtet, dass er sie psychologisch an sich gebunden habe, damit sie nicht auf die Idee kommen konnte, die Therapie
zu beenden. Sie habe immer geglaubt, dass sie es alleine nicht schaffe zu existieren. Im Dezember 1982 habe sie mit ihrem
damaligen Freund ein Gespräch gehabt, bei dem dieser gemeint habe, dass sie eigentlich keine Therapie brauche. Sie wisse deshalb,
dass im Dezember 1982 noch kein sexueller Übergriff durch den Kläger stattgefunden habe. Dies sei kurze Zeit später gewesen.
Sie glaube, es sei im Januar oder Februar 1983 gewesen, als sie abends in seinen Therapieräumen war. Die Beratungsstelle habe
bereits Dienstschluss gehabt. Es sei niemand mehr da gewesen. Der Kläger und sie hätten sich auf ihren Stühlen gegenüber gesessen.
Der Kläger habe das Gespräch in Richtung Sexualität gelenkt. Plötzlich habe er im Sitzen auf seinem Stuhl seine Hose geöffnet
und seinen Penis herausgeholt und wörtlich zu ihr gesagt: "Du wolltest mich ja schon lange in der Hand haben". Sie wisse noch,
dass er ihre Hand genommen habe, diese zu sich gezogen habe, dass sie von ihrem Stuhl aufgestanden sei und letztlich vor ihm
zum Knien gekommen sei. An den weiteren Ablauf könne sie sich nicht mehr genau erinnern. Sie habe aber gewusst, dass sie in
dieser Situation seinen Penis in den Mund zu nehmen hatte. Dort sei es bei ihm zum Samenerguss gekommen. Sie glaube, dass
sie den Samen geschluckt habe. Zumindest könne sie sich nicht mehr an ein Abwischen erinnern. Auch wisse sie heute nicht mehr,
ob der Kläger ihren Kopf gehalten habe oder nicht. Sie wisse noch, dass der Kläger sie nicht weiter angefasst habe und dass
sie komplett bekleidet war. Danach habe er ihr ein Küsschen auf den Mund gegeben und gesagt: "Bis zum nächsten Mal".
Auf Frage gab die Zeugin weiter an, es habe ihr vor dem Kläger geekelt und ihr sei noch eine Zeit lang danach übel gewesen.
Sie habe damals aber das Gefühl gehabt, dass es so sein musste, weil er es wollte, und dass sie diese Handlung aus Dankbarkeit
ihm gegenüber zu tun habe. Danach habe es keinen weiteren Oralverkehr mehr gegeben. Es sei aber mehrfach zum Geschlechtsverkehr
gekommen, mindestens zehn Mal. Einmal sei es auch zum Analverkehr gekommen. Die Zeugin hat auch angegeben, sie könne sich
noch an zwei Begegnungen erinnern, bei denen der Kläger in seinen Therapieräumen mit ihr Geschlechtsverkehr gehabt habe. Allerdings
habe sie diese Vorfälle bereits verdrängt und könne sie deshalb nicht mehr konkret genug schildern. Tatzeiten wisse sie überhaupt
nicht mehr. Sie wisse nur, dass sie einmal auf dem Boden gelegen habe und einmal in der sogenannten Reiterstellung auf ihm
auf seinem Sessel gesessen habe. Drei weitere Fälle in ihrer Wohnung seien ihr ebenfalls in Erinnerung. Es sei jedes Mal abends
nach 20.00 Uhr gewesen. Ihre Tochter sei damals ein oder zwei Jahre alt gewesen und es sei somit das Jahr 1985/1986 gewesen.
Das Kind habe jedes Mal schon geschlafen. Ab dem Oralverkehr habe sie den Kläger geduzt und mit angeredet. Wenn er bei ihr
in der Wohnung gewesen sei, sei wenig geredet worden. Man habe sich ausgezogen, den Geschlechtsverkehr auf einer Wohnzimmercouch
ausgeführt und sich wieder angezogen. Der Kläger habe dann in der Regel kurz danach die Wohnung verlassen. Er habe immer Samenerguss
gehabt; ein Kondom habe er nicht benutzt. Sie selber habe nie einen Orgasmus gehabt. Zur damaligen Zeit habe sie nicht die
Kraft gehabt, einen Geschlechtsverkehr durch ihn abzulehnen, weil er ihr dann als Therapeut nicht mehr zur Verfügung gestanden
hätte. Sie habe ihn damals aber immer wieder für ihre Probleme gebraucht. Der letzte Geschlechtsverkehr in ihrer Wohnung sei
Anfang 1987 gewesen. Die anderen Vorfälle könne sie zeitlich nicht mehr einordnen. Es seien zeitweise große Zeitspannen dazwischen
gelegen. Zu dieser Zeit habe er ihr auch immer wieder Urlaubs- und Weihnachtskarten geschickt. Diese hat die Zeugin als Beweis
zu den Akten gegeben. Einmal sei es auch zum Analverkehr gekommen, vermutlich im W. 1986. Es sei in der Wohnung kalt gewesen.
Sie habe starke Schmerzen verspürt, sei aber nicht zu einem Arzt gegangen. Des Weiteren könne sie sich an einen Geschlechtsverkehr
im Freien erinnern. Es sei irgendwann im Sommer gewesen, an das Jahr könne sie sich nicht mehr erinnern. Der Kläger habe nie
zu ihr gesagt, dass der Geschlechtsverkehr für ihre Therapie notwendig wäre. Er habe sie aber in der Weise abhängig gemacht,
dass er ihr vermittelt habe, dass sie ohne ihn als Therapeuten nicht leben könne. Dieses Gefühl habe ausgereicht, dass er
die vorgenannten sexuellen Handlungen mit ihr habe ausführen können, obwohl sie das eigentlich nicht gewollt habe. Die Therapie
und auch die Beziehung seien Ende 1987 beendet worden. Die Umschläge der geschilderten Post, die sich in der Akte befinden,
stammen aus der Zeit vom 20.12.1984 bis 21.09.1987.
Der Kläger hat zu diesen Vorgängen mit einem umfangreichen Schreiben seines Bevollmächtigten vom 29.07.2005 an die Staatsanwaltschaft
A-Stadt Stellung genommen. Darin wird insbesondere das Krankheitsbild der Zeugin W. dargestellt, sowie die Behandlungsmethoden
von Angst- und Panikstörungen in der Verhaltenstherapie, insbesondere das sogenannte Expositionsverfahren. Sodann folgen Ausführungen
zur "Neuen Sexualtherapie", deren Kernstück die gezielte Anleitung der Patienten zu spezifischen Sexualübungen sei, die auf
Anweisung des Therapeuten üblicherweise zu Hause gemacht würden. Die Sexualtherapie verlange dabei aktives Eingreifen und
konkrete Anleitungen mit einem detaillierten Nachfragen, um ein klares Bild vom sexuellen Erleben des Paares zu haben und
wie dieses sich entwickelt habe. Eine wichtige Komponente der Sexualtherapie bei funktionellen Sexualstörungen stelle die
Technik dar, dass der "gestörte" Partner bei Berührungs- und Streichelübungen die Hand des "nicht-gestörten" Partners führe,
wenn Angst vor körperlichem Kontakt, vor Schmerzen u.ä. für die bestehende Problematik eine Rolle spiele, wie dies bei der
Zeugin der Fall sei. Wenn Angst vor einer sexuellen Interaktion für das Bestehen des sexuellen Problems einen aufrechterhaltenden
Mechanismus darstelle, werde diese Technik eine notwendige Bedingung für das therapeutische Vorgehen sein müssen. Konkret
zum Fall der Patientin W. führt der Kläger aus, seit Behandlungsbeginn seien 70 bis 80 % aller Sitzungen gemeinsam mit dem
Partner der Patientin durchgeführt worden. Am 08.12.2003 sei die Zeugin allein zur Therapiesitzung erschienen. Dies habe den
Kläger überrascht, ihm andererseits aber die Möglichkeit gegeben, in dieser Sitzung an der konkreten Symptomatik weiter zu
arbeiten und evtl. einen konkreten Therapiefortschritt zu erreichen, nachdem in den vergangenen Sitzungen die Kommunikations-
und Partnerprobleme des Paares das Interventionsziel gewesen seien, oftmals energieverzehrend und mit scheinbar geringer Effektivität.
So habe er versucht in dieser Sitzung zunächst den Status quo zu erfassen, um daraus das weitere Vorgehen abzuleiten. Es habe
sich dabei gezeigt, dass bei Zärtlichkeiten zwischen der Zeugin und ihrem Partner jede, auch nicht per se sexuell intendierte,
Berührung ein extremes Abwehrverhalten der Zeugin ausgelöst habe und zwar um so eher und stärker, je näher der Partner seine
Hand in Richtung Unterleib/Genitale bewegen würde. Erstes Ziel der Behandlung sei die Angstbewältigung gewesen, also dass
die Zeugin lernte, ihre Angst bei Berührung unter Kontrolle zu halten (d.h. bei Exposition: die Angst sich entwickeln zu lassen,
sie zu akzeptieren ohne sich in sie hineinzusteigern, und dann zu warten, bis die Angst von selber wieder abnimmt). Dazu gebe
es grundsätzlich zwei Vorgehensweisen, nämlich die Desensibilisierung, bei der der Patient schrittweise mit dem am wenigsten
Angst auslösenden Item konfrontiert wird bis zu jenem, das am meisten Angst auslöst, zum anderen die Exposition, bei der eine
Konfrontation lediglich mit dem am meisten Angst auslösenden Item erfolgt. Der Kläger habe die entsprechenden Möglichkeiten
mit der Patientin durchgesprochen und die Vor- und Nachteile ausführlich erläutert. Sie sei auch darüber aufgeklärt worden,
dass die Expositionstechnik jetzt in der Praxis oder später zusammen mit dem Partner durchgeführt werden könne. Sie sei auch
darüber informiert worden, dass, falls die Exposition sofort in der Praxis mit dem Therapeuten durchgeführt würde, sie selbst
dessen Hand in ihrer Hand halte, sie diese somit führen oder wegnehmen könne, wie sie es wolle und wie sie sich sicher fühle.
Diesen Weg habe der Kläger vor allen Dingen deswegen gewählt, weil die Patientin ihm gesagt habe, dass für sie eine körperliche
Berührung durch einen Fremden/Außenstehenden eher tolerierbar wäre als durch ihren Partner. Die Patientin habe sich recht
schnell für die unmittelbare Durchführung der Konfrontationstechnik in der Praxis ausgesprochen. Auch der Kläger habe dies
für richtig gehalten. Für die Durchführung der Übung sei die Zeugin gebeten worden, sich auf die Liege zu legen und zu entspannen.
Sie sei völlig bekleidet gewesen mit Pulli und Jeans. Der Kläger habe sich neben sie gesetzt. Ihr sei gezeigt worden, wie
sie seine Hand mit ihrer eigenen Hand halten müsse und nochmals erklärt worden, dass sie die Hand über den gesamten Verlauf
hinweg führen solle und könne, so dass sie stets die Kontrolle bei der Durchführung behalten und sich dadurch optimal sicher
fühlen könne, dass nur geschehe, was sie selbst wolle. Probeweise sei die Übung erst über dem Pullover durchgeführt worden,
dann auf dem unbekleideten Oberbauch. Die Zeugin habe die Hand des Klägers erst über dem Pullover, dann auf dem unbekleideten
Oberbauch aufgelegt. Der Kläger habe sie darauf hingewiesen, dass die Angst nur bis zu einem bestimmten Punkt steigen werde
und nach kurzer Zeit wieder absinken würde. Nach der ersten Übung seien die Erfahrungen besprochen worden. Die Zeugin habe
gesagt, dass sie es sich schlimmer vorgestellt hätte. Dann habe der Kläger sie gefragt, ob sie sich zutraue, den nächsten
Schritt zu gehen, nämlich seine Hand etwas weiter unten aufzulegen. Dazu sei sie sofort bereit gewesen. Der Verlauf habe demjenigen
des ersten Durchgangs entsprochen. Nachdem sich gezeigt habe, dass für den dritten Durchgang der Platz für die Hand nicht
ausreichend war, habe der Kläger die Patientin gebeten, den Reißverschluss ihrer Jeans etwas zu öffnen, was diese auch sofort
getan habe. Sie habe die Hose ca. 5 cm bis zum oberen Rand ihres Slips geöffnet. Dann sei die Durchführung wie im ersten und
zweiten Durchgang erfolgt. Zum Schluss habe der Kläger sie gefragt, ob sie sich vorstellen könne, noch weiter zu gehen. Nach
kurzer Überlegung habe sie sehr klar geantwortet: "Nein das möchte ich nicht." Der gesamte Übungsverlauf habe ca. acht bis
zehn Minuten gedauert. Während der gesamten Zeit - ausgenommen der Gesprächsphasen zwischen den Übungen - habe die Zeugin
die Hand des Klägers, die quer auf ihrem Bauch lag, mit ihrer Hand gehalten. Eine Berührung des Schambereiches oder ein Schieben
der Hand bis nahe beim Genitale wäre deshalb logischerweise nur möglich gewesen mit Einverständnis der Zeugin bzw. durch ihr
eigenes Zutun. Beides sei nicht der Fall gewesen. Mit anderen Worten: Der Kläger habe die Schamhaare der Zeugin nicht berührt
und könne deshalb seine Hand auch nicht in die Nähe ihres Genitalbereiches geführt haben. Bei den späteren Sitzungen sei wieder
der Partner der Zeugin dabei gewesen.
Zu dem anderen, früheren Vorfall - vermutlich am 11.08.2003 - hat der Kläger im genannten Schreiben Folgendes ausgeführt:
Bei Bearbeitung des Themas, dass die Zeugin bei der Vorstellung eines Geschlechtsverkehrs mit ihrem Partner Ekel empfunden
habe, habe er die Patientin, die ihm gegenüber im Stuhl gesessen habe, gebeten, sich vorzustellen, mit ihrem Partner Geschlechtsverkehr
zu haben und rückzumelden, wann ein Verkrampfungsgefühl vorhanden sei. Wenn sie damit einverstanden sei - wobei der Kläger
im Gegensatz zu den Angaben der Zeugin sicher sei, dass er sie vorher informiert und um Erlaubnis gefragt habe -, würde er
dann selbst schauen, ob sie verkrampft sei. Er habe die Zeugin dabei gefragt: "Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich ...?". Die
Zeugin habe erklärt, dass ihr dies nichts ausmache. Nachdem ein Tasten der verkrampften Muskulatur im Sitzen und mit hochgeschlossenen
Jeans nicht möglich gewesen sei, sei die Patientin gebeten worden, aufzustehen und die Jeans etwas zu öffnen. Dieser Bitte
sei sie nachgekommen und habe den Reißverschluss ca. 5 cm, bis zum oberen Rand ihres Slips nach unten gezogen, so dass der
Kläger gegen den Bauch habe drücken können. Es sei im Bereich des oberen Randes des Slips eine deutliche Verhärtung der Muskulatur
zu verspüren gewesen. Zu einer Berührung der Schambehaarung sei es sicher nicht gekommen, was auch von der Zeugin nicht behauptet
werde. Der ganze Vorgang habe ca. 30 bis 40 Sekunden gedauert.
Zur Aussage der Zeugin W. hat der Klägerbevollmächtigte abschließend noch ausgeführt, der Kläger habe lege artis gehandelt,
und sich dabei insbesondere sexuell nicht erregt, wie auch die Zeugin bestätigt habe. Sein ganzes Therapie-Verhalten sei einzig
und allein davon geprägt gewesen, seiner Patientin die bestmögliche Behandlung angedeihen zu lassen. Zu den Aussagen der Zeugin
D. wurde von Klägerseite - gegenüber der Staatsanwaltschaft - lediglich ausgeführt, diese hätten völlig unberücksichtigt zu
bleiben, zum einen mangels Strafbarkeit seinerzeit, zum anderen wegen Verjährung.
Die Staatsanwaltschaft hat zu dem dargestellten Geschehen am 30.08.2005 an Prof. Dr. N. einen Gutachtensauftrag erteilt.
Der Zulassungsausschuss hat dieses Gutachten nicht abgewartet, sondern in seiner Sitzung vom 14.09.2005 dem Kläger die Zulassung
als psychologischer Psychotherapeut entzogen und die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Entziehung ausgesprochen. Der
Beschluss vom 14.09.2005, an dem u.a. zwei Dipl.-Psychologen mitgewirkt haben, wurde mit Bescheid vom 29.09.2005 eingehend
begründet. Dort heißt es, eine gröbliche Verletzung vertragspsychotherapeutischer Pflichten liege insbesondere vor, wenn der
Vertragspsychotherapeut Patientinnen sexuell missbrauche oder dadurch gegen seine standes- und berufsrechtlichen Pflichten
verstoße, indem er in unzulässiger Weise sexuelle Kontakte zu Patientinnen herstelle. Darüber hinaus liege auch eine gröbliche
Pflichtverletzung vor, wenn der Vertragspsychotherapeut in seinem beruflichen Verhalten wiederholt die Grenzen der anerkannten
Untersuchungs- und Behandlungsmethoden derartig überschreite, dass eine ordnungsgemäße Behandlung der Versicherten nicht mehr
gewährleistet und er für das kassenärztliche Versorgungssystem untragbar geworden sei. Der Kläger habe nach Überzeugung des
Ausschusses vor und während seiner vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit durch sexuelle Kontaktaufnahme zu mehreren Patientinnen
so schwerwiegende Verfehlungen begangen, dass er für die Ausübung der vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit ungeeignet sei
und die Voraussetzungen für eine Zulassung nicht mehr vorlägen bzw. nicht vorgelegen hätten. Darüber hinaus stehe fest, dass
er aufgrund wiederholter verbaler Grenzverletzungen gegenüber mehreren Patienten sowie unangemessener Berührungen einer Patientin
am Unterbauch wiederholt gegen die anerkannten Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gehandelt und durch sein Verhalten in
gröblicher Weise gegen vertragsärztliche Pflichten verstoßen habe. Er habe an seiner früheren Arbeitsstelle als Leiter der
Psychosozialen Beratungsstelle der C. in A-Stadt mindestens zwei Frauen über einen längeren Zeitraum und in schwerwiegender
Weise sexuell missbraucht. Dabei sei nicht nur auf den Straftatbestand des § 174c StGB abzustellen, der nur sexualbezogene Handlungen mit körperlichem Kontakt unter Strafe stelle. Die berufsethischen Definitionen
bezeichneten jegliche Art von sexuellen Handlungen, also auch entsprechende verbale Äußerungen als Missbrauch gegenüber dem
Patienten. Der eine Fall sei durch einen juristischen Vergleich beendet worden. Aus Mangel an Hintergrundwissen über die damaligen
Vorgänge und zumal sich der Kläger selbst sowie auch die Rechtsanwältin der Patientin auf ihre Verschwiegenheitspflicht hinsichtlich
des Vergleiches bezogen hätten, sei von Seiten der Beigeladenen zu 1) damals nichts unternommen worden. Als zweiter Fall wird
vom Zulassungsausschuss der Fall der Zeugin D. benannt. Es stehe außer Frage, dass an Frau D. gravierende seelische Verletzungen
verursacht worden sein müssten, wenn sie sich noch nach 20 Jahren der aufwendigen und nicht immer leichten Prozedur einer
Vernehmung durch die Kriminalpolizei freiwillig unterziehe, um, wie sie selbst angebe, andere Frauen zu schützen. Darüber
hinaus hätte es, wie aus den Ermittlungsakten hervorgehe, noch mindestens drei weitere weibliche Personen in Folgetherapie
bei anderen Psychotherapeuten gegeben, bei denen auch die behandelnden Therapeuten mitgeteilt hätten, dass es sich um Nachfolgetherapie
für Patientinnen nach sexuellem Missbrauch durch den Kläger handle. Hier seien die Patientinnen allerdings nicht zur Aussage
bereit gewesen. Dies sei aus fachlicher Sicht auch nicht verwunderlich, weil für viele Betroffene durch die polizeiliche oder
später auch gerichtliche Vernehmung die schwer verheilenden seelischen Wunden wieder aufbrechen könnten, was einer erneuten
Retraumatisierung gleichkomme. Alle diese Vorgänge, die sich auf das ehemalige Arbeitsverhältnis des Klägers bei der C. bezögen,
machten deutlich, dass schon vor der Beantragung einer Genehmigung bei der Kassenärztlichen Vereinigung zur Teilnahme am Delegationsverfahren
im Jahre 1995 und vor der Beantragung der Zulassung als Vertragspsychotherapeut im Jahr 1999 schwerwiegende Einschränkungen
der Geeignetheit gem. § 21 Ärzte-ZV vorgelegen hätten. Hätte der damalige Zulassungsausschuss davon Kenntnis gehabt, wäre
die Zulassung nicht erteilt worden, auch wenn damals der Strafrechtsparagraph 174c StGB noch nicht bestanden habe.
Sodann folgen weitere Ausführungen des Zulassungsausschusses zu den Patientinnen H. und W ... Der schwerwiegendste Vorwurf
betreffe die wiederholten Berührungen der Patientin W. am Unterbauch. Ein weiterer Vorwurf betreffe die Sprachwahl und eine
überhöhte Neugier des Klägers, das Sexuelle betreffend. Hier werden Behandlungsfälle einer Zeugin B. und der Zeugin W. genannt.
Der Zulassungsausschuss legt sodann dar, es sei davon auszugehen, dass es noch mehrere geschädigte Frauen im Raum A-Stadt
gebe, die sich wegen der Problematik der eigenen Schuldgefühle nicht auf den unspezifischen und nur einmaligen Aufruf per
Zeitungsartikel in der "P." hin gemeldet hätten. Die Hemmschwelle für ein derartiges Heraustreten aus der Anonymität sei für
psychisch kranke und zusätzlich noch durch Übergriffe verletzte Patientinnen extrem hoch. Der Vertrauensbruch durch einen
Psychotherapeuten, der sich an einer Patientin, die sich hilfesuchend an ihn wende, vergehe, wiege doppelt schwer. Auch kleinere
Grenzverletzungen hätten manchmal schwere Folgen. Die berufsethischen Vorgaben der Kammern für Psychotherapeuten verböten
deshalb nicht nur alle sexuellen Übergriffe, sondern auch narzisstischen Missbrauch, wirtschaftliche Verbindungen außerhalb
des Therapievertrages, die Annahme von Erbschaften und anderes mehr. Angesichts der genannten Gründe, insbesondere der beiden
jüngsten Vorgänge und der Würdigung des Gesamteindrucks des Klägers gerade auch während der mündlichen Verhandlung am 14.09.2005
vor dem Zulassungsausschuss, bestünden für den Ausschuss keine begründeten Zweifel daran, dass der Kläger wegen schwerwiegender,
in seiner Person liegender Mängel für die ambulante vertragspsychotherapeutische Versorgung ungeeignet sei. Es folgen im Bescheid
sodann noch längere fachpsychotherapeutische Ausführungen, insbesondere zur Stellungnahme des Klägers gegenüber der Staatsanwaltschaft.
Darin heißt es u.a., es sei nicht erklärlich, warum der Kläger bei einer der Konfrontationsübungen einmal den Partner bitte,
die Handlung durchzuführen und in zwei anderen Sitzungen dann doch selbst die Patientin im erogenen Bereich des Unterbauchs
berühre. Die Argumentation, dass er schnell habe entscheiden und handeln müssen, überzeuge nicht. Des Weiteren würden auch
die unvollständigen diagnostischen Erwägungen dem Kläger zum Vorhalt gemacht. Er hätte erkennen müssen, dass bei einer Patientin
mit diesem Störungsbild - gemeint ist die Patientin W. - möglicherweise auch eine posttraumatische Belastungsstörung gegeben
sei. Dann seien aber konfrontative Behandlungstechniken sehr zurückhaltend anzusetzen, und nur gerechtfertigt, wenn die Beziehungssicherheit
und die innere und äußere Sicherheit der Patientin gegeben seien. Davon könne aber nach der Schilderung der Patientin und
auch des Klägers nicht ausgegangen werden. Zumindest lasse es der Kläger an der erforderlichen Sorgfalt fehlen. Das Vertrauen
in die Zuverlässigkeit und Eignung des Klägers sei derartig erschüttert, dass eine Basis für weitere Zusammenarbeit bei der
Kassenärztlichen Vereinigung und den Krankenkassen unwiederbringlich zerstört sei. Die Zulassung sei deshalb zu entziehen
gewesen. Bezüglich des Sofortvollzugs stützt sich der Ausschuss auf § 86a Abs.2 Nr.5 SGG und begründet den Sofortvollzug mit der gering ausgeprägten Einsichtsfähigkeit des Klägers und der Gefahr, dass weitere Patientinnen
geschädigt werden könnten.
In dem sehr ausführlichen, inzwischen im Auftrag der Staatsanwaltschaft erstellten Gutachten von Prof. Dr. N. vom 19.09.2005
zum Fall der Patientin W. wird nach einer sehr umfangreichen Aufarbeitung des Sachverhalts folgende Wertung abgegeben: Je
nach Ausgangsannahme könnten die Vorkommnisse auf realer, motivationaler und therapiebezogener Ebene auf jeweils gedachten
Skalen zwischen normalem, über ungewöhnlichem bis hin zu fehlerhaftem Verhalten eingeordnet werden. Bezüglich der Realebene
ließe sich - je nach dem, welche Vorkommnisse vom Berühren des Bauches bis zum Berühren der Schamhaare angenommen würden,
bzw. von keiner erfolgten Aufforderung zum Ausziehen bis zur Entkleidungsaufforderung etc. - möglicherweise bereits auf primärsexuelle
Handlungen schließen. Der Kläger und die Zeugin hätten übereinstimmend angegeben, dass es auf Initiative des Klägers zu einem
Hautkontakt zwischen der Hand des Therapeuten und dem Bauch der Patientin gekommen sei. Ausgehend von zumindest diesem Vorkommnis
könnten weitere Überlegungen angestellt werden. Das Berühren unbekleideter Haut oder die Inspektion üblicherweise bekleideter
Areale sei in medizinischen Kontexten angebracht. Bei Untersuchungen und Berührungen intimer Areale wäre es bei gegengeschlechtlichem
Arzt/Patienten-Verhältnis in der Medizin üblich und empfohlen, eine weitere Person hinzuzuziehen, z.B. bleibe eine Arzthelferin
während einer gynäkologischen Untersuchung im Untersuchungsraum. Berührungen in intimen Regionen seien ethisch und medizinisch
nicht mit einer psychotherapeutischen Behandlung vereinbar. In der Verhaltenstherapie sei ein allgemeines Berührungs-Verbot
nicht explizit. Es gebe Therapieverfahren, die u.U. Berührungen in Behandlungen einschlössen. Diese Therapiearten gehörten
jedoch nicht in den Katalog der für die Zulassung zur psychologischen Psychotherapie genannten Verfahren.
Auch der Begriff der Sexualtherapie sei nicht durch besondere Ausbildungs- oder Zulassungsrichtlinien definiert. Somit gebe
es bei freier Verwendung des Begriffes (ohne Bezugnahme auf die Kriterien eines bestimmten Ausbildungsinstituts) keine festen
Regeln oder Standards, an denen das individuelle Vorgehen gemessen werden müsste. Aus allgemeiner ärztlicher und psychiatrischer
Sicht erscheine die geschilderte Situation der Verunsicherung einer sehr jungen Frau nach - wie hier angegeben - venerisch
übertragener Infektion zunächst als adäquate und nicht pathologische Reaktion. Woraus sich die Einschätzung ihres Verhaltens
durch den Kläger als pathologisches und behandlungsbedürftiges Leiden ergeben habe, sei bei den vorliegenden Informationen
nicht klar. Allerdings habe das Bezirkskrankenhaus M., in dem sich die Patientin vor der Therapie stationär aufgehalten habe,
eine Störung von Krankheitswert diagnostiziert. Der Kläger habe keine diagnostische Einschätzung der Symptomatik anhand der
ICD 10-Codierung vorgenommen. Eine diagnostische Einschätzung der beschriebenen Symptomatik als isolierte Phobie sei also
nicht explizit geäußert worden, sie erschiene ungewöhnlich. Die Sensibilisierung und Exposition seien in der Verhaltenstherapie
anerkannte Interventionen, die insbesondere in der Behandlung isolierter Phobien Anwendung fänden. Der Einsatz der eigenen
Person des Therapeuten als aversivem Reiz erscheine ungewöhnlich und aus therapeutischen Gesichtspunkten nur begrenzt vertretbar.
Eine Verknüpfung zwischen der Berührungshandlung und der sexuellen Thematik sei in der Intervention explizit angelegt gewesen.
Die vorliegenden Informationen seien widersprüchlich und lückenhaft. Unter Annahme der Darstellung des Anwalts des Klägers
auf der realen und motivationalen Ebene könnten die Vorkommnisse als fachlich etwas ungewöhnliche, wenig überzeugende und
psychodynamisch unglückliche Konstellation einzuordnen sein. Die üblichen Regeln würden in diesem Licht etwas subjektiv ausgelegt
und erweitert erscheinen. Bei Annahme der Angaben der Zeugin würde die Einschätzung aus sachverständiger psychiatrisch-psychotherapeutischer
Sicht eine stattgehabte Regelüberschreitung und Verletzung der Kunstregel ergeben.
Ein wegen dieses Falles eingeleitetes Strafverfahren wurde am 18.02.2006 gem. § 153a StPO gegen eine Geldbuße von 3.000,00 Euro eingestellt.
Den Widerspruch gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses hat der Bevollmächtigte des Klägers schriftsätzlich umfänglich
begründet. Im Einzelnen stimmen die Ausführungen weitgehend mit der Stellungnahme gegenüber der Staatsanwaltschaft überein.
Zum Fall W. führt er darüber hinaus noch aus, dass die Patientin dem Kläger erst am 12.01.2004 von einer möglichen Berührung
ihrer Brust in sexueller Absicht im Alter von fünf Jahren durch den leiblichen Vater berichtet habe. Die ihm vorgeworfenen
Missbräuche hätten vor dem Zeitpunkt dieser Information stattgefunden. Zum Fall H. weist der Kläger den Vorwurf, er hätte
der Zeugin im Sommer 1997 den Geschlechtsverkehr angeboten, zurück. Außerdem verwehrt er sich gegen den Vorwurf angeblich
ordinärer Ausdrucksweise insbesondere im Fall der Zeugin B., die nur am 13.02.2004 einmal bei ihm in Behandlung war.
Unzutreffend sei im Zusammenhang mit sexuellen Übergriffen, dass der Kläger während der Behandlung von Frau D. mit dieser
sexuell verkehrt habe. Richtig sei lediglich, dass erst nach Beendigung der Therapie eine sexuelle Beziehung zu Frau D. für
etwa einen Zeitraum von ca. zwei bis drei Jahren bestanden habe und zwar beginnend Ende 1984/Anfang 1985, wie es sich aus
den Postkarten in der Ermittlungsakte ergebe. Die übrigen Ausführungen des Zulassungsausschusses bezeichnet der Klägerbevollmächtigte
als nicht substantiiert und damit nicht greifbar, was es dem Kläger schwer mache, sich dagegen zur Wehr zu setzen. Jegliche
Fakten über Personen, Tatzeit und Art der Vorwürfe fehlten. Der Kläger habe in den vergangen Jahren seiner psychotherapeutischen
Tätigkeit in eigener Praxis peinlich darauf geachtet, sich auf dem Hintergrund seiner bitteren Erfahrungen Anfang der 90er
Jahre stets so zu verhalten, dass er nicht wieder Gefahr laufe, sich Verdächtigungen und Vorwürfen aussetzen zu müssen. Er
habe effektiv dazugelernt. Faktum sei, dass seit Beginn der Niederlassung eine zahlenmäßig und terminlich vollständig ausgelastete
Praxis zu verzeichnen sei. Die Patienten würden dabei in 80 bis 100 % der Fälle von niedergelassenen Ärzten an ihn überwiesen,
von denen sie in der weit überwiegenden Zahl (ca. 80 %) parallel zu einer Psychotherapie mitbehandelt würden. Der Kläger arbeite
seit Jahren mit den gleichen ca. zehn Ärzten aus der Region zusammen. Wenn die Patientinnen mit ihm schlechte Erfahrungen
gemacht hätten, dann würden sie sich an ihre Ärzte wenden und diese ihm keine weiteren Überweisungen schicken. Der Kläger
habe keine einzige weibliche Patientin in der Altersgruppe bis 26 Jahren, wohl aber männliche Patienten. Wenn überhaupt von
einem Schwerpunkt in der Praxis gesprochen werden könne, sei es bei Männern und Frauen der Altersgruppe über 50. Mit weiterem
Schriftsatz an den Berufungsausschuss vom 24.11.2005 verweist der Kläger auf das Gutachten von Prof. Dr. N., in dem kein fehlerhaftes
Verhalten festgestellt sei. Im Fall W. habe es sich um einen umfassenden Behandlungsansatz gehandelt, ohne dass eine Verknüpfung
zwischen der Berührungshandlung und einer sexuellen Thematik in der Intervention explizit angelegt gewesen sei.
Am 29. November 2005 fand die Sitzung des Berufungsausschusses statt. Hier hat laut Niederschrift der Kläger angegeben, dass
er den ersten Schritt seiner damaligen therapeutischen Maßnahme am 08.07.2003 gegenüber Frau W., nämlich die Berührung ihres
Körpers unterhalb und auf dem Sonnengeflecht unter Handführung der Patientin therapeutisch für möglich gehalten habe, aber
nicht für alltäglich; dass er das Gleiten der Hand unter den gleichen Bedingungen wie beschrieben aus heutiger Sicht bis zur
Höhe des Slips für grenzwertig, möglicherweise ein wenig grenzüberschreitend, halte; dabei dürfe aber nicht außer Acht gelassen
werden, dass er sich heute in einem Erklärungsnotstand befinde. Die damalige Situation würde deswegen heute für ihn nicht
mehr stattfinden.
Der Berufungsausschuss hat in dieser Sitzung den Widerspruch des Klägers zurückgewiesen und außerdem erneut die sofortige
Vollziehung der Entscheidung angeordnet. Der Kläger habe sich im Verlaufe seiner beruflichen Tätigkeit als psychologischer
Psychotherapeut mindestens gegenüber vier Patientinnen sexuell anzüglich und missbräuchlich verhalten. Es handle sich um die
Patientin E. H., die Patientin R. W., die Patientin L. B. sowie die Patientin A. D ... Das ergebe sich aus deren Bekundungen
als Zeuginnen gegenüber der Kriminalpolizei. Dass es sich nicht um eine ordnungsgemäße Behandlung der Versicherten durch den
Kläger gehandelt habe, liege auf der Hand und bedürfe keiner weiteren Erörterung. Die therapeutischen Maßnahmen seien keineswegs
"lege artis" gewesen, wie der Kläger vortrage. Auch vor dem Berufungsausschuss habe der Kläger erkennen lassen, dass er im
Kern uneinsichtig sei, und sein an den Tag gelegtes "psychotherapeutisches" Verhalten auch noch verteidigt und hierfür letztendlich
die Patientinnen verantwortlich macht. Dies gehe auch daraus hervor, dass er das Verhalten gegenüber der Patientin W. für
grenzwertig, möglicherweise "ein wenig" grenzüberschreitend halte. Nach der gutachtlichen Stellungnahme von Prof. Dr. N. von
der Universität B-Stadt vom 19.09.2005 liege bei Annahme der Richtigkeit der Angaben der Zeugin W. aus sachverständiger psychiatrisch-psychotherapeutischer
Sicht eine Regelüberschreitung und Verletzung der Kunstregeln vor. Der Berufungsausschuss habe keine Zweifel, dass die Angaben
der Patientin W. stimmig seien und dass damit die Verletzung der Kunstregeln gegeben sei. Möge auch die Patientin, wie es
der Kläger darstelle, seine Hand geführt haben bei der "psychotherapeutischen Maßnahme", so doch wohl auf Geheiß des Therapeuten.
Dem Kläger werde vorgeworfen, sich aus dem Kreis der - zudem noch jungen - Patientinnen willfährige Opfer für Liebesbeziehungen
zu rekrutieren. Dies sei zur Überzeugung des Ausschusses im Fall der Patientin D. erfolgt und in den Fällen der Patientinnen
W. und B. versucht worden. Dem Kläger müssten die Verhaltensregeln in der Psychotherapie bekannt sein, vor allem warum sexueller
Missbrauch bzw. Grenzverletzungen gerade hier besonders verwerflich seien. Es wird sodann eine Literaturstelle (W.Chan: Missbrauch
des Vertrauens) zitiert, wonach der Patient angehalten werde, sich möglichst offen und vorbehaltlos dem Therapeuten anzuvertrauen,
was zu einer therapeutisch beabsichtigten Reduktion der Hemmungen und des Schutzmechanismus führe, die sonst in alltäglichen
Beziehungen bestünden. Daraus entwickle sich eine intensive Abhängigkeit und Verletzbarkeit. In der Psychotherapie übertrügen
die Patienten oft romantische, erotische oder sexuelle Gefühle auf den Therapeuten. Schon Freud habe eindeutig klargestellt,
dass der Therapeut dieses Liebesbedürfnis der Patienten nicht ausnützen dürfe und das Abstinenzgebot gefordert. Das bedeute,
dass alles ausgesprochen, jedoch nicht agiert werden dürfe. Außer dem Händedruck bei der Begrüßung und bei der Verabschiedung
solle kein weiterer körperlicher Kontakt stattfinden. Auch solle der Therapeut nicht allein mit der Patientin in der Praxis
sein. Eine Helferin sollte in einem anderen Raum für die Patientin jederzeit erreichbar sein. Wenn diese Regel vom Psychotherapeuten
eingehalten werde, werde er kaum in den Verdacht geraten, dass Abstinenzgebot gebrochen zu haben. Eine Grenzverletzung hinterlasse
massive Folgen bei der Patientin, die sich ohnehin in die Therapie begebe, weil sie an Minderwertigkeitsgefühlen leide, emotional
labil sei, Verlassenheitsängste habe, nicht geliebt worden sei oder gar als Kind sexuell missbraucht worden sei. Das Verhalten
des Klägers gegenüber den Patientinnen habe anstatt zu einem Heilerfolg zu psychischen und psychosomatischen Beschwerden geführt,
so dass sie sich noch nach Jahren zu einer Anschuldigung bzw. Anzeige entschlossen hätten; letztlich, um Schaden von anderen
Patientinnen abzuhalten.
Gegen diesen mit Bescheid vom 31.01.2006 bekanntgegebenen und am 01.02.2006 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 27.02.2006
Klage zum Sozialgericht München erhoben. In der Klagebegründung vom 03.05.2006 nimmt die Klägerseite erneut zu den Vorwürfen
in den speziell angesprochenen Behandlungsfällen Stellung. Der Kläger verwahrt sich dagegen, gegenüber der Patientin H. seine
Bereitschaft zum Geschlechtsverkehr ausgedrückt zu haben. In der Sache der Patientin W. hält der Kläger daran fest, dass diese
seine Hand geführt habe. Dies sei von der Behandlungsmethodik her notwendig gewesen. Der Ausschuss sei darauf nicht eingegangen.
Die Patientin B. L. sei vom Kläger ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass sie seine Fragen nicht beantworten müsse.
Sie habe aber gesagt, es mache ihr nichts aus. Zum Fall der Zeugin D. führt der Kläger erneut aus, während der Behandlung
habe er keine sexuelle Beziehung zu der Zeugin aufgenommen. Er gestehe zu, dass er mit ihr über einige Zeit hinweg mehrmals
sexuell verkehrt habe. Die von der Zeugin angegebene Häufigkeit - zehn Mal - insgesamt, könne stimmen. Der Kläger sei aber
sicher, dass diese Beziehung nicht im Verlauf der Therapie stattgefunden habe. Vielmehr liege der Anfang des sexuellen Verhältnisses
deutlich nach dem Ende der therapeutischen Behandlung. Die Beziehung habe frühestens Ende 1994/Anfang 1985 begonnen. Das entspreche
in etwa der Dauer einer Behandlung wegen Alkoholismus. Auch die Poststempel auf den Postkartenkopien in der Akte sprächen
dafür, dass die Beziehung erst nach Abschluss der Behandlung stattgefunden habe. Nach ca. 20 Jahren fehlten dem Kläger insoweit
konkrete Erinnerungen, um seine Angaben präziser gestalten zu können. Dem erneuten Wunsch der Zeugin nach einer Therapie -
nach deren Angaben im Jahr 1990 - habe der Kläger wegen der ehemaligen sexuellen Beziehung nicht nachkommen können. Er könne
verstehen, dass Frau D. diese ablehnende Behandlung als Zurückweisung empfunden habe. Festzuhalten sei aber, dass die sporadischen
sexuellen Kontakte erst nach Beendigung der Therapie stattgefunden hätten. Das Zusammentreffen habe überwiegend auf Einladung
von Frau D. bei ihr zu Hause stattgefunden. Das sei damals nicht strafbewehrt gewesen und es hätten auch keine eindeutigen
Verhaltensregeln bestanden.
Das SG hat Beweis erhoben und dabei u.a. eine Auskunft der psychosozialen Beratungsstelle der C. vom 21. November 2006 eingeholt.
Danach dauerte die dortige Behandlung der Zeugin D. durch den Kläger vom 27.07.1982 bis 07.05.1985. Darüber hinaus habe es
am 16.03.1989 noch einen dokumentierten "Einmal-Kontakt" zwischen beiden Personen gegeben. In einem Beweisaufnahmetermin vom
11.12.2006 wurde vom Erstgericht die Rechtsanwältin K. R. als Zeugin vernommen, die die C. im März 1994 in dem Arbeitsrechtsstreit
zwischen dieser und dem Kläger vertreten hatte. Sie sagte aus, in diesem Zusammenhang von dem Mitarbeiter der C., Herrn R.,
informiert worden zu sein, dass Grund für die von der C. ausgesprochene außerordentliche Kündigung sexuelle Übergriffe des
Klägers auf Patientinnen gewesen seien. Später habe sie von Herrn S., dem Fachberater des C., erfahren, dass 80 % der Mitarbeiterinnen
der C. vom Kläger sexuell belästigt worden seien. Der Kündigung seien Übergriffe des Klägers auf Patientinnen und Mitarbeiterinnen
vorangegangen. In einem Krisengespräch zwischen Herrn S. und Frau K. von der C. und dem Ehepaar A. sei festgestellt worden,
dass es dem Kläger an Schuldeinsicht fehle. Da die Gefahr von Wiederholungen offensichtlich gewesen sei, sei es zu der außerordentlichen
Kündigung vom 03.02.1994 gekommen. Im Rahmen des Arbeitsgerichtsprozesses sei am 16.05.1994 ein Vergleich geschlossen worden,
der die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.03.1994 beinhaltete, und in dem der Kläger auf die Ausstellung
eines Zeugnisses verzichtete. Die Namen der betroffenen Patientinnen und die konkreten Vorwürfe seien dem Kläger in einem
ersten Konfliktgespräch im Dezember 1993 mitgeteilt worden, der Zeugin aber nicht bekannt. Sie legte ein Schreiben vom 14.04.1994,
gerichtet an die Klägerbevollmächtigten aus diesem Rechtsstreit vor. In diesem Schriftsatz hat die Rechtsanwältin R. ausgeführt,
der Kläger habe die Therapiebeziehung zu einer seiner Klientinnen ausgenützt, um mit dieser während der Laufzeit der Therapie
nicht nur Petting auszuüben, sondern auch regelrechten Geschlechtsverkehr. Besonders gravierend sei dabei gewesen, dass dies
auch während des Aufenthaltes der Patientinnen in einer geschlossenen psychiatrischen Station in einem bayerischen Bezirkskrankenhaus
stattgefunden habe. Dem Kläger sei es als ihr Therapeut gelungen, dort Zugang zu erhalten und vorübergehenden Freigang der
Patientin zu erreichen. Diesen Freigang habe der Kläger ausgenützt, um mit ihr sexuelle Beziehungen zu pflegen. Die Patientin
habe sich damals in Therapie wegen Gebrauchs illegaler Drogen befunden. Der Kläger habe die mehrfach bestehende Abhängigkeit
dieser Klientin missbraucht. Die sexuellen Beziehungen hätten sich von 1979 bis 1986 hingezogen. Eine andere Klientin des
Klägers, die sich zwischenzeitlich in ärztlicher Behandlung bei einem Gynäkologen befunden habe, habe diesen gefragt, ob es
rechtens sei, dass in einer psychologischen Beratungsstelle vom Psychologen selbst (gemeint sei damit der Kläger gewesen)
eine Scheidenuntersuchung vorgenommen werden dürfe. Es sei nämlich während der Therapiesitzung vorgekommen. Ein weiterer Fall
sei der einer magersüchtigen Patientin aus dem Jahre 1992. Diese habe der Kläger während einer Therapiesitzung aufgefordert,
sich nackt auszuziehen unter dem Vorwand, er wolle sich selbst davon überzeugen, ob sie magersüchtig sei. Bei einer weiteren
Klientin habe der Kläger in den Jahren 1986 bis 1987 die positiven Übertragungsgefühle ausgenützt, indem er an die Klientin
ambivalente Botschaften gerichtet habe, nämlich einerseits auf Abstand dringend, sich andererseits einlassend in Umarmungen
und Küsse. Eine weitere Klientin, die auch wegen Gebrauchs illegaler Drogen beim Kläger in Behandlung und Beratung gewesen
sei, habe sich nach Aufforderung des Klägers während der Therapiesitzung frei machen sollen. Der Kläger habe vorgegeben, nach
Einstichstellen suchen zu wollen. Es sei zu sexuellen Annäherungsversuchen des Klägers und sexuellen Belästigungen gekommen.
Der Kläger habe die Patientin in seine Privatsauna eingeladen, als er dort mit erigiertem Penis erschienen sei, sei die Patientin
geflüchtet. Dies sei 1980 gewesen. Bei einer weiteren Klientin aus dem Jahre 1978/1979 sei es zu sexuellen Annäherungsversuchen
im Lokal "S." gekommen. Auch diese Patientin sei wegen Gebrauchs illegaler Drogen in Behandlung und Beratung gewesen. 1994
hätten sich unabhängig voneinander zwei Patientinnen bei einem Rechtsanwalt erkundigt wegen rechtlicher Möglichkeiten nach
sexueller Belästigung während der Therapie. Es seien auch weitere Fälle erörtert worden von durch den Kläger belästigten Klientinnen,
die sich hierüber Seelsorgern bzw. nachfolgenden psychologischen Therapeuten und Ärzten offenbart hätten. Des Weiteren hätten
sexuelle Grenzüberschreitungen des Klägers auch im Hinblick auf die Mitarbeiterinnen der psychosozialen Beratungsstelle stattgefunden.
80% der Mitarbeiterinnen seien auf diese Weise in sexuelle Kontakte mit dem Kläger hineingezogen worden.
Der Klägerbevollmächtigte hat in dem Beweisaufnahmetermin dazu ausgeführt, dass der Kläger die Vorwürfe bestritten habe. Danach
sei es damals erst zu dem Vergleich vor dem Arbeitsgericht gekommen. Der Klägerbevollmächtigte hat sodann mit Schriftsatz
vom 26.01.2007 an das Sozialgericht die von der Zeugin R. gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe, wie sie sich insbesondere aus
dem an das Gericht übergebenen Schreiben vom 14.04.1994 ergäben, sämtlich als unzutreffend bezeichnet. Hintergrund der Angaben
aus dem Arbeitsgerichtsprozess seien Auseinandersetzungen zwischen den Sozialpädagogen/innen und dem Kläger als Dipl.-Psychologen
gewesen. Die Sozialpädagogen hätten sich wegen der schlechteren Bezahlung benachteiligt gefühlt. Vermutlich ausgelöst durch
eine öffentliche Veranstaltung der Universität A-Stadt hätten sie eine Chance gesehen, ihre berufspolitischen Ziele umzusetzen.
Sie hätten von nun an innerhalb der Einrichtung eine eigene Gruppe zusammen mit dem Büropersonal gebildet, deren Ziel es gewesen
sei, u.a. den Kläger sowohl aus seiner Leitungsfunktion wie auch aus der psychosozialen Beratungsstelle zu drängen. Dabei
habe man auch versucht, Material gegen den Kläger zu sammeln. Dies wird im Einzelnen näher dargestellt. Im Ergebnis sei -
so der Klägerbevollmächtigte - festzuhalten, dass seit Anfang der 90er Jahre gegen den Kläger ein exzessives mobbing ohne
wirkliche faktische Grundlage im Gange sei. Es fehle an den vom Kläger immer wieder geforderten eindeutigen Fakten. Diese
seien auch nicht durch die Einvernahme der Zeugin R. zu Tage getreten. Auch diese habe lediglich ihre Wahrnehmungen von Hörensagen
wiedergegeben. Der Entzug der Zulassung reihe sich nahtlos in dieses exzessive mobbing gegen den Kläger ein. Es sei systematisch
ein Täterbild aufgebaut worden, um die eigenen Ziele der Sozialpädagogen - Leitungsfunktion, Zielbestimmung und Macht - durch
diese umzusetzen. Zum Beweis für diese internen Streitigkeiten werden u.a. Schriftstücke des damaligen C.-Direktors vom 13.10.,
21.10. und 29.10.1993 vorgelegt, sowie ein Gesprächsprotokoll vom 28.12.1993.
Das Sozialgericht hat sodann in seiner Sitzung am 29.01.2007 Frau W. als Zeugin einvernommen. Diese hat angegeben, sie glaube,
dass die Behandlung im Sommer 2003 angefangen habe und bis zum W. 2003/2004 gegangen sei. Wie schon bei der Polizei hat die
Zeugin des Weiteren angegeben, der Grund für die Therapie sei u.a. gewesen, dass sie Schwierigkeiten damit gehabt habe, die
Nähe ihres Freundes zuzulassen, z.B. Umarmungen, Anfassen etc. Einmal sei sie mit dem Kläger allein in der Behandlung gewesen,
ohne ihren Freund. Der Kläger habe dann gemeint, dass sie Übungen machen müssten, um die Nähe zulassen zu können. Die Übung
habe darin bestanden, dass der Kläger seine Hand unter dem T-Shirt auf ihren nackten Bauch gelegt habe. Er habe dies vorher
angekündigt und dann gesagt, wenn es für sie okay sei, könne man einen Schritt weitergehen. Während dieser Übung habe sie
auf der Couch gelegen und der Kläger habe neben ihr gesessen. Ihre Hände hätten während der Übung neben ihr gelegen. Die Berührung
sei ihr während der ganzen Zeit unangenehm gewesen; sie habe aber gedacht, wenn sie etwas an ihrem Problem ändern wolle, müsse
sie das aushalten. Als sie nach einer Weile gesagt habe, dass es okay sei, habe der Kläger seine Hand Stück für Stück in ihre
Hose geschoben, bis er ihre Schamhaare berührt habe. Dann habe sie gesagt, jetzt sei es vorbei, woraufhin der Kläger seine
Hand aus der Hose zurückgezogen habe. Eine schriftliche Vereinbarung über diese Art der Behandlung bzw. eine Berührung habe
sie nicht unterschrieben. Sie könne sich nicht daran erinnern, dass der Kläger sie darüber aufgeklärt habe, dass er möglicherweise
erogene Zonen berühren werde und sie deshalb komische oder unerwartete Gefühlsregungen haben könnte. Sie hätten nicht darüber
gesprochen oder Signale vereinbart, wie sie sich verhalten sollte, wenn ihr die Berührung zu unangenehm werde. Die Hand des
Klägers sei während der gesamten Übung nicht von ihr geführt worden, sondern ausschließlich vom Kläger selbst. Dass der Kläger
seine Hand bis in ihre Unterhose geführt habe, sei nur einmal vorgekommen. Sie meine sich zu erinnern, dass es nur eine Sitzung
gegeben habe, bei der der Kläger seine Hand auf ihre nackte Haut gelegt habe, sei sich aber nicht mehr zu 100 % sicher. Übungen
mit ihrem Freund, z.B. bei denen ihr Freund sie berühren sollte, seien nicht in der Sitzung durchgeführt worden. Während der
Übung sei der Kläger auf einem Stuhl neben der Couch gesessen, auf der sie gelegen habe, mit dem Oberkörper ihm zugewandt.
An dem Tag, an dem diese Übung durchgeführt worden sei, habe der Kläger ihr zu verstehen gegeben, dass eine Berührung durch
ihn Bestandteil der Therapie sei. Sie habe das auch geglaubt. Sie habe keine Zeit gehabt, über den Vorschlag nachzudenken
oder sich bis zur nächsten Sitzung zu entscheiden, ob sie damit einverstanden sei.
Anschließend wurde der Dipl.-Pädagoge J. K. als Zeuge vernommen, der seit 2003 Leiter der psychosozialen Beratungsstelle in
A-Stadt ist. Dieser gab an, er wisse, dass das Dienstverhältnis zwischen der C. und dem Kläger am 03.02.1994 durch eine fristlose
Kündigung beendet worden sei. Grund seien sexuelle Grenzüberschreitungen auf Klientinnen innerhalb und außerhalb der Beratungsstelle
gewesen, für die seines Wissens nach Verdachtsmomente vorgelegen hätten. Im Juni 1993 habe ein Plakat in der Beratungsstelle
gehangen, auf dem auf einen Vortrag in der Uni A-Stadt zum Thema "Sexueller Missbrauch in der Therapie" hingewiesen worden
sei. Einige Mitarbeiter der Beratungsstelle hätten vorgehabt, diesen Vortrag am 18.06.1993 zu besuchen. Er könne sich noch
daran erinnern, dass der Kläger einen Tag vor dem Vortrag - er habe an diesem Tag keinen Dienst gehabt - in die Team-Sitzung
gekommen sei und mitgeteilt habe, dass es bei diesem Vortrag wohl auch um ihn ginge. Er habe im Rahmen dieser Sitzung auch
mitgeteilt, dass er die Frau, die bei dem Vortrag berichten werde, wegen Vaginismus behandelt habe. Ob der Kläger Aussagen
zur Therapie gemacht habe, daran könne er sich nicht mehr erinnern. Es sei fast das gesamte Team in dem Vortrag gewesen. Danach
- so könne man sagen - sei das Team zerbrochen, weil man das Gefühl gehabt habe, es sei etwas passiert, was nicht hätte passieren
dürfen. Klientinnen, die Vorwürfe zu sexuellen Übergriffen durch den Kläger vorgetragen hätten, seien aber nicht direkt an
den Zeugen herangetreten. Der Kläger hat in der Sitzung auch angegeben, seines Wissens sei die Behandlung der Frau D. bereits
im Spätsommer 1983 beendet gewesen und nicht erst im Mai 1985.
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht handschriftliche Beweisanträge gestellt, wonach Prof. Dr.
N. zu der Tatsache gehört werden solle, dass die Behandlung der Frau W., wie sie in der heutigen Sitzung von der Zeugin geschildert
worden sei, keine Regelüberschreitung darstelle, sondern im Rahmen einer Verhaltenstherapie vertretbar erscheine. Weiter hat
er beantragt, die Kommissarin K. von der Kriminalpolizeiinspektion A-Stadt als Zeugin zum Beweis der Tatsache zu hören, dass
die Zeugin W. sich in ihrer Vernehmung vom 24.02.2002 so geäußert habe, wie dies im Rahmen von Ziff.1 der Beweisanträge dargestellt
worden sei. Ferner hat er beantragt, das Terminblatt der psychosozialen Beratungsstelle der C. in A-Stadt zu verlesen zum
Beweis der Tatsache, dass sich dort regelmäßige Eintragungen betreffend die Patientin D. nur bis zum Herbst 1983 fänden, und
weitere Termine vereinzelt im Jahr 1984 auftauchten. Diese Anträge hat das Sozialgericht abgelehnt.
Mit Urteil vom gleichen Tag (29. Januar 2007) hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Zulassungsentziehung sei rechtmäßig.
Es lägen nach fester Überzeugung des Gerichts die Voraussetzungen für den Entzug nach § 95 Abs.6 SGB V vor. Danach sei die Zulassung zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorlägen, der Vertragsarzt die
vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnehme oder nicht mehr ausübe oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletze.
Nach § 21 Ärzte-ZV sei ungeeignet für die Ausübung der Kassenpraxis ein Arzt mit geistigen oder sonstigen in der Person liegenden
schwerwiegenden Mängeln. Diese Bestimmung gelte gem. § 1 Abs.3 Ärzte-ZV für Psychotherapeuten entsprechend. Die Zulassung
sei danach zwingend zu entziehen, wenn der Vertragsarzt oder Vertragspsychotherapeut geistige oder sonstige in der Person
liegende schwerwiegende Mängel habe, die es dauernd oder für längere Zeit unmöglich machten, die Vertragsarztpraxis so zu
auszuüben, wie es im Interesse der Versicherten notwendig sei. Ein Ermessensspielraum bestehe insoweit nicht. Eine gröbliche
Pflichtverletzung sei nach der Rechtsprechung des BSG und des BVerfG dann anzunehmen, wenn ihretwegen die Entziehung zur Sicherung
der vertragsärztlichen Versorgung notwendig sei. Als schwerster Eingriff in den Vertragsarztstatus müsse die Entziehung das
einzige Mittel zum Schutz des vertragsärztlichen Systems gegen Störungen sein. Die Entziehung habe allein diesen Zweck und
sei keine Sanktion für strafwürdiges Verhalten. Sie setze deshalb auch kein Verschulden voraus. Eine gröbliche Pflichtverletzung
im Sinne des § 95 Abs.6 SGB V liege dann vor, wenn durch sie das Vertrauen der kassenärztlichen Vereinigung und der Krankenkassen so gestört sei, dass
diesen eine weitere Zusammenarbeit mit dem Vertragsarzt nicht zugemutet werden könne. Dieser sei dann zur Teilnahme an der
vertragsärztlichen Versorgung nicht mehr geeignet. Beim Kläger lägen schwerwiegende Mängel in seiner Person vor, die eine
weitere Ausübung der vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit verböten. Diese Auffassung stützte sich im Wesentlichen auf die
Aussage der Zeugin W ... Die Kammer gehe aufgrund von deren Zeugenaussage in der mündlichen Verhandlung davon aus, dass der
Kläger an ihr mindestens eine sexuelle Handlung vorgenommen habe, die unter keinem Gesichtspunkt mit einer psychotherapeutischen
Behandlung vereinbar sei. Vielmehr handle es sich nach der Auffassung der Kammer um eine Art der "Therapie", die eine Regelüberschreitung
darstelle und eine Verletzung der Kunstregeln ergebe. Im Bezug auf die Bewertung der bei der Zeugin W. vorgenommenen Therapie
durch Führen der Hand in die Hose beziehe sich das Gericht auf die psychiatrisch-gutachtliche Stellungnahme von Prof. Dr.
N. vom 19.09.2005, welche die Staatsanwaltschaft im Rahmen des Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger eingeholt habe. Dieses
Gutachten nehme u.a. zu den beiden übereinstimmenden Angaben Stellung, dass es zu einem Hautkontakt zwischen der Hand des
Therapeuten und dem Bauch der Patientin gekommen sei und dass dies auf Veranlassung des Therapeuten geschehen sei. Unterstellt,
die Angaben des Klägers seien richtig, komme das Gutachten zu dem Ergebnis, dass das Vorgehen, bei dem der Therapeut selbst
den Part des aversiven Stimulus übernimmt, nicht zu den allgemein angewandten verhaltenstherapeutischen Interventionen gehöre.
Dies sei ungewöhnlich, könne aber bis zu einem gewissen Grad vertretbar erscheinen, wenn die Patientin ausführlich aufgeklärt
worden sei und dem Prozedere zugestimmt habe. Allerdings heiße es im Gutachten weiter, dass in diesem Zusammenhang Berührungen
im Intimbereich oder in dessen Nähe zweideutig und nicht mit therapeutisch-fürsorglichem Verhalten vereinbar seien. Die Zeugin
habe ausgeführt, dass sie über die Therapie nur sehr rudimentär aufgeklärt worden sei. Schriftliche Vereinbarungen existierten
nicht. Sie habe vielmehr die Therapie über sich ergehen lassen, da sie seitens des Klägers als notwendig dargestellt worden
sei. Dies sei nach dem Gutachten eine Grenzüberschreitung. Selbst wenn man davon ausgehe, dass feste Regeln oder Standards
im Bezug auf bestimmte Therapien nicht gegeben seien, stelle das Gutachten doch klar, dass die Berührungen in intimen Regionen
ethisch und medizinisch nicht mit einer psychotherapeutischen Behandlung vereinbar seien. Nach der glaubhaften Aussage der
Zeugin W. habe der Kläger seine Hand eigenständig in die Hose der Zeugin geführt, ohne sie von dieser führen zu lassen. Diese
Darstellung stehe nach Auffassung der Kammer fest. Auch wenn sich die Zeugin im Gegensatz zu ihrer Aussage bei der Polizei
im Februar 2004 nicht mehr erinnern konnte, ob es zu einer oder zwei Berührungen der nackten Haut gekommen sei, sei sie doch
sicher gewesen, dass die Hand des Klägers nicht von ihr geführt worden sei. Insofern habe dem Beweisantrag des Klägerbevollmächtigten,
ein erneutes Gutachten von Prof. Dr. N. zur Frage der Regelüberschreitung einzuholen, nicht gefolgt werden müssen. Der Gutachter
habe vielmehr in seiner Ausführungen zu den Varianten von Kläger und Zeugin alternativ Stellung genommen, wobei er ausgeführt
habe, dass im Hinblick auf das Führen der Hand die Unterlagen nicht eindeutig seien. Er hat aber ausgehend von der übereinstimmenden
Angabe, dass es auf Initiative des Klägers zu einem Hautkontakt zwischen seiner Hand und dem Bauch der Patientin gekommen
sei, eindeutig festgestellt, dass sich bei der Annahme der Angaben von Frau W. als zutreffend aus sachverständiger psychiatrisch-psychotherapeutischer
Sicht eine Regelüberschreitung und Verletzung der Kunstregeln ergebe. Insoweit sei die Zeugenaussage der Zeugin W. eindeutig.
Die übrigen Beweisanträge hätten keine neuen Gesichtspunkte gebracht. Ob es zu einer Berührung der Schamhaargrenze im oberen
oder im unteren Bereich gekommen sei, möge im Strafrecht von Bedeutung sein, nicht jedoch im Bezug auf die nicht regelhafte
Behandlungsmethode des Klägers im Bereich der vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit. Im Zusammenhang mit der Vorgeschichte
des Klägers zeige sein Verhalten, dass er nicht bereit sei, das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung seiner Patientinnen in
angemessener Weise zu respektieren. Dies zeige sich auch im Zusammenhang mit seiner früheren Tätigkeit bei der C ... Auch
wenn die dort erhobenen Vorwürfe bereits lange zurücklägen, lasse sich doch feststellen, dass es bereits damals zu möglichen
Grenzverletzungen oder zumindest zweideutigem Verhalten gekommen sei. Dies werde zum einen unterstützt durch die Aussage des
Zeugen K., der aufgrund eigener Wahrnehmung mitgeteilt habe, dass der Kläger im Juni 1993 befürchtet habe, dass eine ehemalige
Klientin an der Uni A-Stadt in einem Vortrag ihm sexuellen Missbrauch vorwerfen könnte. Die Zeugin R. habe erklärt, dass es
in der Vergangenheit zu vielen Vorfällen gekommen sei, die letztendlich zu einer fristlosen Kündigung des Klägers geführt
hätten. Angesichts der großen Anzahl von möglichen Grenzüberschreitungen im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit bei der C.,
die von der genannten Zeugin im einzelnen aufgeführt worden seien, erscheine es unglaubhaft, dass diese Vorgänge mit einem
Streit um Machtpositionen zwischen Psychotherapeuten und Sozialpädagogen zusammenhingen, wie dies seitens des Klägerbevollmächtigten
dargestellt werde. Zum einen gebe der Kläger selbst zu, dass er mit der ehemaligen Klientin N., jetzt D., ein Verhältnis gehabt
habe. Nach den dem Gericht vorliegenden Daten zum Beginn und Ende der Behandlung von Frau D. hat das Verhältnis bereits während
der Behandlung begonnen. Doch selbst unterstellt, die Aussage des Klägers sei wahr, dass das Verhältnis erst nach Beendigung
der eigentlichen (Alkohol-)Therapie der Patientin begonnen wurde, zeige dies doch, dass der Kläger es nicht vermocht habe,
einen nötigen Abstand zwischen Klientin und Therapeut zu wahren. Selbst wenn die eigentliche Behandlung bei Beginn der sexuellen
Beziehung zwischen dem Kläger und der Patientin bereits beendet gewesen sei, so habe es danach doch noch mehrere Einzelbehandlungen
gegeben, die zur Zeit des sexuellen Verhältnisses stattgefunden hätten. Das zeige, dass der nötige Abstand im Fall D. nicht
eingehalten worden sei und zeuge von der kritikwürdigen Einstellung des Klägers gegenüber der notwendigen sachlichen Distanziertheit
zur Klientin. Die Zeugin R. habe bekundet, dass das Arbeitsverhältnis zwischen der C. und dem Kläger letztendlich durch Vergleich
zum 30.03.1994 beendet worden sei und der Kläger auf die Ausstellung eines Zeugnisses verzichtet habe. Dieser Darstellung
sei von ihm nicht widersprochen worden. Es erscheine mehr als unglaubwürdig, dass angesichts der massiven Vorwürfe, die im
Laufe des Kündigungsschutzprozesses und in dessen Vorfeld auf den Kläger eingewirkt hätten, dieser ohne Ausstellung eines
Zeugnisses eine langjährige Arbeitsstelle verlassen hätte, wenn die Vorwürfe nicht zugetroffen hätten.
All diese Vorwürfe könnten aber, da sie letztendlich nicht bewiesen worden seien, nur im Rahmen einer Gesamtschau im Zusammenhang
mit dem zur Überzeugung der Kammer feststehenden Regelverstoß im Bezug auf die Therapie bei der Zeugin W. gesehen werden.
Im Rahmen einer Gesamtabwägung komme die Kammer zu dem Ergebnis, dass es der Versichertengemeinschaft nicht zuzumuten sei,
einen Vertragspsychotherapeuten im System zu belassen, bei dem es immer wieder zu Therapien gekommen sei, die entweder eine
Grenzverletzung darstellten oder bei denen der Kläger es zumindest nicht vermocht habe, seine Therapien im sensiblen Bereich
so zu gestalten, dass sie bei den Patienten keine mehrdeutigen Auslegungsmöglichkeiten im Hinblick auf die Grenzverletzungen
hervorrufen. Derartige Therapien seien nicht lege artis und damit nicht Gegenstand des Versorgungsauftrages der gesetzlichen
Krankenversicherung. Der Versichertengemeinschaft als Solidargemeinschaft sei eine Zusammenarbeit mit dem Kläger unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten
und wegen Zerstörung des Vertrauensverhältnisses nach Abwägung aller Umstände nicht zuzumuten.
Gegen das am 09.03.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger durch seinen Bevollmächtigten, Rechtsanwalt D., Berufung eingelegt.
Diese wurde sodann mit Schriftsatz der ebenfalls vom Kläger beauftragten Rechtsanwälte B. & Kollegen vom 25.05.2007 begründet.
Dort heißt es, die angefochtene Entscheidung des SG stütze sich ausschließlich auf die Aussage der Zeugin W ... Im Übrigen würden Gerüchte kolportiert und würde spekuliert.
Beweise seien insoweit nicht erhoben worden. Die Kammer habe nur Zeugen gehört, die vom Hörensagen berichteten, ohne dass
sie zu den fraglichen Vorfällen eigene Wahrnehmungen bekundet hätten. Somit beruhe die Entscheidung allein auf den Bekundungen
der Zeugin W ... Das Gericht habe es versäumt, deren Aussage kritisch zu prüfen. Dies wäre aber schon deswegen nötig gewesen,
weil der Sachverständige Prof. Dr. N. - der in der Hauptverhandlung nicht gehört worden sei, dessen schriftliches Gutachten
aber, das in einem ganz anderen Verfahren vorgelegt worden sei, der Kammer gleichwohl als Entscheidungsgrundlage diene - sich
sehr differenziert geäußert habe und betont habe, dass es auf die genaue Feststellung des Behandlungsverlaufes ankomme.
Vergleiche man die Aussage der Zeugin W. in der Hauptverhandlung mit ihren Bekundungen bei der Kriminalinspektion A-Stadt,
so falle auf, dass die Darstellung im Kernbereich alles andere als konstant sei. So habe die Zeugin bei der Kriminalpolizei
detailliert eine Situation beschrieben, in der ihr Freund sie in Anwesenheit des Klägers an der Brust berühren sollte. Demgegenüber
habe sie in der Hauptverhandlung vor dem SG behauptet, dass Übungen mit ihrem Freund, bei denen ihr Freund sie etwa berühren sollte, nicht in der Sitzung durchgeführt
worden seien. Vielmehr habe der Kläger ihnen Anweisungen gegeben, wie sie diese Übungen zu Hause durchführen sollten. Ähnlich
widersprüchlich seien die Aussagen der Zeugin, soweit es Berührungen des Therapeuten betreffe. In der polizeilichen Vernehmung
habe die Zeugin behauptet, Übungen, bei denen der Beschwerdeführer mit seiner Hand auf dem Bauch herumgefahren sei, hätten
stets stattgefunden, wenn sie mit dem Kläger allein gewesen sei. Dabei seien zwei Begebenheiten detailliert beschrieben worden.
Demgegenüber habe die Zeugin in der Hauptverhandlung gemeint, dass es nur eine Sitzung gegeben habe, bei der der Kläger seine
Hand auf ihre nackte Haut gelegt habe. Wenn die Ausführungen bei der Kriminalpolizei stimmten, hätte es eine Vielzahl von
Sitzungen mit entsprechenden Berührungen gegeben haben müssen. Auch der Vorfall selbst werde sehr unterschiedlich geschildert.
In der polizeilichen Vernehmung habe die Zeugin betont, dass die Finger des Klägers kurz vor ihrer Scheide gewesen seien.
In dieser Situation soll er zudem gesagt haben, "jetzt versuchen wir, dass ich noch weiter gehe". Von all dem habe sie in
der Vernehmung vor dem Sozialgericht nichts gesagt. Vielmehr habe sie eine Bewegung der Hand des Therapeuten bis an die Grenze
der Schamhaare geschildert. Auch von einer Öffnung der Hose sei nicht mehr die Rede gewesen.
Die gewichtigen Unterschiede zwischen den beiden Vernehmungen sprächen gegen die Zuverlässigkeit der Bekundungen der Zeugin
vor dem Sozialgericht. Für die Beurteilung des Vorganges komme es aber auf jedes Detail an, etwa auch auf die Frage, ob die
Hand des Therapeuten von der Patientin geführt worden sei, wie dieser stets betont und in seiner schriftlichen Stellungnahme
gegenüber der Staatsanwaltschaft im Dezember 2005 im einzelnen dargelegt habe. Wenn die Erinnerungsfähigkeit der Zeugin im
Kernbereich der Aussage derartig gravierende Widersprüche aufweise, könne nicht ausgeschlossen werden, dass sie auch bei der
Frage trüge, ob die Hand des Therapeuten geführt worden sei. Von Bedeutung seien diese Abweichungen auch im Hinblick auf das
Gutachten von Prof. Dr. N., der die Widersprüchlichkeit der im Ermittlungsverfahren vorliegenden Informationen betont habe.
Diese Widersprüche hätten sich im Verfahren vor dem Sozialgericht nicht aufgelöst, sondern sie hätten zugenommen, da nunmehr
bereits die Bekundungen der Zeugin W. äußerst widersprüchlich erschienen. Demgegenüber habe der Kläger stets konstant denselben
Sachverhalt geschildert, so dass ihm allein deswegen eine erhöhte Glaubwürdigkeit zuzumessen sei.
Aber selbst wenn man trotz der aufgezeigten Widersprüche im Kernbereich der Aussage von der Glaubhaftigkeit der Zeugin W.
vor dem Sozialgericht ausgehen wollte, würde sich aus sachverständiger Sicht die Frage stellen, ob eine einmalige Intervention,
wie die Zeugin sie nunmehr beschrieben habe, wo die Hand des Therapeuten lediglich bis zur Schamhaargrenze vorgedrungen sei,
eine Regelüberschreitung bzw. Verletzung der Kunstregeln darstellen würde. Überdies stelle sich die Frage, ob eine eventuelle
Regelverletzung so schwer wiege, dass die durch das Sozialgericht gewählte, die berufliche Existenz vernichtende Reaktion,
als angemessen eingeschätzt werden könne.
Die dem Kläger zugeschriebene Vorgehensweise weise nicht bereits objektiv, also nach ihrem äußeren Erscheinungsbild, einen
eindeutigen Sexualbezug auf. Sie könne allenfalls als ambivalent eingestuft werden. Damit käme es auf die Motivation an. Eine
sexuelle Handlung würde lediglich vorliegen, wenn sie dadurch motiviert sei, eigene oder fremde Geschlechtslust zu erregen.
Das sei hier ersichtlich nicht der Fall. Die Zeugin habe selber in der polizeilichen Vernehmung ausgeführt, dass sie nicht
den Eindruck gehabt habe, der Kläger habe sich in sexueller Weise erregen wollen. Die Einschätzung der Vorgehensweise des
Klägers als sexuelle Handlung durch das SG habe offensichtlich den Blick für eine Gewichtung des therapeutischen Ansatzes verstellt. Selbst wenn man das Vorgehen, von
dem die Kammer ausgehe, zugrunde lege, würde diese einmalige Verletzung therapeutischer Regeln nicht die existenzvernichtende
Maßnahme rechtfertigen, die gegen den Kläger verhängt worden sei. Aus dem Gutachten von Prof. Dr. N. gehe hervor, dass Therapieverfahren,
die Berührungen umfassten, nicht grundsätzlich Regelüberschreitungen darstellten. Unterstelle man, es wäre ein einziges Mal
zur Regelüberschreitung gekommen, nicht aber zu einem sexuellen Missbrauch, so würde aus einem einmaligen Behandlungsfehler
niemals der Schluss gezogen werden können, in der Person des Klägers würden schwerwiegende Mängel vorliegen, die die Ausübung
der vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit verböten. Es bestehe keinerlei Gefahr für das vertragsärztliche System, wenn ein
Behandler im Laufe einer Therapie in einer einzigen Stunde gegen eine Regel verstoße. Hier von einer Störung des Verhältnisses
zu sprechen, welche die Entziehung der Zulassung erfordere, erscheine geradezu grotesk. Selbst die betroffene Patientin habe
dem Vorfall zunächst keine besondere Bedeutung beigemessen. Sie habe vielmehr noch nach dieser Begebenheit einer Freundin
den Kläger als Therapeuten empfohlen. Es werde angeregt, Prof. Dr. N. im Berufungsverfahren zu hören. Der Kläger sei bereit,
dem Sachverständigen die Behandlungsunterlagen der Zeugin W. zur Verfügung zu stellen. Daraus ergebe sich zum einen das therapeutische
Vorgehen, zum anderen aber die positive Wirkung gerade der verfahrensgegenständlichen therapeutischen Intervention, von der
die Zeugin in der Folge berichtet habe.
Als Anlage hat der Bevollmächtigte des Klägers eine Stellungnahme des Nervenarztes Dr. F. vom 28.07.2006 beigelegt, in der
dieser dem Kläger bestätigt, dass er seit dessen Niederlassung mit ihm zusammenarbeite und nie den geringsten Grund gehabt
habe, an dessen fachlicher Kompetenz und Qualität zu zweifeln. Die Gutachten des Klägers zeugten von einem weit über das verhaltenstherapeutische
Konzept hinausreichenden Fachwissen, die Therapieerfolge - auch bei schwierigen Probanden - seien ausnehmend gut gewesen.
Die Rückmeldungen der Patienten an ihn seien immer positiv gewesen. Dr. F. betont ausdrücklich, dass sämtliche Behandlungen
seiner Patienten lege artis durchgeführt worden seien und nie Anlass zur Kritik gegeben hätten. Eine ähnliche Stellungnahme
vom 28.07.2006 wird auch von dem Psychiater Dr. H. vorgelegt, der ausführt, er habe dem Kläger seit 1995 regelmäßig Patientinnen
und Patienten zur ambulanten verhaltenstherapeutischen Behandlung geschickt, zunächst im Rahmen des Delegationsverfahrens,
später auf Überweisung. Darunter seien auch viele schwierige und sehr schwierige Fälle gewesen. Viele Patientinnen und Patienten
hätten über signifikante Erfolge durch die Therapie berichtet. In einer Erklärung des Neurologen B. vom 25.07.2006 ist ausgeführt,
er könne dem Kläger guten Gewissens bestätigen, dass er seit 1997 mit ihm in guter Weise zusammengearbeitet habe. Die an den
Kläger überwiesenen Patienten seien mit der Behandlung stets zufrieden gewesen und die Arztberichte des Klägers seien aussagekräftig
und von Objektivität geprägt gewesen. Schließlich wird eine weitere Erklärung ähnlichen Inhaltes des Nervenarztes Dr.L. vorgelegt.
Dort erklärt dieser, er könne sich nicht vorstellen, dass der Kläger angeblich Behandlungen nicht lege artis durchgeführt
haben solle.
Im Termin am 08.10.2008 hat der Senat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugin C. von der Kriminalpolizeiinspektion
A-Stadt. Für den Inhalt von deren Aussage wird auf die Vernehmungsniederschrift in der Akte des Landessozialgerichts Bezug
genommen.
Der Kläger beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 29. Januar 2007 zur erneuten
Entscheidung über den Widerspruch des Klägers vom 28.10.2005 gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 14.09./29.09.2005
unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verurteilen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Dem Senat liegen die Akten des Zulassungsausschusses, des Berufungsausschusses, des Sozialgerichts München und die Berufungsakten
vor, auf deren Inhalt hier zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Das Urteil des Sozialgerichts München ist nicht zu beanstanden. Das Erstgericht hat seiner Entscheidung zutreffend zugrunde
gelegt, dass dem Kläger die Zulassung zum Vertragspsychotherapeuten zu entziehen und der Beschluss des Berufungsausschusses
zu Recht ergangen ist. Der Kläger ist für die Tätigkeit als Psychotherapeut im System des gesetzlichen Gesundheitswesens nicht
geeignet. Infolgedessen war dem Kläger gemäß § 95 Abs. 6 Satz 1 SGB V die Zulassung zu entziehen.
Der Kläger erscheint als ungeeignet für die Ausübung seiner Tätigkeit als Vertragspsychotherapeut. Denn nach § 21 Ärzte-ZV i.V.m. § 95 Abs. 6 SGB V ist u.a. ungeeignet, bei wem die Zulassungsvoraussetzungen "nicht ... vorliegen". Derartiges ist hier der Fall.
Der Kläger hat in der Behandlung der Patientin und Zeugin D. regelwidrig gehandelt, die damit verbundenen Regelverstöße entspringen
seiner Persönlichkeitsstruktur, die Verstöße waren äußerst schwerwiegend und es bestehen keine Anhaltspunkte für die Folgerung,
dass die in der Persönlichkeit des Klägers liegenden Ursachen dieser Regelverstöße nunmehr behoben sind. Vielmehr spricht
sein Umgang mit der Zeugin W. gerade gegen eine solche Folgerung.
Der Senat legt dabei zunächst in tatsächlicher Hinsicht zugrunde, dass der Kläger in den Jahren nach 1982 im Rahmen der Behandlung
der Zeugin D. mit dieser eine sexuelle Beziehung begonnnen und über längere Zeit aufrecht erhalten hat. Dies, insbesondere
auch der Beginn dieser Beziehung im Rahmen der Therapie, ergibt sich zum einen aus den Angaben der Zeugin D., zum anderen
aber auch aus der Überschneidung der Zeiträume, die der Kläger selbst für die Dauer der Behandlung der Frau D. sowie für die
Dauer der sexuellen Beziehung mit ihr genannt hat. Mittelbar räumt der Kläger diese Überschneidung auch selbst ein, wenn er
in der Widerspruchsbegründung einen möglichen Beginn dieser Beziehung im Jahre 1984 oder 1985 angibt, gleichzeitig aber die
C. die letzte Behandlung für den 08.05.1985 vermerkt hat. Insbesondere die Umstände des Beginns dieser Beziehung hat die Zeugin
D. in ihrer Aussage gegenüber der Zeugin C. so eindrücklich beschrieben, dass die damit verbundene Schilderung, es habe sich
dabei um einen Vorgang innerhalb des Therapiezimmers gehandelt, nicht in Zweifel zu ziehen ist. Auf die Frage, ob es den Kläger
tatsächlich wesentlich entlasten würde, wenn die sexuelle Beziehung mit der Zeugin D. erst nach dem Ende der Therapie begonnen
hätte, ist daher hier nicht einzugehen.
Die Glaubhaftigkeit der Angaben der Zeugin D., die von der Zeugin C. bei ihrer Vernehmung vor dem Senat wiederholt worden
sind, ergibt sich dabei für den Senat zum Einen aus den Umständen der Aussage der Zeugin D. vor der Kriminalpolizei, welche
die Zeugin C. dem Senat geschildert hat, zum anderen insbesondere aus den Details, mit denen die Zeugin D. dort die Umstände
des Beginns dieser Beziehung beschrieben hat. Der Senat sieht keinen Anlass, an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln;
die Situation dürfte für eine Psychotherapie-Patientin in so hohem Maße beeindruckend und damit einprägsam gewesen sein, dass
auch den Einzelheiten über Ortsangaben und Räumlichkeiten geglaubt werden darf. Nicht übersehen werden darf in diesem Zusammenhang
zwar, dass es sich hier bei der Zeugin C. um eine Zeugin "vom Hörensagen" gehandelt hat. Dabei ist aber auch zu berücksichtigen,
dass die Zeugin C. die fraglichen Informationen nicht - wie sonst oft Zeugen vom "Hören-Sagen" - nur beiläufig zur Kenntnis
nehmen konnte, sondern dass sie lange Jahre nach den fraglichen Vorgängen von der Klientin des Klägers eigens zum Zwecke einer
solchen Aussage aufgesucht worden ist; des Weiteren darf hier nicht übersehen werden, dass die Zeugin C. als Vernehmungsbeamtin
der Kriminalpolizei in der Aufnahme derartiger Informationen über weit überdurchschnittliche Erfahrungen verfügt. Dass der
Richtigkeit ihrer Schilderung zu vertrauen ist, entnimmt der Senat schließlich auch dem Eindruck großer Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit,
den die Zeugin bei ihrer Aussage vor Gericht am 08.10.2008 hinterlassen hat. Hinzukommt, dass die hier zugrunde gelegte Darstellung
des zeitlichen Ablaufs auch von den Aufzeichnungen der C. gestützt wird. Nach den Unterlagen der C. dauerte die Behandlung
vom 27.07.1982 bis zum 07.05.1985. Die Einlassung des Klägers, die sexuelle Beziehung habe erst später begonnen, überzeugt
demgegenüber nicht. Denn der Umstand, dass es bereits 1984 privaten brieflichen Kontakt zwischen der Kläger und der Zeugin
und Klientin D. gab, bestätigt eher die Darstellung der Zeugin D ... Es spielt dabei keine Rolle, ob im Jahr 1984 nur einzeln
vereinbarte Therapietermine stattgefunden haben oder regelmäßige Treffen. Die Zeugin D. hat eindeutig angegeben, dass es bereits
im Januar oder Februar 1983 zu Oralverkehr im Behandlungsraum der C. gekommen sei und später wiederholt zum Geschlechtsverkehr
sowohl in den Räumen der C., als auch bei der Zeugin zu Hause, als auch im Freien. Dies bestätigen auch ihre Briefe aus der
Zeit vom 20.12.1984 bis 21.09.1987, in denen zwar nicht von Geschlechtsverkehr die Rede ist, die aber zeigen, dass ein besonderes
Verhältnis zwischen dem Kläger und der Patientin bestanden hat, und dass dieses bereits vor dem Ende der Behandlung begonnen
hat. Der Senat geht daher in tatsächlicher Hinsicht davon aus, dass der Kläger in der ersten Hälfte der 1980er Jahre im Rahmen
der psychotherapeutischen Behandlung der Klientin und Zeugin D. mit dieser eine dann über mehrere Jahre andauernde sexuelle
Beziehung begonnen hat.
Das beschriebene Verhalten des Klägers stellt aus Sicht der Vertragspsychotherapie einen klaren Regelverstoß dar. Denn der
Kläger hat jedenfalls im Umgang mit der Klientin und Zeugin D. in der ersten Hälfte der 1980er Jahre ein Verhalten an den
Tag gelegt, welches im Rahmen vertragspsychotherapeutischer Tätigkeit nicht hingenommen werden kann. Psychotherapie setzt
beim Therapeuten insbesondere voraus, dass dieser bei seiner Arbeit nicht von eigenen, für ihn nicht beherrschbaren, von ihm
nicht kontrollierten und in ihren Wirkungen auf die jeweilige Klientin offenbar auch nicht verstandenen emotionalen Konflikten
und Bedürfnissen gesteuert ist und diese dann auch noch verwirklicht. Jedenfalls im Verhältnis zur Zeugin D. hat das Verhalten
des Klägers gezeigt, dass er diesen Erfordernissen nicht genügend Rechnung tragen kann. Der dargestellte Regelverstoß muss
als schwerwiegend eingestuft werden. Die Zulassungsentziehung ist damit gerechtfertigt.
Etwas Anderes käme allenfalls in Betracht, wenn spätere Ereignisse zu dem Schluss zwingen würden, dass Wiederholungen ausgeschlossen
werden können. Dafür spricht hier jedoch nichts.
Den Umstand, dass das beanstandete Verhalten des Klägers heute bereits eine Reihe von Jahren zurückliegt, muss der Senat zwar
zum Anlass nehmen, auch dessen subjektive Momente zu erörtern. Denn es erscheint zumindest theoretisch denkbar, dass das Verhalten
des Klägers gerade nach so langer Zeit heute nicht mehr als ausreichend schwerwiegend für die Feststellung der Ungeeignetheit
zu werten wäre, zumal, wenn dem Kläger dabei lediglich ein vermeidbarer Fehler, ein Missgeschick, oder etwas Ähnliches unterlaufen
wäre. Denn dann müsste möglicherweise nicht in jedem Falle befürchtet werden, dass es zu Wiederholungen kommen kann. Davon,
dass dem so wäre, kann hier jedoch keine Rede sein. Es ist offensichtlich, dass im Falle des Klägers weitere Regelverstöße
gerade in diesem Bereich befürchtet werden müssen, weil der Kläger (insbesondere aber die Zeugin D.) Opfer seiner Persönlichkeitsstruktur
geworden ist. Solange sich daran nichts geändert hat, sind auch Wiederholungen zu befürchten. In diesem Sinne hat der Senat
bereits in einer Entscheidung vom 19.07.1995 festgestellt, dass gerade bei einer Zulassungsentziehung wegen sexueller Verfehlungen
eines Vertragsarztes im Grundsatz ein die Entziehung hinfällig machendes "Wohlverhalten" nicht berücksichtigt werden kann
(L 12 Ka 63/93). Gilt dies für einen Vertragarzt, so muss es aufgrund des weit intensiveren Vertrauensverhältnisses erst Recht
für einen Psychotherapeuten gelten.
Es wird hier zwar nicht gefordert, dass der Therapeut bei seinem Vorgehen seine eigenen Empfindungen bzw. Emotionen oder gar
schon nur deren Wahrnehmung gänzlich zu unterdrücken hätte. Allerdings darf er sein therapeutischen Handeln nicht von seinen
Emotionen bestimmten lassen, auch wenn diese Emotionen ihm im Rahmen seines therapeutischen Vorgehens auch als Mittel zur
Einfühlung in die Situation und Stimmungslage des Patienten und damit auch als Grundlage für therapeutische Schlussfolgerungen
dienen können; insofern unterscheidet sich die "Technik" eines Psychotherapeuten nicht allzu viel von der eines - anderen
- Arztes, etwa eines Internisten oder Chirurgen. Um sicher zu stellen, dass gerade bei Psychotherapeuten die Fähigkeit entwickelt
wird, eigene Emotionen wahrzunehmen, mit ihnen konstruktiv im Hinblick auf das therapeutische Verfahren und auf die therapeutische
Beziehung zum Patienten umzugehen und insbesondere eine Schädigung der Patienten zu vermeiden, schreiben die verschiedenen
Ausbildungsordnungen für die im System der gesetzlichen Krankenversicherung anerkannten psychotherapeutischen Verfahren in
der Regel vor, dass sich die Aspiranten für den Beruf des Psychotherapeuten auch Ausbildungsschritten, mit denen dieser Aspekt
psychotherapeutischer Tätigkeit in besonderem Maße bewusst gemacht wird, unterziehen müssen. Fehlt diese Fähigkeit, muss dies
der Persönlichkeitsstruktur des Psychotherapeuten zugeschrieben werden. Dies führt zu der Folgerung, dass sich Derartiges
wieder ereignen kann.
Dass dieses Verhalten schließlich hier nicht einfach ein Behandlungsfehler war, sondern dass es der Persönlichkeit des Klägers
entspringt, ergeben sodann auch die weiteren Besonderheiten des Vorgangs. So ist der Kläger nicht etwa in einer Sondersituation
einmalig unter speziellen Umständen einer dadurch begründeten Versuchung erlegen, um danach sofort die notwendigen Schritte
zur Wiedergutmachung und Restitution des der Klientin Zugefügten zu unternehmen, sondern er hat die entstandene Situation
über Jahre kontinuierlich ausgenutzt, und die Zeugin allein für seine eigenen Bedürfnisse benutzt. Der Zeugin in irgendeiner
Form Hilfe zur Auflösung der von ihm herbeigeführten misslichen Situation zu verschaffen, hat der Kläger offenbar gar nicht
erst versucht oder überhaupt in Betracht gezogen. Nach der Darstellung der Patientin war es keineswegs sie, welche die Initiative
zum Geschlechtsverkehr ergriffen hat, sondern der Kläger, und es war auch der Kläger, der den Fortgang dieser Beziehung betrieben
hat. Dass es sich in diesem Falle schlicht um Missbrauch einer durch die therapeutische Behandlung entstandenen emotionalen
Abhängigkeit gehandelt hat, zeigt auch der weitere Verlauf dieser Beziehung. Denn die Zeugin hat dazu berichtet, dass zwischen
ihr und dem Kläger außer gelegentlichem Geschlechtsverkehr weitere Gemeinsamkeiten im Sinne einer persönlichen Nähe nicht
gepflegt worden sind; für die Einzelheiten wird insoweit auf die Niederschrift über die Vernehmung der Frau D. bei der Kriminalpolizei
vom 16.06.2004 Bezug genommen. Dass die Klientin diesem Verlauf nicht früher ein Ende gesetzt hat, obwohl sie diese Beziehung
selbst als zu ihren Lasten sehr einseitig erlebt hat, erklärt sich ebenfalls zwanglos aus der durch die vorangegangene - und
offenbar begleitende - Psychotherapie bewirkten Abhängigkeit. Denn die Klientin hat auch angegeben, sie habe dies alles hingenommen,
um mit ihren Problemen nicht völlig allein zu sein, ein Umstand, der ebenfalls in Widerspruch zu der Darstellung des Klägers
steht, die sexuelle Beziehung mit Frau D. habe erst lange nach der Therapie begonnen. Der Umgang mit der Patientin D. und
der dabei an den Tag gelegte Mangel an Einfühlungsvermögen sowie die Bereitschaft, eine Menschen zu benutzen, um rücksichtslos
eigene Interessen durchzusetzen, mögen verschiedentlich in der Gesellschaft zu beobachten sein; als Verhalten eines Psychotherapeuten
gegenüber einer ihm anvertrauten Patientin ist das Vorgehen des Klägers jedoch vollkommen inakzeptabel.
Dass auch dieser Teil der Beschreibung durch die Klientin D., wie ihn die Zeugin C. sodann vor dem Senat geschildert hat,
glaubhaft ist, ergibt ein Blick auf die beiderseitige Interessenlage. Die Klientin D. hat die sexuelle Beziehung zum Kläger
als sehr einseitig dargestellt, als sexuelle Beziehung von der Art, wie sie mitunter auch gegen Bezahlung gepflogen wird.
Der Schilderung dieser Beziehung durch die Klientin kann gefolgt werden, zumal der Kläger selbst nichts Anderes - z.B. eine
gemeinsame Betätigung anderer als sexueller Interessen, etwa durch gemeinsame Unternehmungen, Reisen, Restaurantbesuche oder
dgl. - behauptet hat. Geht man aber davon aus, dass diese Beziehung in der Tat auf eine sexuelle reduziert war, so spricht
nicht viel dafür, dass die Initiative zu den jeweiligen Treffen von der Zeugin ausgegangen ist. Denn so wie diese Treffen
abgelaufen zu sein scheinen, ist nicht recht zu erkennen, welchen Gewinn die Zeugin D. selbst - im Gegensatz zum Kläger -
daraus gezogen hätte. Ein Verhalten von der Art des dem Kläger angelasteten genügt daher für die die Feststellung mangelnder
Eignung im Sinne des § 95 Abs. 6 SGB V. Es geht - da es unmittelbar Patienten betrifft - beispielsweise weit über das Verhalten des klagenden Psychotherapeuten
im Falle des Besitzes kinderpornografischer Bilder, der ebenfalls zum Verlust der Zulassung geführt hat, hinaus (vgl. Senat,
Beschluss vom 30.08.2007 - L 12 KA 494/07 ER).
Es braucht an dieser Stelle im Übrigen auch deshalb nicht weiter erörtert zu werden, ob ein solches Verhalten schwerwiegend
genug ist, um die Eignung eines Psychotherapeuten auszuschließen, ihm die Zulassung zu entziehen und damit im Ergebnis seine
Praxis zu schließen, weil der Gesetzgeber selbst inzwischen in § 174c StGB die Bewertung eines solchen Verhaltens objektiven Maßstäben unterworfen hat. Er hat ein derartiges Verhalten gerade wegen
des damit verbundenen Vertrauensmissbrauchs unter Strafe gestellt. Der Senat kann daher auch davon absehen, zur fachspezifischen
Einschätzung des Verhaltens des Klägers gegenüber der Zeugin D. ein Sachverständigengutachten einzuholen. Denn ein Verhalten,
das einem so massiven gesellschaftlichen Unwerturteil unterworfen ist, dass es unter Strafe gestellt worden ist, kann nicht
gleichzeitig zulässiges Mittel der Vertragspsychotherapie im Sinne des SGB V und im Rahmen der dort zugelassenen Therapieverfahren sein.
Dies alles rechtfertigt die Folgerung, dass der Kläger infolge seiner Persönlichkeitsstruktur Gefahr läuft, weiterhin schwerwiegende
Kunstfehler vorzunehmen. Dies führt zum Fehlen seiner Eignung als Vertragspsychotherapeut. Die Schlussfolgerung, dass ein
Psychotherapeut infolge solchen Verhaltens als ungeeignet anzusehen ist, gilt naturgemäß auch dann, wenn das beanstandete
Verhalten nicht von den Institutionen des gesetzlichen Gesundheitswesens, sondern seinerzeit von der C. finanziert worden
ist.
Auf die Frage der strafrechtlichen Verjährung bzw. darauf, dass es damals den Straftatbestand des § 174c StGB noch gar nicht gegeben hat, kommt es im vorliegenden Zusammenhang ebenfalls nicht an. Auch die Tatsache, dass diese Strafbarkeit
erst später eingeführt worden ist, bedeutet nicht, dass das Unwerturteil hinsichtlich der Vorgehensweise des Klägers erst
mit Schaffung des § 174c StGB in seiner heutigen Form getroffen worden wäre; eine damit verbundene derart weitgehende Änderung der allgemeinen Anschauungen
kann nicht unterstellt werden. Das Verhalten des Klägers muss vielmehr auch schon zuvor in gleicher Weise als Vertrauensbruch
und somit als im Rahmen einer psychotherapeutischen Behandlung nicht hinnehmbar gewertet werden. Dementsprechend hat auch
der Sachverständige Prof. Dr. N. darauf hingewiesen, dass die hier zugrunde gelegten Maßstäbe lange vor dem Inkrafttreten
des heutigen § 174c StGB zumindest in den von den Institutionen des gesetzlichen Gesundheitswesens getragenen Psychotherapieverfahren psychotherapeutisch-wissenschaftliches
Allgemeingut waren; denn schon Sigmund Freud hat danach (Prof. Dr. N.) solches Verhalten von Psychotherapeuten gefordert.
Das Institut der Verjährung spielt bei der Prüfung der hier in Rede stehenden Eignung ebenfalls keine Rolle. Auch abgesehen
vom Argument der Verjährung kann aus dem Umstand, dass das hier maßgebende Verhalten des Klägers gegenüber der Zeugin D. mehr
als zwanzig Jahre zurückliegt, nichts dem Kläger Günstiges gefolgert werden. Denn der seither verstrichene Zeitraum könnte
allenfalls dann an der Feststellung der mangelnden Eignung des Klägers etwas ändern, wenn zu folgern wäre, dass diese in der
Persönlichkeit des Klägers liegende Ungeeignetheit des Klägers inzwischen behoben worden wäre. Dafür gibt es indes keinerlei
Hinweise. Auch der Kläger hat nichts in diese Richtung Weisendes angegeben.
Da festgestellt werden muss, dass die in der Person des Klägers festzustellende Ungeeignetheit nicht durch eine eigene Lehrtherapie,
Supervisionsmaßnahmen o.ä. behoben worden ist, bedarf es grundsätzlich keiner weiteren Prognose seines Verhaltens. Gleichwohl
sollen aber die vom Erstgericht in den Vordergrund gestellten späteren Ereignisse (namentlich der Fall der Zeugin W.) nicht
außer Acht gelassen werden. Denn daraus folgt, dass der Kläger auch jetzt, jedenfalls für die Behandlung von Frauen, insbesondere
von jungen Frauen und da wiederum speziell bei Erkrankungen mit Bezug zum Sexualbereich, aufgrund seiner Charakterstruktur
als Psychotherapeut nach wie vor nicht geeignet erscheint. Auch im Hinblick auf die Zeugin W. erscheint eine erneute Anhörung
des Sachverständigen Prof. Dr. N. nicht notwendig, weil Prof. Dr. N. in seinem für die Staatsanwaltschaft vom 19.09.2005 erstatteten
Gutachten zu den verschiedenen in Frage kommenden Fallvarianten bereits Stellung genommen hat. Daraus geht auf alle Fälle
hervor, dass das Verhalten des Klägers im Behandlungsfall W. jedenfalls dann eine ganz eindeutige Regelverletzung darstellt,
wenn die Hand des Klägers bei der Überprüfung der Spannung der Unterbauchmuskulatur der Klientin nicht von dieser geführt
wurde. Davon ist nach deren zweimaliger insoweit übereinstimmender Aussage auszugehen. Dass die Klägerin in diesem sensiblen
Bereich zwei Jahre nach der Aussage bei der Kriminalpolizei, die zeitlich dem Geschehen noch deutlich näher war, inzwischen
nicht mehr so genau weiß, wie viele Berührungen im Ganzen stattgefunden haben, scheint insoweit nicht erheblich. Richtig ist
aber, wie das Erstgericht zutreffend ausführt, dass zumindest einmal eine derartige Grenzverletzung stattgefunden hat. Im
Übrigen darf nicht übersehen werden, dass es im Falle der Zeugin W. in erster Linie nicht darum geht, ob dieser Vorfall für
eine Zulassungsentziehung genügt, sondern nur darum, ob der Kläger inzwischen ausnahmsweise (vgl. die Entscheidung des Senats
vom 19.07.1995 - L 12 KA 63/93) als zu regelkonformem Umgang mit Patientinnen fähig angesehen werden kann. Dafür reicht aber auch die Darstellung des Falles
W. durch die Klagepartei selbst nicht aus.
Auch eine Erklärung des Klägers vor dem Berufungsausschuss, er habe sich verrannt, und, er sei sich inzwischen über seine
Grenzüberschreitungen einigermaßen im Klaren, kann nicht zu einer anderen Einschätzung der Eignung des Klägers führen. Denn
solange die Gründe für das umstrittene Verhalten des Klägers nicht offen gelegt und von ihm selbst behoben sind, m.a.W., solange
nicht dargelegt ist, dass der Kläger sich den erforderlichen Fortbildungs- und Supervisionsmaßnahmen erfolgreich unterzogen
hat, kann auch heute nicht angenommen werden, dass der Kläger künftig seine eigenen emotionalen Bedürfnisse so weit werde
steuern können, dass eine Gefährdung seiner Patientinnen ausgeschlossen ist. Zerknirschung und gute Vorsätze sind kein Ersatz
für eine fundierte psychotherapeutische Qualifikation. Vielmehr unterstreicht dies alles nur die Feststellung, dass der Kläger
gerade nicht geeignet ist, den Beruf des Psychotherapeuten nach den Standards des gesetzlichen Gesundheitssystems des SGB V auszuüben. Es kann den Trägern dieses Systems und ihren Mitgliedern nicht zugemutet werden, dass bei den gesetzlichen Krankenkassen
versicherte Patientinnen bei der Aufnahme einer ihnen durch die Krankenkassen als Sachleistung zu gewährenden Psychotherapie
das Risiko eingehen, sich prostituieren zu müssen.
Auf die Bewertung weiterer Vorfälle, auf welche die Akten und die Zeugenaussagen vor dem Sozialgericht Hinweise enthalten,
kann hier nach allem verzichtet werden; eine weitere Aufklärung ist nicht erforderlich. Zugleich kann auf die Prüfung verzichtet
werden, ob in all den zutage getretenen Fällen "Sexualtherapie" in der Tat angezeigt war. Es kann auch offen gelassen werden,
welche Folgerungen daraus zu ziehen wären, dass der Kläger nach eigenen Angaben auch "Gesprächstherapie" betrieben hat, ein
Verfahren, für welches zwar um die Aufnahme unter die nach dem SGB V zugelassenen Verfahren gestritten wird, das aber bisher nicht zugelassen ist. Die von den Klägerbevollmächtigten vorgelegten
Ehrenerklärungen von überweisenden Ärzten sind in diesem Zusammenhang irrelevant. Es soll hier nicht in Frage gestellt werden,
dass der Kläger in vielen Fällen auch erfolgreiche Behandlungen durchgeführt haben mag Der Kläger kann sich schließlich auch
nicht darauf berufen, nach einmal bestandskräftiger Erteilung der Zulassung sei rechtlich grundsätzlich von deren Richtigkeit
auszugehen, weshalb eine Entziehung nun nur dann in Betracht käme, wenn nach der Zulassung eine wesentliche Veränderung eingetreten
sei. Diese Meinung wäre unzutreffend. Zum einen ist § 48 SGB X, in welchem dieser Grundsatz für das sozialrechtliche Verfahrensrecht geregelt ist, auf das Verfahren im Vertragsarztrecht
des SGB V nicht anwendbar, da es sich insoweit um Spezialvorschriften handelt (vgl. nur § 95 Abs. 6 SGB V). Zum anderen darf nicht übersehen werden, dass § 95 Abs. 6 Satz 1 SGB V als Voraussetzung einer Zulassungsentziehung nicht nur den Fall umfasst, dass die Voraussetzung einer Zulassung nicht mehr
vorliegen, sondern ausdrücklich auch den, dass ihre Voraussetzungen nicht vorliegen.
Die Entscheidung über die Kosten folgt der Entscheidung in der Hauptsache. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht
vor.
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