Zulassung zur vertragszahnärztlichen Versorgung; Verfassungsmäßigkeit der Voraussetzung einer Approbation
Gründe
I.
Streitig ist, ob die Antragstellerin einen Anspruch auf die Genehmigung einer Vorbereitungassistentin in der Praxis A-Straße,
A-Stadt, hat, die lediglich über eine Berufserlaubnis gemäß § 13 ZHG verfügt.
Die Antragstellerin betreibt eine überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft in A-Stadt, bestehend aus Vertragszahnärzten. Am
3.4.2014 stellte die Antragstellerin einen Antrag auf Genehmigung zur Beschäftigung eines Vorbereitungsassistenten für V.,
die in Serbien Zahnmedizin abgeschlossen hatte, jedoch keine Gleichwertigkeitsprüfung abgelegt hat. V. hat eine Erlaubnis
nach § 13 ZHG zur vorübergehenden Ausübung des zahnärztlichen Berufes in Oberfranken, befristet bis 14.3.2016, beschränkt
auf eine zahnärztliche Tätigkeit in fachlich abhängiger Stellung.
Bereits am 16.4.2014 beantragte der Klägerbevollmächtigte den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach §
86 b Abs.
2 SGG mit dem Ziel, im Wege der Anordnung eine einstweilige Genehmigung zu erhalten. Das Sozialgericht München lehnte den Erlass
einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 2.6.2014 ab. Zum Zeitpunkt der Antragstellung sei die normale Bearbeitungszeit
nicht abgewartet worden. Auch sei nicht erkennbar, worin eine Unzumutbarkeit für die Antragstellerin bestehen könne, wenn
noch keine Entscheidung vorliege. Der Vortrag, dass an jedem weiteren Tag, an dem die Arbeitskraft V.s nicht genutzt werden
könne, ein irreversibler Verlust entstehen, bedinge keinen unzumutbaren Nachteil für die Antragstellerin. Eine besondere Eilbedürftigkeit
sei nicht erkenn- bar.
Gegen den am 7.6.2014 zugestellten Beschluss legte die Antragstellerin Beschwerde ein. Eine besondere Eilbedürftigkeit liege
vor, da die Antragstellerin nur mühsam überhaupt einen Zahnarzt für den Standort ihrer Praxen hätten gewinnen können. Außerdem
sei bekannt, dass die Genehmigung in anderen Bundesländern auf der Grundlage einer Berufserlaubnis erteilt werde. Es sei keinem
Bewerber zumutbar, dass er zwei, eventuell 4 bis 5 Jahre abwarte, bis die streitige Frage im Verwaltungs- und Klageverfahren
entschieden sei.
Mit Bescheid vom 16.7.2014 lehnte die Beklagte die Gewährung der beantragten Genehmigung ab. Der hiergegen eingelegte Widerspruch
wurde mit Widerspruchs- bescheid vom 24.11.2014 zurückgewiesen.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts München vom 2.6.2014 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, eine Genehmigung
zur Beschäftigung der Dr. A. V. nach Vorlage einer Aufenthaltserlaubnis bis zu einem rechtskräftigen Urteil im Hauptsacheverfahren
oder bis zum Erhalt einer rechtskräftigen Approbation als Vorbereitungsassistentin der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft
Dres K. und Kollegen, A-Straße, A-Stadt, zu erteilen, wobei die Zuordnung innerhalb der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft
an Herrn H. K. erfolgt.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Sie war deshalb zurückzuweisen.
Die Antragstellerin hat keinen Anspruch darauf, im einstweiligen Rechtsschutz eine vorläufige Genehmigung zur Beschäftigung
der aus Serbien stammenden V. als Vorbereitungsassistentin zu erhalten. Das SG hat zutreffend den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach §
86 b Abs.
2 SGG abgelehnt. Die Antragstellerin begehrt eine Regelungsanordnung, mit der vorläufig eine Genehmigung zur Beschäftigung V.s
gewährt werden soll. Der Erlass dieser einstweiligen Anordnung ist nach §
86 b Abs.
2 Satz 2
SGG zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Damit ist für den Erlass der einstweiligen
Anordnung zu prüfen, ob ein Anordnungsanspruch, d.h. ein materielles Recht auf Erteilung der Genehmigung, besteht und ob ein
Anordnungsgrund gegeben ist, ob die Regelung also zu Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Beide Voraussetzungen
sind im vorliegenden Verfahren nicht erfüllt.
Ein Anordnungsgrund wurde von der Antragstellerin nicht in hinreichendem Maße dargetan. Nachdem mittlerweile der Widerspruchsbescheid
vom 24. 11. 2014 vorliegt, gegen den nach dem Vortrag des Bevollmächtigten auch Klage eingelegt wurde, fehlt zumindest nicht
mehr das Rechtsschutzinteresse, so dass der Antrag bereits unzulässig wäre. Bezüglich des Vorliegens eines wesentlichen Nachteils
wird auch in der Beschwerdeschrift vom 26.6.2014 wenig ausgeführt. Dargelegt wird lediglich, dass die fehlende Beschäftigungsmöglichkeit
des Weiterbildungsassistenten zu Nachteilen führe und von einem Bewerber nicht erwartet werden könne, dass er mindestens zwei,
eventuell 4 bis 5 Jahre abwarten müsse, bis die streitige Frage im Verwaltung- und Klageverfahren entschieden sei. Dies ist
nicht ausreichend, um darzulegen, dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig
erscheint. Weiterhin ist zu beachten, dass die Erteilung einer Genehmigung eine statusrelevante Entscheidung ist, bei der
es, da der Arzt sein Honorar für die während der Dauer der Wirksamkeit der einstweiligen Anordnung erfolgten Behandlungen
auch bei Unterliegen im Hauptsache- verfahren behalten kann, zu einer echten Vorwegnahme der Hauptsache kommt. Deshalb ist
der Erlass einer einstweiligen Anordnung auch im Falle des Vorliegens wesentlicher Nachteile auf eng begrenzte Ausnahmefälle
beschränkt (Meyer Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Auflage, §
86 b Rn. 33). Bezüglich dieser eng begrenzten Ausnahmesituation erfolgte keinerlei Sachvortrag.
Auch ein Anordnungsanspruch ist nicht gegeben. Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegnerin keinen Anspruch auf Erteilung
einer Genehmigung zur Beschäftigung V.s als Vorbereitungsassistentin. Die nach § 32 Abs. 2 Satz 1 Zahnärzte-ZV für die Beschäftigung eines Vorbereitungsassistenten notwendige Genehmigung setzt entgegen der Rechtsauffassung der Antragstellerin
eine Approbation des Vorbereitungsassistenten voraus, wovon die Antragsgegnerin zutreffend ausgeht. § 32 Abs. 2 Satz 1 Zahnärzte-ZV trifft keine Regelung darüber, ob der Vorbereitungsassistent eine Approbation im Sinne von § 2 ZHG haben muss. Jedoch ergibt eine Auslegung der Vorschriften der Zahnärzte-ZV unter Berücksichtigung des Willens des Gesetzgebers und des systematischen Zusammenhangs, dass die Tätigkeit als Vorbereitungsassistent
eine Approbation nach § 2 ZHG voraussetzt. Die Antragsgegnerin weist zutreffend darauf hin, dass sich aus § 4 Abs. 2 Buchst. c Zahnärzte-ZV bereits ein Hinweis darauf ergibt, dass die zahnärztliche Tätigkeit als Vorbereitungsassistent nach der Approbation liegen
muss. Außerdem ist die Tätigkeit als Vorbereitungsassistent eine kumulative, nur für den Bereich der Tätigkeit als Vertragszahnarzt
erforderliche Voraussetzung für die Eintragung ins Zahnarztregister und damit für die Tätigkeit als Vertragszahnarzt, die
zum Erfordernis der Approbation im Sinne des § 2 ZHG hinzutritt. Entscheidend ist jedoch aus der Sicht des Senats der Wille
des Gesetzgebers. Dabei ist zu beachten, dass während des Gesetzgebungsverfahrens zum Vertragsarztrechts-Änderungsgesetz nach
den Empfehlungen der Ausschüsse eine Ergänzung des § 32 Abs. 2 Satz 1 Zahnärzte-ZV vorgesehen war: "für die Beschäftigung genügt es, dass die Assistenten Inhaber einer Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung
der Zahnheilkunde gemäß § 13 ZHG sind." (BR-Drucks 353/1/06, Seite 15 ff.). Diese Gesetzesänderung hat die Bundesregierung
in ihrer Gegenäußerung (BT-Drucks. 16/2474, S. 42, 43) abgelehnt, da "die Erlaubnis nach § 13 ZHG keinen gleichwertigen Ausbildungsstand
(gewährleistet). So weist zum Beispiel die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung ausdrücklich darauf hin, dass die langjährige
praktische Erfahrung in Kommissionen der Zahnärztekammern auf Landesebene, die die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes
dieser Personengruppen überprüfen, ergeben habe, "dass in der weit über- wiegenden Mehrzahl der Fälle ein Ausbildungsniveau
und ein Stand der praktischen Fertigkeiten vorliegt, das nicht nur mit dem Ausbildungs- und Kenntnisstand eines deutschen
Hochschulabsolventen in keiner Weise vergleichbar ist, sondern oft auch die elementarsten Voraussetzungen für eine praktische
Tätigkeit am Patienten vermissen lässt". Zu berücksichtigen ist zudem, dass die dargelegten Bedenken durch die im Gesetzentwurf
vorgesehene Ausweitung der Anstellungsmöglichkeiten noch an Bedeutung gewinnen." Damit lässt sich die von Seiten der Antragstellerin
vertretene Rechtsauffassung nicht vereinbaren. Die von ihr zitierte bisherige Rechtsprechung, insbesondere das Urteil des
Hessischen Landessozialgerichts aus dem Jahr 2005 (Beschluss vom 14. Juli 2005, L 4 KA 21/05 ER), kann vor diesem Hintergrund keine Geltung mehr beanspruchen. Dies gilt auch für die Kommentarliteratur, die sich auf
dieses Urteil bezieht (Schallen, Zulassungsverordnung, Kommentar, 8. Auflage, § 32 ZV-Z Rn. 5 ff.; Bäune/Meschke/Rothfuß, Kommentar zur Zulassungsverordnung für Vertragsärzte und Vertragszahnärzte, § 32 Rn. 66 ff.). Voraussetzung für die Erteilung einer Genehmigung ist also, dass der Vorbereitungsassistent eine Approbation
nach § 2 ZHG hat. Eine Erlaubnis nach § 13 ZHG genügt nicht.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die bestehende gesetzliche Regelung bestehen nicht. Grundrechte des Antragstellers werden
nicht verletzt. Regelungen über die Modalitäten der Ausübung der vertragszahnärztlichen Tätigkeit - wie die Voraussetzungen
einer Genehmigung nach § 32 Abs. 2 Satz 1 Zahnärzte-ZV - sind Berufsausübungsregelungen im Sinne des Art.
12 Abs.
1 Grundgesetz, die bereits durch den beabsichtigten Schutz der Gesundheit gesetzlich Krankenversicherter gerechtfertigt sind.
Grundrechte des Vorbereitungsassistenten werden ebenfalls nicht beeinträchtigt. Das Grundrecht der freien Berufswahl (Art.
12 Abs.
1 GG) erfasst Ausländer nicht, so dass sich diese nur auf das Auffanggrundrecht des Art.
2 Abs.
1 GG berufen können, das durch die gesamte verfassungsrechtliche Ordnung eingeschränkt werden kann. Gegen die Einschränkung der
allgemeinen Handlungsfreiheit durch § 32 Abs. 2 Satz 1 Zahnärzte-ZV bestehen unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der Gesundheit der Versicherten (Art.
2 Abs.
2 Grundgesetz) keine Bedenken.
Im Übrigen setzt § 2 ZHG für die Erteilung der Approbation nicht mehr die deutsche Staatsbürgerschaft voraus, da § 2 Abs.
1 Nummer 1 ZHG mit Wirkung vom 01.04.2012 aufgehoben wurde. Die Erteilung der Approbation ist also - abgesehen von der Würdigkeit
und Zuverlässigkeit (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 ZHG), der gesundheitlichen Eignung (§ 2 Abs. 1 Nummer 3 ZHG) und ausreichenden Sprachkenntnissen
(§ 2 Abs. 1 Nummer 5 ZHG) - nur davon abhängig, dass nach einem mindestens fünfjährigen Studium der Zahnheilkunde an einer
wissenschaftlichen Hochschule die zahnärztliche Prüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes absolviert wurde (§ 2 Abs. 1 Nummer
4 ZHG), wobei die Approbation auch Antragstellern aus Drittländern wie V. zu erteilen ist, wenn die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes
gegeben ist (§ 2 Abs. 3 ZHG), die durch das Ablegen einer Prüfung nachzuweisen ist. Diese gesetzliche Regelung ist sachgerecht
und dient dem Gesundheitsschutz Krankenversicherter, also einem zentralen Gemeinwohlbelang. Es ist V. unbenommen, die Gleichwertigkeitsprüfung
abzulegen und dann die Approbation zu beantragen.
Da weder einen Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch gegeben ist, war der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
unbegründet. Die Entscheidung des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden, so dass die Beschwerde zurückzuweisen war.
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar, §
177 SGG.