Gründe:
I.
Streitig ist ein Anspruch auf Insolvenzgeld (Insg) für die Zeit vom 1. September 2015 bis 30. Oktober 2015 und die Erstattung
eines hierauf gezahlten Vorschusses iHv 2.600,- EUR.
Der Kläger war bei der S Logistik und Transport GmbH (GmbH) als Kraftfahrer beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund
der Eigenkündigung des Klägers zum 31. Oktober 2015 (Vergleich beim Arbeitsgericht Potsdam vom 20. November 2015 - 5 Ca 1671/15 -). Der Betrieb war bereits zuvor durch Rechtsgeschäft auf den Geschäftsführer der GmbH als Einzelunternehmer, der den Geschäftsbetrieb
fortführte, mWv 1. September 2015 übergegangen; die GmbH stellte zu diesem Zeitpunkt den Geschäftsbetrieb ein (vgl Gutachten
im Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der GmbH vom 15. April 2016, das mit Beschluss des Amtsgerichts Potsdam
vom 18. April 2016 - 35 IN 35/16 - eröffnet wurde).
Die Beklagte gewährte dem Kläger auf dessen Antrag vom 26. Februar 2016, mit dem dieser ausgefallenes Arbeitsentgelt vom 1.
September 2015 bis 30. Oktober 2015 geltend machte, einen Insg-Vorschuss iHv 2.600,- EUR. Zugleich wies sie darauf hin, dass
dieser Betrag zu erstatten sei, soweit ein Anspruch auf Insg nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt werde (Bescheid vom
14. April 2016). Später lehnte die Beklagte die Bewilligung von Insg ab und forderte Erstattung des Vorschusses (Bescheid
vom 29. Juni 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. September 2016). Insg sei für die Zeit vom 1. September
2015 bis 30. Oktober 2015 nicht zu gewähren, da zum 1. September 2015 ein Betriebsübergang stattgefunden habe.
Das Sozialgericht (SG) Potsdam hat die Klage unter Bezugnahme auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid abgewiesen (Urteil vom 20. November 2019).
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Auf die Berufungsbegründung vom 16. März 2020 wird Bezug genommen.
Der Kläger beantragt nach seinem Vorbringen,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 20. November 2019 und den Bescheid der Beklagten vom 29. Juni 2016 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 22. September 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Insolvenzgeld für die Zeit
vom 1. September 2015 bis 30. Oktober 2015 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
II.
Der Senat hat gemäß §
153 Abs.
4 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) die zulässige Berufung des Klägers durch Beschluss zurückweisen können, weil er dieses Rechtsmittel einstimmig für unbegründet
und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (vgl.
§
153 Abs.
4 Satz 2
SGG).
Die Berufung ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Insg für den geltend gemachten Zeitraum vom 1. September
2015 bis 30. Oktober 2015. Der insoweit gezahlte Vorschuss ist zu erstatten.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist neben der angefochtenen Entscheidung der Bescheid der Beklagten vom 29. Juni 2016 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. September 2016, mit dem die Beklagte den Insg-Antrag abgelehnt hat. Weiter
hat sie mit diesem Bescheid die Erstattung des vorschussweise erbrachten Insg iHv 2.600,- EUR verlangt. Der Bescheid vom 29.
Juni 2016 hat den Vorschussbescheid vom 14. April 2016 vollständig ersetzt (§
168 Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung -
SGB III -, § 39 Abs. 2 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X -). Das klägerische Begehren ist bei verständiger Würdigung (vgl §
103 SGG) so zu verstehen, dass dieser sich nicht - wie beantragt - (nur) gegen die verlautbarte Erstattungsentscheidung, sondern
auch die Ablehnung von Insg im Streitzeitraum wendet.
Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Insg ist §
165 Abs.
1 Satz 1
SGB III idF des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20. Dezember 2011 (BGBl I 2854). Hiernach
haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf Insg, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei einem Insolvenzereignis
für die vorausgegangenen drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. Als Insolvenzereignis
gilt nach §
165 Abs.
1 Satz 2
SGB III die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers (Nr 1), die Abweisung des Antrags auf Eröffnung
des Insolvenzverfahrens mangels Masse (Nr 2) oder die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag
auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht
in Betracht kommt (Nr 3).
Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH ist ein Insolvenzereignis iSv § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr.
1 eingetreten, und zwar am 18. April 2016. Für die Zeit vom 1. September 2015 bis 30. Oktober 2015 (Beendigung des Arbeitsverhältnisses
am 31. Oktober 2015) bestanden noch Ansprüche des Klägers auf Arbeitsentgelt. Der Ausgleich von Ansprüchen auf rückständiges
Arbeitsentgelt durch Insg iSv §
165 Abs.
1 Satz 1
SGB III erfolgt jedoch nur für solche arbeitsrechtlichen Ansprüche, die in den Insg-Zeitraum fallen. Die Lage des Insg-Zeitraums
bestimmt sich neben dem Zeitpunkt des Insolvenzereignisses nach den letzten drei Monaten des Arbeitsverhältnisses mit dem
jeweiligen insolventen Arbeitgeber vor Eintritt des Insolvenzereignisses. §
165 Abs.
1 Satz 1
SGB III sichert also nicht jegliches ausgefallene Arbeitsentgelt im Zusammenhang mit einer Insolvenz, sondern nur arbeitsrechtliche
Ansprüche des Arbeitnehmers gegen einen konkreten Arbeitgeber, der wiederum von einem der in §
165 Abs.
1 Satz 2
SGB III bezeichneten Insolvenzereignisse betroffen sein muss. Im Falle eines Betriebsübergangs vor dem Insolvenzereignis endet der
Insg-Zeitraum trotz fortbestehenden Arbeitsverhältnisses des Arbeitnehmers indes mit der Betriebsübernahme durch den neuen
Erwerber. Wegen eines Insolvenzereignisses bei dem (bisherigen) Arbeitgeber steht dem Arbeitnehmer Insg dann nur bis zum Zeitpunkt
des Betriebsübergangs zu (vgl zum Ganzen Bundessozialgericht, Urteil vom 26. Februar 2019 - B 11 AL 3/18 R - juris - Rn 15 ff mwN; vgl auch schon Urteil des erkennenden Senats vom 13. Juni 2018 - L 18 AL 52/16 - juris).
Dies folgt aus §
613a Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB). Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser nach §
613a Abs.
1 Satz 1
BGB in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Nach der Rspr des Bundesarbeitsgerichts
(BAG) enthält §
613a Abs.
1 BGB als Tatbestandsmerkmal kein auf die bestehenden Arbeitsverhältnisse bezogenes Rechtsgeschäft. Der Übergang des Arbeitsverhältnisses
ist nicht Tatbestandsvoraussetzung des §
613a Abs.
1 BGB, sondern die gesetzliche Rechtsfolge des Betriebsübergangs (vgl nur BAG vom 30.10.1986 - 2 AZR 101/85 - BAGE 53, 251). Mit dem Betriebsübergang ist der Betriebserwerber der neue Arbeitgeber bei Fortbestand des bisherigen Arbeitsverhältnisses.
Das Arbeitsverhältnis geht auf ihn über.
Zwar bestimmt §
613a Abs.
2 BGB, dass der bisherige Arbeitgeber neben dem neuen Inhaber als Gesamtschuldner für Verpflichtungen nach §
613a Abs.
1 BGB haftet, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig
werden. Für derartige Ansprüche vor dem Betriebsübergang macht der Kläger jedoch kein Insg geltend. Eine Konstellation, in
welcher die Arbeitsverhältnisse bei dem Betriebsveräußerer verbleiben, weil die betroffenen Arbeitnehmer dem Betriebsübergang
widersprechen, ist hier nicht gegeben. Eine (zeitgleiche) Einstandspflicht von Veräußerer und Betriebsübernehmer für die Ansprüche
aus dem Arbeitsverhältnis besteht regelmäßig nur bis zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs, der hier am 1. September 2015 stattfand.
Ein Betriebsübergang iSv §
613a Abs
1 Satz 1
BGB - wie auch im Sinne der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen beim
Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- und Betriebsteilen (ABl Nr L 82 S 16) - liegt vor, wenn die für den
Betrieb verantwortliche natürliche oder juristische Person, die Arbeitgeberverpflichtungen gegenüber den Beschäftigten eingeht,
im Rahmen vertraglicher Beziehungen wechselt und die in Rede stehende Einheit nach Übernahme durch den neuen Inhaber ihre
Identität bewahrt (BAG, Urteil vom 25. August 2016 - 8 AZR 53/15 - AP Nr 466 zu §
613a BGB - Rn 2). Nach der danach vorzunehmenden Gesamtbewertung ist der Senat von einem Betriebsübergang von der GmbH auf ein Einzelunternehmen
des früheren Geschäftsführers am 1. September 2015 überzeugt. Materielle Betriebsmittel, die gesamte Belegschaft und der Kundenstamm
sind auf den Erwerber, der den Geschäftsbetrieb der GmbH fortführte, an diesem Tag vollständig übergegangen. Dies folgt aus
den vorliegenden Gutachten des Insolvenzverwalters und der Prüfmitteilung der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg
vom 6. Oktober 2016.
Da der Insg-Zeitraum mit der Betriebsübernahme am 1. September 2015 endete, steht dem Kläger kein Anspruch auf Insg für die
Zeit vom 1. September 2015 bis 30. Oktober 2015 zu. Der insoweit gezahlte Insg-Vorschuss iHv 2.600,- EUR ist daher zu erstatten
(§
168 Satz 4 Nr 1
SGB III), ohne dass sich der Kläger insoweit auf Vertrauen berufen kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor.