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LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17.08.2011 - 7 KA 77/08
Rechtmäßigkeit der der Mindestmengenvereinbarung für Kniegelenk-Totalendoprothesen in der gesetzlichen Krankenversicherung; gerichtliche Kontrolle
1.Die Mindestmengenvereinbarung des Gemeinsamen Bundesausschusses in der Fassung des Beschlusses vom 16.8.2005, zuletzt geändert durch Beschluss vom 11.11.2010, ist nichtig, soweit sie in Anl. 1 Nr. 6 für Kniegelenk-Totalendoprothesen eine Mindestmenge von 50 pro Krankenhaus (Betriebsstätte) festlegt.
2. Mindestmengenregelungen sind vom Gemeinsamen Bundesausschuss allgemein zugänglich zu begründen.
3. Die erforderliche Gewissheit dafür, dass die Qualität des Behandlungsergebnisses "in besonderem Maße" von der Menge der erbrachten Leistungen abhängt, können nur belastbare wissenschaftliche Belege erbringen. Diese tatbestandliche Frage unterliegt der vollständigen gerichtlichen Kontrolle.
4. Die Arbeitsergebnisse des IQWiG haben vom Gemeinsamen Bundesausschuss zu beachtende besondere Relevanz und unterliegen der Rechtsvermutung der Richtigkeit, die nur durch substantielle wissenschaftliche Beweise entkräftet werden kann.
5. Eine Mindestmengenregelung ist schon dann rechtswidrig und damit nichtig, wenn das IQWiG herausgearbeitet hat, dass in Bezug auf einen maßgeblichen Qualitätsindikator (hier: postoperative Beweglichkeit bei Kniegelenk-Totalendoprothesen) bis zu einer bestimmten Leistungsmenge die Risikokurve zwar fällt, ab einer bestimmten Leistungsmenge die Risikokurve aber wieder ansteigt ("U-förmiger Verlauf").
6. Effektiver Rechtsschutz (Art 19 Abs. 4 S. 1 GG) ist im Bereich der prinzipalen Normenkontrolle nur gewährleistet, wenn der Entscheidung inter-omnes-Wirkung zukommt. [Amtlich veröffentlichte Entscheidung]
Fundstellen: NZS 2012, 160
Normenkette:
GG Art. 12 Abs. 1
,
GG Art. 19 Abs. 4 S. 1
,
GG Art. 3 Abs. 1
,
SGB V § 137 Abs. 1 S. 3 Nr. 3
,
SGB V § 137 Abs. 3
,
SGB V § 139a Abs. 3 Nr. 2
,
SGB V § 139a Abs. 4 S. 1 Halbs. 1
,
SGB V § 139b Abs. 4
,
SGB V § 91 Abs. 6
,
SGB V § 92 Abs. 1
,
SGG § 10 Abs. 2
,
SGG § 141 Abs. 1 Nr. 1
,
SGG § 29 Abs. 2 Nr. 4
,
SGG § 31 Abs. 2
,
SGG § 55 Abs. 1 Nr. 1
,
SGG § 55a Abs. 5 S. 2 Halbs. 2
,
VwGO § 47 Abs. 2 S. 1
,
VwGO § 47 Abs. 5 S. 2 Halbs. 2
Es wird festgestellt, dass die Mindestmengenvereinbarung des Beklagten in der Fassung des Beschlusses vom 16. August 2005, zuletzt geändert durch Beschluss vom 11. November 2010, nichtig ist, soweit sie in Anlage 1 Nr. 6 für Kniegelenk-Totalendoprothesen eine Mindestmenge von 50 pro Krankenhaus (Betriebsstätte) festlegt.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.

Entscheidungstext anzeigen: