Beitragspflicht zur Sozialversicherung
Pressesprecher und Fundraiser
Abgrenzung selbständiger Tätigkeit von abhängiger Beschäftigung
Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit
Funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Beigeladene zu 1) ab dem 2. Januar 2009 bei dem Kläger versicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist.
Der 1968 geborene Beigeladene zu 1) ist Diplom-Medienwissenschaftler. Am 12. Dezember 2008 schloss er mit dem Kläger einen
Dienstvertrag über die Planung, Umsetzung und Dokumentation der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Klägers. Er verpflichtete
sich, diese Leistung vom 2. Januar 2009 bis zum 30. Dezember 2009 mit monatlich 100 Stunden zu erbringen. Dafür sollte er
eine Vergütung von monatlich brutto 4.284,- € erhalten. Daneben schloss der Beigeladene zu 1) einen Dienstvertrag mit dem
Kläger über die Konzeption und Durchführung der Presse- und PR-Arbeit für die MSM-Kampagne "ich weiß was ich tu". Dafür sollte
der Beigeladene zu 1) monatlich 1.785,00 € brutto erhalten. Am 18. November 2009 schloss der Beigeladene zu 1) einen weiteren
Dienstvertrag mit dem Kläger über Planung, Umsetzung und Dokumentation der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und des Fundraisings.
Die Leistung sollte vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2010 mit monatlich 120 Stunden erbracht werden, dabei sollten
75 % auf die Presse und 25 % auf das Fundraising entfallen. Als Vergütung wurden 5.140,80 € vereinbart. Für die Einzelheiten
der Verträge wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Am 18. Dezember 2009 beantragte der Beigeladene zu 1) bei der Beklagten die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens
für seine Tätigkeit als Pressesprecher und ab dem 1. Januar 2010 auch als Fundraiser. Nach Anhörung des Klägers entschied
die Beklagte durch Bescheid vom 14. Juli 2010, dass der Beigeladene zu 1) seine Tätigkeit für den Kläger seit dem 2. Januar
2009 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Seit diesem Tag bestehe Versicherungspflicht in der Kranken-,
Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Für das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses
spreche, dass der Beigeladene zu 1) seine Arbeiten auch am Betriebssitz des Klägers erledige, er nach außen hin im Namen des
Klägers auftrete und als Mitarbeiter erscheine, er die Arbeitsleistung höchstpersönlich erbringe, er an Teilprojekten zusammen
mit anderen Mitarbeitern des Klägers arbeite, ihm eine erfolgsunabhängige Pauschalvergütung ohne Gewinn- oder Verlustrisiko
gewährt werde und ihm benötigte Arbeitsmittel von dem Kläger zur Verfügung gestellt würden. Für die Annahme einer selbständigen
Tätigkeit spreche dagegen, dass der Beigeladene zu 1) auch in seinem Home Office und auch für andere Auftraggeber tätig geworden
wäre. Die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechenden Umstände würden überwiegen.
Den gegen diesen Bescheid von dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1) erhobenen Widerspruch, mit dem beide das Vorliegen einer
selbständigen Tätigkeit geltend machten, wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2011 zurück. Alle Aufgabenbereiche
des Beigeladenen zu 1) fänden sich in der Definition für abhängig beschäftigte Pressesprecher wieder, welche die Tätigkeit
von Pressesprechern im Allgemeinen beschreibe. Dem Beigeladenen zu 1) seien nur scheinbar Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich
der Arbeitszeit eingeräumt. Die Stundenzahl sei vertraglich festgelegt und die Arbeitszeiten würden sich aus dem erteilten
Auftrag ergeben. Der Beigeladene zu 1) habe immer die aktuellen Nachrichten preiszugeben und sei Ansprechpartner für die Medien.
Versäume er die zeitnahe Erledigung seiner Aufgaben, würde ihm eine Weisung erteilt werden. Dass der Beigeladene zu 1) nicht
nur am Betriebssitz des Klägers tätig sei, belege noch keine selbständige Tätigkeit, da dies auch für Außendienstmitarbeiter
üblich sei. Eine eigenverantwortliche Planung sei auch Aufgabe von abhängig Beschäftigten. Eine über die Beschäftigung hinausgehende
Verantwortlichkeit sei nicht ersichtlich. Bei Diensten höherer Art trete an die Stelle der Weisungsgebundenheit die funktionsgerecht
dienende Teilhabe am Arbeitsprozess. Der Beigeladene zu 1) trage kein Unternehmerrisiko, da er seine Arbeitskraft angesichts
der festen Pauschalvergütung nicht mit ungewissem Erfolg einsetze. Der Annahme eines Arbeitsverhältnisses stehe nicht entgegen,
dass im Urlaubs- und Krankheitsfall keine Vergütung gezahlt werde. Der Verzicht auf eigentlich zustehende Leistungen begründe
noch keine Selbständigkeit.
Dagegen richtet sich die am 22. März 2011 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangene Klage. Das Sozialgericht hat durch Urteil
vom 12. November 2014 den Bescheid der Beklagten vom 14. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar
2011 aufgehoben und festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) in der für den Kläger ausgeübten Tätigkeit als Pressesprecher
und Fundraiser seit dem 2. Januar 2009 nicht der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und
nach dem Recht der Arbeitsförderung aufgrund abhängiger Beschäftigung unterliege. Die Beklagte habe zu Unrecht Versicherungspflicht
festgestellt. Die Kammer sei zu der Überzeugung gelangt, dass der Beigeladene zu 1) eine selbständige Tätigkeit ausgeübt habe.
Die Vertragsparteien hätten eine freie Mitarbeit vereinbaren und gerade kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis
begründen wollen. Nach der Rechtsprechung des BSG (Hinweis auf Urt. v. 28. Mai 2008 - B 12 KR 13/07 R) komme dem im Vertrag dokumentierten Willen jedenfalls dann indizielle Bedeutung zu, wenn er den sonstigen tatsächlichen
Verhältnissen nicht offensichtlich widerspreche und durch weitere Aspekte gestützt werde. Beides sei vorliegend der Fall.
Der Beigeladene zu 1) sei in der Gestaltung seiner Tätigkeit frei gewesen. Er habe keinen Arbeitsplatz in den Räumen des Klägers
gehabt, sondern überwiegend zu Hause gearbeitet. Abgesehen von dem vereinbarten Stundenkontingent habe es keine zeitlichen
Vorgaben gegeben. Hinsichtlich der Ausführung der Tätigkeit seien keine Weisungen erfolgt. Diverse Bestimmungen des Vertrags
enthielten werkvertragliche Elemente. Der Beigeladene zu 1) habe keine bzw. nur im untergeordneten Umfang Arbeitsmittel des
Klägers in Anspruch genommen. Zwar lägen auch auf eine abhängige Beschäftigung hindeutende Indizien vor. Im Wesentlichen sei
die mit der Tätigkeit verbundene Eingliederung in den Betrieb des Klägers zu nennen. Der Beigeladene zu 1) habe die zur Ausübung
seiner Tätigkeit notwendigen Informationen von dem Kläger erhalten, seine Werke vor der Veröffentlichung mit dem Kläger abgesprochen
und sei nach außen hin für den Kläger aufgetreten. Diese Aspekte seien aber von untergeordneter Bedeutung, da sie mit der
Art der Tätigkeit naturgemäß verbunden seien. Selbst bei einem einmaligen Kontakt und einem abgeschlossenen Werkvertrag müssten
Abstimmungen erfolgen. Die enge Zusammenarbeit spreche zwar in gewisser Weise für eine abhängige Tätigkeit, schließe andererseits
aber eine selbständige Ausübung nicht aus und stehe nicht im offensichtlichen Widerspruch zu dem vertraglich dokumentierten
Willen der Begründung einer freiberuflichen Tätigkeit. Weiteres Indiz für eine abhängige Beschäftigung sei die Laufzeit des
Vertrags von einem Jahr und die Vereinbarung einer festen monatlichen Vergütung und einer festen Stundenzahl in diesem Zeitraum.
Diese Indizwirkung sei aber eingeschränkt, weil die vorgenommene Vertragsgestaltung bei vorher feststehendem und gleichbleibendem
Bedarf an die Stelle einer Rahmenvereinbarung oder einer Kette von Werkverträgen trete. Kein Indiz sei dagegen das Fehlen
eines unternehmerischen Risikos. Bei freiberuflichen Tätigkeiten, welche keinen besonderen Einsatz von Sachmitteln erforderten,
könne das weder für noch gegen das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung angeführt werden.
Gegen das der Beklagten am 21. November 2014 zugestellte Urteil richtet sich die am 16. Dezember 2014 bei dem Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung der Beklagten. Die Beklagte hält das Urteil des Sozialgerichts für nicht überzeugend.
Schon der Ausgangspunkt des Sozialgerichts sei fraglich, den geschlossenen Verträgen einen auf eine freie Mitarbeit gerichteten
Willen zu entnehmen. Die Verträge seien als Dienstverträge überschrieben. Die aufgeführten Leistungen wie z.B. positive Darstellung
der Deutschen Aids-Hilfe in der medialen Öffentlichkeit oder Pflege und systematische Erweiterung von Kontakten zur Presse,
zu Medien etc. ließen eine werkvertragliche Einordnung eher nicht zu. Soweit jeweils von Auftraggeber und Auftragnehmer die
Rede sei und die Geltung der VOL festgelegt werde, handele es sich um Worthülsen, die am Gegenstand des Vertrags vorbeigingen.
Angesichts der vereinbarten pauschalen Vergütung habe der Beigeladene zu 1) kein Unternehmerrisiko getragen. Er habe die Beklagte
als Pressesprecher zu repräsentieren gehabt, sei damit nicht als Selbständiger wahrgenommen worden. Interviews und Medienstatements
hätten der vorherigen Abstimmung bedurft. Nach § 3 des Dienstvertrags betr. die MSM-Kampagne "ich weiß was ich tu" sei der
Beigeladene zu 1) verpflichtet gewesen, Weisungen und Änderungswünsche des Klägers zeitnah umzusetzen. Der Beigeladene zu
1) sei auch zeitlich keineswegs frei gewesen. Aus dem Schreiben vom 12. Februar 2010 ergäben sich enge Zeitkorridore. Da der
Kläger eine Nachbesserungspflicht geltend mache, solle er schriftliche Abnahmeerklärungen entsprechend den Vorgaben des Dienstvertrages
vorlegen und Nachweise dafür, dass im Einzelfall wegen Schlechtleistung eine andere als die vertraglich vereinbarte Vergütung
gezahlt worden sei. Der Name des Beigeladenen zu 1) bei Presseinformationen werde nur zusammen mit dem Hinweis "Pressesprecher"
und dem Kläger als Herausgeber genannt. Der Beigeladene zu 1) werde also nur als Sprachrohr des Klägers wahrgenommen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. November 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das Urteil des Sozialgerichts sei zutreffend. Das Sozialgericht habe richtig erkannt, dass die Vertragsparteien ein freies
Dienstverhältnis und keine abhängige Beschäftigung begründen wollten. Der Beigeladene zu 1) habe keinem Weisungsrecht unterlegen
und sei nicht in den Betrieb des Klägers eingegliedert gewesen. Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) sei durch ein eigenes
Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft
und eine frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet gewesen. Soweit die Beklagte von einer Eingliederung des
Beigeladenen zu 1) ausgehe, verkenne sie, dass erforderliche Absprachen auch für einen Dienst- oder Werkvertrag typisch seien.
Auch im Rahmen der MSM-Kampagne "ich weiß was ich tu" sei kein Weisungsrecht vereinbart worden. Auch tatsächlich habe es keine
Weisungen gegeben. Die bloße Möglichkeit eines Auftraggebers, Änderungswünsche oder konkrete Weisungen zu formulieren, sei
kein Weisungsrecht im Sinne des § 106 GewO. Dieses Weisungsrecht beziehe sich auf Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung. Insoweit habe er - der Kläger - aber kein
Direktionsrecht gehabt. Für das Vorliegen freier Dienstverträge spreche, dass der Beigeladene zu 1) einen detaillierten Nachweis
seiner Leistungen nebst Zeiterfassung vorlegen musste und selbst für die Versteuerung seines Honorars verantwortlich war.
Urlaubsansprüche oder Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall seien nicht vorgesehen gewesen. Auch sei jedem Dienstvertrag immanent,
dass der Auftraggeber eine kurzfristige Erledigung erwarte. Zutreffend habe das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass der
Beigeladene zu 1) in der Gestaltung seiner Tätigkeit frei war und zuhause arbeitete, dass für den Beigeladenen zu 1) abgesehen
von dem Stundenkontingent keine zeitlichen Vorgaben bestanden und er keine fremden Arbeitsmittel in Anspruch genommen habe.
Zutreffend sei auch der Hinweis auf die zahlreichen werkvertraglichen Elemente sowie darauf, dass weder die fest vereinbarte
Stundenzahl noch die feste monatliche Vergütung hier gegen eine selbständige Tätigkeit sprechen würden. Die Beklagte nehme
nicht zur Kenntnis, dass die namentliche Nennung des Beigeladenen zu 1) in seinen - des Klägers - Veröffentlichungen gerade
für eine selbständige Tätigkeit spreche. Auch fehlten Ansprüche auf Urlaubs- oder Weihnachtsgeld, Mehrarbeits- und Sonntagszuschläge,
auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und bezahlten Jahresurlaub. Für eine selbständige Tätigkeit spreche weiter, dass
der Beigeladene zu 1) von der Möglichkeit Gebrauch gemacht habe, Arbeitszeit und Arbeitsort frei einzuteilen, der Vertrag
ständig neu befristet worden sei, der Auftrag für die MSM-Kampagne "ich weiß was ich tu" wortgleich auch an eine GmbH vergeben
worden sei, die vereinbarte Kündigungsfrist sich nicht an den zwingenden Vorschriften für Arbeitsverhältnisse orientiere,
die Bezugnahme auf die VOL/A und VOL/B in einem Arbeitsverhältnis keinen Sinn mache, die Fälligkeit der Vergütung abweichend von den für Arbeitsverhältnisse gesetzlichen
Regelungen ausgestaltet worden sei, in einem Arbeitsverhältnis keine Verpflichtung zur Rechnungsstellung mit Stundennachweis
bestehe und die Arbeitsleistung nicht abgenommen werde. Es habe auch ein unternehmerisches Risiko gegeben, da der Beigeladene
zu 1) zur Nachbesserung verpflichtet gewesen sei und bei Erfolglosigkeit ohne Vergütung geblieben wäre. Auch habe der Beigeladene
zu 1) ihn - den Kläger - von eventuellen Ansprüchen Dritter freistellen müssen. Zudem habe sich die Höhe des effektiven Stundenlohns
nach der Schnelligkeit der Arbeit gerichtet. Der Beigeladene zu 1) habe selbständig gearbeitet. Die bloße Freigabe der Pressemitteilungen
stelle kein Weisungsrecht dar, sondern lediglich die Abnahme eines Werkes. Bei Flugzeugführern gehe das BSG davon aus, dass allein von der geminderten Autonomie noch nicht auf eine Weisungsgebundenheit geschlossen werden dürfe. Der
Beigeladene zu 1) sei schließlich auch noch für weitere Auftraggeber tätig geworden. Es komme nicht darauf an, ob der Vertrag
in einigen wenigen Bereichen nicht gelebt worden sei. Zu Unrecht bezeichne die Beklagte den Beigeladenen zu 1) als bloßes
Sprachrohr. Die Nennung seines Namens mache ihn als Urheber deutlich. Der Beigeladene zu 1) habe eigene Betriebsräume und
Arbeitsmittel und trete nach außen hin als selbständiger Kommunikationsberater auf. Er sei auch für andere Auftraggeber tätig
geworden. Er - der Kläger - habe ihm keine über die vertraglichen Regelungen hinausgehenden Tätigkeiten übertragen können,
was für Selbständigkeit spreche. Auch einem Selbständigen könnten Rahmenbedingungen vorgegeben werden, sofern noch genügend
Spielraum für deren Ausgestaltung verbleibe. Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) sei mit der eines Bildjournalisten vergleichbar,
für die das BSG bereits eine selbständige Tätigkeit angenommen habe (Hinweis auf Breith 1987, 924). Nach Eingehung des Auftragsverhältnisses zu verzeichnende Änderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung dürften aus
Vertrauensschutzgründen nicht rückwirkend angewandt werden. Der Beigeladene zu 1) habe diverse eigene Themen selbständig bearbeitet
und erstmals ein Kommunikationskonzept für ihn - den Kläger - entwickelt. Gelegentliche inhaltliche Zuarbeiten begründeten
keine abhängige Beschäftigung. Die Pressemeldungen seien vom Beigeladenen zu 1) selbständig erarbeitet und eigenständig verschickt
worden. Die Auswertung des Pressespiegels sei selbständig und unabhängig erfolgt, der Beigeladene zu 1) habe das Themenfeld
HIV/Aids eigenständig beobachtet. Er habe auch eigene Pressekontakte gepflegt und ihn - den Kläger - hinsichtlich der Pressestrategie
und Öffentlichkeitsarbeit beraten. Auch das Fundraising sei selbständig und eigenverantwortlich erfolgt. Der Beigeladene zu
1) habe sein bestehendes Netzwerk zur Akquise genutzt und eigenständig ein Fundraisingprojekt aufgebaut. Die Geschäftsführung
sei informiert und bei besonderen Anlässen auch einbezogen worden. Eine Zusammenarbeit mit seinen - des Klägers - Mitarbeitern
sei nur in Einzelfällen und Anlassbezogen erfolgt. Ein Kommunikationsberater habe nicht alle Themen inhaltlich gleichermaßen
abdecken können. Eine strukturierte Zusammenarbeit habe jedoch nicht stattgefunden, es habe keine Teilnahme an Sitzungen oder
sonstigen Veranstaltungen gegeben. Die journalistische Recherche sei aktiv und eigenständig erfolgt. Das gelte auch für die
Pflege der Webseite.
Der Beigeladene zu 1) weist darauf hin, dass er während seiner Tätigkeit als Pressesprecher diverse eigene Themen eingebracht
und selbständig bearbeitet habe. Er habe dem Kläger Vorschläge zur Außenkommunikation gemacht. Bei der Bearbeitung der Themen
habe er auch auf die fachliche Expertise von Mitarbeitern des Klägers (z.B. hinsichtlich medizinischer Fragen) zurückgegriffen.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten
verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung hat Erfolg. Zu Unrecht hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 14. Juli 2010 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2011 aufgehoben. Die Bescheide sind nicht rechtswidrig und verletzen den Kläger
nicht in seinen Rechten. Der Beigeladene zu 1) stand ab dem 2. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2010 in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis
bei dem Kläger, aus dem sich Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung
ergab.
Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist §
7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IV). Danach hat die Beklagte im Anfrageverfahren über das Vorliegen einer Versicherungspflicht auslösenden Beschäftigung zu
entscheiden. Mit Recht ist die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden von Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung,
der sozialen Pflegeversicherung, der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung ausgegangen.
Rechtsgrundlage ist §
5 Abs.
1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V), §
20 Abs.
1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB XI), §
1 Nr.
1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) und §
25 Abs.
1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB III). Nach diesen Vorschriften unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht.
Die danach für den Eintritt von Versicherungspflicht erforderliche Beschäftigung wird in §
7 Abs.
1 SGB IV definiert. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine
Beschäftigung sind nach §
7 Abs.
1 Satz 2
SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Abzugrenzen ist die eine
Versicherungspflicht begründende abhängige Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt Beschäftigung vor, wenn die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Dieses Merkmal ist bei einer Beschäftigung
in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und mit seiner Tätigkeit einem Zeit,
Dauer, Ort und Art der Ausführung erfassenden Weisungsrecht unterliegt. Dabei kann sich die Weisungsgebundenheit insbesondere
bei Diensten höherer Art zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern. Dagegen ist eine selbständige
Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über
die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob eine abhängige
Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit vorliegt, richtet sich danach, welche der genannten Merkmale bei Betrachtung des
Gesamtbildes der Verhältnisse überwiegen (Urteile des BSG vom 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R - und Urteil vom 12. November 2015 - B 12 KR 10/14 R -).
Der Beigeladene zu 1) ist, wie sich aus den von ihm vorgelegten Dienstverträgen und Rechnungen ergibt, vom 2. Januar 2009
bis zum 31. Dezember 2010 für den Kläger tätig gewesen. Für die Einordnung dieser Tätigkeit als selbständige Tätigkeit oder
abhängige Beschäftigung ist zunächst von den zwischen den Beteiligten getroffenen vertraglichen Abreden auszugehen. Diese
deuten darauf hin, dass eine selbständige Tätigkeit gewollt war. Dafür sprechen die Bezeichnung der Parteien als Auftraggeber
und Auftragnehmer, die Regelungen über die Abnahme der Leistung sowie die Bezugnahme auf die VOL/A und VOL/B.
Die vertraglich vorgegebene Einordnung als selbständige Tätigkeit muss aber auch vor den tatsächlichen Verhältnissen bestehen
können. Denn das Entstehen von Versicherungspflicht ergibt sich aus dem Gesetz und ist nicht Gegenstand einzelvertraglicher
Vereinbarungen. Entscheidend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist deswegen (auch) die tatsächliche Ausgestaltung
der Verhältnisse, welchen gegebenenfalls sogar stärkeres Gewicht als abweichenden vertraglichen Regelungen zukommen kann (Urteil
des BSG vom 28. Mai 2008 - B 12 KR 13/07 R - juris Rn 17; Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R - juris Rn 17). Nach diesen ist hier von einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) auszugehen. Entgegen dem Sozialgericht
widersprechen die tatsächlichen Bedingungen der Arbeitsleistung der vertraglich vorgesehenen Einordnung als freie Mitarbeit.
Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass die Verwendung werkvertraglicher Begrifflichkeiten den tatsächlichen Verhältnissen
bei der Erbringung der vertraglich geschuldeten Dienstleistungen nicht gerecht wird. Denn deren Gegenstand war durch die abgeschlossenen
Dienstverträge noch nicht so weit konkretisiert, dass abnahmefähige Leistungen beschrieben und vorgegeben waren. Ihr Inhalt
ergab sich erst im Verlauf der Tätigkeit. Der Beigeladene zu 1) griff bei der Ausführung seiner Arbeit jedenfalls zum Teil
auf die anderen Mitarbeiter des Klägers und dessen Arbeitsmittel zurück. Er hat eingeräumt, sich auch der vom Kläger zu Verfügung
gestellten Arbeitsmittel zu bedienen und gelegentlich auf die fachliche Expertise der anderen Mitarbeiter zurückzugreifen,
Insoweit erbrachte der Beigeladene zu 1) seine Leistungen in Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Klägers. Für die
Annahme einer abhängigen Beschäftigung spricht weiter, dass der Beigeladene zu 1) kein Unternehmerrisiko trug. Eigenes Kapital
oder eigene Arbeitsmittel hat er nicht im nennenswerten Umfang eingesetzt. Bei den vom Beigeladenen zu 1) im Rahmen der Ausübung
seiner Tätigkeit eingesetzten eigenen sächlichen Mittel handelte es sich um solche Gegenstände wie Computer, Büroräume, Büromaterial
und Mobiltelefone, die auch von Beschäftigten typischerweise vorgehalten und zur Arbeit benutzt werden.
Der Beigeladene zu 1) hat seine Arbeitskraft nicht mit der Gefahr eingesetzt, keine Vergütung zu erhalten. Die pauschal pro
Monat gewährte Vergütung verhinderte das. Nicht nachvollziehen kann der Senat in diesem Zusammenhang die Ausführungen des
Klägers dazu, dass die Höhe des effektiven Arbeitslohns von der Schnelligkeit der Arbeit abhing. Sollte diese Möglichkeit
tatsächlich bestanden haben, ergibt sich aus ihr jedenfalls noch nicht die Gefahr, dass eine Entlohnung gänzlich ausbleibt.
Im Übrigen hatte der Beigeladene zu 1) einen Stundennachweis vorzulegen. Den dem Kläger vor Augen stehende höheren Effektivlohn
hätte er demnach nur durch vertragswidrige Manipulationen erzielen können. Auf die vertraglich vorgesehene Möglichkeit des
Klägers, die Abnahme und Honorierung einzelner Leistungen des Beigeladenen zu 1) zu verweigern, kommt es schließlich ebenfalls
nicht an, weil von dieser Möglichkeit nach dem Vortrag des Klägers noch nie Gebrauch gemacht worden ist.
Selbst unter den geschilderten eher auf eine abhängige Beschäftigung hindeutenden äußeren Umständen kann eine Dienstleistung
aber in der Form einer freien Mitarbeit erbracht werden, wenn der Dienstleistende hinsichtlich der Ausgestaltung und des Inhalts
seiner Tätigkeit nach innen hin, also gegenüber seinem Auftraggeber, im Wesentlichen frei ist (vgl. BSG v. 31. März 2017 - B 12 R 7/15 R - juris Rn 41-49). Dabei spricht aber nicht jede inhaltliche Freiheit oder die Überlassung von Gestaltungsspielräumen schon
gegen die Annahme einer abhängigen Beschäftigung. Denn auch bei Diensten höherer Art liegt eine Beschäftigung vor, wenn die
Tätigkeit funktionsgerecht dienende Teilhabe an einem fremden Arbeitsprozess bleibt (Urteil des BSG vom 9. Dezember 1981 - 12 RK 4/81). Um gleichwohl eine selbständige Tätigkeit annehmen zu können, muss die inhaltliche Freiheit der Tätigkeit so prägend für
ihren Gegenstand sein, dass die Bedeutung der von fremder Hand vorgegebenen äußerlichen Rahmenbedingungen dahinter zurücktritt.
Dann führt auch die Verpflichtung, sich an bestimmten inhaltlichen Vorgaben auszurichten, noch nicht notwendig zur Annahme
von Weisungsgebundenheit. Tätigkeiten bleiben nämlich weisungsfrei, wenn zwar ihre Ziele vorgegeben werden, die Art und Weise
der Ausführung aber dem Dienstleister überlassen bleibt. Eine trotz äußerer organisatorischer Vorgaben freie Tätigkeit ist
in der Rechtsprechung des BSG anerkannt etwa für Lehrtätigkeiten. Hier wird eine abhängige Beschäftigung nicht bereits deswegen angenommen, weil dem Dozenten
der äußere Ablauf seiner Lehrtätigkeit vorgegeben wird, solange er inhaltlich frei und insbesondere nicht durch öffentliche
Lehrpläne gebunden ist (Urteil des BSG vom 12. Februar 2004 - B 12 KR 26/02 R - juris RdNr. 29). Entsprechend hat der erkennende Senat auch für die Selbständigkeit vom Bundesrat beauftragter Führer des
Besucherdienstes entscheidend darauf abgestellt, dass diese als Honorarkräfte im Kernbereich ihrer Tätigkeit frei waren (Urteil
vom 15. Juli 2011 - L 1 KR 206/09 - juris RdNr. 171). Auch das BSG hat bestätigt, dass Erziehungsbeistände selbständig sein können, obwohl sie durch Hilfepläne auf die Erreichung bestimmter
Ziele verpflichtet werden (BSG v. 31. März 2017 - B 12 R 7/15 R - juris Rn 33-34).
Übertragen auf den vorliegenden Sachverhalt bedeutet dies, dass für den sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen
zu 1) neben der Frage, wie seine Tätigkeit im Verhältnis zu der betrieblichen Organisation des Klägers und seine Verdienstmöglichkeiten
im Einzelnen organisiert und ausgestaltet gewesen sind, entscheidend darauf abzustellen ist, welches Maß an inhaltlicher Gestaltungsfreiheit
dem Beigeladenen zu 1) bei der Ausübung seiner Tätigkeit zugebilligt worden ist. Nur soweit seine Tätigkeit dadurch geprägt
war, dass es allein auf seine fachlichen Kenntnisse und Erfahrungen ankam und ihm entsprechend auch die Entscheidung überlassen
wurde, wie die von dem Kläger vorgegebenen Ziele zu erreichen waren, könnte von einer freien Mitarbeit ausgegangen werden.
Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) war aber dadurch bestimmt, dass er für mehrere Gegenstände seiner Tätigkeit dem Vorstand
des Klägers das Letztentscheidungsrecht überlassen musste. Ausweislich der Anlage 1 zu dem ersten Dienstvertrag vom 12. Dezember
2008 waren der Vorstand, die Geschäftsführung und die Abteilungen/Referate des Klägers bei allen Fragen der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
zu unterstützen. Die Verwendung des Wortes Unterstützung belegt, dass das Entscheidungsrecht darüber, was von der Tätigkeit
des Beigeladenen zu 1) nach außen dringen sollte, beim Kläger verblieb. Nach der Anlage zum zweiten Dienstvertrag vom 18.
November 2009 war der Vorstand ebenso bei allen Kommunikationsfragen zu beraten, neben der Geschäftsführung und den Abteilungen/Referaten
bei allen Fragen der Öffentlichkeitsarbeit durch publizistische Tätigkeit zu unterstützen, Veranstaltungen, Tagungen, Mitgliederversammlung
und Empfänge mussten mitorganisiert und Reden für die Geschäftsführung und den Vorstand verfasst werden. Jeweils soweit diese
in der Anlage zum Dienstvertrag aufgeführten Tätigkeiten betroffen sind, hat der Beigeladene zu 1) dienende Funktionen ausgeübt,
ohne das Letztentscheidungsrecht zu haben. Diese eine abhängige Beschäftigung begründende Eingliederung lässt sich auch nicht
mit dem Hinweis negieren, dass die Unterordnung unter den Vereinsvorstand wesensgemäße Aufgabe des Pressesprechers eines Vereins
sei. Wenn dies so wäre, ergäbe sich daraus nämlich nur ein Argument dafür, dass die Tätigkeit als Pressesprecher jedenfalls
durch natürliche Personen nur im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung verrichtet werden kann.
Nach alledem war auf die Berufung der Beklagten hin das Urteil des Sozialgerichts Berlin aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 SGG sind nicht ersichtlich.