Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem SGB XII; Verwertbarkeit einer selbst bewohnten Immobilie
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin für die Zeit vom 01.09.2010 bis 31.03.2011 Sozialhilfeleistungen als Darlehen
oder als Zuschuss zustehen.
Die 1939 geborene Klägerin lebt in einem Eigenheim. Sie bezieht eine Altersrente in Höhe von monatlich 175,92 Euro und eine
Witwenrente in Höhe von monatlich 296,71 Euro (jeweils Stand 07/2010). Bis zum 31.08.2010 erhielt die Klägerin jahrelang ergänzende
Sozialhilfeleistungen als Zuschuss.
Am 24.06.2010 stellte die Klägerin einen Weiterbewilligungsantrag für den Bewilligungszeitraum ab 01.09.2010 und legte umfangreiche
Unterlagen vor.
Am 12.08.2010 wies der Beklagte die Klägerin in einem als "Anhörung" bezeichneten Schreiben darauf hin, dass die Prüfung des
Eigenheims als Schonvermögen im Raum stehe. Sofern das Haus der Größe nach nicht angemessen sei, komme allenfalls noch die
Gewährung eines Darlehens nach § 91 SGB XII in Betracht. Derzeit werde von einer Wohnfläche von 120 m2 ausgegangen. Die Klägerin legte daraufhin eine Wohnflächenberechnung vor, nach der die Wohnfläche 125,37 m2 beträgt.
Mit Bescheid vom 27.08.2010 bewilligte der Beklagte laufende Grundsicherungsleistungen in Höhe von monatlich 199,53 Euro für
den Zeitraum 01.09.2010 bis zunächst 31.03.2011 als Darlehen. In Ziffer 4. des Bescheides wurde der Klägerin die Auflage erteilt,
eine Grundschuld über 15.000,- Euro zu Gunsten des Beklagten eintragen zu lassen. Zur Begründung für die darlehensweise Bewilligung
wurde u.a. ausgeführt, ein Haus mit 125,37 m2 Wohnfläche, das nur von einer Person bewohnt werde, könne nicht mehr als Schonvermögen im Sinne von § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII betrachtet werden. Der Verkauf des Hauses sei zumutbar, zumal es nicht Aufgabe der Sozialhilfe sei, den Erben das Erbe zu
erhalten. Jedoch solle die sofortige Verwertung nicht verlangt werden (91 SGB XII). Ein sofortiger Verkaufszwang stelle eine Härte dar. Der Klägerin werde für den Verkauf zunächst eine Frist bis 31.03.2011
eingeräumt.
Am 27.09.2010 erhob die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 27.08.2010. Der Beklagte sei seinen Aufklärungs- und Informationspflichten
nicht nachgekommen. Das Haus sei Lebensmittelpunkt seit fast 40 Jahren, davon seit 10 Jahren im Bezug von Grundsicherungsleistungen.
Sie verwies weiter auf mündliche Vereinbarungen mit der Tochter bezüglich eines Wohnrechts und die günstige Lage des Hauses.
Sie könne dort die sozialen Kontakte zu ihren Familienmitgliedern ohne zusätzliche Kosten für diese wahrnehmen. Ein Darlehen
bei der Bank könne aufgrund des Alters nicht aufgenommen werden. Eine Untervermietung sei nicht möglich, da keine abtrennbaren
Bereiche beständen. Die Regierung von Schwaben wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30.11.2010 zurück.
Auf gesonderten Antrag der Klägerin bewilligte der Beklagte ihr mit Bescheid vom 07.10.2010 für den Zeitraum 01.10.2010 bis
30.09.2011 eine Brennstoffbeihilfe als einmalige Leistung für die Kosten der Unterkunft in Höhe von 980,- Euro. Auch diese
Hilfe wurde als Darlehen gewährt. Am 04.11.2010 erhob die Klägerin Widerspruch. Daraufhin hob der Beklagte den Bescheid vom
07.10.2010 mit Bescheid vom 08.11.2010 auf und setzte die Brennstoffbeihilfe auf 1.568,- Euro fest. Auch diese Leistung wurde
als Darlehen gewährt. Den Widerspruch gegen den Bescheid vom 07.10.2010 wies die Regierung von Schwaben mit Widerspruchsbescheid
vom 30.11.2010 zurück, ohne auf den Bescheid vom 08.11.2010 einzugehen.
Am 07.12.2010 erhob die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 08.11.2010. Daraufhin wies die Regierung von Schwaben
mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 31.01.2011 "die Widersprüche gegen die Bescheide des LRA A-Stadt vom 07.10.2010, soweit
das LRA nicht diesem Widerspruch mit Bescheid vom 08.11.2010 abgeholfen hat", zurück.
Am 03.01.2011 hat die Klägerin durch ihre damalige Bevollmächtigte Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, zwar belaufe sich die Wohnfläche des Hauses auf 125 m2. Das Dachgeschoss mit ca. 30 m2 sei jedoch als Wohnraum nicht nutzbar. Das Dachgeschoss müsste ausgebaut und gedämmt werden. Die Dachfenster seien undicht.
Für eine Sanierung fehle jedoch das Geld. Damit sei von einer nutzbaren Wohnfläche von 95 m2 auszugehen. Es sei auch nicht nachvollziehbar, wieso der Beklagte einen Wert des Anwesens in Höhe von 140.000,- Euro annehme.
Dies sei zu hoch geschätzt. Es beständen Verbindlichkeiten in Höhe von ca. 40.000,- Euro. Gegen die Verwertbarkeit des Hauses
spreche auch, dass die Klägerin bereits 1996 ihrer Tochter, Frau B., und einem Herrn S. jeweils ein lebenslängliches Wohnrecht
eingeräumt habe. Eine Eintragung im Grundbuch liege insoweit allerdings nicht vor. Eine Teilvermietung scheide aus, weil es
an abtrennbaren Wohneinheiten fehle. Für die Schaffung einer Einliegerwohnung fehle das Geld. Im Übrigen liege eine Härte
vor, weil die Klägerin 72 Jahre alt sei und das Haus seit 40 Jahren bewohne.
Das Gericht hat die Streitsache am 15.09.2011 in Augsburg mündlich verhandelt. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin
klargestellt, dass es bezüglich der Grundsicherung und der Heizkostenbeihilfe um die grundsätzliche Frage der Bewilligung
eines Zuschusses gehe. Die durch Zeitablauf erledigte Auflage und die Höhe der Heizkostenbeihilfe seien dagegen nicht mehr
Gegenstand des Verfahrens. Allerdings richte sich die Klage nunmehr auch gegen den Bescheid vom 08.11.2010.
Mit Gerichtsbescheid vom 1. Februar 2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei nicht bedürftig gemäß § 19 Abs. 2 SGB XII, weil sie über Vermögen in Form eines nicht angemessenen Hausgrundstücks verfüge, aus dem sie den nicht durch die beiden
Renten abgedeckten Lebensunterhalt bestreiten könne.
Das Hausgrundstück der Klägerin stelle verwertbares Vermögen gemäß § 90 SGB XII dar.
Bezüglich der Größe werde nach der Rechtsprechung zum SGB XII wie beim Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) auf die Wohnungsgrößen in § 39 des bis 31.12.2001 geltenden Zweiten Wohnungsbaugesetzes verwiesen. Danach werde für Familienheime mit einer Wohnung eine Größe von 130 m2 noch als angemessen angesehen. Allerdings seien nach der Rechtsprechung hiervon noch Abzüge zu machen, wenn das Haus von
weniger als vier Personen bewohnt werde (20 m2 je Person) bis zu 90 m2 (BSG vom 15.04.2008 - B 14/7b AS 34/06 R). Das BSG habe in dieser Entscheidung ein Haus mit einer Wohnfläche von knapp 92 m2 für einen Zwei-Personen-Haushalt noch als angemessen angesehen und habe grundsätzlich ausgeführt, dass 90 m2 bei einem Haus wohl insgesamt als Untergrenze angesehen werden müssten.
Bezüglich der Wohnfläche sei auch nach den bisherigen Ermittlungen und den eigenen Angaben der Klägerin von einer Wohnfläche
von 125 m2 auszugehen.
Das Haus sei jedenfalls im streitgegenständlichen Zeitraum und auch weiterhin ausschließlich von der Klägerin bewohnt worden,
so dass bezüglich der Angemessenheit auf einen Einpersonenhaushalt abzustellen sei. Allerdings ergäben sich auch bei einem
von zwei Personen bewohnten Haus noch keine höheren Werte. Anhaltspunkte für einen erhöhten Wohnbedarf der Klägerin hätten
sich auch im Klageverfahren nicht ergeben.
Auch dass das Haus in einem derart schlechten Zustand wäre, dass es praktisch keinen Wert mehr darstelle, sei weder vorgetragen
noch erkennbar. Dies sei bei einem Haus Baujahr 1972 auch nicht zu erwarten. Preise wie der vom Beklagten vorläufig angesetzte
Betrag von 140.000,- Euro würden regelmäßig auch bei nicht sanierten Häusern dieses Jahrgangs noch erzielt. Eine abschließende
Bewertung habe aus den oben genannten Gründen nicht erfolgen können. Jedenfalls lägen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür vor,
dass das Haus unter Berücksichtigung der dinglichen Belastung von ca. 40.000,- Euro (Stand Sommer 2010) keinen wirtschaftlichen
Wert mehr darstellen würde, wobei es bezüglich der Höhe des Erlöses nur darauf ankomme, ob dieser den maßgebenden Vermögensfreibetrag
von 2.600,- übersteige. Davon könne mit Sicherheit ausgegangen werden.
Bezüglich der Berücksichtigung der schuldrechtlich vereinbarten Wohnrechte gelte, dass Verbindlichkeiten bei der Feststellung
der vorhandenen Vermögenswerte allenfalls zu berücksichtigen seien, wenn eine Verbindlichkeit unmittelbar auf dem fraglichen
Vermögensgegenstand (z.B. eine auf ein Grundstück eingetragene Hypothek) laste, da der Vermögensgegenstand in diesem Fall
nicht ohne Abzüge veräußert werden könne (BSG vom 02.11.2011 - B 4 AS 154/11 B - und vom 15.4.2008 - B 14 AS 27/07 R -).
Schließlich lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Verwertung für die Klägerin eine Härte gemäß § 90 Abs. 3 SGB XII darstellen würde, die zu einer Unverwertbarkeit des Hauses führen würde. Dabei sei vor allem zu berücksichtigen, dass der
Zweck des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII nicht der Schutz des Eigentums, sondern ausschließlich der Schutz der Wohnung sei. Insofern könnten also bei Wohneigentum
keine anderen Grundsätze gelten als bei einer Mietwohnung, die im Falle ihrer Unangemessenheit unter Umständen auch aufgegeben
werden müsse.
Insoweit habe zuletzt das BSG mit Urteil vom 13.04.2011 (B 14 AS 32/09 R) entschieden, dass auch ein Wohnen in einer Wohnung über einen Zeitraum von 50 Jahren noch nicht die Unzumutbarkeit eines
Umzugs begründe. Zu Recht habe der Beklagte darauf hingewiesen, dass gerade im Alter auch nicht bedürftige Menschen oftmals
ihr Wohnumfeld wechseln müssten, etwa wenn sie pflegebedürftig würden, eine Wohnung zu groß werde und nicht mehr erhalten
oder unterhalten werden könne. Dabei gäben sehr viele Menschen ihr ehemaliges Familienwohnhaus gerade im Hinblick auf eine
später eintretende Pflegebedürftigkeit zu Gunsten einer kleineren, leichter zu pflegenden und ebenerdigen Wohnung auf. Dass
die Klägerin schon jetzt derart pflegebedürftig bzw. desorientiert wäre, dass ihr ein Umzug aus gesundheitlichen Gründen nicht
mehr zugemutet werden könne, sei nach den Akten ebenfalls nicht nachvollziehbar und werde von ihr auch nicht vorgetragen.
Der Gerichtsbescheid wurde am 07.02.2012 abgesandt und ist der damaligen Bevollmächtigten der Klägerin am 13.02.2012 zugegangen.
Hiergegen hat die Klägerin durch ihren weiteren früheren Bevollmächtigten am 07.03.2012 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht
(LSG) erhoben Zwar sei dem SG darin beizupflichten, dass lediglich schuldrechtlich vereinbarte Wohnrechte einer Verwertbarkeit des Hausgrundstücks nicht
entgegenständen. Jedoch habe das SG zu Unrecht bei der Beurteilung der Angemessenheit des Hausgrundstücks ausschließlich auf die Hausgröße (Wohnfläche) abgestellt.
Zudem habe es das Vorhandensein einer nutzbaren Wohnfläche von wenigstens 95 m2 als unstreitig unterstellt, ohne diesbezüglich den Sachverhalt hinreichend aufzuklären. Für die Frage der Angemessenheit
seien mehrere Kriterien zu berücksichtigen, ohne dass die Unangemessenheit eines einzelnen Kriteriums automatisch zur Unangemessenheit
des Hausgrundstücks führe (BSG, Urteil vom 19.05.2009, B 8 SO 7/08 R, Rn. 17). Das SG sei verpflichtet gewesen, den Wert von Grundstück und Gebäude näher zu prüfen und dabei den geltend gemachten schlechten
baulichen Zustand aufzuklären und ggf. zu berücksichtigen. Im Übrigen habe die Klägerin vorgetragen, dass die Wohnfläche nur
87,66 m2 betrage, wenn man die Kellerräume außer Betracht lasse. Auch 95 m2 seien nicht unangemessen, weil eine Überschreitung der Wohnflächenobergrenze von 90 m2 um bis zu 10% unschädlich sei (BSG, a.a.O., Rn. 19). Keinesfalls dürfe das Dachgeschoss als Wohnraum berücksichtigt werden, weil es sich gegenwärtig nicht in
einem bewohnbaren Zustand befinde. Schließlich liege eine Härte im Sinne von § 90 Abs. 3 SGB XII vor, weil durch die Verwertung das Wohnrecht der an einer schweren Krankheit/Behinderung leidenden Tochter vereitelt werde.
Am 04.10.2013 hat der Bevollmächtigte mitgeteilt, dass er die Klägerin nicht mehr vertrete. Seitdem wird die Klägerin von
ihrer Tochter, der Inhaberin des von der Klägerin behaupteten, schuldrechtlich vereinbarten Wohnrechts, vertreten.
Der Senat hat am 25.07.2014 den öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen C. mit der Erstellung eines Gutachtens
zu den Fragen des Verkehrswertes und der Verwertbarkeit, auch in zeitlicher Hinsicht, beauftragt. Das schriftliche Gutachten
vom 29.08.2014 wurde nach Aktenlage erstellt. Die Klägerin hatte eine Begehung und Besichtigung des Grundstücks nicht erlaubt.
Danach hatte das Anwesen zum Stichtag 01.09.2010 einen Wert von 186.000,- Euro und zum Stichtag 31.03.2011 einen solchen von
190.000,- Euro. Die Frage, wie lange es gedauert hätte, diesen Erlös zu erzielen, wenn Verkaufsbemühungen am 01.09.2010 begonnen
worden wären, hat der Gutachter damit beantwortet, dass dies schwer festzustellen sei. Am Immobilienmarkt gelte aber eine
Vermarktungsdauer von ca. 6 Monaten als wirtschaftlich und üblich. Ab 12 Monaten gelte eine Vermarktung als unwirtschaftlich.
Jedenfalls seien in der näheren Gegend sechs Verkaufsfälle in der Kaufpreissammlung bekannt. Die erzielten Kaufpreise hätten
zwischen 144.000,- Euro und 180.000,- Euro gelegen.
Die Tochter der Klägerin hat sich zu dem Gutachten geäußert. Insbesondere hat sie moniert, dass sich der Gutachter nicht zu
der Frage geäußert habe, ob die schuldrechtlich eingeräumten Wohnrechte einer Veräußerung der Immobilie entgegenständen bzw.
wie weit sie den Wert minderten. Insoweit sei ihr rechtliches Gehör verwehrt worden. Veräußere die Klägerin das Haus, müsse
sie den Wohnberechtigten gegenüber das entfallene Wohnrecht abgelten, was mit erheblichen Kosten verbunden sei. Es sei auch
unverständlich, warum es keine weiteren Unterlagen über das Haus gebe. A-Stadt habe nichts von der Infrastruktur U-Stadt/A-Stadt.
In A-Stadt selbst gebe es nur eine oder zwei Gaststätten, keinen Arzt, keine Apotheke, und einen kleinen Laden, der nur sporadisch
geöffnet habe. Die Verbindung von A-Stadt nach S-Stadt mit öffentlichen Verkehrsmitteln sei sehr ungünstig. Auch sonst sei
A-Stadt mit öffentlichen Verkehrsmitteln schlecht zu erreichen. Ein Bodengutachten müsste beim Bauamt vorliegen. Es sei nicht
klar, ob der Baugrund vor Erteilung der Baugenehmigung geprüft worden sei. Es bestehe eine Lärmbelästigung durch Kreisstraße
und Umfahrungsstraße, die weniger als 600 m entfernt am Haus vorbeiführten. Die Hausanschlüsse seien nach eigenem Ermessen
(der Tochter) nicht so gut, wie der Sachverständige annehme. Das Dachgeschoss sei nicht ausgebaut und nicht bewohnbar. Es
werde nicht erwähnt, dass das Haus im Rohbau übergeben worden sei, nachdem der Bauträger insolvent geworden sei. Es sei nicht
akzeptabel, wenn der Sachverständige keine Baumängel und -schäden annehme, weil er das Gebäude nicht betreten habe.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Augsburg vom 01.02.2012 sowie der Bescheide des Beklagten
vom 27.08.2010 und 08.11.2010 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 30.11.2010 und 31.01.2011 zu verurteilen, der Klägerin
für den Zeitraum vom 01.09.2010 bis 31.03.2011 Leistungen der Grundsicherung als Zuschuss zu zahlen sowie die Brennstoffbeihilfe
für den Zeitraum vom 01.10.2010 bis 30.09.2011 ebenfalls als Zuschuss zu bezahlen.
Darüber hinaus beantragt die Klägerin,
dass sie weiterhin in dem Haus bleiben dürfe.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 01.02.2012 zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und auf die beigezogenen Akten
des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, denn der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 750,- Euro (§
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG). Der Klägerin wurden 2.964,71 Euro als Darlehen bewilligt (monatlich 199,53 Euro für 7 Monate zuzügl. 1.568,- Euro Heizkostenbeihilfe),
deren Umwandlung in einen Zuschuss sie begehrt. Die Berufung wurde auch form- und fristgerecht eingelegt (§
151 SGG).
Die Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zutreffend als zulässig, aber unbegründet abgewiesen.
1.
Streitgegenstand sind nach dem Antrag der Klägerin
a) laufende Leistungen der Grundsicherung im Alter für den Zeitraum 01.09.2010 bis 31.03.2011 - in der mit Bescheid vom 27.08.2010
als Darlehen gewährten Höhe - als Zuschuss. Dass Leistungen für weitere Bewilligungszeiträume nicht Gegenstand des Verfahrens
sind, ergibt sich schon aus dem Antrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 23.10.2014. Im Übrigen sind Grundsicherungsleistungen
für den Zeitraum ab 01.04.2011 vom Beklagten mit gesondertem Bescheid vom 18.04.2011 abgelehnt worden; insoweit ist beim SG
Augsburg das Klageverfahren S 3 SO 47/14 anhängig.
b) die einmalige Leistung zum Erwerb von Heizöl für die am 01.10.2010 beginnende Heizperiode als Zuschuss. Die Leistung wurde
zunächst mit Bescheid vom 07.10.2010 in Höhe von 980,- Euro für den Zeitraum 01.10.2010 bis 30.09.2011 als Darlehen bewilligt.
Am 04.11.2010 wurde Widerspruch erhoben; mit Bescheid vom 08.11.2010 wurde der Bescheid vom 07.10.2010 aufgehoben und ersetzt;
es wurden für den Zeitraum 01.10.2010 - 31.03.2011 ein Betrag von 1.568,- Euro als Darlehen bewilligt. Damit wurde der Bescheid
vom 08.11.2010 nach §
86 SGG zum Gegenstand des anhängigen Widerspruchsverfahrens, obwohl §
86 SGG - anders als §
96 SGG - den Fall der Ersetzung nach seinem Wortlaut nicht umfasst (Bayer. LSG, Beschluss vom 02.12.2011, L 16 AS 877/11 B ER). Entsprechend wurde der Bescheid vom 08.11.2010 auch zum Gegenstand des Widerspruchsbescheides vom 30.11.2010, obwohl
die Widerspruchsbehörde darin auf den Bescheid vom 08.11.2010 in keiner Weise eingegangen ist. Der spätere, separate Widerspruch
gegen den Bescheid vom 08.11.2010 war unzulässig und schon deshalb zurückzuweisen. Dass die Klägerin gegen den zweiten Widerspruchsbescheid
vom 31.01.2011 nicht innerhalb der Monatsfrist Klage erhoben hat, steht damit der Einbeziehung des Bescheides vom 08.11.2010
in die Klage nicht entgegen.
Ein Antrag auf Bewilligung höherer als der gewährten Leistungen ist jeweils nicht gestellt worden; es ist lediglich darüber
zu entscheiden, ob die Leistungen als Zuschuss statt als Darlehen zu gewähren sind (vgl. BSG, Urteil vom 18.02.2010, B 4 AS 5/09 R, Rn. 10). Dabei sind grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt
zu prüfen (BSG, a.a.O.).
Nicht Gegenstand des Verfahrens ist auch die durch Zeitablauf erledigte Auflage (Ziffer 4. des Bescheides vom 27.08.2010).
Dies hat die Klägerin bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 15.09.2011 erklärt.
2.
Der Klägerin steht ein Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter als Zuschuss (§§ 19 Abs. 2, 41 ff. SGB XII) nicht zu. Dies gilt sowohl für die laufenden Leistungen für den Zeitraum 01.09.2010 bis 31.03.2011 als auch für die einmalige
Leistung für den Erwerb von Heizöl für die am 01.10.2010 beginnende Heizperiode. Zwar gehört die Klägerin zum grundsätzlich
anspruchsberechtigten Personenkreis, weil sie - geboren 1939 - die Altersgrenze erreicht hat (§ 41 Abs. 2 Satz 2 SGB XII). Sie kann jedoch ihren Lebensunterhalt - im streitgegenständlichen Zeitraum nach der Berechnung des Beklagten monatlich
etwa 672,- Euro (Regelsatz und Kosten der Unterkunft) - aus dem Einkommen aus eigener Rente und Witwenrente in Höhe von insgesamt
etwa 472,- Euro und ihrem Vermögen bestreiten. Sie ist Eigentümerin eines Wohnhauses, das als Vermögen einzusetzen ist und
zumindest in der Zeit vom 01.09.2010 bis 31.03.2011 zur Bestreitung des Lebensunterhalts neben dem laufenden Einkommen ausreicht.
a)
Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen (§ 90 Abs. 1 SGB XII). Das Hausgrundstück der Klägerin ist durch Vermietung und insbesondere durch Verkauf verwertbar. Der Senat ist davon überzeugt,
weil der gerichtliche Sachverständige - u.a. nach Vornahme einer Außenbesichtigung von öffentlichem Grund - einen Verkehrswert
von 186.000,- Euro ermittelt hat. Er hat damit die Marktgängigkeit des Anwesens bejaht. Reiheneckhäuser werden nach den Ausführungen
des Sachverständigen am Grundstücksmarkt in der Regel gern angemietet, weil sie den Mietern eine große individuelle Freiheit
bieten. Auch die Veräußerungsmöglichkeit ist gegeben. Sowohl die Vermietbarkeit als auch die Veräußerungsmöglichkeit sind
gegeben, wenn die Angebotspreise marktgerecht sind (Ziffer 5.6. des Sachverständigengutachtens). Dies wird insbesondere dadurch
untermauert, dass im Nachbarort W-Stadt im Jahr 2010 vergleichbare Anwesen tatsächlich veräußert worden sind (Ziffer 6.5.
des Sachverständigengutachtens).
Das Gutachten überzeugt insbesondere auch zur Wertermittlung. Es handelt sich bei dem Sachverständigen um einen von der örtlich
benachbarten IHK bestellten Gutachter in die Bewertung bebauter und unbebauter Grundstücke, der zudem Mitglied in dem Gutachterausschuss
des betreffenden Landkreises ist. Der Sachverständige hat die gestellten Fragen beantwortet, eine Ortsbesichtigung am 13.08.2014
(Außenbesichtigung) vorgenommen und sich Bewertungsgrundlagen verschafft. So ist dem Gutachten ein Lageplan beigegeben, diverse
Berechnungen der Wohn- und Nutzflächen aus dem Bauantrag sowie Grundbuchauszüge. Weiter hat der Sachverständige Auskünfte
über Bodenrichtwerte, den Erschließungszustand, städtebauliche Festsetzungen, über Hochwassergefahr und Altlastenverdacht
sowie sonstige öffentliche Gegebenheiten bei der Gemeinde eingeholt. Damit hatte der Sachverständige auch ohne eine Innenbesichtigung
genügend Bewertungstatsachen geschaffen, um eine valide Bewertung abzugeben. So konnte er nach den Wohnflächenberechnungen
von 25.04.1973 für die Reihenhäuser Nummer 23-28 eine Wohnfläche von 125,37 m2 zu Grunde legen, bei der das Dachgeschoss mit 28,71 m2 bemessen ist. Die Weigerung der Klägerin, eine Innenbesichtigung zuzulassen, hat damit eine Bewertung nicht verhindert.
Soweit allerdings der Erhaltungszustand von dem im Gutachten angenommenen Zustand abweicht, führt dies nicht zur Unschlüssigkeit
des Gutachtens. Denn insoweit fehlende Befundtatsachen gehen zu Lasten der Klägerin, die ein Betreten des Anwesens durch den
Sachverständigen abgelehnt und so eine amtliche Beibringung verhindert hat. Der Sachverständige durfte demnach von der Baubeschreibung
aus dem Bauantrag ausgehen (vergleiche Blatt 10 und 11 des Gutachtens). Er ging davon aus, dass keine energetische Modernisierung
stattgefunden hat, wie es auch die Klägerin behauptet. Ebenso konnte er auch von einem Alter des Gebäudes von 36 Jahren und
einer wirtschaftlichen Restnutzungsdauer von 43 Jahren ausgehen. Damit hat der Senat keinen Zweifel an der Größenordnung des
ermittelten Wertes in Höhe von etwa 186.000,- Euro.
Soweit die Klägerin eine ungünstige Infrastruktur geltend macht, greifen ihre Einwände nicht durch. Der Sachverständige hat
nämlich die entsprechenden Parameter bei der Wertermittlung berücksichtigt. Er hat die Veräußerungsvorgänge in der näheren
Umgebung gewürdigt und ist als Mitglied des Gutachterausschusses des Landkreises A-Stadt selbstverständlich über die Infrastruktur
U-Stadt/A-Stadt orientiert. Dies betrifft auch Bodengutachten, Baugrund, öffentliche Verkehrsmittel, Lärmbelästigung durch
Kreisstraße und Umfahrungsstraße und Hausanschlüsse. Gerade wegen dieser Umstände hat sich das Gericht mangels eigener Sachkunde
eines Sachverständigen bedient.
Das Anwesen der Klägerin ist auch nicht überschuldet. Der Schuldenstand lag zu Beginn des streitgegenständlichen Zeitraums
bei etwa 41.000,- Euro. Dies ergibt sich aus der Aufstellung des Beklagten, Bl. 50 der Beklagtenakte, sowie den eigenen Ausführungen
der Klägerin, Schriftsatz vom 26.04.2011, Bl. 21 der Akte des SG. Damit lag er weit unter dem ermittelten Marktwert der Immobilie.
Die schuldrechtlich vereinbarten, aber nicht im Grundbuch eingetragenen Wohnrechte - die im Übrigen während des streitgegenständlichen
Zeitraums nicht in Anspruch genommen wurden - stehen der Verwertbarkeit nicht entgegen, weil sie gegen einen möglichen Erwerber
nicht geltend gemacht werden können. Im Übrigen schließt auch ein dinglich gesichertes und tatsächlich in Anspruch genommenes
Wohnrecht die Verwertbarkeit nicht von vornherein aus (BSG, Urteil vom 12.07.2012, B 14 AS 158/11 R).
Anhaltspunkte dafür, dass ein Verkauf innerhalb von 7 Monaten - für diesen Zeitraum hat der Beklagte der Klägerin mit Bescheid
vom 27.08.2010 laufende Leistungen als Darlehen bewilligt - nicht oder nicht zu dem von dem gerichtlichen Sachverständigen
ermittelten Preis möglich gewesen wäre, liegen nicht vor. Die Klägerin hat nämlich keine (vergeblichen) Verkaufsbemühungen
unternommen. Damit erübrigen sich auch Ausführungen zu der Frage, ob der Klägerin hätte zugemutet werden können, das Anwesen
zu einem geringeren Preis anzubieten, um den Verkauf leichter realisieren zu können.
Ob eine sofortige Verwertung möglich gewesen wäre, ist nicht entscheidungserheblich. Der Beklagte hat nämlich angenommen,
dass die sofortige Verwertung eine Härte darstellen würde, und hat der Klägerin deshalb nach § 91 SGB XII ein Darlehen für 7 Monate gewährt.
b)
Es handelt sich nicht um Schonvermögen nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII. Danach darf die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung eines angemessenen Hausgrundstücks,
das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen
ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt
sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße,
der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes.
Die Klägerin bewohnte das Haus im streitgegenständlichen Zeitraum allein. Anhaltspunkte dafür, dass sie etwa wegen einer Behinderung
oder Pflegebedürftigkeit einen außergewöhnlichen Wohnbedarf haben könnte, liegen nicht vor. Damit bleibt es hinsichtlich der
Angemessenheit der Wohnfläche bei den allgemeinen Grenzwerten.
Die Angemessenheit der Größe von Familienheimen und Eigentumswohnungen war bis zum 31.12.2001 aufgrund der bis dahin in §
88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG enthaltenen ausdrücklichen Verweisung nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz (II. WobauG) zu bestimmen. Nach dessen Aufhebung
werden die für die Wohnungsbauförderung maßgeblichen Wohnungsgrößen nach dem Wohnraumförderungsgesetz durch die Länder bestimmt. Der Sozialhilfesenat des BSG hat sich für die Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße aus Gründen der Harmonisierung der Rechtsprechung der SGB-II-Senate angeschlossen, wonach diese zur Wahrung eines bundeseinheitlichen Maßstabs weiterhin nach den Werten des II. WobauG
zu bestimmen, jedoch - entsprechend den Vorgaben des § 90 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 SGB XII - nach der Zahl der Bewohner zu differenzieren ist. Danach gelten Familienheime mit einer Wohnfläche bis zu 130 qm und Eigentumswohnungen
mit bis zu 120 qm für einen Haushalt mit vier Personen nicht als unangemessen groß. Für jede weitere Person im Haushalt sind
zu den genannten Werten weitere 20 qm (vgl. § 39 Abs. 2 i.V.m. § 82 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 II. WobauG) zu addieren. Bei einer
geringeren Familiengröße sind je fehlender Person 20 qm abzuziehen, wobei vor allem bei jüngeren Hilfesuchenden eine Untergrenze
von 80 qm gelten soll, solange mit einem möglichen "Zuwachs" durch einen neuen Partner oder ein Kind zu rechnen ist (Mecke,
in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 90 Rn. 78).
Für ein Familienheim, das - wie hier - von einer Person bewohnt wird, gilt also ein Grenzwert von 90 m2. Der von Mecke, a.a.O., weiter vertretenen Auffassung, nach dem Rechtsgedanken des § 82 Abs. 3 Satz 2 II. WobauG sollte von
einer Reduzierung der angemessenen Wohnfläche abgesehen werden, wenn sich die Personenzahl erst durch den Auszug der erwachsenen
Kinder verringert habe, folgt der Senat nicht, weil sich hierfür im SGB XII kein Anhaltspunkt findet.
Die Wohnfläche des Hauses der Klägerin beträgt 125,37 m2. Die einzige diesbezüglich substantiierte Angabe ist die Aufstellung eines Architekten von 1973, die die Klägerin selbst
am 17.08.2010 bei dem Beklagten vorgelegt hat. Danach beträgt die Wohnfläche 125,37 m2. Kellerräume sind dabei nicht berücksichtigt, wohl aber das Dachgeschoss mit 28,71 m2. Ob die Wohnfläche tatsächlich kleiner ist, insbesondere in welchem Zustand sich das Dachgeschoss befindet, ist dem Senat
nicht bekannt. Es wurde mehrfach vergeblich versucht, die Klägerin bzw. ihre Tochter zu einem Einverständnis mit einer Begutachtung
zu bewegen, die eine Besichtigung des Hauses einschließt. Die Tochter hat dies jedoch stets abgelehnt. Da die Klägerin die
materielle Beweislast für das Vorliegen von Schonvermögen trägt und durch ihr Verhalten eine Besichtigung des Anwesens durch
den gerichtlichen Sachverständigen verhindert hat, bildet der Senat seine Überzeugung auf der Grundlage der Aufstellung von
1973, wonach die Wohnfläche 125,37 m2 beträgt.
Damit spielt auch keine Rolle mehr, ob eine Überschreitung des Richtwerts von 90 m2 um 10% unschädlich wäre. Es liegt nämlich eine Überschreitung um 39,3% vor. Selbst wenn man mit 110 m2 den Wert für drei Personen zu Grunde legen würde (1992: Ehemann und jüngster Sohn lebten mit im Haus), ergäbe sich eine Überschreitung
um 13,97%.
Ob die Grundstücksgröße als solche mit 363 m2 noch angemessen ist, kann offen bleiben. Insoweit ist auf die örtlichen Gegebenheiten abzustellen (BSG, Urteil vom 19.05.2009, B 8 SO 7/08 R, Rn. 20), zu denen keine allgemeinen Erkenntnisse vorliegen. Angesichts der Größe der
Wohnfläche ist die Frage nicht entscheidungserheblich.
Auch die übrigen in § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII genannten Kriterien führen nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Insbesondere ist der bauliche Zustand des Hauses nicht
so schlecht, dass trotz der unangemessenen Wohnfläche noch von einem angemessenen Hausgrundstück gesprochen werden könnte.
c)
Eine Härte nach § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII liegt nicht vor.
Eine Härte liegt vor, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalles, wie z.B. der Art, Schwere und Dauer der Hilfe,
des Alters, des Familienstands oder der sonstigen Belastungen des Vermögensinhabers und seiner Angehörigen, eine typische
Vermögenslage deshalb zu einer besonderen Situation wird, weil die soziale Stellung der nachfragenden Person insbesondere
wegen einer Behinderung, Krankheit oder Pflegebedürftigkeit nachhaltig beeinträchtigt ist.
So liegt es hier nicht.
aa)
Im vorliegenden Fall spricht nichts dafür, dass die Klägerin durch die Entscheidung des Beklagten, ihr Leistungen im Umfang
von etwa 3.000,- Euro als Darlehen statt als Zuschuss zu gewähren, faktisch gezwungen wäre, ihr Haus zu verkaufen und umzuziehen.
Es liegen derzeit keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beklagte wegen dieser Forderung die Zwangsversteigerung des Anwesens
zu betreiben beabsichtigt, solange die Klägerin in ihrem Anwesen wohnt. Der Senat zweifelt insbesondere nicht daran, dass
der Beklagte bei einer diesbezüglichen Entscheidung die Rechtsprechung des BSG zur Zumutbarkeit eines Umzugs für ältere Menschen (Urteil vom 23.03.2010, B 8 SO 24/08 R, Rn. 19-20) berücksichtigt.
Damit stellt sich nicht die Frage, ob Verkauf und Umzug eine Härte darstellen würden. Es steht allenfalls ein Vermögenseinsatz
in Form der Beleihung, konkret der Eintragung einer Zwangssicherungshypothek, im Raum. Diese begründet keinesfalls eine Härte
im Sinne von § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII.
bb)
Ohne dass dies noch entscheidungserheblich wäre, weist der Senat darauf hin, dass auch im Fall eines Verkaufs jedenfalls die
Vereitelung des Wohnrechts der Tochter und eines Bekannten keine Härte darstellen würde, weil letztlich keine Interessen der
Klägerin, sondern nur solche der Tochter und des Bekannten tangiert wären. Im Übrigen handelt es sich bei den berührten Interessen
um privatrechtliche Ansprüche auf kostenfreies Wohnen. Die Tochter und der Bekannte waren jedoch im streitgegenständlichen
Zeitraum nicht in einem Maße bedürftig, dass sie dieses Recht hätten in Anspruch nehmen müssen. Sie haben nicht in dem Haus
der Klägerin gewohnt und verlören dementsprechend auch bei einer Veräußerung nicht ihre Wohnung. Dass die Berechtigten, die
ihre Wohnrechte bis heute nicht wahrgenommen haben, Schadensersatzforderungen gegen die Klägerin erheben könnten, ist nicht
belegt und wäre im Übrigen auch nicht relevant, weil die Klägerin verpflichtet ist, für den eigenen Lebensunterhalt aufzukommen,
selbst wenn sie dadurch vertragliche Verpflichtungen verletzt. Anderenfalls müsste der Sozialhilfeträger zumindest indirekt
auch für Schulden aufkommen.
Anhaltspunkte dafür, dass der Tochter Unterhaltsansprüche gegen die Klägerin zustehen könnten, liegen nicht vor.
Im Übrigen könnte die Klägerin im Fall einer Veräußerung des Anwesens von zu erwartenden Verkaufserlös nicht nur ihren Lebensunterhalt
für viele Jahre bestreiten, sondern zusätzlich in erheblichem Umfang etwaige Forderungen der Tochter und des Bekannten befriedigen.
3.
Der Antrag der Klägerin, "dass sie weiterhin in dem Haus bleiben dürfe" ist unzulässig. Im Übrigen ist derzeit nicht erkennbar,
dass der Beklagte wegen seiner Forderung die Zwangsversteigerung zu betreiben beabsichtigt (s.o.).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§
160 Abs.
2 SGG) sind nicht ersichtlich.