Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Pflegegeld nach Pflegestufe II ab 3. Juli 2003 bis zum 4. Januar 2007.
Die 1993 geborene Klägerin leidet - wie auch ihre Zwillingsschwester - seit ihrer Geburt an einem Immundefekt mit Blutgerinnungsstörung
(Monosomie 7, Thrombozytopathie Glanzmann, Granulozytenfunktionstörung). Die Beklagte gewährt der Klägerin Pflegegeld bei
Pflegestufe I seit 5. Januar 1999 aufgrund des durch die Beteiligten angenommenen Vergleichsvorschlages des Berichterstatters
des 17. Senats des Landessozialgerichts Berlin vom 7. Juli 2000 im Verfahren L 17 P 39/99.
Mit Schreiben vom 30. Juni 2003 beantragte die Klägerin Pflegegeld nach einer höheren Pflegestufe. Die Beklagte holte das
Gutachten vom 15. September 2003 durch die MDK-Gutachterin C. B ein. Sie lehnte mit Bescheid vom 12. November 2003 den Antrag
ab. Nach dem Gutachten des MDK seien die Voraussetzungen für die Pflegestufe II derzeit nicht gegeben. Die Gutachterin habe
einen Pflegebedarf im Bereich der Grundpflege von 100 Minuten festgestellt. Der Hilfebedarf der hauswirtschaftlichen Versorgung
sei unstrittig, aber nicht leistungsauslösend. Es bestehe kein Pflegebedarf in der Nacht.
Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2004 zurück. Bei der Klägerin sei im
Vergleich zu gleichaltrigen Kindern ein Mehrbedarf von insgesamt 65 Minuten pro Tag im Bereich der Grundpflege festgestellt
worden, auch ein hauswirtschaftlicher Mehrbedarf sei ermittelt worden. Für die Beurteilung von Pflegebedürftigkeit sei jedoch
allein entscheidend, inwieweit die maßgeblichen Verrichtungen des täglichen Lebens nicht selbstständig ausgeführt werden können.
Beim Stillen von Blutungen handele es sich zweifelsfrei um behandlungspflegerische Tätigkeiten und nicht um Maßnahmen zur
Unterstützung der Klägerin nach §
14 Abs
4 SGB XI. Mindestens 120 Minuten Grundpflege pro Tag würden bei der Klägerin nicht erreicht, so dass es bei der Einstufung in die
Pflegestufe I verbleibe.
Auf die Klage hat das Sozialgericht das allgemeinmedizinische Gutachten der Sachverständigen Dr. B vom 6. Juni 2005 und die
ergänzende Stellungnahme vom 15. September 2005 eingeholt. Es hat der Klage mit Urteil vom 25. Januar 2007 stattgegeben und
die Beklagte zur Gewährung von Pflegegeld bei Pflegestufe II ab 3. Juli 2003 verurteilt. Bei der Klägerin liege Schwerpflegebedürftigkeit
vor. Im Bereich der Grundpflege errechne sich ein Gesamthilfebedarf von mindestens 157 Minuten aus dem zeitlichen Hilfebedarf
für folgende Verrichtungen: Baden - 9 Minuten, Waschen (Hände, Gesicht) - 8 Minuten, Zahnpflege einschließlich Mundspülung
- 15 Minuten zuzüglich Behandlung mit Zahnseide - 20 Minuten, Blutstillen nach Mundhygiene - 24 Minuten, Kämmen - 6 Minuten,
Nahrungsaufnahme - 21 Minuten, Aufstehen und Zubettgehen - 8 Minuten, Transfer (Badewanne) - 1 Minute, Mobilität - 46 Minuten.
Bei der Ermittlung des Hilfebedarfs komme es nicht allein auf die reine medizinische Notwendigkeit an; es sei auch zu berücksichtigen,
inwieweit bestimmte Verrichtungen der Körperhygiene täglich üblicherweise als erforderlich angesehen würden. Das Blutstillen
im Mund nach der Zahnpflege stelle eine krankheitsspezifische Pflegemaßnahme im unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang
mit der Mundhygiene dar. Für die hauswirtschaftliche Versorgung seien mindestens 30 Minuten anzusetzen.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Es sei für die Beklagte nicht nachvollziehbar, wie das Sozialgericht
zur Feststellung eines Pflegebedarfs gelange, der die Feststellungen der Sachverständigen des Gerichts um 133 Minuten übersteige.
Insbesondere das Spülen und die Behandlung von Blutungen seien Maßnahmen der Behandlungspflege und keine krankheitsspezifische
Pflegemaßnahmen. Zudem könne die Klägerin angesichts ihres Alters ihre Zähne selbst putzen.
Der Senat hat die Teile des Streitgegenstandes für die Zeit ab dem 5. Januar 2007 abgetrennt (Beschluss vom 10.09.2009), für
die das Berufungsverfahren nunmehr zum Aktenzeichen L 27 P 50 .../09 fortgeführt wird.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. Januar 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat die ärztliche Stellungnahme des Oberarztes Dr. S vorgelegt.
Der Senat hat die Befundberichte des HNO-Arztes Dr. R vom 18. April 2007, der Krankengymnastin M vom 19. April 2007, des Kinderarztes
Dr. K vom 26. April 2007 und die telefonische Auskunft und den Befundbericht des Zahnarztes Dr. F vom 27. August 2009 sowie
die ergänzenden Äußerung der Sachverständigen des Sozialgerichts vom 22. Mai 2007 (nach erneutem Hausbesuch) und vom 17. Juni
2007 eingeholt.
Dem Senat haben die Verwaltungsvorgänge der Beklagten vorgelegen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen
der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze, das Protokoll und die Verwaltungsvorgänge
der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Die Klägerin hat Anspruch auf Pflegegeld bei Pflegestufe II für den
Zeitraum vom 3. Juli 2003 bis vor Vollendung ihres 14. Lebensjahres.
Der Anspruch der Klägerin auf Pflegegeld bei Pflegestufe II ergibt sich aus §§
14,
15,
37 SGB XI. Das Sozialgericht hat zutreffend berücksichtigt, dass bei der Klägerin ein deutlich erhöhter Pflegebedarf bestand. Dies
begründet sich nicht nur mit der unmittelbaren Ausführung von Pflegeverrichtungen durch die Eltern als Pflegepersonen sondern
auch mit der Beaufsichtigung des pflegebedürftigen Kindes mit seiner besonderen Erkrankung. Ein erheblicher Grundpflegebedarf
bestand insbesondere bei der Mundhygiene.
Nach §
14 Abs
1 SGB XI sind pflegebedürftig i S des
SGB XI solche Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen
und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer zumindest in erheblichem Maße der Hilfe
bedürfen. Zu berücksichtigen ist hierbei ausschließlich der Umfang des Pflegebedarfs bei den gewöhnlich und regelmäßig wiederkehrenden
Verrichtungen, die in Abs 4 der Vorschrift ausdrücklich aufgeführt sind und in die Bereiche Körperpflege, Ernährung und Mobilität
(Grundpflege) sowie den Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung aufgeteilt werden (BSG, Urteil vom 29.04.1999, B 3 P 13/98 R, JURIS-RdNr 10). Die Beaufsichtigung der in Abs
4 der Vorschrift erwähnten Verrichtungen ist nach §
14 Abs
3 SGB XI vom Gesetzgeber ausdrücklich als Pflegeleistung in den Leistungsumfang einbezogen worden. Sie dient dem Ziel der eigenständigen
Übernahme der jeweiligen Verrichtungen (§
14 Abs
3 SGB XI) und damit dem ausdrücklichen Anliegen des Gesetzgebers, dass die Hilfen darauf auszurichten sind, den Hilfebedürftigen zu
erlauben trotz des Hilfebedarfs ein möglichst selbständiges und selbstbestimmtes Leben zu führen und die Hilfebedürftigen
von der Hilfe unabhängig zu machen (§§
2 Abs
1, 6 Abs
2 SGB XI). Das Bundessozialgericht verweist zutreffend in ständiger Rechtsprechung auf die Abhängigkeit des Umfanges der Leistungen
aus der Sozialen Pflegeversicherung vom Alter, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen (BSG, Urteile vom 29.04.1999, B 3 P 13/98 R JURIS-RdNr 12, zuletzt vom 17.07.2008, B 3 P 12/07 R, RdNr 17). Voraussetzung für einen Anspruch auf Pflegegeld bei Pflegestufe II ist, dass der Pflegebedürftige in der Grundpflege
mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedarf und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der
hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt werden. Außerdem wird vorausgesetzt, dass der Zeitaufwand, den eine nicht als Pflegekraft
ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt,
täglich im Wochendurchschnitt drei Stunden beträgt; wobei auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen müssen.
Soweit man insbesondere auch auf den Aufsichtsbedarfs der Klägerin bei den Verrichtungen der Grundpflege abstellt und auf
die darüber hinaus auch von den Sachverständigen angesprochenen Verrichtungen, die von den Eltern noch selbst vorgenommen
werden, ist das Urteil des Sozialgerichts nach den gesetzlichen Vorgaben und den Maßstäben der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
nicht zu beanstanden. Jedenfalls vor Vollendung des 14. Lebensjahres der Klägerin und in Anbetracht der erheblichen Erkrankung
und deren Auswirkungen und permanenten Risiken bestand der vom Sozialgericht angenommene zeitliche Pflegebedarf in Form von
Aufsichtsleistungen, soweit nicht unmittelbare Hilfeleistung erforderlich war.
Das Sozialgericht hat auch richtig erkannt, dass die besonderen Maßnahmen der Mundhygiene einschließlich des Spülens und das
Stillen der Blutungen unmittelbar nach Durchführung der Mundpflege vollumfänglich zu berücksichtigen sind.
Insbesondere erweisen sich die Mundspülungen und das Blutstillen im Anschluss an die Zahnpflege als verrichtungsbezogene krankheitsspezifische
Pflegemaßnahmen i S d §§
14 Abs
1 SGB XI, weil es einen unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zur Pflegeverrichtung gibt. Krankheitsspezifische Maßnahmen
sind zwar nicht von vornherein schon deshalb aus dem berücksichtigungsfähigen Pflegebedarf ausgeschlossen, weil die Behandlungspflege
der Krankenversicherung zuzuordnen ist. Sie zählen jedoch nach ständiger Rechtsprechung des BSG dann zu dem nach §
14 SGB XI zu berücksichtigenden Pflegebedarf, wenn und soweit sie Bestandteil der Hilfe für die sogenannten Katalog-Verrichtungen sind
oder im unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dieser Hilfe erforderlich werden (BSG, Urteil vom 29.04.1999,
B 3 P 13/98 R, JURIS-RdNr 11, Urteil vom 17.03.2005, B 3 KR 9/04 R, JURIS-RdNr 16 m w N). Krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen sind dann Bestandteil einer Verrichtung, wenn sie mit ihr untrennbar
verbunden sind, wie dies etwa bei der Sondenernährung und der Stomaversorgung (Darmentleerung) der Fall ist. Ein zeitlicher
Zusammenhang mit einer Verrichtung reicht nur dann aus, wenn die gleichzeitige oder unmittelbar anschließende Durchführung
der krankheitsspezifischen Maßnahme mit der Verrichtung objektiv erforderlich ist (BSG ebd m w N). Nach den Vorschriften des
SGB XI kommt jedoch die Berücksichtigung solcher Hilfeleistungen nicht in Betracht, die der Aufrechterhaltung von Vitalfunktionen
(zB Atmung) dienen, soweit die Maßnahme nicht notwendig im zeitlichen Zusammenhang mit einer der im Katalog des §
14 Abs
4 SGB XI aufgeführten Verrichtungen durchgeführt werden muss (BSG ebd). Diese Rechtsprechung des BSG wird nunmehr mit Wirkung seit
1. April 2007 vom Gesetzgeber gesetzlich festgeschrieben. Nach §
15 Abs
3 Satz 3
SGB XI (Fassung seit 1. April 2007) sind verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen solche Maßnahmen der Behandlungspflege,
bei denen der behandlungspflegerische Hilfebedarf untrennbarer Bestandteil einer Verrichtung nach § 14 Abs 4 ist oder mit
einer solchen Verrichtung notwendig in einem unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang steht. Sie sind bei der
Feststellung des zeitlichen Pflegebedarfs auch dann zu berücksichtigen, wenn der Hilfebedarf zu Leistungen nach dem
SGB V führt (so ausdrücklich §
15 Abs
3 Satz 2 letzter Teilsatz
SGB XI nF). Der Senat sieht daher keine Veranlassung, von der Rechtsprechung des BSG für die Zeiträume vor Inkrafttreten der Neuregelungen
in §
15 Abs
3 SGB XI abzuweichen.
Die Mundhygiene ist unbestritten Gegenstand der Grundpflege. Dass regelmäßig infolge des Zähneputzens Blutungen auftreten,
haben alle medizinischen Sachverständigen mitgeteilt. Das Stillen dieser Blutungen, hängt bei der Klägerin unmittelbar mit
der Mundpflege zusammen, ist durch diese vielmehr wesentlich mitbedingt und lässt sich zeitlich von dieser nicht trennen.
Es handelt sich deshalb um eine krankheitsspezifische Pflegemaßnahme i S der BSG-Rechtsprechung (nunmehr auch i S v §
15 Abs
3 Satz 2 und
3 SGB XI). Insoweit muss nicht geklärt werden, inwieweit das Blutstillen untrennbarer Bestandteil der Verrichtung Zahnpflege ist.
Die Mundhygiene bei der Klägerin löst auch im Übrigen umfangreichere Pflegeleistungen aus. Ihr kommt eine besondere Bedeutung
zu, weil die Blutungen aus den Schleimhäuten des Mundraumes besonders häufige und gefährliche Risiken für die Klägerin bedeuten.
Entzündungen des Zahnfleisches zu verhindern oder zu reduzieren vermindert die Häufigkeit und Intensität von spontanen Blutungen
bei der Klägerin. Dies entnimmt der Senat den überzeugenden Ausführungen des behandelnden Zahnarztes. Anlass zu Zweifeln an
dessen Angaben dem Gericht gegenüber ergeben sich für den Senat nicht aus einer besonderen Nähe zur Klägerin wegen der häufigen
und intensiven ärztlichen Betreuung. Vielmehr lassen die Äußerungen des sachverständigen Zeugen die gebotene fachliche Distanz
erkennen. Überdies ist seine besondere fachliche Kompetenz für das spezielle Krankheitsbild zu berücksichtigen. Gerade die
besonderen Umstände des Krankheitsbildes wurden weder von den Gutachtern des MDK, den Beratungsärzten der Beklagten noch von
der Sachverständigen des Sozialgerichtes hinreichend gewürdigt und zum Gegenstand entsprechender, in einem Gutachten aber
zu verlangender fachwissenschaftlicher Erörterungen gemacht. Zudem fehlt den mit dem Fall der Klägerin befassten Gutachtern
des MDK und der Sachverständigen des Sozialgerichts die besondere zahnärztliche Fachkompetenz. Aus den überzeugenden Äußerun
gen des behandelnden Zahnarztes ergibt sich daher für den Senat, dass ein erhöhter Aufwand für die Mundhygiene besteht, die
desinfektorische Spülungen und die tägliche Reinigung mit Zahnseide einschließt. Die Sachverständige des Sozialgerichts hat
mitgeteilt, dass die Reinigung mit Zahnseide noch zum Zeitpunkt ihrer zweiten Begutachtung von der Klägerin nicht selbst vorgenommen
werden konnte (Bl 2 des Gutachtens vom 22.05.2007). Darauf, dass das Zähneputzen wegen der Blutungsgefahr vorsichtig erfolgen
muss, hat auch die Sachverständige des Sozialgerichts hingewiesen. Auch daraus folgt ein größerer Zeitbedarf für diese Verrichtung
gegenüber gesunden Personen.
Der vom Sozialgericht angesetzte Pflegeaufwand für die Zahnpflege erscheint unter diesen Umständen nicht zu hoch. Er dürfte
unter Berücksichtigung der Ausführungen des behandelnden Arztes höher sein. Auch wenn die Klägerin mit zunehmendem Alter in
der Lage ist, die Verrichtungen der Mundhygiene zunehmend selbständig auszuführen, war sie jedenfalls bis zur Vollendung des
14. Lebensjahres im Sinne des Verständnisses des §
14 Abs
3 SGB XI wegen der besonderen Erkrankung zu beaufsichtigen, während einige Verrichtungen, insbesondere das Blutstillen und die Reinigung
mit Zahnseide, ohne Hilfe der Eltern auch danach nicht umfassend allein übernommen werden können.
Auch wenn die Kinder die Zähne selber putzen konnten, waren die Aufsichtsleistungen in einem Umfang von täglich 15 Minuten
nach Auffassung des Senats jedenfalls für die Zeiträume vor Vollendung des 14. Lebensjahres der Klägerin erforderlich. Die
Aufsichtsleistung für das Zähneputzen hat die gerichtliche Sachverständige mit 15 Minuten täglich angegeben (Bl 13 des Gutachtens
vom 06.06.2005). Von diesem Wert ist auch das Sozialgericht ausgegangen. Der behandelnde Zahnarzt hat diesen Wert bestätigt.
Anhaltspunkte zu einer davon abweichenden Betrachtung ergeben sich für den Senat nicht. Insbesondere konnte wegen der regelmäßig
erforderlichen Nachbehandlung (Blutstillen), die für die Zwillinge nur separat erfolgen konnte, weshalb die Kinder nur zeitversetzt
die Zähne putzen konnten, die Aufsichtsleistung nicht gleichzeitig für das Zähneputzen beider Kinder erbracht werden.
Die vom Sozialgericht angesetzten Zeiten der Pflege unmittelbar durch die Mutter mit täglich 20 Minuten für die Reinigung
mit Zahnseide und lediglich 24 Minuten (3 mal 8 Minuten) für das Blutstillen dürften nach den glaubhaften Schilderungen der
Klägerin und auch der Äußerung der Sachverständigen des Sozialgerichts in ihrer Stellungnahme vom 22. Mai 2007 sowie des behandelnden
Zahnarztes eher als zurückhaltend angesetzt sein.
Das Sozialgericht ist daher vorsichtig von einem zeitlichen Umfang für die Mundhygiene einschließlich des Blutstillens von
59 Minuten ausgegangen. Die MDK-Gutachterin hatte 8 Minuten berücksichtigt und insgesamt einen Grundpflegeaufwand von 100
Minuten angesetzt. Es errechnet sich daher ein Pflegeaufwand von 151 Minuten allein in der Grundpflege, wenn man das Pflegegutachten
der Beklagten um den erforderlichen Aufwand der Mundhygiene und des damit verbundenen Blutstillens ergänzt. Bei Antragstellung
war die Klägerin bereits 10 Jahre alt, so dass ein Pflegeaufwand gleichaltriger gesunder Kinder davon nicht mehr abzuziehen
ist. Die zeitlichen Voraussetzungen der Pflegestufe II liegen damit vor (151 Minuten Grundpflege zuzüglich 30 Minuten hauswirtschaftlicher
Verrichtungen erfüllen mindestens 120 Minuten Grundpflege und 180 Minuten Pflegeleistungen insgesamt). Der hier angenommene
Pflegeaufwand entspricht auch etwa demjenigen, wie er Grundlage des Vergleiches der Beteiligten zur Anerkennung der Pflegestufe
I war (dort noch Reduzierung wegen des jüngeren Alters der Klägerin um den Aufwand entsprechender Pflegeleistungen für gesunde
Kinder jüngeren Alters).
Soweit die gerichtliche Sachverständige einen deutlich geringeren Pflegebedarf beziffert hat, ist zu berücksichtigen, dass
sie die Zeiten für erforderliche Aufsichtsleistungen dabei nicht mit eingerechnet hat. Addiert man ihre Angaben zu den Aufsichtszeiten
(so wollte sie die Zeitangaben verstanden wissen - siehe Abschnitt 5 Einleitung, S. 13), ergibt sich auch nach der gerichtlichen
Sachverständigen ein Grundpflegeaufwand von ca. 84 Minuten. Die Abweichung von der MDK-Gutachterin (100 Minuten) erscheint
gering, besonders, wenn man bedenkt, dass die gerichtliche Sachverständige keinerlei Aufsichtsleistung für die Ernährung angesetzt
hat, was angesichts der besonderen Umstände der Erkrankung und dem Kindesalter der Klägerin nicht überzeugt, zumal die Gutachterin
selbst für den Bereich der Ernährung die Notwendigkeit der Aufsicht festgestellt hat (Bl. 11 des Gutachtens vom 06.06.2005
oben). Insoweit ist die Berücksichtigung des Pflegeaufwandes durch das Sozialgericht, gestützt auf die Beurteilung durch die
MDK-Gutachterin, nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG. Sie berücksichtigt den Erfolg der Rechtsverfolgung für den streitgegenständlichen Zeitraum.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.