Sozialversicherungspflicht aufgrund einer Tätigkeit als künstlerischer Schnittgestalter
Abgrenzung von selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung
Widersprüchliche Merkmale einer Tätigkeit
Gesamtabwägung aller Umstände
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Versicherungspflicht des Klägers aufgrund seiner Tätigkeit als künstlerischer Schnittgestalter
("Editor") für die Beigeladene zu 1. in der Zeit vom 29. Juli 2011 bis 6. Dezember 2011.
Der im Jahre 1973 geborene Kläger ist ausgebildeter Schnittgestalter und Mehrheitsgesellschafter (drei Viertel der Geschäftsanteile)
der GbR F P; weitere Gesellschafterin ist Frau K (ein Viertel der Geschäftsanteile). Die beiden genannten errichteten die
GbR mit Wirkung vom 1. August 2004 auf der Grundlage eines Gesellschaftsvertrages, der u.a. folgende Regelungen enthält:
§ 1 Name, Sitz und Zweck der Gesellschaft
Zum gemeinsamen Betrieb eines P-Unternehmens wird von den Unterzeichnern eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Namen
FP gegründet.
Die Gesellschaft ist auf alle, dem Zweck des Unternehmens dienenden Tätigkeiten gerichtet. Sitz der Gesellschaft ist Berlin
Friedrichshain-Kreuzberg (...).
§ 3 Förderpflichten/Einlagen
1. Die Gesellschafter sind verpflichtet, sich an der Organisation der Gesellschaft zu beteiligen und insbesondere ihre Arbeitskraft
in der Vorbereitung und Durchführung der Projekte zur Verfügung zu stellen, um die Ziele der Gesellschaft zu verwirklichen.
(...)
3. Jeder Gesellschafter ist dazu berechtigt, als freier Mitarbeiter in externen branchengleichen Firmen zu arbeiten. Er verpflichtet
sich jedoch, sich im Namen des Unternehmens zu verkaufen und alle Einnahmen auf das oben genannte Konto abzuführen.
§ 4 Geschäftsführung und Vertretung
Die Geschäfte werden von beiden Gesellschaftern gemeinschaftlich geführt. Jeder Gesellschafter ist zur Geschäftsführung alleine
berechtigt. Er vertritt die Gesellschaft im Außenverhältnis allein. (...)
§ 5 Gewinn- und Verlustverteilung
1. Beide Gesellschafter sind in je gleicher Höhe an Gewinnen und Verlusten des Unternehmens beteiligt.
2. Die Investitionssumme wird je nach Auftragslage sofort wieder aus dem Unternehmen entnommen und entsprechend der Beteiligung
an die Gesellschafter zurückgezahlt.
§ 6 Ausscheiden von Gesellschaftern/Beendigung der Gesellschaft
1. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts wird für einen unbefristeten Zeitraum gegründet. Zu ihrer Auflösung bedarf es eines
einstimmigen Beschlusses der Gesellschafter. (...)
Die FP stellt sich in ihrem Internetauftritt http://www.f.de/wie folgt dar:
"Filme entstehen am Schnittplatz. Nach Abschluss der Dreharbeiten bekommt die Montage ihrer Bilder deshalb besondere Bedeutung.
F ist spezialisiert auf kreativen Filmschnitt und realisiert mit aktueller Technik hochwertige Produktionen für TV und Kino-Auswertung.
Berlin wird immer mehr zum Zentrum der Medienschaffenden. Nicht ohne Grund, wie wir denken. Zahlreiche Produktionsfirmen benutzen
mehr und mehr die vielfältigen Möglichkeiten der Hauptstadt. Dazu zählen nicht nur die großartigen Motive, sondern auch das
kreative Potenzial. Fist Teil dieser Gemeinschaft für Schnitt, Effekte, Tonbearbeitung, Mischung, DVD- und Postproduktion."
Die Beigeladene zu 1. ist ein Filmproduktionsunternehmen. Als "Produzent" schloss sie am 30. September 2011 mit der durch
den Kläger vertretenen GbR F P als "Auftragnehmer" eine schriftliche "Vereinbarung", die u.a. folgende Regelungen enthält:
1.1. Der Auftragnehmer wird hiermit von Produzent für die neu zu etablierende Fernsehproduktion mit dem Titel "H" (AT) als
Künstlerischer Schnittgestalter gemäß den nachstehend genannten und branchenüblichen Regularien verpflichtet.
1.2. Grundlage der Produktion ist die für den Auftragnehmer bekannte konzeptionelle Vorgabe. Die sendefähige Länge der Produktion
soll ca. 48min / Folge betragen.
2.1. Die Produktionsorte, an welchen die Leistungen des Auftragnehmers zu erbringen sind, werden wie folgt sein:
Schnitt: Berlin Abnahmen (ggf.): Leipzig
2.2. Als Produktionszeit, zu welcher Leistungen, ggf. die Teilleistungen des Auftragnehmers zu erbringen sind, wird wie folgt
vereinbart:
Schnitt: 29.07.2011 - 05.11.2011
2.3. Die Schnittzeiten hängen von den vorgelegten Produktionsplänen/Dispositionen ab. Diese Daten können im Einzelnen mit
Einwilligung von Produzent geändert werden.
3.1. Der Auftragnehmer erhält für die vereinbarten Leistungen Vorbereitung, Schnitt, Feinschnitt sowie ggf. Abnahmen und die
Rechteeinräumung gem. Ziff. 5 eine pauschale Vergütung von insgesamt 275,00 Euro zuzüglich gesetzliche Mehrwertsteuer pro
10 Stunden Arbeitstag.
Durch die Vergütung ist der vom Auftragnehmer aufzubringende Zeitaufwand abgegolten für Vorbesprechungen sowie die notwendigen
Reisezeiten zu diesen und zu den weiteren ggf. erforderlichen Produktionsterminen, welche von Produzent in den Produktionsplänen/Dispositionen
nach Rücksprache mit den an der Produktion Beschäftigten festgelegt werden.
3.2. Die Vergütung wird fällig und von Produzent zzgl. Pensionskassenanteil und der gesetzlichen Mehrwertsteuer auf das vom
Auftragnehmer mitgeteilte Konto nach vertragsgemäßer Erfüllung der Leistungen bzw. Teilleistungen und nach entsprechender
Rechnungsstellung an Produzent überwiesen.
3.3. Mit der vereinbarten Vergütung sind sämtliche in diesem Vertrag angeführten Leistungen und Rechte-Einräumung des Auftragnehmers
abgegolten. Weitere Ansprüche und Vergütungen oder Zuschläge werden nur geschuldet, wenn sie vorher zwischen dem Auftragnehmer
und Produzent schriftlich vereinbart wurden.
(...)
3.5. Kann der Auftragnehmer die vereinbarten Leistungen nicht erbringen, unabhängig davon, ob er das Unvermögen zu vertreten
hat oder nicht, wird das vereinbarte Entgelt von Produzent nicht geschuldet. Betrifft das Unvermögen Teile der geschuldeten
Leistungen, wird von Produzent ein entsprechender Anteil des vereinbarten Entgeltes bezahlt. In dem Fall ist Produzent nach
eigenem Ermessen berechtigt, die erbrachten Leistungen ggf. unter Wahrung von Persönlichkeitsrechten des Auftragnehmers zu
nutzen, (...).
3.6. Der Auftragnehmer ist nicht berechtigt, die Vergütung an Dritte abzutreten.
3.7. Verschiebung / Ausfall Muss die Produktion aus Gründen, die Produzent nicht zu vertreten hat, zeitlich verschoben oder
abgesetzt werden - z.B. bei Auftragsproduktionen, wenn der Auftraggeber zeitliche Verschiebung oder Wegfall der Produktion
verlangt (...), verpflichtet sich Produzent, den Auftragnehmer unverzüglich zu benachrichtigen. Die Vertragspartner verpflichten
sich gegenseitig, diesen Vertrag den geänderten Verhältnissen anzupassen oder einen entsprechenden Vertrag für eine andere
Produktion zu vereinbaren. Sollte dies nicht möglich sein, wird als Ausfallhonorar ein Betrag von 15% der vereinbarten Pauschalgage
vereinbart.
3.8. Der Vertragspartner versichert, dass er die dem Vertrag einfach beigefügte Sicherheitsunterweisung zur Kenntnis genommen
hat und die gesetzlichen Bestimmungen, Unfallverhütungsvorschriften und Normen einhalten wird. Die Richtlinien sind darüber
hinaus außerhalb der Bürozeiten auf der Homepage von Produktion einzusehen und liegen bzw. hängen während der Bürozeiten in
gedruckter Form im Produktionsbüro aus.
4.1. Ankündigungen, bildliche Darstellungen sowie sonstige öffentliche Mitteilungen, die sich auf die Tätigkeit des Auftragnehmers
beim Produzenten beziehen, darf der Auftragnehmer nur nach Abstimmung mit dem Produzenten verbreiten oder verbreiten lassen.
4.2. Der Auftragnehmer verpflichtet sich, über alle internen Angelegenheiten der Produktion sowie ihm bekannt werdende Verhältnisse
des Produzenten Stillschweigen zu bewahren soweit es nicht einer möglichen Rechtsverteidigung dient.
5. Rechteeinräumung An den im Zusammenhang mit seinen Leistungen gemäß diesem Vertrag und sämtlichen Vorarbeiten dazu bei
Vertragspartner entstandenen Urheber-, Leistungsschutz-, Persönlichkeits- und sonstigen Rechten räumt Vertragspartner Produzent
die zeitlich, örtlich und inhaltlich unbegrenzten ausschließlichen Nutzungsrechte zur Verfilmung und umfassenden Auswertung
der Produktion in allen Medien ein. (...)
7. Termine für Abnahmen werden nach Rücksprache mit dem Auftragnehmer von Produzent festgelegt. Kann der Auftragnehmer aus
wichtigen beruflichen Gründen diesen Termin nicht wahrnehmen, kann Produzent für ihn einen Sachkundigen beauftragen. (...)
9. Besondere Vereinbarung Die Vertragsparteien gehen davon aus, dass Vertragspartner die Leistung für Produzent selbständig
erbringt. Vertragspartner stellt einen Antrag auf Statusfeststellung bei der Deutschen Rentenversicherung. Sollte der Antrag
des Vertragspartners auf Anerkennung der Selbständigkeit abgelehnt werden, gelten die Regelungen des Tarifvertrags für Film-
und Fernsehschaffende, sofern Regelungen dieses Vertrages und der Anlagen keine Anwendung finden können.
Vertragspartner verpflichtet sich, Produzent über Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung und alle für das Statusfeststellungverfahren
wesentlichen Tatsachen sofort nach Erhalt der Entscheidung bzw. nach Kenntnis der Tatsachen zu informieren und Produzent -
falls Versicherungspflicht in der Renten-, Kranken-, und sonstigen Sozialversicherung eintritt, Produzent den Abzug der Arbeitnehmeranteile
von der Vergütung zu ermöglichen.
10. Mündliche Abreden sind nicht getroffen. Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform.
11. Ergänzend zu diesem Vertrag gelten die nachfolgenden Allgemeinen Vertragsbedingungen für nicht festangestellte Mitarbeiter.
Die vereinbarte künstlerische Schnittgestaltung erledigte der Kläger persönlich und erstellte dafür Rechnungen im Namen der
GbR FP, die das vereinbarte Honorar zuzüglich Mehrwertsteuer enthielten. Die Zahlungen der Beigeladenen zu 1. flossen auf
ein Konto der GbR bei der Deutschen Bank. Auf der Internetseite www.crew-united.com wurde der Kläger für die Serie "A" zum
Stichwort "Schnitt", "Cutter/Editor" als Teil der "Crew" aufgeführt.
Seine Schnitttätigkeit übte der Kläger nicht in eigenen Räumlichkeiten an einem eigenen Computerschnittplatz aus, sondern
an einem von der Beigeladenen zu 1. angemieteten vernetzten AVID-Schnittplatz des Mediendienstleisters CGmbH in den dortigen
Räumlichkeiten; die "C" übernahm alle technischen Dienstleistungen für den Filmschnitt und stellte dafür auch das technische
Personal zur Verfügung, das dem Kläger assistierte. Zusätzlich verwendete der Kläger sein eigenes Notebook. Das rohe Bildmaterial
vom Drehort erhielt der Kläger tageweise auf digitalem Weg auf den Computerschnittplatz kopiert. Dort montierte er die einzelnen
Episoden eigenständig zu einem fertigen Film mit flüssigem Handlungsstrang. Besprechungen mit der Beigeladenen zu 1. gab es
im Schnittraum, im Konferenzraum oder im Kino; zudem wurde durch e-Mail und telefonisch kommuniziert.
Am 13. September 2011 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Statusfeststellungsantrag. Vom Ergebnis des Verfahrens hänge
seine Rechnungslegung und damit sein Verdienst als Freiberufler ab. Seine künstlerische, vollständig eigenschöpferische Leistung
unterliege einer Bewertung durch den Regisseur und den auftraggebenden Fernsehsender. Er sei Programmgestalter und nicht nur
Techniker. Seine Arbeitszeit teile er frei ein; wann und wie lange er am Schnittplatz schneide, bestimme er selbst. So habe
er während des streitigen Zeitraumes auch für andere Auftraggeber gearbeitet und stets spontan auf andere Projektanfragen
reagieren können. Seine Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. habe er nicht auf Dritte übertragen dürfen. In die Arbeitsorganisation
der Beigeladenen zu 1. sei er nicht eingegliedert. Besprechungen und Teamarbeit seien lediglich zu inhaltlichen Entscheidungen
zum Filmschnitt sowie zu den technischen Aspekten der Produktion vorgesehen. Am Ende erfolge eine Abnahme seiner Arbeit durch
den Fernsehsender. Er verfüge über ein eigenes Schnittstudio, in das er bereits über 100.000 Euro investiert habe, über eigene
Preislisten, eine Website mit Werbung zu angebotenen Dienstleistungen und ein Firmenlogo. Er habe Internetprofile bei crew-united.de
und bei xing.de, um neue Kunden anzusprechen, und befinde sich im Wettbewerb zu anderen Anbietern. Er hafte durch seine GbR
zu 100 Prozent und trage damit selbst das volle unternehmerische Risiko, auch in Bezug auf seine Verdienstmöglichkeiten. Sein
Geschäftsmodell dürfe nicht in Frage gestellt werden.
Mit Bescheid vom 23. Februar 2012 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger seine Tätigkeit als künstlerischer Schnittgestalter
bei der Beigeladenen zu 1. im Zeitraum 29. Juli 2011 bis 6. Dezember 2011 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses
ausgeübt und der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung
unterlegen habe. Zwar hafte der Kläger durch seine eigene GbR, was für eine selbständige Tätigkeit spreche. Allerdings überwögen
die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung. Der Kläger schulde nur die Bereitstellung seiner Arbeitskraft. Er sei kein programmgestaltender
Mitarbeiter, denn er habe keinen Einfluss auf den Inhalt der Produktion, sondern wirke lediglich an der inhaltlichen Umsetzung
des Filmstoffs mit. Ein Letztentscheidungsrecht habe er nicht besessen. Er sei durch die terminlichen und örtlichen Vorgaben
des Auftraggebers an den Arbeitsort und die Arbeitszeiten gebunden und könne diese nicht frei bestimmen; damit sei er in die
Arbeitsorganisation des Auftraggebers eingegliedert gewesen. Die Schnittzeiten seien durch die Produktionspläne bestimmt worden
und hätten nur nach Einwilligung des Produzenten geändert werden können. Konzept und Sendeformat seien vorgegeben gewesen.
Als Vergütung werde eine erfolgsunabhängige Pauschale gewährt, die kein Gewinn- oder Verlustrisiko erkennen lasse. Ein unternehmerisches
Risiko habe der Kläger nicht getragen, denn eigenes Kapital oder Equipment habe er nicht eingesetzt, vielmehr seien die Arbeitsmittel
vom Auftraggeber gestellt worden, der ein Schnittstudio angemietet habe. Es habe eine Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung
bestanden. Auch Gesellschafter einer GbR könnten durchaus bei ihrem Auftraggeber in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis
stehen. Unerheblich sei, dass der Kläger auch für andere Auftraggeber tätig werde.
Zur Begründung seines hiergegen erhobenen Widerspruchs führte der Kläger an: Die Beklagte habe wesentliche Tatsachen unberücksichtigt
gelassen. Tätig geworden sei er auf der Grundlage eines Werkvertrages, nämlich als Erfüllungsgehilfe der GbR FP. Er sei einzelvertraglich
verpflichtet worden und seine Leistung sei über-wiegend eigenschöpferisch gewesen, so dass er nach den eigenen Kriterien der
Beklagten als selbständig tätig gelten müsse. Er habe nicht zum "technischen Personal" gehört, sondern sei allein mit künstlerischen
Aufgaben betraut gewesen. Seine programmgestaltende Leistung sei auch urheberrechtlich geschützt. Einer Verpflichtung zur
ständigen Dienstbereitschaft habe er nicht unterlegen. Seinen Werklohn habe er zuzüglich Mehrwertsteuer i.H.v. 19 Prozent
in Rechnung gestellt, und zwar stets erst nach erfolgter Abnahme durch die Beigeladene zu 1. bzw. den Fernsehsender.
Den Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 2012 zurück. Auch in Würdigung des Widerspruchsvorbringens
bleibe es bei der getroffenen Entscheidung.
Zur Begründung seiner hiergegen erhobenen Klage hat der Kläger sein Widerspruchsvorbringen vertieft und ergänzend vorgebracht:
In der Gesamtwürdigung überwögen die für eine selbständige Tätigkeit sprechenden Aspekte. Er habe wesentlichen Einfluss auf
die künstlerische Gestaltung des Gesamtwerks besessen. Bei programmgestaltenden Mitarbeitern stehe es dem Medienunternehmen
frei, ob man sich für freie Mitarbeit oder abhängige Beschäftigung entscheide. Diese Entscheidung sei hier eindeutig im Sinne
einer freien Mitarbeiterschaft getroffen worden. Von einer Eingliederung in den Betrieb der Beigeladenen zu 1. könne nicht
die Rede sein. Der feste Tagessatz von 275 Euro sei als bloßer Richtwert zu verstehen.
Die Beigeladene zu 1. hat gegenüber dem Sozialgericht vorgebracht, der Kläger könne schon deshalb nicht in ihren Betrieb eingegliedert
gewesen sein, weil er dort über keinen eigenen Arbeitsplatz verfügt habe. Es sei in der Branche üblich, Mediendienstleister
wie die CGmbH mit der Zurverfügungstellung von Schnittplätzen zu beauftragen. Zeitlichen Vorgaben habe der Kläger nur in Bezug
auf die Ablieferung des Werks unterlegen. Fachliche Weisungen seien nicht erteilt worden. Zur Wahrung ihrer Kunstfreiheit
und zur Realisierung der Rundfunkfreiheit müsse es der Beigeladenen zu 1. freistehen, wechselnde Editoren zu beauftragen.
Die jeweilige Visualisierung sei ebenso künstlerisch-individuell wie die Erzählung in einem Drehbuch durch den Autor. Das
Sozialgericht hat den Kläger in seiner mündlichen Verhandlung vom 24. Februar 2016 persönlich gehört; auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift
wird Bezug genommen. Mit Urteil vom selben Tag hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben, den angefochtenen Bescheid aufgehoben
und festgestellt, dass der Kläger in seiner streitigen Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. nicht der Versicherungspflicht
in den vier Sparten der Sozialversicherung unterlegen habe. Gegen das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung sprächen die
getroffenen vertraglichen Regelungen über das projektbezogene Auftragsverhältnis. Eine feste Eingliederung des Klägers in
den Betrieb der Beigeladenen zu 1. habe nicht bestanden. Vorgegebene Anwesenheitszeiten im Unternehmen, am Drehort oder im
Schnittstudio habe es nicht gegeben. In dem von der Beigeladenen zu 1. angemieteten Schnittstudio der CGmbH habe der Kläger
nicht einmal über einen eigenen festen Schnittplatz verfügt. Die Nutzung solcher angemieteter Schnitträume entspreche branchenüblichen
Gepflogenheiten. Dass die Schnitttätigkeit des Klägers von der Drehtätigkeit und der Intensität der Produktion nach Art eines
Stoßgeschäfts abhängig gewesen sei, lasse seine Tätigkeit nicht fremdbestimmt werden, denn dies liege in der dynamischen Natur
einer Film- oder Fernsehproduktion. Der Kläger trete durchweg am Markt werbend als Unternehmer auf und unterhalte für die
GbR eine eigene Internetseite; insoweit sei er von der Beigeladenen zu 1. unabhängig. Er sei mit dem geschlossenen Vertrag
auch ein unternehmerisches Risiko eingegangen, denn die Vergütung sei abhängig von vertragsgemäßer Erfüllung und nicht von
geleisteter Arbeitszeit. Voraussetzung für die Vergütung sei die Abnahme des geschnittenen Werks durch ein Gremium der Beigeladenen
zu 1. gewesen. Im Falle erforderlicher Nacharbeiten größeren Ausmaßes hätte der Kläger Nachverhandlungen zu seiner Vergütung
führen müssen. Das unternehmerische Risiko habe gerade darin bestanden, dass die konkrete Stundenvergütung nicht absehbar
und abhängig vom konkreten Aufwand gewesen sei. Der Wert von 275 Euro habe lediglich als Kalkulationsgrundlage für die Produktion
insgesamt gedient. Im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesarbeitsgerichts sei der Kläger
auch als programmgestaltender Mitarbeiter anzusehen, denn er habe erheblichen inhaltlichen Einfluss auf die Gestaltung des
Filmprojekts besessen. Er habe das gedrehte Film-Rohmaterial sichten und in eine endgültige Form bringen müssen. Dabei habe
er einen weiten künstlerisch-eigenschöpferischen Gestaltungsspielraum besessen. Insgesamt habe die Serienproduktion so durch
die Tätigkeit des Klägers Gestalt und spezifisches Gepräge erhalten. Die Zusammenarbeit mit dem Regisseur mache seine Tätigkeit
noch nicht zu einer weisungsgebundenen. Künstlerisch-fachliche Vorgaben seien bei derartigen Kunstwerken, bei denen eine Vielzahl
von Akteuren zusammenwirke, üblich und stünden der Einordnung als selbständige Tätigkeit nicht entgegen. All dies stehe auch
in Einklang mit dem Abgrenzungskatalog der Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsträger für (u.a.) im Bereich Film-
und Fernsehproduktion tätige Personen; danach seien Editoren bzw. Cutter selbständig, wenn sie - wie hier - für eine Produktion
einzelvertraglich tätig würden und der eigenschöpferische Teil der Leistung überwiege.
Gegen das ihr am 3. März 2016 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29. März 2016 Berufung eingelegt. Zu Unrecht habe das
Sozialgericht der Klage stattgegeben. Der Kläger sei als künstlerischer Schnittgestalter weder programmgestaltend noch überwiegend
eigenschöpferisch tätig gewesen. Sehr wohl sei er weisungsgebunden in den Produktionsablauf der Beigeladenen zu 1. eingegliedert
gewesen. Der schöpferische Eigenanteil des Klägers an der Produktion sei nur untergeordnet gewesen, denn weder habe er sich
das inhaltliche Grundkonzept der Serie ausgedacht noch spezielle Inhalte der einzelnen Folgen. Auch beeinflusse er nicht die
Grundaussage der Serie; davon könne bei einem Filmeditor nur dann die Rede sein, wenn er - anders als der Kläger - auf innovative
oder besonders kunstvolle Weise und mit eigener Formensprache tätig werde. Die fehlende spezifische Eigenart der Schnitttätigkeit
des Klägers, der zweifellos sehr gute handwerkliche Arbeit leiste, werde auch dadurch deutlich, dass andere Folgen der Serie
von anderen Personen geschnitten worden seien. Der Kläger habe auch kein unternehmerisches Risiko getragen. Er habe weder
am eigenen Arbeitsplatz noch an einem von ihm gemieteten Schnittplatz gearbeitet und eine auf einen 10-Stunden-Tag bezogene
Tagespauschale erhalten. Die Tagespauschale sei nicht unabhängig von der tatsächlichen Arbeitszeit geleistet worden, was der
Umstand belege, dass der Kläger halbe Arbeitstage abgerechnet habe. Die Vereinbarung vom 30. September 2011 sei nur zum Schein
mit der FP GbR geschlossen worden, denn tatsächlich sei der ganze Vertragstext auf die Person des Klägers zugeschnitten; eine
Leistungserbringung durch andere GbR-Gesellschafter sei nicht vorgesehen gewesen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Februar 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. In dem Berufungsverfahren hat er sich nicht weiter geäußert.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs
der Beklagten Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung
war.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben. Der angefochtene Bescheid ist
rechtmäßig, weil der Kläger in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 29. Juli 2011 bis 6. Dezember 2011
der Versicherungspflicht in allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung unterlag.
I. Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung
(§
5 Abs.
1 Nr.
1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch,
SGB V), in gesetzlichen Rentenversicherung (§
1 S. 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch,
SGB VI), in der sozialen Pflegeversicherung (§
20 Abs.
1 Satz 2 Nr.
1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch,
SGB XI) und nach dem Recht der Arbeitsförderung (§
25 Abs.
1 S. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch,
SGB III). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist §
7 Abs.
1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IV). Beschäftigung ist danach die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine
Beschäftigung sind nach Satz 2 dieser Vorschrift eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation
des Weisungsgebers. Eine Beschäftigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer
Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei
einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit
kann - insbesondere bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess"
verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, die Nutzung
einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete
Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.
Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets
das Gesamtbild der Arbeitsleistung, welches sich nach den tatsächlichen Verhältnissen bestimmt. Tatsächliche Verhältnisse
in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen
Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es
im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis
der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung
erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die
sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung
vor, soweit eine (formlose) Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich
ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört
daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen
Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert
wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts seit
dem Urteil vom 24. Januar 2007, B 12 KR 31/06 R, sowie des Senats, vgl. Urteil vom 14. Juni 2017, L 9 KR 354/13, jeweils bei juris).
Die Zuordnung des konkreten Lebenssachverhalts zum rechtlichen Typus der (abhängigen) Beschäftigung als "nichtselbständige
Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis" i.S.v. §
7 Abs.
1 Satz 1
SGB IV nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung erfordert, wie oben beschrieben, eine Gewichtung und Abwägung aller als Indizien
für und gegen eine Beschäftigung bzw. selbständige Tätigkeit sprechenden Merkmale der Tätigkeit im Einzelfall. Bei Vorliegen
gegenläufiger, d.h. für die Bejahung und die Verneinung eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals sprechender tatsächlicher Umstände
oder Indizien hat das Gericht insoweit eine wertende Zuordnung aller Umstände im Sinne einer Gesamtabwägung vorzunehmen. Diese
Abwägung darf allerdings nicht (rein) schematisch oder schablonenhaft erfolgen, etwa in der Weise, dass beliebige Indizien
jeweils zahlenmäßig einander gegenübergestellt werden, sondern es ist in Rechnung zu stellen, dass manchen Umständen wertungsmäßig
größeres Gewicht zukommen kann als anderen weniger bedeutsam einzuschätzenden Indizien. Eine rechtmäßige Gesamtabwägung setzt
deshalb - der Struktur und Methodik jeder Abwägungsentscheidung (innerhalb und außerhalb des Rechts) entsprechend - voraus,
dass alle nach Lage des Einzelfalls wesentlichen Indizien festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet,
in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und in dieser Gesamtschau nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend
und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (Bundessozialgericht, Urteil vom 25. April 2012, B 12 KR 24/10 R, juris).
Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist in Fällen wie dem vorliegenden vom Inhalt der zwischen den Beteiligten
getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Dazu haben Verwaltung und Gerichte zunächst deren Inhalt konkret festzustellen. Liegen
schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente
Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgeblich, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die
Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen "Etikettenschwindel"
handelt, der u.U. als Scheingeschäft i.S.d. §
117 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf. den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts
festzustellen. Erst auf Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende
Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmenund in einem weiteren
Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (Bundessozialgericht,
Urteil vom 29. Juli 2015, B 12 KR 23/13 R, juris).
II. Hieran gemessen ist die Beklagte zu Recht von einer Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen zu 1. ausgegangen.
1. Ausgangspunkt ist die erst zwei Monate nach Aufnahme der streitigen Tätigkeit getroffene schriftliche "Vereinbarung" vom
30. September 2011 zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. Aufgrund des nachträglichen Abschlusses etwa zur Mitte des
Tätigkeitszeitraums kommt dieser Vereinbarung im Gesamtgefüge der rechtlichen Würdigung nur relativ untergeordnete Bedeutung
zu, denn zwei Monate lang arbeitete der Kläger für die Beigeladene zu 1. freischwebend ohne schriftlichen Vertrag, was umso
mehr gebietet, nach der eigentlichen Natur der Tätigkeit zu fragen und nicht am Wortlaut der später getroffenen vertraglichen
Regelungen haften zu bleiben. In der rechtlichen Bewertung stellt die Vereinbarung vom 30. September 2011 zur Überzeugung
des Senats keinen Werkvertrag, sondern einen klassischen Dienstvertrag dar, mit dem die Beigeladene zu 1. die Arbeitsleistung
unmittelbar des Klägers "einkaufte" und nicht etwa nur die GbR F beauftragte.
Gegenstand eines Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder
Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein (§
631 Abs.
2 BGB). Für die Abgrenzung zum Dienstvertrag ist maßgebend, ob ein bestimmtes Arbeitsergebnis bzw. ein bestimmter Arbeitserfolg
oder nur eine bestimmte Dienstleistung als solche geschuldet wird. Charakteristisch für den Werkunternehmer ist seine Selbständigkeit.
Er organisiert die für die Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen
und ist für die Herstellung des geschuldeten Werks gegenüber dem Besteller verantwortlich. Ob ein Werkvertrag, ein Dienst-
oder ein Arbeitsverhältnis besteht, zeigt der wirkliche Geschäftsinhalt. Zwingende gesetzliche Regelungen für Arbeitsverhältnisse
können nicht dadurch abbedungen werden, dass Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere Bezeichnung geben; ein abhängig
beschäftigter Arbeitnehmer wird nicht durch Auferlegung einer Erfolgsgarantie zum Werkunternehmer (BAG, Urteil vom 25. September
2013 - 10 AZR 282/12 -, m.w.N.; Senat, Urteile vom 14. Mai 2014 - L 9 KR 449/12 -, und 15. Dezember 2015 - L 9 KR 82/13 -; jeweils juris).
Nach diesen Maßgaben kommt hier nur eine Qualifikation als Dienstvertrag in Betracht. Hierfür spricht entscheidend, dass der
Kläger nach Nr. 1.1. der Vereinbarung eine in ein Gesamtkonzept eingebettete Tätigkeit als Künstlerischer Schnittgestalter
schuldete und gerade keinen "Erfolg" bzw. ein "versprochenes Werk" im Sinne des Werkvertragsrechts. Die Beigeladene zu 1.
bezweckte mit der Vereinbarung, sich der Arbeitskraft des Klägers zu versichern; dieser sollte im Rahmen der "konzeptionellen
Vorgabe" Schnittleistungen erbringen.
Unschädlich ist insoweit, dass als Auftragnehmer der Vereinbarung die GbR Fund nicht der Kläger persönlich bezeichnet war.
In Würdigung des Gesamtinhalts der Akten und der Einlassungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung hat der Senat keinen
Zweifel daran, dass die Beigeladene zu 1. gerade den Kläger persönlich zur Arbeit verpflichten wollte und nicht etwa die GbR,
was zur Folge gehabt hätte, dass ein beliebiger Mitarbeiter der GbR die Schnittarbeiten hätte verrichten können. Denn die
Vereinbarung spricht personalisiert von der Verpflichtung des Auftragnehmers als künstlerischer Schnittgestalter; der Gesamtduktus
des Vertragstextes ist nicht auf eine Gesellschaft als Vertragspartner zugeschnitten, sondern auf eine natürliche Person.
Bestätigt wird dies durch die Einlassungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, der nachvollziehbar geschildert
hat, dass die Beigeladene zu 1. gerade ihn persönlich aufgrund seiner bekannten hohen Qualifikation für die Schnittleistungen
habe verpflichten wollen. Demgegenüber konnte der Kläger auch plausibel machen, wozu die GbR im Wesentlichen dienen sollte:
Es handelt sich um eine ihm und der Mitgesellschafterin K gehörende GbR, die nach Art einer "Innengesellschaft" im Wesentlichen
der gegenseitigen wirtschaftlichen Absicherung dienen sollte. Danach war es nur konsequent, mit dem Dienstvertrag nicht eine
Gesellschaft zu verpflichten, sondern den Kläger als natürliche Person. Die Falschbezeichnung im Vertragstext ist rechtlich
unerheblich, denn die Vertragsauslegung zeigt ein eindeutiges Ergebnis.
Die "Vereinbarung" hat offensichtlich auch in Rechnung gestellt, dass die Tätigkeit des Klägers als abhängige Beschäftigung
bewertet werden könnte. So sah sie in 3.2. einen Pensionskassenanteil als Teil der Vergütung vor, was im Bereich eines selbständig
tätigen Werkunternehmers untypisch wäre. Auch war die ergänzende Geltung des Tarifvertrages für Film- und Fernsehschaffende
für den Fall vorgesehen, dass das Statusfeststellungsverfahren auf abhängige Beschäftigung erkennen sollte. Insgesamt ergibt
sich so ein Bild der Unsicherheit: Die Vertragsparteien wollten zwar eine selbständige Tätigkeit bewirken (Vereinbarung Punkt
9.), haben der Vereinbarung aber nicht hinreichend überzeugende Eindeutigkeit beigemessen. Dem entspricht das Votum der Sitzungsvertreterin
der Beigeladenen zu 1. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat. Sie schilderte, dass die Vereinbarung eher "freihändig"
und ohne Einschaltung der Rechtsabteilung zustande gekommen sei und nicht der üblichen formularmäßigen Vereinbarung eines
Werkvertrages entsprochen habe.
Gegen einen Werkvertrag spricht auch, dass der Kläger - anders als es für einen Werkunternehmer typisch ist - die für die
Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen nicht nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen organisiert
hat. Er hat sich vielmehr weitgehend an den Belangen der Beigeladenen zu 1. bzw. des Senders als deren Vertragspartner orientiert,
indem er seine Tätigkeit in von der Beigeladenen zu 1. vorgegebenen Räumlichkeiten mit Hilfe der dort vorhandenen Betriebsmittel
verrichtete und dabei engmaschigen Absprachen und Kontrollen seitens der Beigeladenen zu 1. unterlag. Untypisch für einen
Werkvertrag ist ferner, dass die Vertragsparteien keine erfolgsabhängige Vergütung vereinbart haben, sondern der Kläger dienstvertragstypisch
nach Zeiteinheiten vergütet wurde, indem 275,- Euro pro zehnstündigem Arbeitstag versprochen waren (3.1. der Vereinbarung).
Gerade bei filmeditorischen bzw. schnittgestaltenden Arbeiten könnte sich im Interesse des Auftraggebers auch eine Vergütung
anbieten, die an die Dauer des überlassenen Rohmaterials oder der herzustellenden Folge anknüpft, weil die Höhe der Vergütung
dann nicht vom Arbeitstempo des Auftragnehmers abhängt. Die von den Vertragsparteien gewählte Vergütung auf Basis eines Tagesentgelts
aber garantierte dem Kläger grundsätzlich ein umso höheres Entgelt, je mehr Tage er für die Herstellung der einzelnen Folgen
aufwendete.
Der Senat verkennt hierbei nicht, dass Leistungen eines künstlerischen Schnittgestalters, also die Herstellung einer (nahezu)
sendefähigen Folge aus zur Verfügung gestelltem Drehmaterial, grundsätzlich auch Gegenstand eines Werkvertrages sein können.
Im vorliegenden Fall fehlt es aber insoweit an einer entsprechenden Vertragsgestaltung.
2. Auf der Grundlage dieses Vertragsinhalts erlauben die relevanten Umstände die Zuordnung der vom Kläger für die Beigeladene
zu 1) ausgeübten Tätigkeit zum Typus der abhängigen Beschäftigung. Die Gewichtung und Abwägung aller als Indizien für und
gegen eine Beschäftigung bzw. selbstständige Tätigkeit sprechenden Merkmale führt im vorliegenden Fall zu einem deutlichen
Überwiegen der für eine Beschäftigung sprechenden Umstände.
a) Zwar besaß der Kläger nicht unerhebliche Freiheiten im Rahmen seiner Tätigkeit, die ihm auch erlaubten, in Einzelfällen
während des hier streitigen Zeitraums noch für Dritte tätig zu werden. Die ihm eingeräumte freie Zeiteinteilung spricht allerdings
schon deshalb nur bedingt für eine selbständige Tätigkeit, weil ihre Grenzen - die Schnittzeiten hingen von den seitens der
Beigeladenen zu 1. vorgegebenen Produktionsplänen bzw. Dispositionen ab (2.3. der Vereinbarung) - einseitig von den Interessen
der Beigeladenen zu 1. bzw. dem Sender als deren Vertragspartner bestimmt wurden (vgl. BSG, Urteil vom 18. November 2015 - B 12 KR 16/13 R -, juris).
Die inhaltlichen Freiheiten des Klägers bei der konkreten Schnitttätigkeit sind angesichts der unzweifelhaft anspruchsvollen
gestalterischen Aufgaben eines künstlerischen Schnittgestalters dem Berufsbild immanent, sodass allein hieraus nichts für
die Statusfrage abgeleitet werden kann. Unabhängig hiervon waren dieser Freiheit erhebliche Grenzen durch das Konzept der
Sendung "Heiter bis tödlich - Alles Klara" gesteckt. Zur Überzeugung des Senats hätte es dem Kläger nicht freigestanden, die
Ästhetik der Produktion in eine dem Sender oder der Beigeladenen zu 1. nicht genehme Richtung zu lenken.
Ein gegebenenfalls nur erheblich eingeschränkt wahrgenommenes Weisungsrecht schließt die Zuordnung zum Typus der Beschäftigung
dann nicht aus, wenn es zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert ist (BSG, Urteile vom 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R - und vom 20. März 2013 - B 12 R 13/10 R -; Senat, Urteil vom 07. August 2013 - L 9 KR 269/11 -; jeweils juris). Auch praktisch weitgehend weisungsfrei geleistete Dienste werden als Beschäftigung i.S.v. §
7 Abs.
1 SGB IV erbracht, wenn sie fremdbestimmt bleiben und in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (BSG, Urteil vom 19. Juni 2001 - B 12 KR 44/00 R -, juris). Solange jemand in einen für ihn fremden, d.h. den Interessen eines anderen dienenden und von seinem Willen beherrschten
Betrieb eingegliedert ist und damit der objektiven Ordnung dieses Betriebes unterliegt, ist er abhängig beschäftigt (BSG, Urteil vom 18. November 1980 - 12 RK 76/79 -, juris). Ein solcher Fall einer Integration in von anderer Seite vorgegebene Betriebsabläufe liegt hier vor. Der Kläger
war bei der Herstellung der einzelnen Folgen für die Beigeladene zu 1. in deren Betrieb als Teil eines Teams und nicht in
seinem eigenen Betrieb tätig.
Den Charakter einer abhängigen Beschäftigung nahm die Tätigkeit des Klägers gerade dadurch an, dass er nicht in seinen eigenen
Räumlichkeiten an eigenen Betriebsmitteln arbeiten durfte, sondern dass ihm als Arbeitsort die Räumlichkeiten eines unmittelbar
mit ihm konkurrierenden Drittunternehmens, der CGmbH, vorgegeben waren. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem
Senat nachvollziehbar zum Ausdruck gebracht, dies als "Niederlage" empfunden zu haben; er hätte es selbstverständlich vorgezogen,
mit eigenen Arbeitsmitteln in seinen eigenen Räumlichkeiten zu arbeiten, weil dies seinem Selbstverständnis als "Selbständiger"
eher entsprochen hätte. Die Vorgabe des Arbeitsortes ist wichtiges Indiz für die Abhängigkeit, in der der Kläger sich im Rahmen
seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. befand. Für einen typischen Werkunternehmer bzw. Selbständigen wäre es kaum denkbar,
nicht in der eigenen Werkstatt an eigenen Geräten arbeiten zu dürfen, um den versprochenen Erfolg zu leisten. So wurde der
Kläger gerade durch den Ort seiner Tätigkeit zu einem Teil des Produktionsprozesses insgesamt und war so eingegliedert in
die teamgesteuerte Herstellung der fraglichen Fernsehserie.
Für eine Beschäftigung spricht ferner, dass sich die Vergütung vornehmlich nach dem zeitlichen Umfang des geleisteten Arbeitsaufwandes
richtete (hierzu BSG, Urteile vom 18. November 2015, B 12 KR 16/13 R, und vom 19. August 2015, B 12 KR 9/14 R; Senat, Urteil vom 15. Dezember 2015, L 9 KR 82/13; jeweils juris, m.w.N.; Rolfs, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 16.A.,
SGB IV §
7 Rn. 14). Es ist arbeitnehmertypisch und spricht für eine Beschäftigung, wenn - wie hier - Erwerbstätigen die Vergütung unabhängig
vom Ergebnis ihrer Tätigkeit und unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg des Auftraggebers zusteht und sie keine Vergütungsabzüge
wegen Schlechtleistung zu befürchten haben (BSG, Urteil vom 25. Januar 2001, B 12 KR 17/00 R; Senat, Urteil vom 14. Mai 2014, L 9 KR 449/12; jeweils juris; Mette, NZS 2015, 721).
Der Kläger war, wie für Arbeitnehmer nach §
613 Satz 1
BGB typisch (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2014 - B 12 R 13/13 R -, m.w.N.; Senat, Urteil vom 15. Dezember 2015 - L 9 KR 82/13 -; jeweils juris), persönlich zur Leistung verpflichtet. Denn die Vertragsparteien haben in der "Vereinbarung" keine von
dieser gesetzlichen Regel abweichende Bestimmung getroffen. Unabhängig hiervon käme einer Delegationsbefugnis des Auftragnehmers
nur dann Bedeutung zu, wenn Art und Umfang der Einschaltung Dritter die Beurteilung rechtfertigen, dass die Delegation der
geschuldeten Leistung auf Dritte im Einzelfall als prägend für eine selbstständige Tätigkeit angesehen werden kann (BSG a.a.O.). Dies ist hier eindeutig nicht der Fall.
b) Der Kläger trug in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. auch nur ein begrenztes unternehmerisches Risiko.
Maßgebendes Kriterium für ein unternehmerisches Risiko ist nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird,
der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko
nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung
des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft oder größere Verdienstchancen gegenüberstehen. Aus dem (allgemeinen) Risiko,
außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft ggf. nicht verwerten zu können, folgt kein Unternehmerrisiko
bezüglich der einzelnen Einsätze (BSG, Urteile vom 18. November 2015 - B 12 KR 16/13 R -, und vom 31. März 2015 - B 12 KR 17/13 R -, jeweils juris und m.w.N.).
Der Kläger hat seine Arbeitskraft in keiner Weise mit dem Risiko eingesetzt, keine Vergütung zu erhalten. Dem stand grundsätzlich
schon die Vergütung nach Zeiteinheiten (s.o.) entgegen. Die Möglichkeit, nach Kenntnis des Fertigstellungstermins durch schnellere
oder effektivere Leistungserbringung eine höhere Vergütung zu erzielen, bestand nicht; vielmehr hätte der Kläger seine Vergütung
erhöhen können, wenn er seine Arbeit auf möglichst viele Tage verteilt hätte. Dass der Kläger gegebenenfalls durch eine die
Beigeladene zu 1. bzw. den Sender in besonderem Maße zufriedenstellende Leistung die Aussicht auf weitere Verträge/Aufträge
steigerte und damit für sich weitere Verdienstchancen schuf, unterscheidet sich nicht von der Situation eines Beschäftigten,
der durch besonders gute Leistungen seine Chancen etwa auf eine Gehaltserhöhung steigert.
c) Soweit die Vereinbarung vom 30. September 2011 Regelungen enthält, die auf eine selbständige Tätigkeit des Klägers zielen,
fällt dies nicht entscheidend ins Gewicht. Vertragsklauseln, die darauf gerichtet sind, an den Arbeitnehmer- bzw. Beschäftigtenstatus
anknüpfende arbeits-, steuer- und sozialrechtliche Regelungen abzubedingen bzw. zu vermeiden (z.B. Nichtgewährung von Entgeltfortzahlung
im Krankheitsfall und bei Urlaub bzw. von Urlaubsgeld; Verpflichtung, Einnahmen selbst zu versteuern; Obliegenheit, für eine
Sozial- und Krankenversicherung selbst zu sorgen), lassen ausschließlich Rückschlüsse auf den Willen der Vertragsparteien
zu, Beschäftigung auszuschließen (vgl. auch §
32 Sozialgesetzbuch / Erstes Buch -
SGB I). Darüber hinaus kommt solchen Vertragsklauseln bei der im Rahmen des §
7 Abs.
1 SGB IV vorzunehmenden Gesamtabwägung keine eigenständige Bedeutung zu (BSG, Urteil vom 18. November 2015, a.a.O.; Senat, Urteil vom 15. Dezember 2015, a.a.O.; jeweils m.w.N.). Werden die entsprechenden
Rechte dem Erwerbstätigen umgekehrt ausdrücklich vertraglich eingeräumt, spricht dies entscheidend für den Willen der Vertragsparteien,
ein Arbeits- und somit auch ein Beschäftigungsverhältnis zu begründen (Senat, a.a.O., m.w.N.).
Ein Indiz für eine selbständige Tätigkeit liegt aber darin, dass der Kläger seine Leistung - selbständig - in Rechnung gestellt
und hierfür Umsatzsteuer berechnet hat. Formalien Kriterien dieser Art kommt indes generell nur eine sehr geringe Bedeutung
zu (Senat, Urteile vom 14. Dezember 2016 - L 9 KR 344/13 - und 15. Dezember 2015 - L 9 KR 82/13 -, juris).
d) Ob der Kläger programmgestaltend tätig war, ist unerheblich. Gesichtspunkte der Kunst- oder Rundfunkfreiheit gebieten in
diesem Zusammenhang keinerlei Abweichung von den allgemeinen Grundsätzen für die Statuseinstufung als Beschäftigter; weder
die künstlerische Freiheit der Mitwirkenden noch ein möglicher Schutz bei der Herstellung von Kunstwerken, Rundfunksendungen
oder Film(beiträg)en nach Art.
5 Abs.
1 Satz 2 sowie Abs.
3 Grundgesetz (Film- bzw. Kunstfreiheit) stehen dem entgegen (BSG, Beschluss vom 27. April 2016 - B 12 KR 16/14 R -; Senat, Urteil vom 7. Dezember 2016 -L 9 KR 434/14 -; jeweils juris). Eine Bewertung der künstlerischen Tätigkeit ist mit der Statuseinstufung nicht verbunden.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits. Die Revision ist nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe im Sinne von §
160 Abs.
2 SGG nicht vorliegen.