Unzulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde im sozialgerichtlichen Verfahren nach rechtskräftigem Berufungsurteil trotz unrichtiger
Rechtsmittelbelehrung der Ausgangsentscheidung
Gründe:
I. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde wendet sich der Kläger gegen die Abweisung einer Klage gegen eine 3 %igen Herabsetzung
der Arbeitslosenhilfe.
1. Der 1950 geborene Kläger stand bei der Beklagten seit 15.09.1998 bis 13.07.2000 im Bezug von Arbeitslosengeld, daran schloss
sich im jeweils einjährigen Turnus die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe bis 31.12.2004 an.
Mit Bescheid vom 01.06.2004 gewährte die Beklagte dem Kläger für den neuen ab 14.07.2004 beginnenden Bewilligungsabschnitt
bis 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe nach einem ungerundeten wöchentlichen Bemessungsentgelt von 723,02 EUR. Mit Veränderungsmitteilung
vom 20.07.2004 erklärte der Kläger, er stehe der Beklagten ab 20.07.2004 für die Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung. Aus
diesem Grunde sowie wegen Streit um eine Meldeaufforderung vom 16.07.2004 zum 20.07.2004 stellte die Beklagte die Leistungszahlung
ein. Mit Bewilligungsbescheid vom 10.09.2004 / Widerspruchsbescheid vom 22.11.2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosenhilfe
für die Zeit ab 29.07.2004 bis 31.12.2004. Dabei senkte sie die Leistung herab, indem sie das bisherige Bemessungsentgelt
um 3 % auf ungerundet 701,91 EUR - gerundet 700,00 EUR - wöchentlich festsetzte mit der Folge eines Leistungsbetrages von
211,33 EUR/Woche.
Mit Aufhebungsbescheid vom 05.10.2004 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab 02.10.2004 wegen fehlender
Beschäftigungssuche aufgrund von Ortsabwesenheit auf. Dieser Bescheid ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
2. Gegen die Herabsetzung der Arbeitslosenhilfe ab 29.07.2004 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht München erhoben und sich
darauf berufen, dass die Gewährung der Arbeitslosenhilfe vom 01.06.2004 für den neuen Bewilligungsabschnitt ab 14.07.2004
das Bemessungsentgelt unverändert gelassen habe. Auf den so entschiedenen Fortbestand des Bemessungsentgelts habe er vertrauen
dürfen.
Mit Urteil vom 10.10.2008 hat das Sozialgericht die Klage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, die Beklagte sei
nach Ablauf von einem Jahr seit der letzten Arbeitslosenhilfebewilligung berechtigt gewesen, das Bemessungsentgelt um 3 %
herab zu bemessen.
3. Die dagegen eingelegte Berufung hat das Bayer. Landessozialgericht nach mündlicher Verhandlung mit Urteil vom 23.07.2009
als unzulässig verworfen. Der Beschwerdegegenstand von 750,00 EUR sei nicht erreicht, weil sich für die Zeit 29.07. bis 31.12.2004
ein streitiger Betrag von lediglich 108,04 EUR ergebe. Die unzutreffende Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Urteil des
Sozialgerichts, wonach die Berufung statthaft sei, führe nicht zur Zulässigkeit der gesetzlich ausgeschlossenen Berufung.
Eine Umdeutung des Rechtsmittelbegehrens in eine Nichtzulassungsbeschwerde komme nicht in Betracht, weil der Kläger trotz
Rüge der Unzulässigkeit durch die Beklagte vom 19.05.2009 sowie trotz ausdrücklichen Hinweises des Senates in der mündlichen
Verhandlung strikt an der Einlegung der Berufung anstelle der statthaften Nichtzulassungsbeschwerde festgehalten habe.
4. Am 23.02.2010 hat der Kläger gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts München vom 10.10.2008
Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Wegen der unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Urteil gelte für die
Nichtzulassungsbeschwerde die Jahresfrist, welche er eingehalten habe. Er sei in der mündlichen Verhandlung vom 23.07.2009
auf die Unzulässigkeit der Berufung hingewiesen worden. Er rüge eine Verletzung der gerichtlichen Amtsermittlungspflicht,
der richterlichen Beweiswürdigung und eine nicht sachgemäße Berücksichtigung aller erheblichen Tatsachen. Die Beklagte sei
zur Herabsetzung der Arbeitslosenhilfebewilligung nicht mehr berechtigt gewesen, nachdem sie die Arbeitslosenhilfe ab 01.06.2004
in unveränderter Höhe bis 31.12.2004 weiter bewilligt habe.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 10.10.2008 zuzulassen und die Beklagte in Aufhebung des Urteils
vom 10.10.2008 sowie in Abänderung des Bescheides vom 10.09.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.11.2004
zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 29.07.2004 bis 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe nach einem Bemessungsentgelt zu bewilligen,
das nicht auf 700,00 EUR herabgesetzt ist.
Die Beklagte beantragt,
die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde bleibt vollumfänglich ohne Erfolg.
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 10.10.2008 ist nicht statthaft.
Der Kläger hat gegen das Urteil das Rechtmittel der Berufung eingelegt. Über diese hat das Bayer. Landessozialgericht mit
Urteil vom 23.07.2009 abschlägig entschieden. Dieses Urteil ist rechtskräftig. Damit ist über den Streitgegenstand, die Herabbemessung
der Arbeitslosenhilfe des Klägers auf wöchentlich 211,33 EUR für die Zeit ab 29.07.2004 rechtskräftig entschieden. Die Rechtskraft
des Urteils steht jeglicher gerichtlicher Geltendmachung gegenüber der Entscheidung der Beklagten entgegen.
Der Rechtskraft in Folge des Berufungsurteils vom 23.07.2009 steht nicht entgegen, dass die Ausgangsentscheidung des Sozialgerichts
München eine unzutreffende Rechtsmittelbelehrung enthalten hatte. Denn sowohl die Beklagte als auch das Bayer. Landessozialgericht
hatten den Kläger ausdrücklich auf die Unzulässigkeit seiner Berufung hingewiesen. Gleichwohl sowie trotz unzweideutigen Hinweises
in der mündlichen Verhandlung vom 23.07.2009 hat er ausdrücklich auf der Durchführung der Berufung beharrt. Eine Umdeutung
der Berufung in eine Nichtzulassungsbeschwerde war deshalb weder veranlasst noch rechtlich zulässig. Das Urteil vom 23.07.2009
sperrt somit jegliches weitere gerichtliche Verfahren zur streitigen Herabbemessung der Arbeitslosenhilfe.
2. Darüber hinaus wäre die Nichtzulassungsbeschwerde auch unbegründet. Gemäß §
144 Absatz
2 SGG wäre die Berufung mangels Erreichens der Rechtsmittelsumme von 750,00 EUR nur dann zuzulassen, wenn
1. die Rechtsache grundsätzliche Bedeutung hätte,
2. das Urteil von einer anderweitigen obergerichtlichen Entscheidung abwiche oder
3. ein erstinstanzlicher Verfahrensmangel geltend gemacht würde und vorläge, auf welchem die Entscheidung beruhen könnte.
Keiner dieser Zulassungsgründe ist erfüllt.
Die Rechtssache, in welcher es um die Höhe der Arbeitslosenhilfe geht, hat spätestens seit Ablösung der Arbeitslosenhilfe
durch die Leistungen nach dem SGB II zum 01.01.2005 keine grundsätzliche Bedeutung mehr. Der Zulassungsgrund der Divergenz
ist weder gerügt noch sonst ersichtlich. Zwar hat der Kläger den Verstoß gegen die Amtsermittlung als Verfahrensmangel gerügt,
er hat jedoch nicht substantiiert gerügt, in welcher Gestalt die erste Instanz hätte gegen ihre Amtsermittlungspflicht hinsichtlich
der Entscheidung zugrundeliegenden Tatsachen verstoßen haben sollen. Der Kläger hat vielmehr in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde
sein bisheriges Vorbringen wiederholt, wonach die Beklagte wegen der vorangehenden Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab 14.07.2004
ihm Vertrauensschutz begründet hatte. Es ist nicht erkennbar, dass das Sozialgericht zu den insoweit vorgetragenen Tatsachen
hätte weitere Sachermittlungen von Amts wegen durchführen müssen, zumal erstinstanzlich die Verwaltungsakte der Beklagten
beigezogen und in das Verfahren eingeführt worden war.
Soweit der Kläger rügt, die Beklagte sei nicht zur Herabbemessung der Arbeitslosenhilfe berechtigt gewesen, ist die inhaltliche
Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils betroffen. Die Rüge dieser Art kann aber nicht Gegenstand einer Nichtzulassungsbeschwerde
sein.
3. Doch selbst wenn die Nichtzulassungsbeschwerde zulässig wäre, bliebe sie ohne Erfolg.
Dem Kläger ist wegen der Unterbrechung des Leistungsbezugs auf seine eigene Veränderungsmitteilung hin ab 20.07.2004 kein
Vertrauensschutz im Sinn der §§ 45 Abs. 2, 48 Abs. 1 SGB X mehr zuzubilligen in Bezug auf den Fortbestand der Leistungshöhe durch die Beklagte für die Zeit ab 14.07.2004. Bei der erneuten
Bewilligung durch den Bescheid vom 10.09.2004 / Widerspruchsbescheid vom 22.11.2004, welcher in Folge des ausdrücklichen Abänderungsbegehrens
des Klägers nur der Höhe nach streitgegenständlich ist, war die Beklagte somit nicht gehindert, die Arbeitslosenhilfe im vorgenommenen
Umfange herabzubemessen.
Hierauf kommt es jedoch wegen der Unzulässigkeit des Rechtsmittels nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Es verbleibt somit bei der Rechtskraft des abweisenden Urteiles des Sozialgerichts München vom 10.10.2008.
Gegen diesen Entscheidung ist die Beschwerde an das Bundessozialgericht nicht statthaft (§
177 SGG).